OneAndOnlySon Posted March 9 Report Share Posted March 9 vor 9 Minuten schrieb Aleachim: Inwiefern Gott Mitverantwortung trägt für unsere Entscheidungen...? Ich weiß nicht... Wenn wir von einem allmächtigen und persönlichen Gott ausgehen, der unser Vater im Himmel ist, dann muss dieser Gott auch (mit-)verantwortlich sein. Der christliche Gott ist keine Statue, wie das goldene Kalb, die selbst rein passiv ist und deren Rolle in der Gott-Mensch-Beziehung allein durch das Verhalten der Menschen definiert wird. Wenn Gott aber ein aktiver Gott ist, der in der Geschichte handelt, dann trägt er im Bild des Vaters ebenso viel zur Beziehung zu seinen Söhnen bei (oder unterlässt es) wie diese selbst. Seit ich selbst Vater bin, stören mich zunehmend religiöse Vaterbilder - sei es für Gott oder den Papst mit dem Titel heiliger Vater. Diese Bilder haben mit echten Vätern leider meist nicht mehr gemein als ein Hackbraten mit einem echten Hasen. Sie picken gerne die Aspekte der Stärke und Macht heraus, unterschlagen aber Verantwortung, Kooperation, Schuld und die Tatsache, dass es am Ende die Kinder sind, die über die Qualität ihrer Eltern zu urteilen haben. 3 Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
Flo77 Posted March 9 Report Share Posted March 9 (edited) vor 49 Minuten schrieb Aleachim: Ich bin auch Erstgeborene, habe eine jüngere Schwester. Kann das schon ein bisschen nachvollziehen, was du schreibst. (Wobei die Sache vielleicht bei Schwestern anders ist als bei Brüdern...) Meine Ex ist auch die Älteste und hat die gleichen Erfahrungen wie ich gemacht. vor 49 Minuten schrieb Aleachim: Das klingt, als würdest du inzwischen anders darüber denken? Jein. Mein Bruder hatte es bei weitem nicht so einfach, wie ich immer geglaubt habe. Aber wir reden im Prinzip erst seit einigen Jahren darüber. Wenn auch nur selten und nur nebenbei. vor 49 Minuten schrieb Aleachim: Was genau meinst du mit "Existenzberechtigung"? Ich hab das oben schon nicht richtig verstanden... Magst du das genauer erklären? Ich habe immer geglaubt, ich sei nur an diesem Platz willkommen, wenn ich diese Rolle erfülle und das mein Versagen quasi meine Daseinsberechtigung auslöschen würde. Das war mit ein Grund, warum ich das Scheitern meiner Ehe und mein Outing solche Ewigkeiten vor mir hergeschoben habe. Mein Leben wäre von einem Tag auf den anderen sinnlos gewesen. Diese Wunde ist bei weitem auch noch nicht geheilt, aber ich bin von meiner "Vorbildfunktion" weg. Zumindest größtenteils. vor 49 Minuten schrieb Aleachim: Ja, da stimme ich dir absolut und mit Nachdruck zu, wenn man auf dieser menschlichen Ebene bleibt. Inwiefern Gott Mitverantwortung trägt für unsere Entscheidungen...? Ich weiß nicht... Wie @OneAndOnlySon schon schrieb: als Vater bist Du Punchingball, Leitplanke, Wand und alles was Du tust hat letztlich Einfluss auf die Beziehung zu deinen Kindern und darauf welche Entscheidungen sie treffen. Eine Beziehung hat für mich immer etwas mit Gegenseitigkeit zu tun. Ich kann Gott als Schöpfer annehmen (nicht vermuten sondern adoptieren) und verehren, aber mir fällt es zunehmend schwerer ihn als sowohl innerweltlich wirkende Kraft als auch als außerweltliche Person zu verstehen. Edited March 9 by Flo77 Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
Aleachim Posted March 13 Report Share Posted March 13 Am 9.3.2023 um 18:01 schrieb OneAndOnlySon: Wenn Gott aber ein aktiver Gott ist, der in der Geschichte handelt, Ja, wenn... Ich tu mich schwer mit Gottes "Handeln". Das stellt aber sein "Sein" für mich nicht in Frage. "Ich bin der ich bin!" Irgendwie reicht mir das! Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
