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Historisch-kritische Exegese


Maximilian

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Hallo!

Ich möchte euch folgendes fragen:
Wenn man der neuen Bibelforschung folgt, dann wird dort vereinfacht ausgedrückt gesagt, dass das Wort Gottes (die Bibel) nicht unbedingt wörtlich zu nehmen ist, sondern sich dort durch Menschen geschriebenes und von Gott/Hl.Geist inspiriertes Wort wiederfindet, das in den jeweiligen Sitz der Zeit gebracht und ausgelegt werden muss/kann.

Im Gegensatz dazu sehen viele Evangelikale die Hl. Schrift als ein Werk Gottes, das auch genauso, sprich wörtlich, einzuhalten ist.

Wenn ich jetzt der neuen Forschung folge, dann stellt sich mir die Frage, was lässt Interpretation zu und was ist tatsächlich wörtlich zu nehmen? (zB die Frage der Unauflösbarkeit der Ehe, die ja von der kath. Kirche als solches gesehen wird, da Sakrament usw.). Oder lässt das nur den Schluss zu, dass mir das Lehramt der kath. Kirche in der jeweiligen Zeit und Entwicklung die zu dieser Zeit gültige Interpretation vorgibt und eine Eigenauslegung des Wortes ein großes "Heilsrisiko" darstellt?

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Hallo, Maximilian,
das ist ein spannendes Thema. Schade, dass noch keine Antworten gekommen sind. Auch ich kann im Moment nichts wirklich Substantielles beitragen, da ich bin gerade in Urlaub bin und deshalb a) wenig Zeit und b) keine Fachliteratur greifbar habe.


Was das wörtliche Einhalten biblischer Gebote angeht, da machen selbst Evangelikale Ausnahmen. Jedenfalls kenne ich keinen, der sich Quasten an die Zipfel seiner Oberhemden macht mit einer Schnur von blauem Purpur dran. Ich wüsste auch niemanden, der einen Spaten mitnimmt, wenn er aufs Klo muss. Auch ist es unüblich geworden, Leute zu steinigen, die am Sabbat im Wald Holz sammeln, auch wenn Gott höchstselbst das dem Mose so befohlen hat.


Was die Unauflösbarkeit der Ehe angeht, da würde ich spontan sagen, dass sich die Katholische Kirche da nicht von Forschungsergebnissen der Theologie reinreden lassen wird. Also gesetzt den Fall, die Exegese würde herausfinden, dass Jesus nie gesagt hat, was in Matthäus 19,6 steht "Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht scheiden", würde das an der kirchlichen Lehre von der Unauflösbarkeit der Ehe erst einmal nichts ändern.

 

bearbeitet von Alfons
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Als Ergänzung zu meinem Vorredner: Es lässt sich überhaupt beobachten, dass die Ergebnisse* der historisch-kritischen Exegese, seit es sie gibt, nur sehr mäßigen Einfluss auf lehramtliche Positionen gezeigt hat. 

 

Zwar bekennt, wenn ich das so formulieren darf, auch das Lehramt (spätestens seit Pius XII.) mit den Lippen die Legitimität und Bedeutung dieser Methode für die Erforschung der Heiligen Schrift. Es erscheinen auch Publikationen, auch vom Vatikan selbst, so z. B. von der Internationalen Theologenkommission, die diese Methode explizit benennen und ihr Instrumentarium darstellen, aber das Herz der katholischen Lehre ist fern von ihr. 

 

Mir zumindest wäre keine relevante Lehrentscheidung oder kirchenamtliches Dokument bekannt, die den Glauben im strikten Sinne betreffen, auf deren Entstehung und Aussage die Erkenntnisse* der modernen Exegese einen merklichen Einfluss ausgeübt hätten. 

