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Weg in den Himmel / Fegefeuer / usw. - aktueller Stand


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Am 29.2.2020 um 23:25 schrieb Higgs Boson:

Ich frage mich aber, wieso noch Sündenreste abgebüßt werden müssen, wenn Jesus für alle Sünden gestorben ist.

 

Das würde mich auch interessieren. Warum muss man im Fegefeuer noch für seine Sünden büßen, obwohl Christus bereits für diese Sünden stellvertretend gebüßt hat?

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vor 7 Minuten schrieb Guppy:

 

Das würde mich auch interessieren. Warum muss man im Fegefeuer noch für seine Sünden büßen, obwohl Christus bereits für diese Sünden stellvertretend gebüßt hat?

Wahrscheinlich weil wir die Verheißung haben, wie Jesus sein zu können. Jesus hat uns das Menschsein nur vorgemacht, als Beispiel.

bearbeitet von Einsteinchen
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vor 6 Minuten schrieb Guppy:

 

Das würde mich auch interessieren. Warum muss man im Fegefeuer noch für seine Sünden büßen, obwohl Christus bereits für diese Sünden stellvertretend gebüßt hat?

Du sollst nicht fragen, du sollst glauben. Ansonsten Fegefeuer. Ist doch klar.

 

 

manche Fragen ganz einfach zu beantwortend sehen...……...tribald

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Long John Silver
vor 7 Stunden schrieb tribald:

Du sollst nicht fragen, du sollst glauben. Ansonsten Fegefeuer. Ist doch klar.

 

 

manche Fragen ganz einfach zu beantwortend sehen...……...tribald

 

Es wurde hier im Thread wohl schon gesagt am Anfang - das Konzept der innereren Reinigung vor dem Eintritt in das wie auch sich vorgestellte Jenseits ist kein genuin christliches oder katholisches Konzept, es findet sich in auch in anderen Religionen. Es haengt einfach damit zusammen, dasss alles, was belastet ist, nicht weiter mitgeschleppt werden soll, in den unterschiedlichen religionen gibt es dafuer bestimmte Riten, die dem Verstorbenen diesen Uebergang erleichtern sollen und gewaehrleisten. 

 

Das christliche "Fegefeuer" ist keine Strafe, sondern im Rahmen dieser religioesen Vorstellung eine Chance und eine Art Zwischenschritt, eine Rite of Passage.

 

@HiggsBoson: ich halte die Bezeichnung von "Abbuessen der Suenden" im Fegefeuer fuer voellig falsch, auch wenn sie sehr beliebt und seit vielen Zeiten so kolportiert wird. Es ist als innere Reinigung gedacht (die kann und mag sich dann jeder vorstellen wie er will), also eine Weg, zu sich selbst zu finden.

 

 

bearbeitet von Long John Silver
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catholicissimus
vor 9 Stunden schrieb Guppy:

 

Das würde mich auch interessieren. Warum muss man im Fegefeuer noch für seine Sünden büßen, obwohl Christus bereits für diese Sünden stellvertretend gebüßt hat?

 

Es wird ja nicht (in dem Sinne) gebüßt, sondern man wird von den Sündenschlacken gereinigt und saubergefegt, bevor man ins Paradies einziehen darf. Das Fegefeuer gehört auch nicht zur Hölle, sondern zum Paradies - es ist der Vorhof zum Paradies, der Vorhimmel. In der Apokalypse heißt es: "nichts Unheiliges kommt ins Paradies". Daraus kann man schließen, dass alles Unheilige an unseren Seelen vorher entfernt werden muss.

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vor 9 Stunden schrieb Guppy:

Warum muss man im Fegefeuer noch für seine Sünden büßen, obwohl Christus bereits für diese Sünden stellvertretend gebüßt hat?

Weil da sich mal wieder wer unpräzis ausgedrückt hat: Sünden sind vergeben, Sündenstrafen werden abgebüßt.

Dahinter steckt die - durchaus der Alltagserfahrung entsprechende Beobachtung - dass mit einer Sünde auch Folgen in die Welt kommen, die sich durch Vergebung der Sünde nicht "erledigt" haben.

