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Wie wirkt Gott in der Welt?


Danny_S.

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vor 2 Stunden schrieb SteRo:

Die Frage bedarf der Klärung: 1. Wenn Gott in der Zeit wirkt, dann würde das ja bedeuten, dass er veränderlich ist. Ist er das? 2. Wenn Gott veränderlich wäre, wie sollte der Mensch das "wie" klären können? Der Mensch hat ja nur seine natürliche Vernunft, Gott aber ist übernatürlich. Oder bedeutet das, dass wenn Gott in der Zeit wirkte und damit veränderlich wäre, dann wäre Gott auch natürlich?

Das Thema scheint einer naiven Vorstellung von Gott zu entspringen.

 

Die traditionelle christliche Antwort geht wohl in die Richtung, dass Gott auf das Zeitliche einwirkt, ohne selbst aber zeitlich zu sein und eine Veränderung zu erfahren. Wobei ich es offen lassen möchte, wie sinnvoll diese Vorstellung ist.

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vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Alle Gottesvorstellung sind zuerst einmal Fantasievorstellungen. Was der Grund dafür ist, daß es so viele, unterschiedliche gibt. 

 

Unabhängig von der ersteren Aussage müsste man m.E. aber zumindest zwei Kategorien von Gottesvorstellungen unterscheiden (die folgende Einteilung ist schlagwortartig. aber ich hoffe dennoch im Sinne einer ersten Annäherung einigermaßen brauchbar):

 

a) Solche Vorstellungen, nach denen Gott "vollkommen" ist, in denen also nichts auch nur denkbar sein soll, was größer, erhabener und besser als Gott wäre.

b) Solche, in denen Gott - bzw. die Götter - "unvollkommen" sind.

 

Die abrahamitischen Religionen würden sicherlich zumindest für sich beanspruchen, dass ihr Gott im obigen Sinne vollkommen ist, ebenso viele Deisten der Aufklärung (Gott als "höchstes Wesen" usw.). Wahrscheinlich gilt dasselbe auch für die Hauptströmungen des Hinduismus (insbesondere Vishnuismus und Shivaismus).

Die Götter der alten Griechen, Römer, Germanen usw. gelten hingegen "eingestandenermaßen" eher als begrenzt, fehlbar, mitunter sogar charakterschwach usw.

 

Götter, die verschiedenen Kategorien im obigen Sinne angehören, sind von vornherein wohl nur bedingt vergleichbar. Sinnvoller wäre eigentlich der Vergleich innerhalb der jeweiligen Kategorien.

 

Innerhalb eines polythesitischen Systems, wo die einzelnen Götter (eo ipso?) unvollkommen sind, haben sie meistens gewisse Funktionen inne, welche sie charakterisieren - beispielsweise sind sie für das Meer, das Handwerk, die Fruchtbarkeit oder den Krieg zuständig. Daher lassen sich zwischen einzelnen Gottheiten der einen polytheistischen Religion oftmals gut mit denen einer anderen polytheistischen Religion nicht nur vergleichen, sondern sogar identifizieren, was man in der Antike wohl auch gerne getan hat.

 

Andererseits sind auch innerhalb der Gruppe monotheistischer Religionen, wo der jeweilige Gott meistens grundsätzlich "vollkommen" ist, Vergleiche möglich, da hier oft wichtige Gemeinsamkeiten vorliegen und die Gottesvorstellungen dort in der Tat oftmals gar nicht so unterschiedlich sind. Ein Christ etwa wird daher auch weit mehr mit dem Ahura Mazda des  Zoroastrismus oder mit dem Krishna der Bhagavad Gita anfangen können als mit dem Neptun der alten Römer.

 

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vor 33 Minuten schrieb iskander:

Die abrahamitischen Religionen würden sicherlich zumindest für sich beanspruchen, dass ihr Gott im obigen Sinne vollkommen ist, ebenso viele Deisten der Aufklärung (Gott als "höchstes Wesen" usw.). Wahrscheinlich gilt dasselbe auch für die Hauptströmungen des Hinduismus (insbesondere Vishnuismus und Shivaismus).

Die Götter der alten Griechen, Römer, Germanen usw. gelten hingegen "eingestandenermaßen" eher als begrenzt, fehlbar, mitunter sogar charakterschwach usw.