 

Gerade was die Ehelehre, hier besonders die Ehescheidung und Wiederverheiratung, angeht, hat die Kongregation für die Glaubenslehre noch in 1990er Jahren einen vollkommen ahistorischen Interpretationsansatz gewählt. Zwar scheint man durchaus über die Eigenheiten und Hintergründe der verschieden Logien zur Ehescheidung im Bilde gewesen zu sein, aber als Substrat der Beschäftigung mit dem Schriftbefund kommt doch die Amalgamierung der verschiedenen Evangelientexte zur bekannten katholischen Position hinten heraus. Und das ist auch bei anderen Themen so festzustellen. 

 

Bösartig (was ich nicht bin) formuliert könnte man sagen: Die Kurientheologen füllen oben in den Reißwolf die Heilige Schrift, die Väter und die Konzilien hinein, geben als Würze ein paar päpstliche Enzykliken hinzu und unten kommt als fertige Wurst die immerwährende Lehre der Kirche heraus, die dem gläubigen Volk auf den Teller gelegt wird. 

 

 

Ich will betonen, dass das natürlich nicht meine wirkliche Anschauung ist. 

 

 

*In Anführungszeichen; sinnvoller wäre wohl eher von Hypothesen zu sprechen. 

bearbeitet von Studiosus
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Das Lehramt dient der verbindlichen Auslegung in einer konkreten Zeit. Lebendige Tradition ist der von Menschen gelebte und verwirklichte Glaube. Daraus ergeben sich ggf. Fragen zu Verständnis und Umsetzung. Ein Lehramt kann an dieser Stelle dabei helfen, diesen individuell verwirklichten Glauben in der Mitte zu halten, es ist ein Korrektiv, das bewusst einen Gegenpol zum Individuum darstellt.

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vor 8 Stunden schrieb Studiosus:

Bösartig (was ich nicht bin) formuliert könnte man sagen: Die Kurientheologen füllen oben in den Reißwolf die Heilige Schrift, die Väter und die Konzilien hinein, geben als Würze ein paar päpstliche Enzykliken hinzu und unten kommt als fertige Wurst die immerwährende Lehre der Kirche heraus, die dem gläubigen Volk auf den Teller gelegt wird. 

 

 

Ich will betonen, dass das natürlich nicht meine wirkliche Anschauung ist. 

 

 

Aber es ist ein anschauliches Bild (wenn man den Reißwolf durch einen Fleischwolf ersetzt), darf ich das bei Gelegenheit benutzen?

 

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vor 4 Stunden schrieb Alfons:

 

Aber es ist ein anschauliches Bild (wenn man den Reißwolf durch einen Fleischwolf ersetzt), darf ich das bei Gelegenheit benutzen?

 

 

Stimmt, Fleischwolf natürlich. Gerne 

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vor 6 Stunden schrieb Alfons:

 

Aber es ist ein anschauliches Bild (wenn man den Reißwolf durch einen Fleischwolf ersetzt), darf ich das bei Gelegenheit benutzen?

 

In meiner Studentenzeit beschrieben so die Exegeten die wissenschaftliche Arbeit der Dogmatiker (ganz "ohne Wolf")

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vor 16 Stunden schrieb Studiosus:

Bösartig (was ich nicht bin) formuliert könnte man sagen: Die Kurientheologen füllen oben in den Fleischwolf die Heilige Schrift, die Väter und die Konzilien hinein, geben als Würze ein paar päpstliche Enzykliken hinzu und unten kommt als fertige Wurst die immerwährende Lehre der Kirche heraus, die dem gläubigen Volk auf den Teller gelegt wird. 

... vor allem entscheiden sie auch noch selbst übers Mischungsverhältnis, so dass sie den Geschmack der Wurst mitbestimmen. 

 

Zur Historizität der Bibel empfehle ich immer noch gerne den Brief an Dr. Laura.

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vor 35 Minuten schrieb laura:

Zur Historizität der Bibel empfehle ich immer noch gerne den Brief an Dr. Laura.

