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Katechesen


Bibliothekar

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vor 7 Stunden schrieb Flo77:

Aber ich glaube Kara ging es um einen sehr viel unmittelbaren Verlust. Wie Du schriebst, war die Pandemie für Dich ohne Gott und Gebet kaum überstehbar - ich denke, daß darin Karas "Angst" liegt: in einer solch "heillosen" Situation eben nicht auf Gott und Gebet zurückgreifen zu können.

 

Nein, so ist es nicht. Es hat nichts mit der Pandemie oder einer anderen konkreten Situation zu tun. Es ist viel allgemeiner.

 

Aktuell schwimme ich auf einer Welle der Gotteserfahrungen. Er ist sehr präsent in mir und ich spüre ihn in jeder einzelnen Sekunde. Mal dezent im Hintergrund, mal mit unglaublicher Wucht. Nachdem mich dieser Zustand anfangs extrem überfordert hat (und es mir deswegen sehr sehr schlecht ging), befinde ich mich aktuell in einem Zustand der Glückseligkeit 😉.

 

Alles fein, könnte man sagen, genieße es doch einfach erstmal...

 

Aber da kommt mein ganz ganz großes persönliches Problem wieder zum Vorschein: Ich bin ganz selten unbeschwert. Geht es mir gut, mache ich mir sofort wieder Sorgen, dass es ja wieder anders werden könnte. Im Grunde mache ich mir permanent über irgendwas Sorgen 🙄. Ohne Grund. Ohne tatsächlichen Anlass. Mir geht es vermutlich einfach zu gut.

 

Interessanterweise bin ich - wenn es tatsächlich brenzlig wird - absolut unerschrocken, klar im Kopf, auf das Problem fokussiert und sehr lösungsorientiert. Mein Umfeld schätzt sehr an mir, dass ich nie in Panik gerate, wenn es wirklich einen Grund für Panik gibt 😄.

Aber wenn es keinen gibt, dann kreiselt mein Gedankenkarussell. Es ist furchtbar.

 

Ich habe ja immer an Gott geglaubt, war aber halt so ne typische Sparkatholikin. Ich habe gebetet und war öfter als nur an Weihnachten in der Kirche... aber letztlich hat Gott in meinem Leben keine große Rolle gespielt. Also: Er hat sich auf mein Leben nicht ausgewirkt. Und ich habe Gott auch nicht vermisst! Ich habe auch keine persönlichen Gotteserfahrungen vermisst. 

 

Aber jetzt weiß ich, wie das ist! Und die Vorstellung, das wieder zu verlieren, ist der blanke Horror für mich. Wenn ich dann deine Worte lese, @Flo77, tut mir das selber einfach so sehr im Herzen weh, dass ich dafür gar keine Worte finde.

 

Bitte versteh mich nicht falsch: Mein Innenleben ist nur ein Nebenschauplatz. Mir tut das wirklich sehr sehr leid für dich und ich fühle einfach mit. Ich wünsche dir so sehr und von ganzem Herzen, dass du Gott selber auch irgendwann wieder richtig spüren kannst ❤.

 

 

 

 

 

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vor 50 Minuten schrieb Kara:

Bitte versteh mich nicht falsch: Mein Innenleben ist nur ein Nebenschauplatz. Mir tut das wirklich sehr sehr leid für dich und ich fühle einfach mit. Ich wünsche dir so sehr und von ganzem Herzen, dass du Gott selber auch irgendwann wieder richtig spüren kannst

Oh, ich werte dieses Phänomen im Moment gar nicht so schwer. Ich bin nur regelmäßig erstaunt, wieviel Energie andere Menschen aus ihrem Glauben ziehen - ich bin da hin- und hergerissen, ob ich nun vor Neid gelb werden soll und Gott einfach ungerecht ist oder ob der Fehler nicht einfach bei mir liegt. Dieser Enthusiasmus, diese Tatkraft, diese Zukunftsorientierung - ich finde es faszinierend und verstörend zugleich.

 

Aber auch, wenn ich grundsätzlich der Meinung bin, zum Glauben gehört neben der Gnade eine bewusste Bereitschaft den Glauben an was auch immer auch anzunehmen, kann ich im Augenblick an meinem Gefühl erstmal nichts ändern. Es ist, wie es ist und Gott gibt wie er nimmt. C'est comme ça.