 

Was allerdings nicht bedeutet, daß es bei den alten Griechen, Römern und Germanen solche "höchsten Mächte" nicht gegeben hätte. Sie alle hatten Vorstellungen von unpersönlichen Mächten, denen Menschen ebenso wie Götter unterworfen waren. Epikur schrieb dazu: „Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen.“

 

All diese polytheistischen Religionen gingen von der gleichen, grundlegenden Erkenntnis aus, die sie von den monotheistischen Religionen unterscheidet, daß nämlich diese höchste Macht im Universum unpersönlich ist, keinerlei Vorlieben oder Abneigungen hat, und sich den Wünschen der Menschen gegenüber vollkommen indifferent verhält. Es ist sinnlos, sie um etwas zu bitten. Die Griechen brachten Ananke keine Opfer, und die Inder bauen Atman keine Tempel.

 

Die "Torheit" des Christentums bestand nun darin, dieser höchsten Macht im Universum persönliche Ambitionen im Bezug auf einzelne Menschen zu unterstellen. Zahlreiche Absurditäten waren die Folge dieser irrigen Vorstellung, und sie füllen auch hier viele Seiten. 

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vor 24 Minuten schrieb Marcellinus:

Was allerdings nicht bedeutet, daß es bei den alten Griechen, Römern und Germanen solche "höchsten Mächte" nicht gegeben hätte. Sie alle hatten Vorstellungen von unpersönlichen Mächten, denen Menschen ebenso wie Götter unterworfen waren.

 

Da muss ich nun zugeben, dass ich zu wenig Wissen besitze, um mir zu dieser Aussage eine fundierte Meinung erlauben zu können. Jedenfalls wäre es interessant, ob es sich hier in jedem Fall um "Mächte" in einem dem Monotheismus vergleichbaren Sinne handelt, wenn auch in einer - zum Teil oder immer? - "unpersönlicher" Form. Und dann würde ich mich fragen, ob solche Vorstellungen jeweils im "Mainstream" der Religion vorhanden oder dominant waren, oder vor allem bei speziellen Gruppierungen (wie den Orphikern).

 

vor 24 Minuten schrieb Marcellinus:

Die Griechen brachten Ananke keine Opfer, und die Inder bauen Atman keine Tempel.

 

Zu Ananke und ihrer Bedeutung kann ich nicht viel sagen (s.o.), aber bei den Indern würde ich Zweifel anmelden. Viele Hindus scheinen das Brahman (bzw. entsprechend den Atman) mit einer personalen Gottheit zu identifizieren:

 

"In the late-Vedic texts (~1000 to 500 BCE), the concept of a metaphysical Brahman grows in prominence, and the Vaishnavism tradition considered Vishnu to be identical to Brahman, just like Shaivism and Shaktism consider Shiva and Devi to be Brahman respectively.[39]"

https://en.wikipedia.org/wiki/Vaishnavism

 

Natürlich ist hier auch bedenken, dass "Hindusimus" ein Oberbegriff für verschiedene Strömungen mit Unterströmungen ist, wobei die Unterschiede zwischen Monotheismus, Panentheismus und Pantheismus mitunter als fließend erscheinen. Trotzdem gibt es zum Teil erhebliche Parallelen zu westlichen monotheistischen Vorstellungen oder sogar religiösen Lehren und Praktiken; ich fand beispielsweise die Ähnlichkeiten zwischen christlichem Denken und der Bhagadvad Gita bemerkenswert, wobei hier wohl auch eine historische Beeinflussung nicht ausgeschlossen werden kann.

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vor 12 Stunden schrieb iskander:

Jedenfalls wäre es interessant, ob es sich hier in jedem Fall um "Mächte" in einem dem Monotheismus vergleichbaren Sinne handelt, wenn auch in einer - zum Teil oder immer? - "unpersönlicher" Form. Und dann würde ich mich fragen, ob solche Vorstellungen jeweils im "Mainstream" der Religion vorhanden oder dominant waren, oder vor allem bei speziellen Gruppierungen (wie den Orphikern).