 

Schön vor allem der Nachsatz:

 

"Auch wenn der Text einen lustigen Charakter hat, macht er doch auf ein inhärentes Problem einer fundamentalistischen Bibelauslegung aufmerksam: Wenn manche Stellen der Bibel als wörtlich verbindlich akzeptiert werden, warum dann nicht alle?" ;)

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Also ich glaube das Problem aus Dr. Lauras Brief ist eher in der evangelikalen Ecke zu Hause. Die katholische Bibelauslegung trennt seit Langem ziemlich strikt, was als "wörtlich" oder besser gesagt verbindlich zu betrachten ist und was nicht. Also viele Fragen, die sich etwa aus den Ge- und Verboten des AT ergeben haben, stellen sich in dieser absurden Form für die katholische Kirche nicht. Unter anderem aus dem Grunde, da für die katholische Kirche die Schrift nicht alleiniger theologischer Erkenntnisort ist. 

 

Wenn man der kirchenamtlichen Bibelauslegung etwas vorwerfen könnte, dann eher dieses, dass sie von außen betrachtet recht arbiträr und aufgrund von Autorität nicht Argument festlegt, welche Sachverhalte welchen Verbindlichkeitsgrad über den zeitlichen Kontext hinaus besitzen. 

 

Das halte ich allerdings auch nur für ein Scheinproblem. Wenn man das apostolische Amt, insbesondere aber den römischen Papat, als von Christus gestiftet akzeptiert, dann kommt die Vollmacht, die Schrift autoritativ (und "richtig") auszulegen, eigentlich automatisch dazu. 

 

 

bearbeitet von Studiosus
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vor 16 Stunden schrieb Studiosus:

Das halte ich allerdings auch nur für ein Scheinproblem. Wenn man das apostolische Amt, insbesondere aber den römischen Papat, als von Christus gestiftet akzeptiert, dann kommt die Vollmacht, die Schrift autoritativ (und "richtig") auszulegen, eigentlich automatisch dazu. 

Das ist eine gelungene Schlussfolgerung. So nach dem Motto: "Ich (wir) haben die Vollmacht bekommen, die Schrift so auszulegen, wie wir es für richtig halten. Auch wenn Jesus das explizit so nicht gesagt hat, ist es aber dennoch so"
Somit braucht man dem Fußvolk nicht allzuviel theologisch/exegetisch erklären, sondern beruft sich immer auf die "Vollmacht" (siehe den Nachsatz vom Post des Marcellinus 🙂 ). Wird auch in manchen Ländern politisch so gelebt.
Man sieht also, dass (Annahme) fast alle Religionen bzw. deren Derivate ihr eigenen Probleme und entsprechend unvollständige Lösungsansätze haben. Wie es tatsächlich "richtig" ist, werden wir hoffentlich irgendwann mal erfahren.....

bearbeitet von Maximilian
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vor 17 Stunden schrieb Studiosus:

Wenn man das apostolische Amt, insbesondere aber den römischen Papat, als von Christus gestiftet akzeptiert, dann kommt die Vollmacht, die Schrift autoritativ (und "richtig") auszulegen, eigentlich automatisch dazu. 

Äh? Nein. WENN die Auslegung der Schrift auf einer annähernd wissenschaftlichen bzw. vernunftbasierten Technik basieren soll (selbst der vierfache Schriftsinn war ja ein solches Modell - in gewisser Weise) dann MUSS die Auskegung durch das Lehramt auch diesen Kriterien genügen.

 

Ich habe kein Problem damit zu akzeptieren, wenn der Papst für die Verkündigung oder das Recht eine bestimmte Lesart - wenn es verschiedene geben sollte - vorgibt und er seine Lesart nachvollziehbar begründen kann.

 

Für Peter Normalgläubigen gilt immer noch was Augustinus über die Katechese schrieb: setz dich hin, lies, finde den Bezug zu DEINEM Leben.

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vor einer Stunde schrieb Flo77:

Äh? Nein. WENN die Auslegung der Schrift auf einer annähernd wissenschaftlichen bzw. vernunftbasierten Technik basieren soll (selbst der vierfache Schriftsinn war ja ein solches Modell - in gewisser Weise) dann MUSS die Auskegung durch das Lehramt auch diesen Kriterien genügen.