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vor 11 Stunden schrieb Flo77:

Von Vertiefung und Verfestigung würde ich andere Folgen erwarten. In der Tat hat mir vor Jahrzehnten mal ein Beichtvater geraten etwas "kindlicher" an den Glauben heranzugehen und mir nicht SO viele Gedanken zu machen.

 

Danke für Deine Ausführungen, die ich stellenweise gut nachvollziehen kann.

Wir brauchen manchmal diesen Impuls, wenn wir an Dinge zu verkrampft herangehen. Meinem Eindruck nach ist diese Herangehensweise ganz normal. Die meisten Menschen, so sie konservativen Religionen folgen, wird der Glaube durch die Gemeinschaft als Wahrheit offenbart. Wir sind als Menschen, wenn wir diese Vorgabe als wahr akzeptieren, in der Situation die uns offenbarten Regeln und Formeln befolgen zu wollen. Wir würden das nicht tun, wenn wir den Wahrheitsanspruch ablehnen täten. Irgendwann fangen wir an, uns viele Gedanken zu machen. Manchmal machen sie uns mürbe. Am Ende durchdenken wir unseren Glauben oder wir werden von inneren Zweifeln in ein ewiges Fragen getrieben.

An dieser Stelle müssen wir die Notbremse ziehen und kindlich werden. Ich würde sagen, dass kindlich nicht bedeutet, das Fragen aufzugeben, gerade das macht Kinder aus. Der Unterschied ist nur die Unbefangenheit, die Neugier.

 

vor 11 Stunden schrieb Flo77:

Dazu kommt, daß ich für mich zu einen Punkt gelangt bin, an dem die "Erlösung" nicht mehr so wirklich eine Rolle spielt. Mein Wandeln hier auf Erden, der Mensch zu sein als den Gott mich anscheinend geschaffen hat, ist nach der Lehre der Kirche in vielerlei Hinsicht problematisch. Nur vor die Wahl gestellt, ein lebenslanges Theater zu spielen (und ich bin nicht gut darin Leiden aufzuopfern) oder Körper und Geist in Harmonie zu bringen selbst, wenn mich das mein Seelenheil kosten sollte, tendiere ich mittlerweile zu der These, daß eine der größten Sünden gegen sich selbst das Leben wider die eigene Natur ist (was so hedonistischer klingt als es gemeint ist).

 

 

Ich habe über einige Jahre verschiedene Religionen studiert. Meiner Einschätzung nach kommen alle auf diesen Punkt: Der Mensch erkennt seine eigenen Schwächen und Fehler, er bemerkt in allem seinen Tun etwas, das nicht mit seiner Bestimmung in Einklang zu bringen ist. Durch die Religion versuchen Menschen, wieder auf den richtigen Pfad zu kommen und ihre Bestimmung erneut zu entdecken. Wie man diese Entfremdung von dem, wozu der Mensch gedacht sein könnte, benennt, ist von Religion — ja von Kultur zu Kultur – verschieden. Am Ende geht es aber darum, erstmal zu verstehen, dass man als Mensch eine Identität hat, die tiefer liegt und von der wir hoffen und die mit uns, wie wir selbst glauben zu sein, eher wenig zu tun hat. Natürlich gibt es dann diese Diskussionen, was alles zu dieser Identität mit dazu gehört, und es gibt Diskussionen, wie weit der Mensch aus eigener Fähigkeit heraus schafft, sich auf diese Identität hin zu bewegen oder inwieweit er Gottes Gnade benötigt. Manchmal besteht eine Meinungsverschiedenheit in der Frage, ob unser Handeln am Gesetz Gottes orientiert sein soll und man sich durch die Abarbeitung des Gesetzes von der eigenen "Entfremdung" entfernen kann, oder ob unser Handeln lediglich eine Antwort in Dankbarkeit an einen Gott ist.

Ich bin davon überzeugt, dass Erlösung das ist, was auf diesem Weg passiert. Denn dort, wo wir uns loslösen oder uns Loslösung geschenkt wird, bewegen wir uns in die Richtung des Absoluten (des Losgelösten schlechthin). Die Philosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz sagte in einem Vortrag: Absolution gibt es nur im Absoluten. So muss für uns Erlösung keine Rolle spielen, sie vollzieht sich in unserer Läuterung durch teilweise ganz irdische menschliche Entwicklung.