Bsp.: Ich habe den guten Ruf eines Menschen geschädigt. Bereut, gebeichtet, vergeben. Die Bußauflage war vielleicht, alles menschenmögliche zu tun, um den Ruf des/der Geschädigten wieder herzustellen. Dennoch bleiben Folgen der Sünde in der Welt (versuch mal, zB einen bösartigen Post in den Weiten des Netzes wieder einzufangen...).

Um diese Sündenfolgen - in der klassischen Diktion "Sündenstrafen" - geht es im Fegefeuer.

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vor 11 Minuten schrieb gouvernante:

Um diese Sündenfolgen - in der klassischen Diktion "Sündenstrafen" - geht es im Fegefeuer.

 

Entschuldige, aber du schriebst, die Sünden seien in der Welt. Was ändert daran ein „Fegefeuer“?

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vor 10 Stunden schrieb Guppy:

Warum muss man im Fegefeuer noch für seine Sünden büßen, obwohl Christus bereits für diese Sünden stellvertretend gebüßt hat?

 

Ich versuche, es noch einmal ganz kurz zu erklären. Nicht jeder mag mehrseitige Postings lesen. Also:

Ja, nach christlichem Glauben ist Jesus für die Sünden der Welt gestorben. Wenn ich nun aber sage: "Wunderbar, dann ist ja alles in Butter, ich komme in den Himmel, was will ich mehr?", dann ist das nur von mir aus gedacht. Es ist egoistisch. Ein Kriminologe würde sagen: Das ist Täterdenken. 

 

Die Vorstellung eines Purgatoriums richtet den Blick auf die Sündenfolgen (wie es Gouvernante oben mit einem Beispiel schön beschrieben hat). Das heißt, es geht um ein Denken vom Opfer her: Wie kann ich es wagen, es mir im Himmel gut gehen zu lassen, solange noch die Folgen meiner (vielleicht auch nur unabsichtlichen) Taten in der Welt sind? Und es geht um ein Denken von der Beziehung her: Der Himmel kann mir erst offen stehen, wenn es Versöhnung gegeben hat zwischen mir als Sünden-Täter und jenen, die - auch ohne meine Absicht - unter mir gelitten haben, also meinen "Opfern". Zwar ist mir die himmlische Seligkeit sicher, aber sie wird deshalb noch etwas aufgeschoben.

 

So verstehe ich jedenfalls die heutige theologische Konzeption des Purgatoriums.

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Long John Silver
vor 4 Minuten schrieb Alfons:

 

Ich versuche, es noch einmal ganz kurz zu erklären. Nicht jeder mag mehrseitige Postings lesen. Also:

Ja, nach christlichem Glauben ist Jesus für die Sünden der Welt gestorben. Wenn ich nun aber sage: "Wunderbar, dann ist ja alles in Butter, ich komme in den Himmel, was will ich mehr?", dann ist das nur von mir aus gedacht. Es ist egoistisch. Ein Kriminologe würde sagen: Das ist Täterdenken. 

 

Die Vorstellung eines Purgatoriums richtet den Blick auf die Sündenfolgen (wie es Gouvernante oben mit einem Beispiel schön beschrieben hat). Das heißt, es geht um ein Denken vom Opfer her: Wie kann ich es wagen, es mir im Himmel gut gehen zu lassen, solange noch die Folgen meiner (vielleicht auch nur unabsichtlichen) Taten in der Welt sind? Und es geht um ein Denken von der Beziehung her: Der Himmel kann mir erst offen stehen, wenn es Versöhnung gegeben hat zwischen mir als Sünden-Täter und jenen, die - auch ohne meine Absicht - unter mir gelitten haben, also meinen "Opfern". Zwar ist mir die himmlische Seligkeit sicher, aber sie wird deshalb noch etwas aufgeschoben.

 

So verstehe ich jedenfalls die heutige theologische Konzeption des Purgatoriums.