 

Eigentlich alle polytheistischen Religionen haben irgendwann eine Vorstellung von der Ordnung des Kosmos und vom Schicksal entwickelt, Kräfte, die anonym gedacht wurden und denen auch die jeweiligen Götter unterworfen waren. Das Schicksal als etwas Unentrinnbares ist das Thema griechischer Tragödien ebenso wie der germanischen Mythologie. Man kann also sagen, daß es sich dabei um Mainstream gehandelt hat.

 

Der Monotheismus, sowohl bei den Juden als auch bei Christen und Moslems war und ist also erkenntnismäßig ein Schritt zurück, weil sie in eins zu denken versuchen, was unvereinbar ist: Ordnung und Ablauf des Universums auf der einen und persönliche göttliche Hilfe und Zuwendung auf der anderen Seite. Eine "Torheit" eben, wie schon Paulus zugeben mußte. 

 

Und weil das letztlich unvereinbar ist, und mit dem sich ausweitenden Wissen über die außermenschliche Natur zunehmend kollidierte, brauchte es Theologen, die das Unerklärliche zu erklären versuchen. Da das aber nicht funktionierte, man sich den heidnischen Naturphilosophen zu Recht unterlegen fühlte, hat das Christentum dem so schnell wie möglich ein Ende gemacht, als sie die Macht dazu hatten. Als dann ca. 1000 Jahre später die Naturbeobachtung sich wieder erholte, war das der Anfang vom Ende christlicher Welterklärung.

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Am 2.6.2023 um 23:15 schrieb Danny_S.:

Wenn "Gott" nur als unpersonale Kraft aufgefasst wird, erübrigt es sich, nach einem solchen Wirken zu fragen.
Zu Letzterem kann man auch nicht beten.

Hm... Das würde ich so nicht sagen. Wenn Gott eine "Kraft" ist, wirkt diese Kraft ja auch. Auch wenn sie "unpersonal" ist.

 

Ich würde sagen, dass mein Gottesbild nicht in dem Sinne personal ist, wie du, und viele andere, es verstehen. Also ist es wohl in deinem Verständnis "unpersonal". Ich bete trotzdem. Ich glaube, du hattest Werner danach gefragt...

 

Ich würde dem was Marcellinus über die Götter polytheistischer Religionen schreibt:

Am 23.5.2023 um 22:42 schrieb Marcellinus:

und sich den Wünschen der Menschen gegenüber vollkommen indifferent verhält.

Ein Gott, der sich von mir durch meine Bitten und mein Gebet, sozusagen erweichen lässt, käme mir komisch vor. Das Dankgebet ist mir wesentlich näher, als das Bittgebet. Trotzdem halte ich auch Bitten im Gebet für sinnvoll. Und sei es nur, weil ich mir mehr bewusst mache, was ich brauche, was ich mir erhoffe und sich dadurch auch eher ein Weg zeigt. Etwas auszusprechen, ist immer ein erster Schritt. Ob es weitere gibt, hängt aber auch sehr von mir selber ab.

 

Beten ist für mich vor allem, gut mit mir selber (vielleicht mit der "Christuswirklichkeit in mir" oder mit dem "Heiligen Geist, der mir geschenkt ist") in Verbindung zu sein. Aber auch das zu sehen und zu spüren, was über mein kleines Ich hinausweist. Sowohl die Not zu sehen und an mich heran zu lassen, als auch die Größe und Schönheit zu sehen und dankbar zu sein. Schwer zu beschreiben...

 

Steindl-Rast erklärt der Unterschied von Pantheismus und Pan-en-theismus mit Dankbarkeit. Wenn man Gott eher als unpersönliche Kraft erlebt, kann man trotzdem Dankbarkeit empfinden. (Z. B. bei dem überwältigenden Gefühl, auf einem Berggipfel zu stehen). Sobald man ein Gefühl der Dankbarkeit empfindet, ist die Silbe "en" dabei.

 

 

 

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vor 30 Minuten schrieb Aleachim:

Ich würde sagen, dass mein Gottesbild nicht in dem Sinne personal ist, wie du, und viele andere, es verstehen. Also ist es wohl in deinem Verständnis "unpersonal". Ich bete trotzdem.

Sehr interessantes Thema. Hoffentlich schreibst Du dazu noch ein bisschen mehr.