 

vor 11 Stunden schrieb Flo77:

Außerdem hat sich mein Verständnis von "Religion" gewandelt. Mit der Idee des pers. Wegs bin ich im Grunde nie wirklich warm geworden. Als einigende und ordnende Kraft in der Welt, die mir hilft meinen Platz im Gefüge einer Gemeinschaft einzunehmen erscheint mir sehr viel naheliegender.

 

Unser Grundproblem ist, dass wir Gott nicht kennen. Ein Freund von mir, gediegener Christ, sagte einmal, dass Gott Mensch wurde, damit wir ihn erkennen. Mein Einwand ist hierbei, dass Gott nicht aus dem Schleier hervorgetreten ist. Im Gegenteil. In der Menschwerdung Gottes bleibt er verschleiert durch die menschliche Identität Jesu. 

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@all

Erstmal vielen Dank für dieses offene spirituelle Gespräch.


Ich denke, die Angst etwas geschenktes wieder zu verlieren, ist einerseits ganz normal, im Spirituellen aber vielleicht sogar nötig:

Was verhindert sonst, dass wir so elend gutgelaunt arrogante A...löcher werden, die allen anderen permanent erklären, wie das Leben und die Welt läuft? Gerade auch, wenn wir wieder down sind, können wir lernen auszuhalten und solidarischere Zeugen der Sehsucht sein, als wenn wir nur grinsend durch das Leben surfen.

Gott ist kein Drogentrip.

Und zum anderen wurde uns in dieser Welt nie ein Ponyhof versprochen, sondern oft auch Wüste. Uns wurde nicht mal versprochen, dass wir es sicher dadurch schaffen, aber das es eine Ankunft gibt. Und ich denke, im Glauben geht es darum, dies nicht nur theoretisch als Lehrsatz zu hören, sondern tatsächlich immer tiefer im Leben zu erfahren. Manchmal sind wir dann halt nur wie eine leere Hülle on tour, aber eben vielleicht eine, die von der Fülle weiß.

Und wenn wir dann auch den Einen nicht spüren, denke ich manchmal an die vielen, die mit mir gehen, die schon gegangen sind.

(Und an die Großen, die nicht nur uns auf diesem Weg gesehen haben, sondern die Vision eines ganzen Kosmos in Bewegung.)

bearbeitet von Shubashi
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vor 3 Stunden schrieb Shubashi:

@all

Erstmal vielen Dank für dieses offene spirituelle Gespräch.

Dem schließe ich mich an. Ich bin so neu im tiefen Glauben, da ist es für mich wirklich schön und wichtig, die Gedanken von Menschen zu lesen, die schon lange dabei sind 🙂. Es ist wirklich sehr inspirierend!

 

vor 3 Stunden schrieb Shubashi:

Gott ist kein Drogentrip.

Ne Weile hat sich's echt so angefühlt. Inkl. der Nebenwirkungen (also... nicht dass ich Erfahrung hätte...). Gott sei Dank liegt das hinter mir.

 

vor 3 Stunden schrieb Shubashi:

Und zum anderen wurde uns in dieser Welt nie ein Ponyhof versprochen, sondern oft auch Wüste. Uns wurde nicht mal versprochen, dass wir es sicher dadurch schaffen, aber das es eine Ankunft gibt. Und ich denke, im Glauben geht es darum, dies nicht nur theoretisch als Lehrsatz zu hören, sondern tatsächlich immer tiefer im Leben zu erfahren. Manchmal sind wir dann halt nur wie eine leere Hülle on tour, aber eben vielleicht eine, die von der Fülle weiß.

Das hilft mir wirklich weiter. Es hat mich sehr berührt.

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17 minutes ago, Kara said:

Ne Weile hat sich's echt so angefühlt. Inkl. der Nebenwirkungen (also... nicht dass ich Erfahrung hätte...). Gott sei Dank liegt das hinter mir.


Deshalb ist es in meinen Augen wichtig, auch Kontakt zu guten spirituellen Führern und Begleiterinnen zu finden. Ob „Inneres Gebet“, „Ruhegebet“ oder „christliches Zen“, es gibt inzwischen zum Glück so einige Angebote. Ich denke, wir brauchen alle etwas, das uns auf dem Weg hält.
Wie eben Schriften (z.B. die „Nachfolge Christi“ o.a.), die einem helfen, den Sinn und die Realität der Wüstenstrecken zu erfassen.


 

bearbeitet von Shubashi
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vor 7 Minuten schrieb Shubashi:

Deshalb ist es in meinen Augen wichtig, auch Kontakt zu guten spirituellen Führern und Begleiterinnen zu finden.