 

Das ist mir ehrlich gesagt, zu schwuelstig, die Sache mit der Versoehnung. Fuer mich ist das Fegefeuer tatsaechlich eher eine "Reflektion" des eigenen Innern wesentlicher als irgendwelche  irdischen "Verstrickungen", auf die ich wahrscheinlich weder Einfluss hatte noch haben konnte.

Und der Vergleich Taeter-Opfer gefaellt mir nicht Um diesen Ausgleich, sollte einer noetig sein, soll sich Gott kuemmern, das fasse ich nicht als meine Sache auf. Dahingehend denkend, erwarte ich auch von anderen nicht, dass sie fuer irgendetwas, was sie mir versehentlich oder absichtlich antaten, im "Fegefeuer buessen" sollten. Eine mir sehr unangenehme Vorstellung. 

 

 

 

 

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vor 2 Stunden schrieb catholicissimus:

Das Fegefeuer gehört auch nicht zur Hölle, sondern zum Paradies - es ist der Vorhof zum Paradies, der Vorhimmel.

 

Aber wenn ich im "Feuer" bin, brenne ich doch. Diese Vorstellung im Feuer zu brennen verbinde ich eigentlich mit der Hölle und nicht die Pforte ins Paradies. Wie habe ich mr dieses Fegefeuer dann vorzustellen? Brennt man dort ähnlich wie in der Hölle? Und wie lange brennt man dort, bis man dann in den Himmel kommt?

 

 

vor 2 Stunden schrieb catholicissimus:

In der Apokalypse heißt es: "nichts Unheiliges kommt ins Paradies". Daraus kann man schließen, dass alles Unheilige an unseren Seelen vorher entfernt werden muss.

 

Aber entfernt wird doch alles Unheilige an unseren Seelen bereits durch Christus. Jedenfalls glaube ich, dass der Glaube an Christus unsere Seele vollständig reinigt von aller Sünde.

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vor 1 Stunde schrieb gouvernante:

Bsp.: Ich habe den guten Ruf eines Menschen geschädigt. Bereut, gebeichtet, vergeben. Die Bußauflage war vielleicht, alles menschenmögliche zu tun, um den Ruf des/der Geschädigten wieder herzustellen. Dennoch bleiben Folgen der Sünde in der Welt (versuch mal, zB einen bösartigen Post in den Weiten des Netzes wieder einzufangen...).

Um diese Sündenfolgen - in der klassischen Diktion "Sündenstrafen" - geht es im Fegefeuer.

 

Und wie werden die Sündenfolgen im Fegefeuer bereinigt? Die Schäden, die ich auf Erden vielleicht angerichtet habe, werden ja nicht dadurch beseitigt, dass ich im Fegefeuer bin.

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vor 11 Minuten schrieb Guppy:

Und wie lange brennt man dort, bis man dann in den Himmel kommt?

Guck mal in vorkonkonziliare Gebetbücher. Da steht zwar nicht, wie lange Du brennst, aber um wieviel Tage ein bestimmtes Gebet das Brennen verkürzt.

 

Nur für's Protokoll: Ich bin weder der Meinung, dass da irgendetwas oder irgendwer brennt, noch dass unsere lineare Zeitvorstellung da noch eine Rolle spielt.

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Ich habe vorher den sehr interessanten Beitrag von Flo aus der Orthodoxie gelesen und muss gestehen, dass ich danach mit der ganzen "Fegefeuer"-Idee nichts mehr anfangen kann. Sie passt komplett nicht zu meinem Gottesbild, weil sie eben Gott quasi als handelnden "Richter" benötigt, der eine Strafe auferlegt, um ein Unrecht zu korrigieren.

In der von Flo vorgestellten Fassung liegt die Handlung völlig beim Menschen, unsere Sühne entsteht aus uns, weil wir Christus ermalig in seiner "kosmischen" (ungeschaffenen) Realität zu Kenntnis nehmen. Er "tut" überhaupt nichts, die ganzen "Sühnefolgen" haben wir alle selbst geschaffen. Vermutlich kommt mir das als "buddhistisch-Vorbelastetem" wesentlich "nachvollziehbarer" vor.

