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Kirchenaustritte - Sag beim Abschied leise Servus ...


Mistah Kurtz

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vor 26 Minuten schrieb Studiosus:

 

Deshalb tut die Kirche das in dieser Form auch nicht mehr. Ich habe die Nummern des KKK, die Homosexualität behandeln, gerade nicht gegenwärtig (irgendwo in der Größenordnung 2700, höher oder niedriger), aber dort wird meines Wissens nicht mehr auf Levitikus rekurriert. Es darf jemand nachsehen, ich bin mir ungeprüft nicht sicher. 

 

Allerdings, und das ist ein wenig die Krux, werden auch im Katechismus, wenn ich mich recht erinnere, ältere Erklärungen, etwa Homosexualitatis problema, rezipiert, in denen dieser Bezug (Die Sünde Sodoms/Levitikus/Paulus) seinerseits noch deutlicher vorhanden ist.

Nein, du hast völlig recht, Levitikus wird nicht mehr vorgebracht. Sodom auch nicht mehr. Momentan ist man bei Genesis 1, 27, wenn ich recht informiert bin (wo auch immer da das Argument gegen Homosexualität versteckt sein mag).

Damit tut sich aber ein ganz anderes Glaubwürdigkeitsproblem für die Kirche auf, vereinfacht dargestellt:

“es ist so, weil A“

“aber A ist doch Unsinn“

“Ja, eigentlich hast du Recht, aber es ust so, weil B“

“aber B ist falsch“

„oh, stimmt, aber es ist so, weil C“

und so fort. Überzeugend ist das nicht.

 

Werner

bearbeitet von Werner001
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vor 34 Minuten schrieb Werner001:

Warum sollten zeitgenössische Winkelzüge weniger vertrauenswürdig sein als historische? Warum sollten verdrehte Gedankengänge historischer Männer glaubwürdiger sein als  solche moderner Frauen? 
 

Ich gab diese und ähnliche Fragen schon so oft genug gestellt, aber keine Antwort erhalten.

“Die Kirche hat dich auf die verdrehten Gedankengänge der historischen Männer festgelegt“ ist das einzige Argument. Aber warum? Keine Ahnung.

 

Werner

 

Das kann ich Dir abstrakt nicht beantworten, da ich dieser Meinung nicht bin.

 

Ich kann aber anhand des Problems der moralischen Bewertung homosexueller Akte sagen, warum mich persönlich die "traditionelle" Auslegung überzeugt und nicht die rezente. Das kann man übrigens auch beurteilen ohne die Lehrtradition der Kirche und die Väter zu bemühen. 

 

Wenn man - wie der strengste sola scriptura-Protestant - nur einmal heranzieht, was die Schrift, AT und NT, sagt (manche sagen, sie sage gar nichts, auch ok, nicht mein Standpunkt), dann wird zumindest für mich recht klar, was gemeint ist.

 

Nehmen wir die drei zentralen Texte, die hier einschlägig sind: Genesis, Levitikus, Römerbrief.* In der Zusammenschau ergibt sich da ein, wenn man es kompliziert ausdrücken will, hermeneutisches Kontinuum. Genesis spricht von der Zerstörung der Stadt Sodom aufgrund der Sünde(n) ihrer Einwohner. Hier könnte man sagen, es werde noch nicht ganz klar, was damit gemeint ist (von der allgemeinen Bösartigkeit dieser Städter, über den Bruch des Gastrechts bis zur klassischen Sodomie alles dabei). Im Heiligkeitsgesetz des Volkes Israel, in Levitikus, findet sich das als göttlich vorgestellte Verbot des Beischlafs unter Männern (auch hier könnte man, gerade bei semitischen Sprachen in ihrer alten Ausformung, die alternativen Erklärungen antippen, siehe den Artikel, auf den ich oben anspielte). Spätestens bei Paulus jedoch, der sozusagen innerhalb der einen Heiligen Schrift (das Prinzip der Einheit der Schrift leidet in der zeitgenössischen Theologie sehr stark) eine authentische Interpretation der Vorgänge um die Stadt Sodom liefert, wird meines Erachtens klar, was den Zorn Gottes gereizt hat: Die Männer (und bei Paulus auch Frauen) gaben den natürlichen, gegengeschlechtlichen Verkehr auf und entbrannten in Lust zueinander. Damit räumt Paulus etwaige Offenheiten oder Unklarheiten der Interpretation sowohl in Levitikus als auch in Genesis aus. Die Bestimmung bei Levitikus verbietet gleichgeschlechtlichen Verkehr (bei Männern) und die Sünde Sodoms war ebendieser sodomitische Verkehr (den sie selbst an den Sendboten Gottes verüben wollten, aber das ist nicht der Punkt). 

