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Gewissen und Lehramt der Kirche im Konflikt


theresa???

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Häretiker kann man nur werden, wenn man seine Überzeugungen bewusst und willentlich im Gegensatz zur Lehre der Kirche stehen lässt, sie für falsch halten will und seine Zweifel bewusst nährt.

 

UND man muss seine Überzeugungen dann auch noch derart öffentlich vertreten, daß zum einen damit Unfrieden unter den Gläubigen ausgelöst wird UND (ganz entscheidend) man muss bei seiner Verkündigung auch noch behaupten, man lehre im Namen der Kirche.

 

Ich bin mittlerweile der Ansicht, es ist für einen katholischen Laien, der kein Amt in der Verkündigung hat (Katechet, Gottesdienstleiter, Religionslehrer, u.ä.) unmöglich sich die Exkommunikation durch Häresie zuzuziehen. Und selbst bei den genannten Gruppen ist der Nachweis mit "schwierig" noch sehr vereinfacht umschrieben.

 

 

Edit: bei der Häresie handelt es sich übrigens um einen Begriff, der im KKK überhaupt nicht definiert und gerademal 5x erwähnt wird. Der CIC sogar nur 2x.

bearbeitet von Flo77
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Darf das Lehramt das Lehramt relativieren? Und unter welchen Umständen?

 

 

Das halte ich für unvermeidlich. Es gibt über 4000 Bischöfe. Das die in allen wichtigen Fragen immer einer Meinung sind halte ich für unmöglich. Wer sucht wird Widersprüche finden.

 

Manches wird situativ gegeben sein: Hierzulande ist jedem halbwegs gesunden Menschen zuzumuten, Sonntags zur Messe zu gehen. Wenn es sein muß sogar wortwörtlich: zu Fuß. Es gibt genug Gegenden in der Welt, da sind die Pfarreien (flächenmäßig) viel größer und die Verfügbarkeit von Transportmitteln viel geringer. Da geht das einfach nicht.

 

Manches hängt auch einfach an Persönlichkeit und kultureller Prägung. Warum tun sich viele 'Importpriester' hier so schwer? Da reicht schon ein Priester aus Polen: Selbst, wenn er gut Deutsch kann, so sieht die katholische Kirche in Deutschland doch ganz anders aus als die in Polen. Konflikte vorprogrammiert.

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Ich wüsste jetzt bloß noch gerne: Was ist, wenn ich, als Katholik, in einer moralischen Frage nicht mit der Lehre der kath. Kirche übereinstimme. Kann ich dann nur für diese Frage nicht das Label katholisch beanspruchen, wie du es schreibst, oder bin ich dann als Gesamtmensch nicht mehr katholisch, per definitionem? Oder schon noch katholisch, aber ipse facto exkommuniziert?

 

Christ wirst Du mit der Taufe und bleibst es dein Leben lang. Und damit im Grundsinn der Bedeutung katholisch.

Ob Du der römisch-katholischen Konfession angehörst oder einer anderen ist im Grunde genommen eine administrative und keine genuin moralische Frage.

 

SELBSTVERSTÄNDLICH bist (und bleibst!) Du (römisch-)katholisch, auch wenn Du andere Vorstellungen von Moral wie "Das Lehramt" hast! Wenn man katholisch-sein an der Übereinstimmung mit der katholischen Morallehre festmachen wollte, dann wäre die katholische Kirche leer!

Du bleibst übrigens auch katholisch, wenn Du, implizit durch bestimmte Handlungen oder explizit durch deinen Bischof, exkommuniziert sein solltest.

 

Niemand kann Dich aus der römisch-katholischen Kirche rausschmeißen, nicht mal dein Bischof oder der Papst.

Nur DU SELBST kannst beschließen, dich einer anderen Jurisdiktion anzuschließen und z.B. evangelisch zu werden.

 

Ob das, was Du sagst, 'katholisch' ist, das ist eine andere Frage. Da kann (und muß) dein Bischof von dir verlangen, daß Du, WENN DU z.B. als Katechetin IM AUFTRAG DER KIRCHE redest keinen Unsinn verzapfst.

 

(Insgesamt finde ich diese Verknüpfung von 'katholisch sein' und 'katholischer Morallehre' erschreckend!)

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Es geht nicht darum, dass wir Irgendjemand folgen müssen. Das ist nicht der Ansatz. Es geht darum, ob wir tatsächlich autonom sind.