 

Gott als "handelnd Strafvollziehender" ist für mich zu sehr vermenschlichend und menschlich aufrechnend gedacht, dieses Konzept funktioniert nicht, ohne in die ganze logische Widersprüchlichkeit eines mit zahllosen Eigenschaften versehenen "Gottvaters" zu führen. Wenn so einer mit mir "abzurechnen" gedenkt, kann ich sowieso nichts machen, und ich denke nicht daran, mein Leben vor allem an der Furcht vor tausenderlei obskuren Regeln einer göttlichen "Strafanstalt" auszurichten. 

bearbeitet von Shubashi
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vor 6 Stunden schrieb Long John Silver:

@HiggsBoson: ich halte die Bezeichnung von "Abbuessen der Suenden" im Fegefeuer fuer voellig falsch, auch wenn sie sehr beliebt und seit vielen Zeiten so kolportiert wird. Es ist als innere Reinigung gedacht (die kann und mag sich dann jeder vorstellen wie er will), also eine Weg, zu sich selbst zu finden.

 

 

 

 

Ja, so darf man das sehen, dem könnte ich mich anschließen. Solange ich aber von Sündenbefreiung höre, muss ich dem widersprechen.

 

Ich sehe folgendes Problem: Irgendwer, der seinen Gedanken nicht fertig gedacht hat, erfindet ein Fegefeuer, in dem noch Sünden abgebüßt werden. Das erweckt Widerspruch, daraufhin wird es dogamtisiert, damit da klare Linie herrscht, in Abgrenzung. Jetzt müssen sich Generationen von katholischen Theologen mit dem Quatsch herumschlagen, es verteidigen und erklären.

 

Wer keine Probleme hat, macht sich welche...

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vor 1 Stunde schrieb Guppy:

Aber wenn ich im "Feuer" bin, brenne ich doch.

 

Da brennt heute nichts mehr.
Habe ich aber alles schon weiter oben geschrieben.
 

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vor 4 Stunden schrieb Alfons:

Die Vorstellung eines Purgatoriums richtet den Blick auf die Sündenfolgen (wie es Gouvernante oben mit einem Beispiel schön beschrieben hat). Das heißt, es geht um ein Denken vom Opfer her: Wie kann ich es wagen, es mir im Himmel gut gehen zu lassen, solange noch die Folgen meiner (vielleicht auch nur unabsichtlichen) Taten in der Welt sind?

 

Die Folgen von Sünde können durch nichts aus der Welt geschafft werden. Die bleiben immer bestehen. Aber für die Folgen gibt es Heilung: Es ist die Reue. Einem Täter, der zutiefst bereut, dem zu Vergeben ist auch in der weltlichen Psychologie erlaubt, die ansonsten mit Vergebung ein durchaus großes Problem hat. Die Reue des Täters ist in den Fällen, in denen Wiedergutmachung nicht mehr möglich ist, häufig Wiedergutmachung genug. Reue ist außerdem die Voraussetzung für Versöhnung.

 

Es wäre interessanterweise auch für Voldemort der Weg gewesen, der seine völlige Vernichtung verhindert hätte. Harry bietet es ihm an, bevor Voldemorts  Avada Kedavra mit Harry Standardspruch Expelliarmus zusammenstößt und ihn selber trifft.

 

bearbeitet von Higgs Boson
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vor einer Stunde schrieb Shubashi:

Ich vorher den sehr interessanten Beitrag von Flo aus der Orthodoxie gelesen und muss gestehen, dass ich danach mit der ganzen "Fegefeuer"-Idee nichts mehr anfangen kann. Sie passt komplett nicht zu meinem Gottesbild, weil sie eben Gott quasi als handelnden "Richter" benötigt, der eine Strafe auferlegt, um ein Unrecht zu korrigieren.