Absolut. Gott sei Dank habe ich so jemanden gefunden. Was im Übrigen ein ganz unglaublicher Zufall war. Dachte ich zunächst. Mittlerweile sehe ich allerdings einen größeren Zusammenhang. Innerhalb des letzten Jahres sind mir auf meinem Glaubensweg mehrere Menschen zur genau rechten Zeit begegnet. Ich halte es für einen Plan Gottes.

 

Jedenfalls hätte der Drogentrip ohne diesen Menschen echt übel ausgehen können. Zeitweise hatte ich Schwierigkeiten, meinen Alltag zu bewältigen. Ich habe mich gefühlt, als wäre ich kurz vorm Nervenzusammenbruch und reif für die Psychiatrie. So unendlich überfordert war ich mit allem. 

 

Aber durch ihn konnte ich mich sortieren und habe Kanäle gefunden, durch die ich meine Empfindungen leiten und zur Ruhe kommen kann.

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vor 2 Stunden schrieb Shubashi:

Deshalb ist es in meinen Augen wichtig, auch Kontakt zu guten spirituellen Führern und Begleiterinnen zu finden. Ob „Inneres Gebet“, „Ruhegebet“ oder „christliches Zen“, es gibt inzwischen zum Glück so einige Angebote. Ich denke, wir brauchen alle etwas, das uns auf dem Weg hält.

 

Es könnte aber auch sein, daß gerade das einen daran hindert, den eigenen Weg zu finden.

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vor 1 Minute schrieb Marcellinus:

 

Es könnte aber auch sein, daß gerade das einen daran hindert, den eigenen Weg zu finden.

Naja, der eine sucht sich seinen Weg und dann einen Begleiter dafür, der andere sucht jemanden, der ihm einen Weg zeigt. In beiden Fällen weiß man vorher nicht genau, wohin man kommt, und was einen unterwegs erwartet.

In meinem persönlichen Leben war es so, dass ich bald gemerkt habe, dass es nicht mein Ding ist, mir einen Weg weisen zu lassen, zumal da weder der Weg noch das versprochene Ziel mir erstrebenswert erschienen.

So gehe ich seither meinen eigenen Weg, und ich habe unterwegs schon viele interessante und bereichernde Begegnungen gehabt.

Und dem (noch unbekannten) Ziel sehe ich mit Gelassenheit entgegen

 

Werner
 

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Da ist es schon wieder: das Motiv des Weges.

 

Rührt es von der Grunderfahrung der Sterblichkeit her oder ist es ein Bild der Rastlosigkeit, der Ruhelosigkeit bzw. der Heimatlosigkeit?

 

Mein innerster Wunsch ist nicht der Weg, sondern das irgendwo ankommen. Über das Thema "spirituelle Begleitung" könnte man glaube ich Bibliotheken verfassen, aber ich habe noch niemanden getroffen, mit dem meine Erfahrung der Welt und der Transzendenz soweit harmonierten, daß es zu einem "fruchtbaren Austausch" (auch so eine Modephrase) gekommen wäre.

 

Ich bin seit Jahren übermüdet, auf der Flucht, freundlich formuliert "auf der Suche". Allerdings nicht auf der Suche nach Gott, sondern auf der Suche nach mir und meinem Platz. Und das meine ich ganz konkret. Nach dem Platz, wo mein Bett steht.

 

Der Spruch Christi von den Tieren des Feldes und den Vögeln, die ihre Nester haben und dem Menschensohn, der nicht mal einen Stein hat um sein Haupt darauf zu legen, verfolgt mich. Er hat etwas Bedrohliches, Beängstigendes - vielleicht, weil mein Glauben eben nicht so weit reicht bzw. nie gereicht hat, als das mir die Verheißung auf das ewige Leben diese ganz konkrete Sorge um meine reale Situation hätte nehmen können.

 

Eine Gedichtzeile, die ich in einigen meiner Texte verarbeitet habe lautet: "Ich lege ab Schuhe und Sorgen" - anzunehmen, daß dieser Punkt erst im Tod zu erreichen wäre, würde mir jeden Lebenswillen nehmen. Eine Existenz in Unrast, Eile und Flucht, erscheint mir wenig erstrebenswert - allenfalls mit der Vertreibung aus dem Paradis erklärlich.