Aleachim Posted March 13 Report Share Posted March 13 Am 9.3.2023 um 18:17 schrieb Flo77: Am 9.3.2023 um 17:29 schrieb Aleachim: Das klingt, als würdest du inzwischen anders darüber denken? Jein. Mein Bruder hatte es bei weitem nicht so einfach, wie ich immer geglaubt habe. Aber wir reden im Prinzip erst seit einigen Jahren darüber. Wenn auch nur selten und nur nebenbei. Selbst wenn er es tatsächlich so einfach gehabt hätte, wie du dachtest... Kann man ihm das vorwerfen? Er kann ja vermutlich auch nicht so recht was dafür, dass es ihm leichter fällt, sich von Rollen, Pflichten und Erwartungen frei zu machen, oder? Am 9.3.2023 um 18:17 schrieb Flo77: Ich habe immer geglaubt, ich sei nur an diesem Platz willkommen, wenn ich diese Rolle erfülle und das mein Versagen quasi meine Daseinsberechtigung auslöschen würde. Das war mit ein Grund, warum ich das Scheitern meiner Ehe und mein Outing solche Ewigkeiten vor mir hergeschoben habe. Mein Leben wäre von einem Tag auf den anderen sinnlos gewesen. Diese Wunde ist bei weitem auch noch nicht geheilt, aber ich bin von meiner "Vorbildfunktion" weg. Zumindest größtenteils. Ich kann mich noch nicht so richtig reindenken, weil ich diese Rolle, die du erfüllen wolltest/willst nicht richtig verstehe. Aber eines kann ich plötzlich gut verstehen. Eine faktisch gescheiterte Beziehung nicht aufgeben zu können, weil einem damit das Leben sinnlos zu werden scheint. Das kenne ich gut. Zum Glück war ich damals noch nicht verheiratet! Am 9.3.2023 um 18:17 schrieb Flo77: aber mir fällt es zunehmend schwerer ihn als sowohl innerweltlich wirkende Kraft als auch als außerweltliche Person zu verstehen. Das geht mir sehr ähnlich, allerdings klingt es bei dir irgendwie wehmütig... (Oder täusche ich mich?) Ich empfinde das Gottesbild, das ich habe, eher als Bereicherung, nicht als Verlust. Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
Flo77 Posted March 13 Report Share Posted March 13 vor 24 Minuten schrieb Aleachim: Selbst wenn er es tatsächlich so einfach gehabt hätte, wie du dachtest... Kann man ihm das vorwerfen? Er kann ja vermutlich auch nicht so recht was dafür, dass es ihm leichter fällt, sich von Rollen, Pflichten und Erwartungen frei zu machen, oder? Er hatte das Glück, daß er eine Rolle gefunden hat, die ihm entspricht. Das mache ich ihm gar nicht zum Vorwurf. Im Gegenteil. Wenn ich jemandem die "Schuld" geben müsste,dann höchstens meinen Eltern. Aber auch das ist für mich erledigt. vor 24 Minuten schrieb Aleachim: Ich kann mich noch nicht so richtig reindenken, weil ich diese Rolle, die du erfüllen wolltest/willst nicht richtig verstehe. Aber eines kann ich plötzlich gut verstehen. Eine faktisch gescheiterte Beziehung nicht aufgeben zu können, weil einem damit das Leben sinnlos zu werden scheint. Das kenne ich gut. Zum Glück war ich damals noch nicht verheiratet! Die Beziehung war nur ein Teilaspekt meines gesamten Lebensbildes als "repektables Mitglied der Gesellschaft mit vorbildhaften Lebenswandel, Stütze der Tradition, Ruhepol der kosmischen Ordnung" (ich hätte mir einen Briefkopf zulegen sollen 🤣 ). Und dieser Anzug passte mir im Grunde nicht. vor 24 Minuten schrieb Aleachim: Das geht mir sehr ähnlich, allerdings klingt es bei dir irgendwie wehmütig... (Oder täusche ich mich?) Ich empfinde das Gottesbild, das ich habe, eher als Bereicherung, nicht als Verlust. Ich habe das Gefühl, mich vom Glauben der Kirche zu entfernen. Zu den Anfängen von Religion zurückzukehren bzw. in mein Gottesverständnis mittlerweile auch unzählige "heidnische" Aspekte einfließen zu lassen. Mir geht es sehr gut damit - aber ich steh halt im Moment auch auf keiner Kanzel. Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