 

Das finde ich schade; kann deine Konsternierung aber verstehen. Denn hier ist, wie so oft bei theologischen Themen, die nicht praktische Disziplinen betreffen, das Problem, dass nur polarisierende Ansätze dargestellt werden: Einerseits ein physisch-somatischer Realismus mit Qual- und Flammenphantasien im Stile eines Hieronymus Bosch und andererseits moderne, schaumschlagende Konzepte, die jede Festlegung vermeiden und - aus Angst der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden - jede übernatürliche Spekulation von vornherein vermeiden und sich stattdessen lieber im Psychologisieren ergehen. Hier wäre eine via media mehr als angebracht.

 

Da Du mit Gott als Strafrichter ein Problem hast und aus deinem östlichen Hintergrund die ethische Selbstreflexion eingängiger findest, erlaube ich mir Dir einen Absatz aus Oswalds Eschatologie (2. Auflage, Paderborn 1869, S. 24) zu zitieren, der deinem Verständnis, soweit ich es verstehe, doch nahekommen dürfte (Hervorhebungen von mir):

 

Zitat

Ja, wir dürfen uns dieses besondere Gericht (iudicium particulare; direkt nach dem Ableben, Anm. Stud.) ohne alle Förmlichkeit etwa in folgender Weise vorstellen: Sobald die Seele ihre leibliche Hülle im Tode abgelegt hat, muss sie wohl von selbst ein klares Urteil über ihren sittlichen Wert oder Unwert gewinnen. Ist es doch die Macht der leiblichen Sinne, welche hienieden so oft die echte Selbsterkenntnis fälscht und trübt. Erkennt die Seele nun ihren sittlichen Unwert, und dass sie ihre Bestimmung verfehlt hat, so muss zugleich eine entsetzliche Gewissensqual erfolgen, während im Gegenteil, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt zu haben sich bewusst wird, ein freudiges Entzücken sie durchströmen muss. Insofern mag das besondere Gericht zunächst als eine Art Selbstgericht betrachtet werden, das aber dann auf Seiten Gottes durch Verhängung positiver Strafe oder positiven Lohnes bestätigt wird.

 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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Wovon hat Jesus uns erlöst? Eventuell hier ein kurzer Blick zurück in das, was vor der Reformation das Mainstreamdenken in der lateinischen Kirche war.

 

Damals war man der Ansicht, dass die Erlösung sich auf alle Sünden plus Erbsünde bezog, die man bis zum Zeitpunkt der Taufe begangen hatte bzw. geerbt hatte. Ab dem Zeitpunkt der Taufe war man grundsätzlich im Stand der Gnade, bedauerlicherweise aber noch real als Mensch unterwegs und die Erfahrung, die bittere Erfahrung, lehrte, dass der Mensch auch als Getaufter sündigt. Zunächst waren das die wirklichen Knaller, Mord, Ehebruch, Diebstahl, Lüge, Götzendienst, aber im Laufe der Zeit kamen hierzu noch weitere Sünden hinzu: Das Missachten von Regeln der Kirchendisziplin (Fastenzeiten, regelmäßiger Kirchgang), dann, noch später, das Feld der Sünden in Gedanken und Worten.

 

Damals gab es im Falle für Sünden von Getauften einen Ausschluss aus der Kirche auf Zeit, sprich Exkommunikation, und man verfügte schon alsbald über Bußbücher, die ziemlich genau auflisteten, wie viel Tage mit Buße und Fasten ein Mord, ein Ehebruch usw. wert war.

 

Das war das pastorale Angebot, übrigens. Die Hardcore-Idee war ja ursprünglich gewesen, getaufte Täter ohne Wiederkehr der Verdammnis anheim zu geben, und ich glaube bei Paulus in den Korintherbriefen dürfte man diesbezüglich auch ein biblisches Fundament für solche Reaktionen finden (evangelikale Gemeinden sind noch heute ziemlich radikal, wenn Mitglieder Ehebruch begehen oder, was Gott verhüten möge, sich homosexuell betätigen sollten. Da ist die Sache mit der Gnade ziemlich schnell zu Ende).