 

Das überzeugt mich mehr als, sicher interessante, aber nicht genuin biblische, sondern von außen an die Texte herangetragene moderne Deutungsversuche. 

 

Und einen Papst, Kirchenvater oder ein Konzil musste ich nicht einmal zitieren, um diese Interpretationslinie zu ziehen. Sie ist einfach die deutlichste. Unter Beachtung der Ökonomie bei der Auslegung von Texten, insbesondere, wenn sie so eng zusammenhängen wie hier, scheint mir das die naheliegende Deutung zu sein (weshalb sie auch ohne mir bekannte Ausnahmen alle Theologen der Vergangenheit - caveat: der rechtgläubigen Vergangenheit - so zogen). Naheliegender jedenfalls als die modernen Deutungsversuche. It's not rocket science. Ich habe aber auch Verständnis für die Exegeten. Mit irgendwas muss man eben Dissertation, Habilschrift oder Aufsätze in Zeitschriften füllen. 

 

 

*Die Stellenangabe muss ich noch nachtragen, obwohl ich davon ausgehe, dass alle wissen, welche gemeint sind

bearbeitet von Studiosus
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vor 14 Minuten schrieb Studiosus:

Spätestens bei Paulus jedoch, der sozusagen innerhalb der einen Heiligen Schrift (das Prinzip der Einheit der Schrift leidet in der zeitgenössischen Theologie sehr stark) eine authentische Interpretation der Vorgänge um die Stadt Sodom liefert, wird meines Erachtens klar, was den Zorn Gottes gereizt hat: Die Männer (und bei Paulus auch Frauen) gaben den natürlichen, gegengeschlechtlichen Verkehr auf und entbrannten in Lust zueinander.

Was wird dir an dieser Stelle klar (es ist Röm 1,26f.)? Da sagt Paulus doch ganz eindeutig, Gott habe die Bewohner für ihre Ungläubigkeit mit homosexuellem Verhalten gestraft. Dass Homosexualität eine göttliche Strafe für allgemeinen Unglauben sei, behauptet die Kirche meines Wissens nicht.
Was also soll diese Stelle, in der Paulus etwas behauptet, das die Kirche ablehnt, für eine Bedeutung haben?

 

Werner

bearbeitet von Werner001
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vor 9 Minuten schrieb Werner001:

Was wird dir an dieser Stelle klar? Das sagt Paulus doch ganz eindeutig, Gott habe die Bewohner für ihre Ungläubigkeit mit homosexuellem Verhalten gestraft. Dass Homosexualität eine göttliche Strafe für allgemeinen Unglauben sei, behauptet die Kirche meines Wissens nicht.
Was also soll diese Stelle, in der Paulus etwas behauptet, das die Kirche ablehnt, für eine Bedeutung haben?

 

Werner

 

Diesen Einwand hatten wir, glaube ich, auch schon. Homosexualität als Zeichen der göttlichen Verworfenheit und Sündenstrafe. 

 

Mir ging es nur um den innertextlichen Bezug. Genauer darum, zu zeigen, dass die Sünde oder vielleicht besser Sünden Sodoms durchaus im Zusammenhang mit homosexuellen Akten stehen. Ob sie eine Folge anderer Sünden (wie Paulus nahelegt) sind oder ursächlich für den Untergang Sodoms, das sind Fragen, die über diese kurze Paulus-Stelle hinausreichen. Aber weiter wollte ich im vorherigen Beitrag gar nicht gehen. Ich wollte rein, was ja mitunter gefordert wird, bei der Bibel bleiben. Diese liefert meines Erachtens ausreichend Indizien für die klassische Auslegung, wenn sie - hier wieder katholisch denken - auch nicht allein stehen kann. 

 

Denn an dieser Stelle müsste jetzt der Blick auf die kirchliche Tradition der nächste Schritt sein. Dort wird seit den Vätern die Auffassung vertreten, dass es die Sodomie war, die diese Stadt ihrer Vernichtung zuführte. Lehramtlich hat man sich dieser Deutung angeschlossen (es gibt sicher etliche Belege, ich nehme der Einfachheit halber das V. Laterankonzil, das Pius V. in seiner Bulle über die Bestrafung sodomitischer Priester zitiert). 

bearbeitet von Studiosus
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vor 1 Minute schrieb Studiosus:

Ob sie eine Folge anderer Sünden (wie Paulus nahelegt) sind oder ursächlich für den Untergang Sodoms, das sind Fragen, die über diese kurze Paulus-Stelle hinausreichen. 