 

Nun, ich denke, auch wenn die kirchenamtliche Methode der Schriftauslegung nicht den Kriterien der historisch-kritischen Exegese (die lediglich eine, wenn auch die herrschende Methode ist) genügt, so ist sie dennoch nicht unvernünftig. Sie ist für das, was sie tun will, ebenso vernunftgeleitet wie das, was der wissenschaftliche Exeget an der Hochschule beabsichtigt. 

 

Es geht bei lehramtlichen Dokument ja selten darum, die Genese oder literarische Tradition eines Textes zu untersuchen, sondern darum, einen theologischen Sachverhalt darzustellen oder eine Frage zu klären. Wenn sich z. B. eine Kongregation zum Themenfeld "Geschlecht" äußert und in diesem Zusammenhang das Buch Genesis heranzieht, dann steht dort weniger die Frage im Hintergrund, ob hier der Jahwist oder Elohist seine Spuren im Text hinterlassen hat oder welche kulturellen Hintergründe die Schöpfungsberichte haben. Es geht in erster Linie darum, welche theologischen Implikationen darin enthalten und welche Konklusionen daraus zu ziehen sind. 

 

Das Lehramt bleibt ja auch nicht beim reinen Schriftbefund stehen. Dann wird weiter geschaut, wie diese biblischen Befunde in Geschichte und Theologie der Kirche gedeutet wurden und welche Praxis sich daraus ergeben hat. Hier wird man vor allem auf die Väterliteratur und andere anerkannte und rekognoszierte Autoren zurückgreifen. Und natürlich auch im Sinne einer Selbstreferenz auf vorhergehende lehramtliche Akte, seien sie konziliaren oder päpstlichen Ursprungs, schauen.

 

Und auf Grundlage dieses, man könnte vielleicht sagen, "Dreischritts" wird dann eine möglichst konsistente lehrmäßige Antwort formuliert. Um es kurz zu machen: Die Leitfragen der historisch-kritischen Methode sind nicht die Leitfragen der kirchenamtlichen Verkündigung und der "Kurialtheologie". Käme morgen wissenschaftlich einwandfrei belegbar und in der Fachwelt anerkannt heraus, dass - beliebiges Beispiel - das Johannesevangelium abermals deutlich später zu datieren wäre und kein einziges authentisches Wort Christi enthielte, so würde das meiner Vermutung nach keine Auswirkungen auf den Gebrauch dieses Evangeliums durch das kirchliche Lehramt haben. Ich kann mich natürlich auch täuschen. 

bearbeitet von Studiosus
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vor einer Stunde schrieb Flo77:

Äh? Nein. WENN die Auslegung der Schrift auf einer annähernd wissenschaftlichen bzw. vernunftbasierten Technik basieren soll (selbst der vierfache Schriftsinn war ja ein solches Modell - in gewisser Weise) dann MUSS die Auskegung durch das Lehramt auch diesen Kriterien genügen.

Ich muss zugeben, dass ich noch nie von einer Auslegung durch das Lehramt gehört habe. Gerne würde ich die offizielle, lehramtliche Exegese des Buches Genesis, oder des Markusevangeliums lesen. Hat jemand einen Link für mich, wo ich eine solche bestellen kann? 

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vor 16 Minuten schrieb Weihrauch:

Ich muss zugeben, dass ich noch nie von einer Auslegung durch das Lehramt gehört habe. Gerne würde ich die offizielle, lehramtliche Exegese des Buches Genesis, oder des Markusevangeliums lesen. Hat jemand einen Link für mich, wo ich eine solche bestellen kann? 

 

Das ist auch so eine Sache. Im tridentinischen Symbolum (und auch noch bis ins 20. Jhd. hinein durch den Antimodernisteneid), war festgehalten worden, dass allein die Kirche die Kompetenz besitze, die Heilige Schrift nach der Norm der Väter authentisch auszulegen. 