 

Zurück zum Mittelalter, der Zeit, in der Buße und Vergebung praktisch mit der Stoppuhr pastoral und geeicht zu haben waren: Gelegentlich verstarben solch exkommunizierte Leute bevor ihre Bußzeit abgelaufen war. Manche verschoben das Bekenntnis - sehr schlau, aber natürlich risky - auf das nahende Lebensende. Und wieder schlug das gerecht denkende Mittelalter zu und "erfand" - das Fegefeuer. Das Fegefeuer war zunächst nichts anderes als eine, wiederum pastorale, Notwendigkeit, eben jene Leute zur Umkehr zu motivieren, die diesen Trick mit der Umkehr am Lebensende versuchten. Wer das tat, der musste damit rechnen, nach dem Tod in eben diesem Fegefeuer nachsitzen zu müssen.

 

Die Beichte ist von ihrem Ursprung her die Vergebung 2.0 usw. nach der Taufe, eine Erneuerung der Taufgnade. Was aber so an "Strafe" aufgelaufen war, das galt es in diesem Leben als Buße und Fasten, im nächsten im Fegefeuer abzuarbeiten.

 

Wieder aus pastoralen Gründen entwickelte sich dann daraus die Wallfahrt als Kompensation, das Bezahlen einer Wallfahrt als Kompensation und daraus der Ablasshandel.

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Übrigens hat Luther mit seiner ersten These, meiner Meinung nach, diesen gordischen Knoten durchschnitten: Wenn unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: Kehrt um! so hat er gewollt, dass wir immer wieder Reue zeigen für das Schlechte, das wir gemacht haben.

 

Martin, ich darf ihn so nennen, erkannte als Seelsorger mit klarem Blick, was der Mangel in diesem System von Sünde, Vergebung und Wiedergutmachung war: Die mangelnde Umkehr. Dieser maß er besonderes Gewicht bei, so dass er das Bild des Menschen als bodenlosen und permanenten Sünders entwarf, der sich niemals darauf berufen dürfe, seine Tat aus eigener Kraft wieder gut machen zu können: Keine Pralinenschachtel, kein Schmuckstück, kein teures Geschenk kann einen Ehebruch und den damit begangenen Schaden bezahlen.

 

Das ist eine zutiefst menschliche Sache, die Martin hier entdeckte: Ohne Reue und eine ehrliche Entschuldigung ist keine Wiedergutmachung, kein Schmerzensgeld tatsächlich etwas wert. Und er konstatiert, dass es absurd wäre zu denken, Menschen wären nicht Gewohnheitstiere, die zwar durchaus einsehen und bereuen, dass etwas falsch war, aber dass diese Einsicht und Reue nicht nachhaltig bewirken würde, dass Menschen auf Dauer von ihren schlechten Gewohnheiten ablassen könnten. Und, das wusste er: Ablasshandel, das heißt Wiedergutmachung ohne Reue und zumindest den Willen sich zu bessern (der dann vielleicht nur 10 Sekunden durchhält, aber immerhin), schadet. Er schafft ein trügerisches reines Gewissen, das einem sagt: Ich habe meine Schuld bezahlt. Jetzt kann ich wieder ehebrechen, morden, stehlen usw., das gleiche ich dann mit dem nächsten Ablass wieder aus.

 

Der supergerechte Gott des Mittelalters gegen den supergnädigen Gott der Reformation - die Geschichte lehrt, dass da immer was auf der Strecke bleibt.

 

Ich wollte das Problem hier auch nicht lösen, nur beleuchten.

bearbeitet von nannyogg57
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@nannyogg57: Danke für den Hinweis auf das Problem der Reue, dass Martin Luther in seinen 95 Thesen aufgegriffen hat. Ich möchte noch zusätzlich darauf hinweisen, dass der damalige Papst zwar in seiner Bulle Exsurge Domine 41 Aussagen von Martin Luther als häretisch verurteilt hat und Martin Luther zum Widerruf aufgefordert hat. Dass er aber dabei (ich weiß leider nicht mehr die genaue Zahl) nur auf etwa 7 Thesen aus den 95 Thesen eingegangen ist, von denen er etwa 4 als häretisch erklärt hat und die anderen etwa 3 als möglicherweise missverständlich für fromme Gemüter eingeordnet hat. Das bedeutet meiner Meinung nach auch, dass die Gedanken aus den 95 Thesen sich größtenteils innerhalb der römisch katholischen Dogmatik bewegen.