Nein, eigentlich sind day überhaupt keine Fragen.

Wenn Gott selbst, wie Paulus unterstellt, die Bewohner Sodoms homosexuell gemacht hat, kann er sie doch nicht hinterher dafür bestrafen, dass sie homosexuell sind, das wäre nicht nur absurd, das wäre ja auch ein ganz furchtbarer Gott.

Wenn man Paulus folgt, dann ist Homosexualität nicht sündhaft, weil eine Strafe Gottes.

Aber wie gesagt, die Kirche folgt Paulus nicht, daher ist diese Stelle ebenso bedeutungslos wie andere Paulusstellen, etwa die, wo er sagt, der Bischof soll nur eine Ehefrau haben

 

Werner

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vor 14 Minuten schrieb Werner001:

Nein, eigentlich sind day überhaupt keine Fragen.

 

Da wir darüber diskutieren, sind es wohl doch Fragen. Wenn alles restlos klar wäre, würde man ja nicht nachfragen. 

 

Ich kann hier nicht gegen die Kirche sprechen. Fällt mir auch gar nicht ein. Wenn die Kirche in der Vergangenheit recht unzweideutig gesagt hat, die Sünde der Sodomiter habe dazu geführt, dass ganze Städte vernichtet wurden und damit eindeutig homosexuelle Akte (noch genauer: homosexuelle Akte zwischen Männern) meinte, dann nehme ich das so hin. 

 

Ich interpretiere selbst: Vielleicht war in Sodom der homosexuelle Verkehr auch nur noch die Kirsche auf der Torte. Die Stadt war aufgrund ihrer allgemeinen Verderbtheit schon zur Vernichtung ausersehen. Um den Sack zuzumachen, sozusagen das Sündenmaß ultimativ zu füllen, hat Gott die Sodomiter ihrer unnatürlichen Lust ausgeliefert und die Strafe folgte auf dem Fuße. 

 

Das war eine Überlegung im Umfang von 1,5 Minuten. Sicher nicht in allen Details ausbuchstabiert, sicher angreifbar. Aber meiner Ansicht nach immer noch nachvollziehbarer oder logischer als vieles, was heute an Exegesen erscheint. Dort herrscht die Tendenz vor, weil man die klassische Auslegung nicht ertragen kann, auch noch so abwegige Lesarten, die irgendwo in einem Halbsatz in der rabbinischen oder sonstigen hebräischen oder anderen Auslegungsliteratur auftauchen, über Gebühr aufzublähen und gegen nahezu 2 Jahrtausende kirchliche Interpretation zu stellen. Das kann nur überzeugen, wenn man a priori den Wunsch hat, überzeugt zu werden. Sonst muss einem die Flachbrüstigkeit dieser Alternativerklärungen auffallen. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 8 Minuten schrieb Studiosus:

dann nehme ich das so hin.

Kannst du ja, nur passt Paulus‘ Römerbriefstelle nicht dazu.

Du kannst ja auch mit der Kirche zusammen dafür sein, dass Bischöfe zölibatär leben sollen, nur darfst du dann halt nicht den Timotheusbrief als Belegstelle vorbringen.

Argumentation sollte in sich schlüssig sein

 

Werner

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vor 12 Minuten schrieb Studiosus:

Sicher nicht in allen Details ausbuchstabiert

Und ganz sicher eine völlig andere als die des Paulus, weswegen der hier nicht als Belegstelle passt

 

Werner

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vor 3 Minuten schrieb Werner001:

Kannst du ja, nur passt Paulus‘ Römerbriefstelle nicht dazu.

 

Sagst Du. Wenn die Kirche sie im nämlichen Sinne interpretiert hat, dann passte sie dazu. [ @Marcellinus kann die Ignatius-Stelle hier wieder posten] 

 

Was die Folgefrage aufwirft: Wer entscheidet, welche Schriftstellen zu welchem theologischen Sachverhalt "passen"? Liegt die authentische Interpretation der Schrift beim kirchlichen Lehramt oder bei jedem Gläubigen, den Theologen? 

bearbeitet von Studiosus
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vor 13 Minuten schrieb Studiosus:

Dort herrscht die Tendenz vor, weil man die klassische Auslegung nicht ertragen kann, auch noch so abwegige Lesarten, die irgendwo in einem Halbsatz in der rabbinischen oder sonstigen hebräischen oder anderen Auslegungsliteratur auftauchen, über Gebühr aufzublähen

Sorry, aber das macht die Kirche seit 2000 Jahren ganz genau so.