Das heißt, mit Paulus, ob wir Knechte und Mägde sind, oder freie Kinder Gottes, die ihrer Überzeugung folgen, weil sie den Geist Jesu haben.

Der autonom war und auf den wir getauft sind und mit dessen Geist wir gesalbt sind. Mehrfach.

Es geht darum, ob wir erwachsen sind und verantwortlich für das, was wir tun, oder ob wir unmündig sind und tun müssen, was andere sagen, und nicht verantwortlich für das, was wir machen.

 

Es geht nicht darum, was wir extern internalisiert haben müssen, es geht darum, ob wir tatsächlich in der Lage sind, ethisch und moralisch autonom zu handeln und die Verantwortung zu übernehmen.

 

Auf dieser Welt gibt es mehr Systeme, die ein externes Verständnis von Moral haben als Solche wie das Unsere, das den Menschen und sein Gewissen tatsächlich ernst nimmt.

 

Es gibt Systeme, in denen die Familie einem sagt, welchen Beruf man ergreifen soll, wen man heiraten soll, wen man betrügen darf, wen man anlügen darf.

 

Und alle diese Systeme sagen, dass nur ein durch sie gebildetes Gewissen ein gutes Gewissen ist.

 

Diese Worte sind ein einziger Widerspruch, der mit dem Dilemma zwischen christlicher Freiheit und christlichem Gehorsam zusammenhängt.

Wenn wir die Worte der Heiligen Schrift zu Freiheit und Gehorsam auf einen Nenner bringen wollen, dann kommen wir zu dem Fazit: "Wahre Freiheit entsteht durch den Gehorsam gegenüber Gott!"

 

An diesem scheinbaren Paradoxon werden wir ein Leben lang knabbern.

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Hier geht, so scheint mir, einiges durcheinander was das Lehramt betrifft.

 

Es ist hier wichtig zu unterscheiden, dass ein Bischof einer Diözese zunächst einmal auf dem Gebiet dieser Diözese das ordentliche Lehramt ausübt. Dieses Lehramt ist jedoch an die Einheit mit dem römischen Pontifex gekoppelt. Daher sind die jeweiligen regionalen Bischöfe, sollten sich Divergenzen mit dem Lehramt der Päpste auftun, an diese Entscheidung gebunden. Es kann keinen Bischof geben, der im offenen Widerspruch zum Papst bzw. den Päpsten sein Lehramt ausübt. Sollte es regionale Ausnahmen geben, so darf man sicher sein, dass diese approbiert sind oder es sich um Indulte/Dispensen handelt.

 

In der Auseinandersetzung um die Deutungshoheit von Amoris Laetitia kam es bisher nur deshalb noch zu keinem Zerwürfnis, da der Papst bisher selbst keine normative Auslegung seines Schreibens vorgenommen hat. Bis auf Weiteres gilt daher ein allgemeines "ad libitum". Die dubia der vier Kardinäle harren noch immer der Beantwortung.

 

Was das außerordentliche Lehramt von Konzilien, so wäre das ein eigenes Thema.

 

Saluti cordiali,

Studiosus.

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Es ist hier wichtig zu unterscheiden, dass ein Bischof einer Diözese zunächst einmal auf dem Gebiet dieser Diözese das ordentliche Lehramt ausübt. Dieses Lehramt ist jedoch an die Einheit mit dem römischen Pontifex gekoppelt. Daher sind die jeweiligen regionalen Bischöfe, sollten sich Divergenzen mit dem Lehramt der Päpste auftun, an diese Entscheidung gebunden. Es kann keinen Bischof geben, der im offenen Widerspruch zum Papst bzw. den Päpsten sein Lehramt ausübt. Sollte es regionale Ausnahmen geben, so darf man sicher sein, dass diese approbiert sind oder es sich um Indulte/Dispensen handelt.

Mit anderen Worten: Jeder Bischof kann zunächst mal in seinem Bistum lehren, was er für richtig hält. Das heißt, hier kann 'hüh' gelten und im Nachbarbistum schon 'hott'. Nur an das, wozu ein Papst sich verbindlich geäußert hat, müssen die Bischöfe sich halten. Es gibt also nicht nur ein Lehramt, sondern mehrere Tausend davon... Und in England könnte es einem passieren, daß der römisch-katholische Ortsbischof das eine sagt, das Oberhaupt der 'zurückgekehrten' Anglikaner was anderes und der Abt nebenan was drittes... Natürlich nicht in grundlegenden Fragen - die sind in den Konzilien der alten Kirche schon geklärt worden. Wohl aber in manchen aktuellen Fragen...Und ich kann da überall in die Messe gehen, mir die Predigten anhören und mich über das 'eine' Lehramt wundern...