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vor 4 Minuten schrieb duesi:

 Das bedeutet meiner Meinung nach auch, dass die Gedanken aus den 95 Thesen sich größtenteils innerhalb der römisch katholischen Dogmatik bewegen.

 

Das ist auch zutreffend. Das Wenigste, vielleicht abgesehen von den reformatorischen Grund"erkenntnissen", was heute als Leistung Luthers gilt, ist originär Luther. Vieles an den Kritiken Luthers lag auch bei katholischen und vollkommen orthodoxen Theologen zumindest implicite in der Luft. Die große Reformsynode zu Trient kaum ein halbes Jahrhundert später ist Ausweis dieses vorhandenen Bewusstseins. 

 

Was die Veruteilung einzelner Sätze angeht: Im 16. Jahrhundert war der logische und theologische Grundsatz noch im allgemeinen Bewusstsein verankert, dass ein System, das auch nur einige wenige Irrtümer enthält, im Ganzen zu verwerfen sei. Diese Handhabung hat sich im Wesentlichen bis über die Zeit des Antimodernismus hinaus erhalten.

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

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vor 8 Minuten schrieb Studiosus:

 

Was die Veruteilung einzelner Sätze angeht: Im 16. Jahrhundert war der logische und theologische Grundsatz noch im allgemeinen Bewusstsein verankert, dass ein System, das auch nur einige wenige Irrtümer enthält, im Ganzen zu verwerfen sei. Diese Handhabung hat sich im Wesentlichen bis über die Zeit des Antimodernismus hinaus erhalten.

Dieser "logische und theologische Grundsatz" würde ja implizieren, dass man auch die Schriften von Kirchenvätern und Kirchenlehrern "im Ganzen verwerfen" müsse, wenn sie später dogmatisierten Lehren widersprechen und somit folglich Irrtümer enthalten. 

Dass man im Sinne des Antimodernismus einen Index für bedenkliche Schriften erstellt hat, weil sie einfache Gemüter verwirren können, kann ich ja noch irgendwie nachvollziehen. Aber dass man alle Lehren von Autoren verwerfen müsse, die sich nur in einigen wenigen Punkten geirrt hätten, scheint mir weder eine stringente Verfahrensweise der Kirche zu sein noch ein "logischer und theologischer Grundsatz" zu sein.

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@duesi

Ein valider Einspruch. Mir schwebten da auch weniger die Väter als eher Systeme, theologische oder philosophische, vor. Wenn ein System auf einer fehlerhaften Prämisse aufbaut oder ein irriges Axiom voraussetzt, so kann das System als Ganzes nur verworfen werden (ungeachtet des Wahren, Guten und Schönen, das es mitunter enthalten mag). Luthers Lehre fußt zu nicht unwesentlichen Teilen auf - aus katholischer Sicht - gravierenden Irrtümern betreffend verschiedene Materien des Glaubens und der Moral. 

 

Die von der Kirche rezipierten Väter aber haben, soweit ich das überblicken kann, weder auf Grundlage wesentlicher Irrtümer neue Glaubenssysteme formuliert, sondern allenfalls - wo das an Ort und Stelle nachgewiesen werden kann - in unentschiedenen Fragen im Nachgang (d. h. nach erfolgter Definition) geirrt oder in Bereichen, die nicht den Nahbereich der bindenden Glaubenslehre oder der Sitten berührt haben. Zumal die Kirche die Höchstgewalt der Konzilien (später des Papstes) auch über die Schriften der Väter (Konzilien des Altertums stellten bereits Kanones rechtgläubiger, d.h. zu rezipierender Schriften der Väter und Kirchenschriftsteller zusammen) schon früh herausgebildet hatte. Ein Korrektiv dem Luther die Beurteilung seiner Lehre - dasselbe in der Frühphase seines Protestes noch fordernd, deren Autorität im Zuge einer zunehmenden Radikalisierung leugnend - nicht aussetzen wollte.

 

 

Saluti cordiali,

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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