Die „klassische Lehre“ ist aus genau solchen Bausteinen zusammengesetzt. Nichts, rein gar nichts, way die Kirche lehrt, ergibt sich irgendwie direkt und ohne solche Lesarten und Auslegungen 

 

Werner

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vor 1 Minute schrieb Werner001:

Sorry, aber das macht die Kirche seit 2000 Jahren ganz genau so.

 

Tun wir so, als wäre es so. Dann ist der frappante Unterschied immer noch der, dass die Kirche dazu legitimiert ist und der einzelne Gläubige oder Theologe nicht. 

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vor 1 Minute schrieb Studiosus:

 

Sagst Du. Wenn die Kirche sie im nämlichen Sinne interpretiert hat, dann passte sie dazu. 

 

Was die Folgefrage aufwirft: Wer entscheidet, welche Schriftstellen zu welchem theologischen Sachverhalt "passen"? Liegt die authentische Interpretation der Schrift beim kirchlichen Lehramt oder bei jedem Gläubigen, den Theologen? 

Also bitte, ich brauche keine Exegeten, kein Lehramt und keine Interpretation für diese Stelle. Paulus schreibt klar und eindeutig, homosexuelles Verhalten in Sodom sei eine Strafe Gottes für Unglauben.

Was soll man da interpretieren?

Du hast gerade selbst kritisierend von „abwegigen Lesarten“ gesprochen, und dann machst du genau day gleiche?

 

Werner

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vor 14 Minuten schrieb Studiosus:

Liegt die authentische Interpretation der Schrift beim kirchlichen Lehramt oder bei jedem Gläubigen, den Theologen? 

 

Auch letzteres nicht. Sie liegt bei Werner.

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vor 6 Minuten schrieb Werner001:

Du hast gerade selbst kritisierend von „abwegigen Lesarten“ gesprochen, und dann machst du genau day gleiche?

 

Wenn ich, unernst, eine kleine Interpretation aus dem Ärmel schüttele, dann erhebe ich keinen Anspruch, damit die Auslegung der Kirche als fehlschlüssig oder schlicht falsch zu denunzieren. 

 

Verbindlich ist und bleibt allein das, was die Kirche aus und mit den Texten der Heiligen Schrift macht. Das steht für mich außer Zweifel. Wenn sie, indem sie ihn als Schriftzeugnis anführt, in der Stelle des Römerbriefes eine Verurteilung von homosexuellen Akten oder ihre Qualifizierung als Sünde erkennt oder erkannt hat, dann steht dieses Urteil für mich fest da. Wer bin ich, mich dagegen wehren zu wollen? 

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vor 2 Minuten schrieb Studiosus:

 

Tun wir so, als wäre es so. Dann ist der frappante Unterschied immer noch der, dass die Kirche dazu legitimiert ist und der einzelne Gläubige oder Theologe nicht. 

Allerdings ist diese vorgebliche Legitimation selbst das Ergebnis der „abwegigen Lesarten“.

Und dreht sich sann der Zirkelschluss so schnell im Kreis, dass einem schwindelig wird.

 

Also landen wir doch wieder bei „kann man glauben oder auch nicht“.

Und es gibt ja sehr vieles, was man einfach glauben kann, weil es einen inspiriert, weil es einem Mut macht, weil es einen tröstet, und so weiter.

 

Wenn da aber etwas dabei ist, was nichts dergleichen tut, das vielmehr noch belastet und das Leben schwer macht, dann fragt man halt schon mal nach den Gründen, warum man das nun glauben sollte.

 

Werner

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vor 12 Minuten schrieb rorro:

 

Eben. Du bist ja auch nicht Werner.

Werner kann halt auch nur lesen, er hat nicht den Heiligen Geist im Kopf, der ihm sagt „wenn du ein U liest bedeutet das ein X“

 

Werner

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vor 33 Minuten schrieb Studiosus:

Dann ist der frappante Unterschied immer noch der, dass die Kirche dazu legitimiert ist und der einzelne Gläubige oder Theologe nicht

Nein, "die Kirche" behauptet nur, legitimiert zu sein. Kann sie eine schriftliche und beglaubigte Vollmacht vorweisen?