 

Edit: Und für mich gilt dann wohl die vierte Lehre: Das, was mein Ortsbischof verkündet.

bearbeitet von Moriz
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Es gilt primär immer das, was der eigene Ortsbischof verkündet, ob man den mag oder nicht. Das hat schon Ignatius von Antiochien im 2. Jahrhundert erklärt.

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Bin ich Häretiker, wenn ich zum Beispiel nicht glaube, dass Verhütung Sünde ist? Oder dass homosexuelle Handlungen Sünde sind?

Nein. Deine Meinung ist in den Augen der Kirche falsch, aber Häretier bist Du erst, wenn Dich Dein Bischof oder der Papst offiziell so nennt. Selbst machen geht nicht.

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Eine recht skalvische Auffassung von Gehorsam dem Ortsordinarius gegenüber.

 

Nun mir solls egal sein. Im Zweifelsfall kann man in unserem Jahrtausend auch mal zu Telefonhörer oder Email greifen und dann sagt der Ortsbischof auch das richtige. Wenn es dazu erst einen blauen Brief aus Rom braucht, bitte.

 

Den deutschen Bischöfen traue ich jedenfalls nur so weit wie ich ein Klavier schmeißen kann.

 

Des Weitern lehrt die katholische Morallehre spätestens seit Thomas von Aquin, dass man ungerechten und gegen den Glauben gerichteten Anweisungen von Vorgesetzten nicht folgen darf. Die Kirche verlangt keinen Kadavergehorsam. Das selbe gilt für Gesetze. Lex dubia non obligat.

 

Saluti cordiali,

Studiosus.

bearbeitet von Studiosus
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Franciscus non papa

 

Bin ich Häretiker, wenn ich zum Beispiel nicht glaube, dass Verhütung Sünde ist? Oder dass homosexuelle Handlungen Sünde sind?

Nein. Deine Meinung ist in den Augen der Kirche falsch, aber Häretier bist Du erst, wenn Dich Dein Bischof oder der Papst offiziell so nennt. Selbst machen geht nicht.

 

sollte ein Bischof oder der Papst das tun, so stellt er damit nicht fest, daß jemand ein Häretiker ist, sondern er liefert den Beweis, an fortgeschrittenem Schwachsinn zu leiden.

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Eine recht skalvische Auffassung von Gehorsam dem Ortsordinarius gegenüber.

 

Nun mir solls egal sein. Im Zweifelsfall kann man in unserem Jahrtausend auch mal zu Telefonhörer oder Email greifen und dann sagt der Ortsbischof auch das richtige. Wenn es dazu erst einen blauen Brief aus Rom braucht, bitte.

 

Den deutschen Bischöfen traue ich jedenfalls nur so weit wie ich ein Klavier schmeißen kann.

"Ich bin mein eigener Papst und wenn ich dazu meinen großen Bruder holen muss um meinen Willen durchzusetzen..."

 

Genau die Haltung die die Katholische Kirche und ihren Glauben so unheimlich attraktiv für Außenstehende macht.

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Eine recht skalvische Auffassung von Gehorsam dem Ortsordinarius gegenüber.

 

Nun mir solls egal sein. Im Zweifelsfall kann man in unserem Jahrtausend auch mal zu Telefonhörer oder Email greifen und dann sagt der Ortsbischof auch das richtige. Wenn es dazu erst einen blauen Brief aus Rom braucht, bitte.

 

Den deutschen Bischöfen traue ich jedenfalls nur so weit wie ich ein Klavier schmeißen kann.

 

Des Weitern lehrt die katholische Morallehre spätestens seit Thomas von Aquin, dass man ungerechten und gegen den Glauben gerichteten Anweisungen von Vorgesetzten nicht folgen darf. Die Kirche verlangt keinen Kadavergehorsam. Das selbe gilt für Gesetze. Lex dubia non obligat.

 

Saluti cordiali,

Studiosus.

Glaubst du ernsthaft, dass der Papst auf jede Mail antwortet bzw. du ihn per Telefon ohne weiteres erreichst?

Es gibt eine Milliarde Katholiken auf der Welt. Wenn der Papst mit jedem persönlich nur eine Sekunde spräche, würde die Amtszeit Johannes Pauls II. nicht reichen, selbst, wenn der Papst dazwischen weder schlafen noch essen noch sonst etwas tun würde.