 

Es ist ein Punkt, an dem aus Gottesverehrung und Gottesfurcht, leicht Gottesverachtung wird. Selbst nach dem Opfer Christi und der Taufe immer noch in Adams Schuld und Kains Strafe festzustecken lässt Gottes Verheißung in meinen Augen zur Mogelpackung werden. Es hat eher was von Hölle.

 

Ankommen. Einen Fleck auf Erden zu haben, der der Himmel ist. Danach sehnt sich meine Seele.

 

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vor 36 Minuten schrieb Flo77:

Ankommen. Einen Fleck auf Erden zu haben, der der Himmel ist. Danach sehnt sich meine Seele.

 

Könnte es sein, daß du etwas viel vom Leben verlangst?

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vor 4 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Könnte es sein, daß du etwas viel vom Leben verlangst?

Wieso sollte man sich mit weniger begnügen als dem, was einem zukommt ("chukenu")?

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vor 2 Stunden schrieb Flo77:

Mein innerster Wunsch ist nicht der Weg, sondern das irgendwo ankommen. Über das Thema "spirituelle Begleitung" könnte man glaube ich Bibliotheken verfassen, aber ich habe noch niemanden getroffen, mit dem meine Erfahrung der Welt und der Transzendenz soweit harmonierten, daß es zu einem "fruchtbaren Austausch" (auch so eine Modephrase) gekommen wäre.

 

Das Bild eines Weges habe ich auch nicht vor Augen. Kommt vielleicht noch. Was mich momentan beschäftigt, ist eher das "Ankommen in mir". Wieder die Mitte in einem Ich zu finden, in dem jetzt jemand wohnt, der vorher nicht da war.

 

Ich habe definitiv Hilfe gebraucht. Alleine wäre ich nicht mehr klar gekommen.

 

Ich habe sehr lange überlegt, zu wem ich gehen könnte. Und kam nicht richtig weiter. Bis ich dann ganz zufällig auf jemanden aufmerksam wurde, der mich mit seinen Predigten im tiefsten Inneren berührte. Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich mich getraut habe, mich an ihn zu wenden. Es war schwer und wirklich schmerzhaft. Aber das Beste, das mir in dieser Situation nur passieren konnte. Er konnte mir helfen, das Angestaute loszuwerden und alles wieder zum Fließen zu bringen. In geordneten Bahnen. Erste Hilfe sozusagen. 

 

Spiritueller Begleiter... ich bin nicht besonders gesellig, ich will nicht ständig jemanden bei mir haben 😅. Ich möchte es eher "spiritueller Impulsgeber" nennen. Es ist gut, zu wissen, dass es da jemanden gibt. Aber ich brauche definitiv auch ganz ganz lange Phasen nur mit mir und Gott.

 

Aber natürlich ist deine Situation eine völlig andere und mit mir als "Anfänger" nicht zu vergleichen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es für dich noch schwieriger ist, jemanden zu finden, der dir einen Impuls in eine vielleicht neue Richtung geben kann.

 

 

bearbeitet von Kara
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vor 9 Minuten schrieb Kara:

Aber natürlich ist deine Situation eine völlig andere und mit mir als "Anfänger" nicht zu vergleichen.

Der Herr bewahre uns vor dem Eifer der Konvertiten... 😇

 

Ich bin katholisch solange ich denken kann. Ein Leben ohne Religion war und ist für mich schlicht undenkbar. Ob es das nun "einfacher" macht lasse ich mal dahingestellt.

 

Wobei ich immer etwas skeptisch bin, wenn Menschen von einer Bekehrung sprechen oder "ich bin ein ganz anderer Mensch als früher" konstatieren. Ich halte den Menschen in gewisser Weise für lernfähig, aber ich halte es für unmöglich jemand anderer zu werden als man ist.

 

Damit meine ich nicht, daß "einmal Mörder, immer Mörder", sondern der Mensch selbst, bleibt derselbe. Was geschehen ist, ist geschehen (daran ändern auch Strafen nichts) und jenachdem ist es unmöglich angerichten Schaden wieder gutzumachen. Das Trauma des Täters bleibt ebenso wie das Trauma des Opfers. Wenn einer durch seine Strafe "geläutert" wird, bleibt ihm die Schuld dabei trotzdem erhalten. Sie ist in dessen Seele eingebrannt. Auch die Vergebung Gottes ändert die Geschichte nicht. Insofern hadere ich seit längerem mit diesem Konzept, bei dem ich die Konsequenz der Vergebung nicht recht fassen kann, ohne Gottesbilder aus dem tiefsten Dunkel der Geschichte zu beschwören.