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Und vielleicht als abschließende Bemerkung, die das grundsätzliche Problem zusammenfasst:

 

Ich war neulich bei einem kleinen Podium - keine Sorge: nur im Zuschauerraum - mit einem recht bekannten deutschen Theologen. Das Podium wurde u. a. moderiert von einem Professor für Altes Testament. Man kam im Gespräch auch auf die Rolle der akademischen Theologie in der Kirche zu sprechen. Der besagte AT-Professor beschrieb seine Rolle so, dass er es als seine Aufgabe als Experte ansehe, gegen Ideologien vorzugehen. Nun denkt der naive Zuschauer: Das ist ja nichts Schlechtes. Gegen Ideologien sollte man, gerade als Bibelwissenschaftler, vorgehen. Leider stellte sich im Gespräch heraus, dass mit Ideologie nicht die wild grassierenden Häresien unserer Zeit, sondern die Lehre der Kirche, hier auch ganz konkret ihre Position zu Homosexualität und Gender, gemeint war. Angeschlossen hat sich ein Lamento, dass der "Input" der Exegeten durch das Lehramt zu selten angefragt würde. Eine Verbindung zwischen diesen beiden Sachverhalten konnte oder wollte er nicht herstellen. Wenn prominente Theologen die Lehre der Kirche unter die Ideologien einreihen und ihre Aufgabe - mit Sendung der Kirche - darin erkennen, dagegen anzugehen, dann braucht man sich nicht wundern, wenn man zu selten angefragt wird.

 

Und das ist ja nun keine neue Entwicklung. Im regelmäßigen Abstand erscheinen Monographien nach dem Motto "Was die Bibel wirklich sagt/meint/lehrt", Untertitel, den man ergänzende müsste: "Und wo die Kirche falsch liegt". Mit solchen Personen in ihren Reihen braucht die Kirche wahrlich keine Feinde von außen mehr. Da können die Päpste des 19. und 20. Jahrhunderts einpacken. Und die Illuminaten, Freimaurer etc. können sich ihre Maurerkellen und Zylinder unter den Arm klemmen und sich neuen Aufgabe zuwenden [falls das jemand nicht versteht: Ironie!]. 

 

Ko-Moderatorin war auch eine Doktorandin, ca. Anfang 30, die sich darüber mockierte, dass sie für ihre Zulassung zum Promotionsverfahren eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ihres Bischofs vorlegen müsse. Sie sähe sich als Wissenschaftlerin an der Universität und da wäre das unstatthaft. Wer noch mehr Beweise für das rabiate Auseinanderdriften von Theologie und Lehramt, von der Entkirchlichung der akademischen Theologie wollte, der wurde nicht enttäuscht. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 42 Minuten schrieb Studiosus:

Und vielleicht als abschließende Bemerkung, die das grundsätzliche Problem zusammenfasst:

Das Problem zusammengefasst aus anderer Sicht:

Mohammed hat behauptet, der Engel habe ihm das Wort Gottes direkt in die Feder diktiert.

Das hat die Kirche von ihrer Lehre nie behauptet. Woher also kommt diese Lehre? Exegeten haben ausgelegt und interpretiert. Erst in der heutigen Diskussion wurde wieder klar, dass völlig egal ist, was jemand wie Paulus (!) schreibt, von Bedeutung ist nur, way kirchlich anerkannte Exegeten daraus gemacht haben.

Und die großen Fragen sind nun: Warum soll solche Exegese heute nicht mehr möglich sein? Und wenn man sieht, welche Kämpfe da in der Vergangenheit oft ausgefochten wurden, bis eine bestimmte Interpretation offiziell übernommen wurde, warum soll man heute nicht mehr akademisch streiten? Und wenn man sieht, was für fragwürdige Gestalten die alten Exegeten oft genug waren, warum sollen die per se richtiger liegen als heutige?

Und wenn man bedenkt, welcher heute oft als entsetzlich empfundene Zeitgeist die Exegese in alten Zeiten beeinflusste, warum soll da eine vom heutigen Zeitgeist beeinflusste Exegese per se schlecht(er) sein?

 

Werner

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vor 21 Minuten schrieb Werner001:

Das Problem zusammengefasst aus anderer Sicht:

Mohammed hat behauptet, der Engel habe ihm das Wort Gottes direkt in die Feder diktiert.

Das hat die Kirche von ihrer Lehre nie behauptet. Woher also kommt diese Lehre? Exegeten haben ausgelegt und interpretiert.