Dass der Papst sich auf die Bischöfe und die wiederum auf die Priester verlassen müssen, ist keine theologische, sondern eine rein praktische Frage.

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Irgendwie ist der Unterschied zwischen (geschultem) Gewissensentscheid und Angewohnheit immer noch nicht klar geworden.

 

Kann das niemand was Substantielles zu sagen?

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Irgendwie ist der Unterschied zwischen (geschultem) Gewissensentscheid und Angewohnheit immer noch nicht klar geworden.

 

Kann das niemand was Substantielles zu sagen?

 

 

Was ist dir da nicht klar?

 

'Angewohnheit' ist die unterste Stufe der Entscheidung; das ist keine bewusste Entscheidung mehr, sondern eher 'Handeln ohne noch mal nachzudenken'. (Was in vielen Fällen so gut und notwendig ist; vom Blinker setzen beim Autofahren bis zum Schuhe anziehen).

 

'Gewissensentscheidung' ist in gewissem Sinne die oberste Stufe der Entscheidung: sich gegen alle Widerstände bewusst nicht für den leichtesten Weg entscheiden, weil das Gewissen das so fordert.

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Das ich mir gerade eine Pfeife gestopft habe war definitv keine Gewissensentscheidung, das war schlicht Angewohnheit.

Das ich in einem Nichtraucherhaushalt auf dem Balkon gehe zum rauchen hat mehr mit "Anstand" als mit Gewissen zu tun (ich hätte ein schlechtes Gewissen in einem Nichtraucherhaushalt zu rauchen)

War die Entscheidung aufs rauchen in der Fastenzeit diesmal nicht zu verzichten, sondern mir etwas anderes zu suchen, nach dem das die letzten Jahre mit der "Rauch-Pause" nicht so funktioniert hatte wie ich mir das vorstelle, eine Gewissensentscheidung? Sagen wir mal so: Zumindest musste ich vorher eine Angewohnheit hinterfragen.

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Irgendwie ist der Unterschied zwischen (geschultem) Gewissensentscheid und Angewohnheit immer noch nicht klar geworden.

 

Kann das niemand was Substantielles zu sagen?

 

Ich sehe die Frage nicht.

 

Gewissensurteile sind reflektiert. Sie beruhen auf Vernunft und Logik, sind überlegt und begründbar.

 

Angewohnheiten sind nicht hinterfragt. Sie sind nur begrenzt trainier- oder veränderbar und im Grunde Ablaufroutinen die die Person automatisch abwickelt.

 

Eine Angewohnheit die man als schlecht erkennt - was nur bedingt mit einem Gewissensurteil zu tun hat - zu ändern erfordert sehr viel Arbeit (zumal, wenn es sich um eine Angewohnheit handelt, die mit Suchtverhalten zu tun hat).

 

Angewohnheit 1: Nach Hause kommen und die Jacke am Tisch auf einen Stuhl legen statt sie an die Garderobe zu hängen.

 

Angewohnheit 2: Jeden Tag zum Fernsehen mind. 1 Tafel Schokolade niedermachen.

 

Nummer 1 ist nervtötend (vorallem, wenn man mit mehreren im Haushalt lebt). Sie zu ändern, erfordert wirklich bewusstes Training und im zweifel kontinuierliche Ermahnungen. In der Hoffnung, daß irgendwann der Groschen fällt, warum die Rücksichtnahme "wertvoller" ist als die Angewohnheit.

 

Nummer 2 steht tatsächlich mit körperlicher Abhängigkeit im Zusammenhang (Koffeein, Zucker, Alkohol, Nikotin und andere Gifte sind da austauschbar) - oder kann zumindest damit zusammenhängen. Hier ist die Änderung der Gewohnheit sehr viel schwieriger und erfordert meist einen Erkenntnisstoß der besonderen Art.

 

Das Problem mit dem "geschulten Gewissen" ist der Gedanke die Gewohnheit könne das Gewissen ersetzen beziehungsweise man könne die Kriterien des Gewissens derart internalisieren, daß die Gewohnheit automatisch dem Gewissen folgt. Das funktioniert meiner Meinung nicht nur schlicht nicht, sondern ist auch etwas riskant. Die Idee, daß das "geschulte Gewissen" fertig sei und es nur noch um die Verinnerlichung ginge verhindert letztlich, daß sich das Gewissen weiterentwickelt oder auf neue Situationen einstellen kann. Die einmal abgespeicherten Kriterien werden als sakrosankt verstanden und werden nicht mehr hinterfragt.