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vor 25 Minuten schrieb Flo77:

Der Herr bewahre uns vor dem Eifer der Konvertiten... 😇

Ich bin nicht konvertiert.

 

vor 26 Minuten schrieb Flo77:

Ich bin katholisch solange ich denken kann.

Ich auch.

 

Ich wurde weder bekehrt, noch bin ich  anderer Mensch als vorher. Das tiefe Empfinden der Gegenwart Gottes habe ich aber noch nicht sehr lange. Im Gegensatz zu dir oder anderen hier. Das meinte ich mit "Anfänger".

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vor 2 Stunden schrieb Flo77:
vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

Könnte es sein, daß du etwas viel vom Leben verlangst?

Wieso sollte man sich mit weniger begnügen als dem, was einem zukommt ("chukenu")?

 

Aber was steht uns zu, außer dem Tod? Vieles ist Glück, Zufall, manches auch eigene Leistung, aber einklagen kannst nichts davon. 

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Am 17.2.2022 um 16:45 schrieb Kara:

Das tiefe Empfinden der Gegenwart Gottes habe ich aber noch nicht sehr lange.

Aye - da würde mich dann allerdings schon interessieren, wie Du dahin gekommen bist.

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vor 13 Minuten schrieb Flo77:

Aye - da würde mich dann allerdings schon interessieren, wie Du dahin gekommen bist.

 

Er kam über mich. Einfach so. Ganz unvermittelt. Ich habe ihn nicht gesucht und nicht danach gefragt. 

 

Detailliert beschreiben möchte ich das Ereignis nicht. 

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Gottes eingeborener Sohn, unser Herr.

 

Mir hat in 45 Jahren niemand erklären können, was innerhalb der Trinität passiert. Was das "Gott" ist, das das Wesen aller drei Personen ist. Was Personen sind übrigens auch nicht.

 

Ich spreche im Moment fast täglich das Apostolikum, rezitiere in der Messe bei einem textlich eher schwierigen Credolied gerne das Nizäno-Konstantinopolitanum, muss aber feststellen, daß ich die Bilder nur noch als Bilder beschreibe, aber nicht mehr als Fakten. Einfach, weil der kindliche Wunderglaube sich verabschiedet hat. Er ist gegangen wie ein Freund, mit dem man nichts mehr zu reden hat.

 

Der Mensch Jesus, der geliebte, der gelittene, der aufbrausende, der sanftmütige - ich komme kaum an ihn ran. In meinem Glauben und meiner Praxis ist der Christus kaum präsent. Wenn ich bete, dann zum Vater, dem unsichtbaren Schöpfer, dem Allmächtigen. Sohn und Geist haben für mich nie die Fülle göttlicher Macht erreicht, waren dem Vater immer nachgeordnet.

 

Seine Geburt aus der Jungfrau war für mich immer ein Kuriosum. Weit entfernt davon ihn zu etwas bemerkenswertem zu machen. Mir ist bewusst, was mit dem "Fiat" Mariens und der immerwährenden Jungfräulichkeit der Theotokos gesagt werden will, aber mir reicht das Bild, ich brauche nicht den Fakt.

 

In meinem Leben hatte die Kirche immer einen extrem hohen Stellenwert. Sie war die Instanz von der ich hoffte, daß sie jede Krise übersteht. Die Kirche war für mich die Hüterin von Ordnung, Moral und Tradition.

 

Vom Winde verweht...

 

Und jetzt? Jetzt sitze ich hier und versuche mich selbst als Kind Gottes zu verstehen. Und doch sehe ich immer nur den Menschensohn in seiner brachialen Unvollkommenheit. Geschlagen von der Wirklichkeit, vom Universum verflucht, von Gott verlassen. Die Vögel haben ihre Nester, doch der Menschensohn hat nicht einmal einen Stein um sein Haupt darauf zu betten.

 

Ich habe sogar zwei Kopfkissen im Bett, von denen eines mich daran erinnern soll, daß der Mensch nicht alleine bleiben soll und es immer noch Hoffnung gibt. Aber es ist ein Provisorium, eine Illusion aus der mich die Realität eines Tages wieder vertreiben wird.

 

Ich bete jeden Morgen und Abend, lasse fast ständig ein Licht vor dem Kreuz und den Ikonen brennen. Aber er kommt nicht. Weder der Christus noch der Engel des Herrn nähern sich meiner Tür.