gouvernante Posted March 13 Report Share Posted March 13 vor 1 Minute schrieb Flo77: Und dieser Anzug passte mir im Grunde nicht. Gut, dass Du das jetzt weißt. Vermutlich ist nun Kleider probieren dran, bis Du etwas findest, was Dir im Moment besser passt. Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
Flo77 Posted March 13 Report Share Posted March 13 vor 2 Minuten schrieb gouvernante: Gut, dass Du das jetzt weißt. Vermutlich ist nun Kleider probieren dran, bis Du etwas findest, was Dir im Moment besser passt. Büßerkutte oder Lederharness. Ich bin noch unschlüssig. Vielleicht muss ich auch nur das Sakko und die Krawatte quitt werden. Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
Flo77 Posted March 13 Report Share Posted March 13 Weil ich Dein Gott bin... Im Neuheidentum gibt es den Satz: Es ist nicht wichtig was Du glaubst, sondern was Du verehrst. Bei Luther gibt es die Formulierung "ein Gott heißt das, dazu man sich versehen soll alles Guten und Zuflucht haben in allen Nöten; also dass einen Gott haben nichts anders ist, denn ihm von Herzen trauen und glauben". Und schließlich heißt es in der Schrift: Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat. Glauben ist eine Entscheidung. Eine Entscheidung für das Gute. Ein Ja zur Liebe zu den Menschen. Selig der Mensch, dessen oberste Maxime seines Tuns die Liebe ist. Weil du liebst, ist neben der Liebe kein Platz für etwas anderes, an das Du dein Herz in gleicher Konsequenz zu hängen vermagst. Weil du ernsthaft liebst, missbrauchst du ihre Sprache nicht für böse Zwecke. Weil du liebst, erweist du der Liebe die Ehre. Weil du liebst, mordest du nicht. Weil du liebst, hältst du jene in Ehren, die vor die waren und nach dir kommen. Weil du liebst, betrügst du nicht den, der dir anvertraut ist und drängst dich nicht zwischen jene, die sich einander anvertraut haben. Weil du liebst, raubst du nicht. Weil du liebst, ruinierst du nicht den Ruf eines anderen. Weil du liebst, lässt du deine Wünsche nicht in Neid und Habgier wachsen, denn du liebst dich selbst so wie den nächsten. Weil du dich dafür entschieden hast in der Liebe zu wachsen, meidest du was dich von ihr trennt. Doch nichts auf Erden - außer dem Tod - trennt dich von dir selbst. Du bist eins mit deinem Körper. Dein Verlangen, deine Wünsche, dein Begehr, das alles ist Teil von dir. Und das ist gut. Gott hat dich so erschaffen. Du bist geboren, weil er, der das Leben ist, dich wollte. Sein Atem ist in dir. Der Atem des Lebens. Der Wunsch zu lieben und geliebt zu werden in jedem Atemzug. Der Geist Gottes, der dich durchdringt. An Gott zu glauben heißt: die Liebe verehren. 1 Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
Aleachim Posted March 13 Report Share Posted March 13 vor 7 Stunden schrieb Flo77: Büßerkutte oder Lederharness. Würdest du dich in einem davon wohlfühlen? (Ich sehe dich eher in Jeans und T-Shirt.) Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
Flo77 Posted March 13 Report Share Posted March 13 vor 13 Minuten schrieb Aleachim: Würdest du dich in einem davon wohlfühlen? (Ich sehe dich eher in Jeans und T-Shirt.) Nicht wirklich. Jeans und T-Shirt ist mein Standard-Outfit. Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