 

Zugleich lässt sich feststellen, dass von dieser Möglichkeit nicht in dem Sinne Gebrauch gemacht wurde, dass sie so etwas wie einen lehramtlichen Kommentar zur gesamten Bibel hervorgracht hätte. Es gab einzelne, eher obskure Entscheidungen der Päpstlichen Bibelkommission, welche die Historizität biblischer Ereignisse oder die Autorschaft biblischer Bücher fixiert haben. Das waren allerdings Momentaufnahmen, die überholt sind. 

 

Es geht beim Anspruch der Kirche, die Schrift allein kompetent auszulegen, daher weniger darum, für jede Stelle einen Sinn vorzugeben, sondern er zielt wohl eher auf die Einhegung von irrigen Interpretationen und biblisch begründeten Häresien ab. Es ist kein Zufall, dass es das Konzil von Trient war, das diesen Punkt so stark gemacht hat. Die Reformation hat nachdrücklich erwiesen, wie unheilvoll eine Bibelauslegung sein kann, die den hierarchischen Deutungshorizont der kirchlichen Gemeinschaft verlässt. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 5 Minuten schrieb Studiosus:

Es gab einzelne, eher obskure Entscheidungen der Päpstlichen Bibelkommission, welche die Historizität biblischer Ereignisse oder die Autorschaft biblischer Bücher fixiert haben. Das waren allerdings Momentaufnahmen, die überholt sind. 

Also unverbindliche römische Entscheidungen.

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vor 10 Minuten schrieb Chrysologus:

Also unverbindliche römische Entscheidungen.

 

Das kommt darauf an, was man als unverbindlich ansieht. Es waren Interpretamente der Päpstlichen Bibelkommission, in der Zeit sicher uneingeschränkt gültig. Dass sie gewissermaßen "überschrieben" wurden - und formal heute keine Gültigkeit mehr besitzen, zumindest aber Lehre und Forschung nicht tangieren -, muss man wohl so akzeptieren. 

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vor 25 Minuten schrieb Chrysologus:

Dann scheint die Lehre doch zu unveränderlich nicht zu sein.

 

Ja, die Lehre. Was ist denn "die Lehre"? Man müsste aufhören, randständige Entscheidungen aus der Geschichte heranzuziehen, um den Beweis zu führen, dass "die Lehre" ständigem Wandel unterworfen ist. 

 

Dass kirchliche Lehren, sofern sie keinen endgültigen Charakter haben, wandelbar sind, habe ich nicht bestritten. Die Kirchenlehre im engeren Sinne, d. h. die definitiven Lehrentscheidungen der Konzilien und Päpste, zeichnen sich dagegen durch eine große Beharrungskraft und Kontinuität aus, die erstaunlich ist für eine Institution, die zwei Jahrtausende auf dem Buckel hat. Das ist auch der Grund, warum fast ausschließlich einzelne Akte aus dem 19. und frühen 20. Jhd. - die nicht infallibel sind - angeführt werden können, um den Punkt der Lehrinkonsistenz zu machen. 

 

An den Seitenarmen gibt es durchaus auch weitreichende Veränderungen, der Stamm, der die Glaubensartikel im strengen Sinne umfasst, steht meines Erachtens fest. Zumal man, ohne dass ich damit ein bestimmtes mind set bedienen will, auch die Frage stellen müsste, ob die "Fehler", die das 20. und 21. Jhd. korrigiert hat, tatsächlich in der damaligen Lehrmeinung begründet liegen oder ob sich nicht die zeitgenössische Interpretation mehr von der Wahrheit entfernt hat. Dass gewisse Diskontinuitäten erst im jüngeren kirchlichen Lehramt zu Tage treten, kann zumindest konstatiert werden. 

Dazu steht mir allerdings kein Urteil zu. 

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vor 4 Minuten schrieb Studiosus:

Das ist auch der Grund, warum fast ausschließlich einzelne Akte aus dem 19. und frühen 20. Jhd. - die nicht infallibel sind - angeführt werden können, um den Punkt der Lehrinkonsistenz zu machen.