 

Ich habe Angst. Angst davor ihm gegenüberzutreten. Angst nicht die Worte zu finden um zu erklären. Selbst Angst davor, daß er mich ansieht und einfach alles erkennt.

 

In Sünde und Verzweiflung hadere ich mit mir und mit Gott. Was spielt es da für eine Rolle ob ich einen wesensgleichen oder einen adoptierten Christus bitte mir die Hand zu reichen?

 

 

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"Angst, dass er mich ansieht und einfach alles erkennt."

 

Habe diese Worte jetzt lange im Herzen bewegt.

Vielleicht schaut er ja deswegen nicht hin, lässt die Augen geschlossen.

Aus Rücksicht.

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vor 2 Minuten schrieb Lucie:

"Angst, dass er mich ansieht und einfach alles erkennt."

 

Habe diese Worte jetzt lange im Herzen bewegt.

Vielleicht schaut er ja deswegen nicht hin, lässt die Augen geschlossen.

Aus Rücksicht.

Was er erkennt, müsste ich am Ende selbst ebenfalls ansehen müssen...

 

"Aber sprich nur ein Wort..."

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kruzifix

 

mein Gott,

im bloßen blick auf das kreuz

packt mich die angst des nackten adam.

das kreuz droht mich zu erdrücken.

und ich suche im verlorenen paradies

schutz hinter einem feigenblatt,

meinem kleinen sekundenglück,

vertauscht gegen Deine ewigkeit.

mein Gott,

Du heftest Dich ans kreuz für mich,

weitest meinen blick und

mut-

est Dich mir zu,

durch Dich blicke ich

über das kreuz

und mich hinaus

aus meiner angst

in Deine ewigkeit,

brauche kein feigenblatt,

Du ziehst mich an.

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Sünde vs. Fehler

 

Viele von uns werden es kennen: "schau nicht auf unsere Fehler, sondern auf unseren Glauben".

 

Eine gutgemeinte Umformulierung. Gut gemeint, aber meiner Meinung nach in eine völlig falsche Richtung gehend. Ja, der Begriff "Sünde" ist recht sperrig. Ja, unter "Sünde" versteht die Alltagssprache jede Menge verschiedener Sachen.

Darf man die "Sünde" darum durch einen anderen Begriff ersetzen? Ich würde sagen nein, denn im Kontext des Glaubens ist die Sünde ein recht zentraler Begriff, den man mit Bedacht und Akkuratesse benutzen sollte.

 

Die Kirche sieht sich gerne als Lehrmeisterin. Ein uralter und unzweifelhafter Anspruch.

 

Was aber soll sie uns lehren?

 

Es sind sicherlich nicht Physik, Chemie, Mathematik, Medizin und BWL.

 

Die Kirche verwaltet die Zeichen der Heilung - ist es die Medizin?

 

Da kommt man der Sache vielleicht schon näher, aber ich sehe da immer noch ein Missverständnis.

 

Simpel gesagt: Die Kirche dient nicht dazu aus einem Gläubigen einen besseren Menschen zu machen. Sie ist auch keine Psychotherapeutin für Neurotiker.

 

Aufgabe der Kirche ist es nicht uns zu "verbessern", unsere schlechten Angewohnheiten abzutrainieren, uns bei einem Stück Schokolade ein schlechtes Gewissen zu machen.

 

Kirche soll uns heilen, soll helfen zu Gott zu finden, bei ihm Geborgenheit zu erfahren und sich selbst wie den Nächsten als Kinder Gottes zu erleben.

 

Es geht um die ganz zentrale Fragen: Was hat Gott mir gegeben? Was ist der Mensch als der ich geschaffen bin?

 

Wir sind nicht perfekt. Fehler machen wir alle. Mal mehr, mal weniger. Die Frage ist, was machen diese Fehler mit uns und unseren Nächsten. Welches Tun und Unterlassen richtet Leid an, welches lässt uns selbst leiden, welches schafft leiden an Orten, die wir gar nicht selbst sehen.

 

Die Sünde schneidet uns ab von Gott. Sie trennt uns von der Liebe zu uns selbst, zu unserem Nächsten und zum Ewigen. Wer in der Sünde ist, kann nicht lieben, ist gefangen in Zwang und Bedrängnis. Die Sünde versperrt den Blick auf sich selbst, den anderen und das Gute, das der Herr für uns vorgesehen hat. In den Sünden verstrickt sein heißt, keinen Ausweg zu sehen und an sich und der Welt zu leiden.