Flo77 Posted March 20 Report Share Posted March 20 Ein Gebet? Keine Ahnung. Vor vielen hundert Jahren lebte ein Prinz in einem wunderbaren Schloss. Er feierte rauschende Feste, umgab sich mit den schönsten der Schönen, liebte die Extravaganz und prahlte mit seinem Adel und seinem Reichtum. Doch in einer tiefen Winternacht, der Sturm heulte und trieb den Schnee um das Schloss begehrte ein altes Mütterchen an seiner Türe Asyl für die Nacht. Doch der Prinz lachte sie nur aus und machte Witze über ihre unansehnliche Gestalt und ihre ärmliche Kleidung. Da bot ihm das Mütterchen eine einzelne blühende Rose an, auf daß er sie für die eine Nacht aufnehmen würde. Und abermals lachte der Prinz und beschimpfte die Alte. Da fing es um das Mütterchen an zu glänzen und zu vibrieren, sie wuchs und richtete sich auf und alle Hässlichkeit fiel von ihr ab. So stand vor dem Prinzen mit einem Mal eine wunderschöne Zauberin. Der Prinz erschrak und bat um Vergebung, aber es war zu spät. Die Zauberin hatte gesehen, daß in seinem Herzen keine Liebe war. So verfluchte sie den Prinzen und sein Schloss und verwandelte den jungen Mann in ein fürchterliches Biest mit scharfen Hörnern, furchterregenden Zähnen und Klauen und Fell bedeckte seinen ganzen Leib. Dann überreichte sie ihm die Rose und sagte, wenn er jemals jemanden finden würde, den er liebte und diese Person ihn wieder lieben würde, würde der Fluch gebrochen sein - doch würde ihm das nicht gelingen, bis das letzte Blütenblatt gefallen wäre, müsse er für immer eine Bestie bleiben... Nun, die Geschichte von der Schönen und dem Biest ist bekannt und ja schon ein paar hundert Jahre alt. Das Biest, das nicht lieben kann, die Rose, deren Blätter fallen... C'est moi? Werde ich zu einem Kind der Hölle, der Lieblosigkeit? Es ist nicht so, daß ich nicht gerne lieben würde und erst recht gerne geliebt werden würde, aber ich habe das Gefühl meine Rose verwelkt wie mein Glaube zerrinnt. In mir wuchs ein Rosenstock. Ein nicht sonderlich riesiges, aber zumindest recht robustes Gewächs, das zumindest kleine schwach-duftende Blüten trug. Einer der Rosenstöcke im Dornwald. Seit Jahren treibt er nicht mehr aus. Dürres Holz, zu brüchig für Möbel, gut genug für das Feuer am Ende des Jahres. Ich habe kein Wasser des Lebens ihn zu gießen, weil in mir alle Quellen verdorren. Ich habe nichts ihn zu düngen, denn ich bin selbst fast verhungert. Gott ist mir fremd geworden. Wie ein Freund mit dem man über Jahrzehnte zusammengelebt hat und eines Tages feststellt, daß man sich nichts mehr zu sagen hat. Daß alles gesagt und getan ist und sich die Erkenntnis breit macht, daß man sich auseinandergelebt hat. Du sollst Dir kein Bild machen. Ich kann es nicht. Ich kann nicht auf ihn zugehen ohne ihn zu sehen. Ich kann ihn nicht verstehen, ohne ihn in Worte zu fassen. Wenn er "der ganz andere" sein soll, dann bitte. Dann passen wir nicht zusammen. Und doch sagt man von ihm, er hätte uns alle geschaffen. Ich würde gerne wieder glauben, so unschuldig, ja so selbstverständlich vertrauen wie damals als Kind. Als ich die Welt nicht kannte und meine Welt in der Genesis geborgen war. Über lange Jahre habe ich es immer wieder geschafft alles, was ich erlebte mit meinem Glauben zu vereinbaren. Ich hatte meine Lösung für die Theozidee, ich hatte meine Lösung für die Christologie. Selbst jetzt hätte ich Lösungen um Gott mit meiner Welt zu verbinden. Es will mir nicht gelingen. Päpste, Heilige, Kirchenväter, Theologen - sie sind unerbittlich. Es ist kein Raum mehr zwischen Zeilen in dem ich Glauben könnte. Es ist kein Platz mehr für mich unter den "Gerechten". Seit Kindertagen ringe ich um meinen Platz in der Welt und der einzige Ort an dem ich immer sicher war, war mein Platz in der Bank. Er ist zum Schleudersitz geworden. Mein Platz ist am Rand, auf den Plätzen, die man normaler nur nutzt, wenn die Kirche sonst brechend voll ist. Glaube ich überhaupt noch am etwas? 1 Quote Link to comment Share on other sites More sharing options...
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