Könnte auch daran liegen, daß sich die Vergangenheit gar nicht so ins Detail vertieft hat, als das man das Risiko der Kollision mit der Realität gehabt hätte.

 

Oder daran, daß ältere Maßnahmen für uns ohnehin so weit weg und "normal" sind, daß man sich die Fragen nicht mehr stellt. Translationsverbot, Laktizinienverbot, etc.

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vor 3 Minuten schrieb Flo77:

Translationsverbot, Laktizinienverbot, etc.

 

Sind das Glaubenssätze oder Verbote? Also Lehre oder Disziplin? 

 

Was die Disziplin der Kirche angeht, da würde ich jederzeit mitgehen und sagen, dass sich hier ein umfassender Wandel beobachten lässt. 

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vor 3 Minuten schrieb Studiosus:

 

Sind das Glaubenssätze oder Verbote? Also Lehre oder Disziplin? 

 

Was die Disziplin der Kirche angeht, da würde ich jederzeit mitgehen und sagen, dass sich hier ein umfassender Wandel beobachten lässt. 

Ich habe nicht den Eindruck, als hätte die Alte Kirche da so fein unterschieden hätte, wie Du das heute tust um die Kontinuität zu retten.

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vor 9 Minuten schrieb Flo77:

Ich habe nicht den Eindruck, als hätte die Alte Kirche da so fein unterschieden hätte, wie Du das heute tust um die Kontinuität zu retten.

 

Deshalb frage ich ja nach. Mir scheint diese Unterscheidung bereits durch den Inhalt selbst begründet zu sein: Das Verbot etwa, bestimmte Speisen zu sich zu nehmen, scheint mir nicht auf der gleichen Sphäre situiert zu sein wie z. B. die großen christologischen Bekenntnisse der alten Konzilien. 

 

Nach allem, was ich über die Gattung von Konzilstexten - in historischer und systematischer Perspektive - weiß, dann unterscheiden diese Dokumente selbst recht nachvollziehbar zwischen lehrmäßigen und disziplinarischen Aussagen. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 1 Minute schrieb Studiosus:

 

Deshalb frage ich ja nach. Mir scheint diese Unterscheidung bereits durch den Inhalt selbst begründet zu sein: Das Verbot etwa, bestimmte Speisen zu sich zu nehmen, scheint mir nicht auf der gleichen Sphäre situiert zu sein wie z. B. die großen christologischen Bekenntnisse der alten Konzilien. 

Du meinst die Bekenntnisse, die die lateinische Kirche eigenmächtig erweitert hat (Filioque, Symbolum Trientinum, Professio Fidei)?

 

Letztlich ist es natürlich eine Frage des Glaubens und der Sitten, wie man zu fasten hat. Frag mal die Orthodoxie. Und auch die Frage nach dem Verbindung zwischen einem Bischof und seinem Bistums ist am Ende des Tages eine Glaubensfrage.

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Die Aufgabe eines Exegeten besteht demnach darin, das Lehramt mit seiner Exegese in vorauseilendem Gehorsam reinzuwaschen, ohne es nass zu machen, weil anderenfalls das Lehramt im Nachgang entscheidet, was biblisch begründete Wahrheit und was biblisch begründete Häresie ist. Die einzig wahre biblische Begründung ist die biblisch unbegründete, weil nicht vorhandene Exegese des Lehramtes. Das ist zum davonlaufen unglaubwürdig.

 

Mein aufrichtiges Mitleid gilt der Hinterbliebenen.

 

Das Leid der Kirche tut mir in der Seele weh. Warum fällt es der Kirche so schwer, von dem tot gerittenen Gaul der Autorität abzusteigen, und sich zu gelebter Glaubwürdigkeit aufzuschwingen? Jesus verlangt in Mk 1,15 etwas, das dem Menschen zwar unglaublich schwer fällt, aber doch nicht unmöglich ist. 

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