 

Kirche muss Türen öffnen. Klingen bereithalten um Gordische Knoten zu kappen. Fenster aufreißen, durch die das Licht und die Wärme Gottes einströmen können. Leuchter entzünden in deren Schein man sein Spiegelbild erkennt und begreifen kann was Gottes Idee war als er mich schuf.

 

Jedes Tun folgt aus einem Gefühl, jedes Gefühl aus einem Bedürfnis.

 

Es geht beim Glauben nicht um Selbstoptimierung. Es geht nicht darum die beste Version seiner selbst zu sein. Kein Mensch weiß, wie diese Version aussehen soll - und erst recht ist die beste Version des einen nicht auch die beste Form des anderen.

 

Die Kirche ist keine Therapeutin. Sie ist die Mutter an der Brust wir trinken und in deren Schoß wir uns bergen. Mit Liebe umfangen, damit wir Lieben können.

 

Es geht um Liebe, um aufeinander zugehen, um Annahme, um Freisein.

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Ich hoffe, meine Gedanken passen in diesen Thread...

 

Ich bin zur Zeit sehr an dem Thema Dankbarkeit dran und hab kürzlich auch mit meinem geistlichen Begleiter darüber gesprochen. Außerdem lese und höre ich viel von dem Benediktiner David Steindl-Rast.

 

Steindl-Rast betont, dass Dankbarkeit eine Lebenshaltung ist und es dabei nicht in erster Linie darum geht, immer wieder mal "Danke" zu sagen. Folgenden Vergleich finde ich sehr interessant:

 

Wenn ich eine Familie besuche und dem Kind ein kleines Geschenk mitbringe, könnte es sein, dass das Kind artig "Danke" sagt, das Geschenk dann aber achtlos weglegt und nichts weiter damit anfängt. Es könnte aber auch sein, dass sich das Kind den ganzen Nachmittag lang hingebungsvoll damit beschäftigt. Im zweiten Fall kann man viel eher sagen: "Das Kind war so dankbar für dieses Geschenk." Und zwar sogar dann, wenn dieses Kind vielleicht kein Wort des Dankes herausgebracht hat.

 

Dank zeigt sich also nicht in erster Linie im "Danke sagen", sondern darin, dass ich das Geschenk gebrauche!

 

Mein geistlicher Begleiter hat zum Thema Dankbarkeit die Stelle aus dem Lukasevangelium erwähnt, wo von 10 geheilten Aussätzigen nur einer umkehrt um Jesus zu danken.

 

Zuerst konnte ich damit nicht viel anfangen. Was soll mir das sagen? Die Bibelstelle sagt doch auf den ersten Blick nichts darüber aus, was die anderen 9 gemacht haben. Okay, sie sind nicht zurück zu Jesus um ihm Danke zu sagen, aber vielleicht waren sie in ihrem Herzen Gott so dankbar für diese Heilung, dass sie ein völlig neues Leben angefangen haben, um mit ihrem Leben Gott zu dienen. Das wäre in meinen Augen genau die von Steindl-Rast beschriebene Dankbarkeit. (Das Geschenk nutzen.) Ist Jesus denn so kleinlich, dass er auf ein artiges "Danke" besteht? Das kann ich mir nicht vorstellen. Wir Menschen erwarten manchmal Dankbarkeit im Sinne von "Der ist mir doch noch was schuldig!" Aber wenn ein Geschenk wirklich ein Geschenk ist, dann ist der Beschenkte dem Geber doch nichts schuldig!

 

Jesus wirkte in dieser Erzählung (das wurde mir jetzt erst klar) immer irgendwie wie einer, der beleidigt ist, weil diese 9 ihm den Dank schuldig geblieben sind. Bis mein geistlicher Begleiter noch einmal diesen Satz zitierte: "Nur einer ist umgekehrt."

 

Ja! Das ist es! Bei diesen 9 anderen fehlte die Umkehr! Vielleicht waren sie zunächst auch überglücklich und dankbar, dass sie wieder gesund sind. Aber sie haben dann mit ihrer neu geschenkten Gesundheit nichts Sinnvolles angefangen. Es fehlte die innere Umkehr.

 

Ich bin dankbar, dass mir diese Erkenntnis geschenkt wurde und hoffe, dass es mir gelingt, dieses Geschenk auch wirklich zu benutzen und nicht irgendwo in der Ecke verstauben zu lassen.

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