Ich kenne ziemlich viele Menschen, die zwar an Gott glauben,

aber nicht an einen persönlichen, ansprechbaren, auf unsere Taten, Worte und Gebete reagierenden Gott.

Demletzt las ich die Frage: "Ob Gott weiß, dass sein Sohn gestorben und auferstanden ist?"

Und sofort kamen in mir eine Unmenge von FolgeFragen hoch: "Und wenn er es weiß: Macht ihm das was aus? Nimmt er Anteil am Leid der Kreuzigung? Nimmt er Anteil am Glück der Auferstehung? Nur bei Jesus? Oder bei allen Menschen? Und bei den Aliens auch?"

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„Zur Metaphysik kommt man auch, indem man beim Nachdenken über eine Sache dem Denken selbst den Vorrang vor der Sache gibt.“

(Rolf Hellmut Foerster, Zwischen Erde und Unsterblichkeit: Das Abenteuer der menschlichen Evolution, 1980, S. 184 )

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vor 2 Stunden schrieb Mecky:

Sehr interessantes Thema. Hoffentlich schreibst Du dazu noch ein bisschen mehr.

Gerne, danke für deine Nachfrage.

 

Hab jetzt nicht soviel Zeit. Vielleicht schaff ich heute Abend noch mehr. Nur kurz soviel. Die Beschreibungen von Gott als Vater, oder als irgendeine Art Wesen, dass dieses oder jenes tut oder will, sind für mich einfach anthropomorphe Beschreibungen, Bilder, die ich als Bilder des Gottes nehme, von dem wir uns kein wirkliches Bild machen können (sollen). Ich kann ohne Probleme in diesen Bildern sprechen. Ich finde mich und meinen Glauben darin wieder. Aber sehe sie eben als Bilder und nicht als "Tatsachen". Sie sind für mich deshalb nicht weniger "wahr". Eher im Gegenteil. Ich habe aber grade hier im Forum die Erfahrung gemacht, dass diese Bilder oft nicht als Bilder verstanden werden. (Von Gläubigen wie Ungläubigen) Es bereichert mich selber, wenn ich immer wieder mal versuche, das was sich glaube, ohne diese (festgefahrenen) Bilder zu erklären. Das ist meist umständlich und schwierig. Mit einem Bild kann man das viel kürzer sagen. Aber es erstarrt auch leicht.

 

Ich muss an alte Diskussionen hier denken, wo es auch um die Dankbarkeit ging. Viele waren der Meinung, um dankbar zu sein, braucht es ein Gegenüber, dem man deshalb dankbar (zu Dank verpflichtet) ist, weil er eben etwas spezielles für einen getan hat. Damit kann ich nicht so viel anfangen. Ich verlinke hier mal, was ich damals geschrieben habe:

 

https://www.mykath.de/topic/30503-danke-gott/?do=findComment&comment=1846621

 

Daraus:

Ich glaube nicht, dass Gott "eingreift", aber ich glaube, dass seine Kraft immer "wirkt". Insofern könnte man natürlich sagen, es ist egal ob man ihn um was bittet, oder nicht, er "wirkt" eh immer gleich. Diese Grundannahme ist eigentlich nicht falsch. Aber andererseits ist es eben doch nicht egal, ob ich bitte oder nicht, weil diese Bitte mich, mein Wollen, und was ich dafür tue, verändern kann.

 

Auch das hier passt zum Thema:

https://www.mykath.de/topic/29324-freiheit-in-gott/?do=findComment&comment=1775413

 

Und wem bist du dankbar für den Sonnenaufgang, den Sternenhimmel, die Beziehung zu deiner Freundin (Kinder hast du glaub ich keine, oder?), oder deine Gesundheit? Mag ja sein, dass du für vieles anderen Menschen dankbar sein kannst. Anderes wiederum hast du dir selber zu verdanken und vielleicht empfindest du bei einem Sonnenaufgang keine Dankbarkeit. Das ist ja ok. Aber bei mir ist eben dieses Gefühl der Dankbarkeit da. Selbst bei Dingen, die ich mir selber erarbeitet habe, hab ich das Gefühl, dass ich das nicht nur mir selber zu verdanken habe.