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Ich hatte das nicht gefargt, weil mir das nicht klar war, sondern weil mir die Kriterien einer Entscheidung als Gewissensentscheidung noch nicht klar herausgearbeitet scheinen.

 

Falls das gilt: Gewissensurteile sind reflektiert. Sie beruhen auf Vernunft und Logik, sind überlegt und begründbar, wie Flo schreibt, dann bleiben natürlich Fragen offen: begründbar durch wen? Immer auch durch den Entscheider? Wenn der seine Entscheidung nicht abschließend begründen kann - ist es dann keine Gewissensentscheidung mehr? Welche Vernunft ist gemeint (da diese ja auch einem zeitlichen und kulturellen Einfluß unterliegt) - und wer legt das fest?

 

Schließlich gibt es noch insbesondere beim Bereich des Nichttuns, des Unterlassens, viele "Entscheidungen", die gar nicht im Einzelfall bewußt entscheiden werden (wie den nervenden Verkehrsteilnehmer nicht in einem Unfall verwickeln). Auch diese sind logisch und begründbar. Überlegt? Wie lange muss man denn überlegen, damit das als überlegt gilt?

bearbeitet von rorro
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Wer begründet deine Diagnosen?

Wer begründet meine pflegerische Handlungen?

 

Natürlich muss eine Gewissensentscheidung durch den Entscheider - also meine Gewissensentscheidung durch mich - begründet werden. Durch wen denn sonst.

 

Ich muss immer meine Handlungen selbst begründen.

Wenn du als Arzt mir als Pfleger eine Anweisung gibst, von der ich auf Grund meines Fachwissen weiss das sie gefährlich ist, für den Bewohner, ich die Anweisung trotzdem ausführe, muss ich für mein Handeln gerade stehen. Ob du oder ich hafte, wenn die Sache schief geht, steht auf einem anderen Blatt. Erstmal muss ich mich für mein Handeln rechtfertigen.

 

Ich denke das lässt sich auf Gewissensentscheidung übertragen

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Ich hatte das nicht gefargt, weil mir das nicht klar war, sondern weil mir die Kriterien einer Entscheidung als Gewissensentscheidung noch nicht klar herausgearbeitet scheinen.

 

Falls das gilt: Gewissensurteile sind reflektiert. Sie beruhen auf Vernunft und Logik, sind überlegt und begründbar, wie Flo schreibt, dann bleiben natürlich Fragen offen: begründbar durch wen? Immer auch durch den Entscheider? Wenn der seine Entscheidung nicht abschließend begründen kann - ist es dann keine Gewissensentscheidung mehr? Welche Vernunft ist gemeint (da diese ja auch einem zeitlichen und kulturellen Einfluß unterliegt) - und wer legt das fest?

 

Schließlich gibt es noch insbesondere beim Bereich des Nichttuns, des Unterlassens, viele "Entscheidungen", die gar nicht im Einzelfall bewußt entscheiden werden (wie den nervenden Verkehrsteilnehmer nicht in einem Unfall verwickeln). Auch diese sind logisch und begründbar. Überlegt? Wie lange muss man denn überlegen, damit das als überlegt gilt?

Logischerweise muss der Entscheider seine Entscheidung verantworten. Daher muss die Begründung auch für den Entscheider logisch und vernünftig sein. Wie andere das sehen spielt dabei zunächst nur eine nachrangige Rolle, soweit sie nicht negativ betroffen sind.

 

Ich weiß nicht, wie bei Dir Entscheidungen getroffen werden, aber bei mir ist ein entscheidendes Kriterium die Schwere der Materie kombiniert mit der Dringlichkeit. Aus diesen beiden Kriterien ergibt sich zum einen die Zeitspanne, die für die Überlegung zur Verfügung steht und zum anderen die Komplexität der Argumentationsketten. In jedem Fall muss eine Entscheidung immer situativ getroffen werden. Natürlich kann es sein, daß man rückblickend eine Situation anders bewertet und die Entscheidung gegebenenfalls anders treffen würde. Allerdings ist das das normale Lebensrisiko. Es gibt kein einziges Modell in dem man sich bewegen kann und das einem immer und zu jederzeit eine "endgültige" Entscheidung fällen lassen kann. Nicht einmal die Morallehre von Mutter Kirche schafft das. Jede Entscheidung hat Konsequenzen - für das diesseitige wie für das jenseitige Leben. Diese Konsequenzen sind aber für den menschlichen Verstand nie vollkommen zu überblicken. Das ist eben die Eigenverantwortung, die wir als Kinder Gottes und Menschen nach Gottes Ebenbild nun mal haben.