 

Egal ob mit Engel oder ohne, es geht immer um die Illusion von Gewißheit, denn mehr als eine Illusion ist es nicht. Interessanterweise tritt diese Frage immer dann auf, wenn die Gewißheit besonders gering ist. Es ist so ähnlich wie das Pfeifen im dunklen Wald. Es soll Sicherheit geben, wo eigentlich keine ist. 

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vor 6 Stunden schrieb Studiosus:

 

Deshalb tut die Kirche das in dieser Form auch nicht mehr. Ich habe die Nummern des KKK, die Homosexualität behandeln, gerade nicht gegenwärtig (irgendwo in der Größenordnung 2700, höher oder niedriger), aber dort wird meines Wissens nicht mehr auf Levitikus rekurriert. Es darf jemand nachsehen, ich bin mir ungeprüft nicht sicher. 

 

Allerdings, und das ist ein wenig die Krux, werden auch im Katechismus, wenn ich mich recht erinnere, ältere Erklärungen, etwa Homosexualitatis problema, rezipiert, in denen dieser Bezug (Die Sünde Sodoms/Levitikus/Paulus) seinerseits noch deutlicher vorhanden ist.

 

Aber grundsätzlich würde ich sagen, dass man sich von der Angewohnheit, moraltheologische Aussagen mit Schriftzitaten zu belegen, mittlerweile eher entfernt hat. Ob das gut oder schlecht ist, muss ich nicht bewerten. Heute stellt man, um Homosexualität zu problematisieren, weniger auf den Schwefelregen über Sodom ab, als vielmehr auf die anthropologische Dimension der Homosexualität, welche wiederum zu den bekannten Aussagen der objektiven Ungeordnetheit und mangelnder Ergänzungsbedürftigkeit hinführen. 

 

Deshalb sprach ich auch von der "traditionellen" kirchlichen Interpretation. Wobei man korrekt wohl eher von Traditionen im Plural sprechen müsste: Die Argumentation über die Schrift war nur ein möglicher Ansatz. Bei Thomas etwa sieht die Sache schon etwas anders aus, da geht es - obwohl der Aquinat Levitikus zur Kenntnis nimmt und wohl nicht dekonstruiert - eher um eine philophische Betrachtung der "Naturwidrigkeit" homosexueller Akte, woraus deren Verwerflichkeit resultiere. 

Schau, der christliche Glaube beruht auf der Bibel. Wenn du nun anlässlich der Äußerungen eines Schwulen (der Autor der Worte, welche du zitiert hast und auf dessen Seite du dich offensichtlich schlägst) von der Bibel abweichen willst, dann bist du entweder selbst schwul und willst deine Schwulheit unzuchtmäßig ausleben, oder du bist in einem Umfeld aufgewachsen, welches bereits vom Glauben abgefallen ist und welches den Selbst-Willen an die Stelle von Gott gesetzt hat. Letzteres ist leider "normal", weil wir in einer gottlosen Gesellschaft leben.

 

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vor 8 Minuten schrieb SteRo:

Wenn du nun anlässlich der Äußerungen eines Schwulen (der Autor der Worte, welche du zitiert hast und auf dessen Seite du dich offensichtlich schlägst) von der Bibel abweichen willst, dann bist du entweder selbst schwul und willst deine Schwulheit unzuchtmäßig ausleben, oder du bist in einem Umfeld aufgewachsen, welches bereits vom Glauben abgefallen ist und welches den Selbst-Willen an die Stelle von Gott gesetzt hat.

 

Also die ersten beiden Optionen würde ich aus meiner Selbstbetrachtung heraus verneinen. Den letzten Punkt mit dem gottlosen Umfeld, das ist, wie Du richtig sagst, die neue Normalität, der sich wohl keiner ganz wird entziehen können. 

 

Ich finde aber, dass ich bisher in meiner Position, welche die moralische Unzulänglichkeit homosexueller Akte festhält, nicht wirklich gewankt habe. Oder siehst Du mich Zugeständnisse an die Diskussionspartner machen? Machen meine Beiträge auf Dich den Eindruck, ich wollte homosexuelle Akte moralisch entschuldigen? Wenn ja, dann hast Du mich missverstanden. 

 

Im Dialog - egal mit wem, ob schwul oder nicht - wird man wohl immer bleiben müssen. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 32 Minuten schrieb Studiosus:

Machen meine Beiträge auf Dich den Eindruck, ich wollte homosexuelle Akte moralisch entschuldigen?

Nimm dir das nicht zu Herzen, es gibt immer einen, der kommt sich noch frömmer vor

 

Werner

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