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Nicht als Beispiel von Godwin's Law, sondern zur Veranschaulichung: es gab viele Militärs im Dritten Reich, die gegen Hitler waren, aber sich durch ihren Führereid gebunden sahen vor ihrem Gewissen. War das jetzt eine Ausrede? Und wenn nicht, war dieses Gefühl der Bindung Gottes Stimme?

Ein sehr gutes Beispiel. Da gab es nicht mal einen Widerstreit zwischen Gewissen zund Lehramt, beide sagten, dass ein heiliger Eid zu halten sei.

Stauffenberg hat sehr lange mit seinem Gewissen gerungen, nicht wegen der zu erwartenden Toten seines Anschlags, sondern wegen seines dafür zu brechenden Eides. Trotzdem finden wir heute ganz allgemein gut und vorbildlich, was Stauffenberg tat, und das mit dem Eid sieht das Lehramt heute weitaus differenzierter als das mit den zu erwartenden Toten.

 

Werner

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Natürlich kann es sein, daß man rückblickend eine Situation anders bewertet und die Entscheidung gegebenenfalls anders treffen würde.

Das ist ein Aspekt, der das Gewissen schult: Aus den Folgen seiner Entscheidungen lernen.

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Nur um die - auch von mir losgetretene - NS-Diskussion zu beenden: Ich denke man kann mit großer Gewissheit sagen, dass ein Eid gegenüber dem Führer für das Lehramt null und nichtig war und Widerstand damit implizit erlaubt und geradezu gefordert wurde. Die Schreiben der Päpste jener verhängnisvollen Zeit lassen keinen Zweifel daran, dass die Kirche die Hinwendung der Seelen zu totalitären Regimen, ob nationalsozialistisch oder bolschewistisch-kommunistisch, verurteilt und zum Festhalten am katholischen Glauben und seiner Moral aufgerufen hat. Auch wenn verirrte Geister an der Fama festhalten, dass die Kirche geschwiegen habe. Das nur zu Klärung.

 

Dessen unbeschadet will ich nicht leugnen, dass der Tyrannenmord stets ein kontroverses Thema der Morallehre gewesen ist.

 

Saluti cordiali,

Studiosus.

bearbeitet von Studiosus
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ch denke man kann mit großer Gewissheit sagen, dass ein Eid gegenüber dem Führer für das Lehramt null und nichtig war und Widerstand damit implizit erlaubt und geradezu gefordert wurde.

 

Das halte ich für ziemlich herbei gewünscht - die Quellen sprechen eher dagegen.

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ch denke man kann mit großer Gewissheit sagen, dass ein Eid gegenüber dem Führer für das Lehramt null und nichtig war und Widerstand damit implizit erlaubt und geradezu gefordert wurde.

 

Das halte ich für ziemlich herbei gewünscht - die Quellen sprechen eher dagegen.

Das ist eine Lesart, sicher.

 

Und wenn man anders daran herangeht?

"Jedermann sei untertan der Obrigkeit". Dieses Wort gilt nur sehr eingeschränkt. Denn es gibt die gute und gerechte weltliche Obrigkeit, die von Gott eingesetzt ist. Dieser gilt es zu gehorchen. Hierunter sind bzw. waren die katholischen Monarchen zu zählen.

 

Dass Hitler und das Regime keine von Gott eingesetzten Obrigkeiten waren, auch wenn gewisse österreichische Kardinäle das seinerzeit anders sahen, dürfte ebenfalls auf der Hand liegen. Wie also sollte sich hieraus die moralische Pflicht ableiten, der illegitimen Obrigkeit zu gehorchen?

 

Gehorsam war, richtig verstanden, für die Kirche niemals eine Abgabe des eigenen Urteilsvermögens. Bereits bei Thomas von Aquin findet sich der Ansatz, dass Vorgesetzten, die etwas Schädliches fordern, der Gehorsam verweigert werden darf und sogar muss. Wenn dies sogar auf geistliche Autoritäten zutrifft wie viel mehr dann erst auf profane Potentaten?

 

Saluti cordiali,

Studiosus.

bearbeitet von Studiosus
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