 

 

 

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@Aleachim

Dankbarkeit gehört in die Beziehung zwischen Menschen, wie vieles andere, was sich Religionen angeeignet haben. Dankbarkeit gegenüber dem „Schicksal“ ist ebenso Unfug wie Anklagen dagegen. 

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GermanHeretic
vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

@Aleachim

Dankbarkeit gehört in die Beziehung zwischen Menschen, wie vieles andere, was sich Religionen angeeignet haben. Dankbarkeit gegenüber dem „Schicksal“ ist ebenso Unfug wie Anklagen dagegen. 

 

Na ja, ich bin dem Schicksal schon dankbar, daß ich bei einem schweren Unfall vor ein paar Jahren nicht verreckt bin. Natürlich ist das kosmologisch betrachtet so unsinnig wie, welche Partei man jeden Sonntag bei Infas wählt, aber persönlich macht das was aus. Und ob man das Schicksal nun Gott oder Karma nennt, macht da auch keinen Unterschied.

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vor 10 Minuten schrieb GermanHeretic:
vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

Dankbarkeit gehört in die Beziehung zwischen Menschen, wie vieles andere, was sich Religionen angeeignet haben. Dankbarkeit gegenüber dem „Schicksal“ ist ebenso Unfug wie Anklagen dagegen. 

 

Na ja, ich bin dem Schicksal schon dankbar, daß ich bei einem schweren Unfall vor ein paar Jahren nicht verreckt bin. Natürlich ist das kosmologisch betrachtet so unsinnig wie, welche Partei man jeden Sonntag bei Infas wählt, aber persönlich macht das was aus. Und ob man das Schicksal nun Gott oder Karma nennt, macht da auch keinen Unterschied.

 

Dankbarkeit setzt voraus, daß da jemand zu deinen Gunsten entschieden hat, obwohl er auch anders gekonnt hätte. Wer hat da entschieden? Und kann man sich auch beschweren, wenn die Entscheidung gegen einen ging? Ich halte das ganze Konzept für unsinnig, aber jeder, wie er mag.

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vor 7 Stunden schrieb Marcellinus:

@Aleachim

Dankbarkeit gehört in die Beziehung zwischen Menschen, wie vieles andere, was sich Religionen angeeignet haben. Dankbarkeit gegenüber dem „Schicksal“ ist ebenso Unfug wie Anklagen dagegen. 

Mir ist klar, dass du das so siehst. Das hast du auch im ersten der von mir verlinkten Threads so geschrieben. Aber danke für die Plattform, die du mir mit deiner Antwort bietest. 😊

 

Dankbarkeit gehört für mich eng zusammen mit Vertrauen und beides ist für mich nicht ausschließlich gegenüber Menschen vorhanden. Ich möchte es mal so sagen, es gibt vieles, was ich als Geschenk empfinde, ohne zu wissen, ob es einen "Schenkenden" in dem Sinne gibt, dass da jemand ist, der da bewusst was für mich macht, oder mir gibt.

 

Das geht los bei der Natur, der Sonne, den Wolken, der Erde und den Pflanzen, die darauf wachsen. Es geht weiter mit den Möglichkeiten, die sich mir bieten, den Fähigkeiten, die ich habe, den Menschen, die mich begleiten (Denen ich zwar für das was sie tun direkt dankbar sein kann, aber nicht dafür, dass es sie gibt. 😏) Aber auch dafür, dass ich immer wieder lernen darf, dass ich wachsen darf, dass ich mich entwickeln darf, dass ich für andere da sein darf usw.

 

Und dann noch was zum Anklagen: Zum einen kann das einfach gut tun. So wie manch einer über andere Autofahrer schimpft, ohne dass jemand was davon mitkriegt... Dampf ablassen, Frust rauslassen, Trauer oder Wut zulassen, das kann sehr viel Positives bewirken, auch wenn gar keiner ist, der das hört, oder darauf reagiert.

 

Das andere ist etwas, das sehr schwer in Worte zu fassen ist. Vor allem, weil ich Sorge habe, Leute vor den Kopf zu stoßen... Ich versuchs trotzdem. Ich durfte zum Glück schon oft die Erfahrung machen, dass das Leben (das Schicksal, Gott oder wie auch immer man es nennen will), es "gut mit mir meint". Auch und gerade die Situationen, die schwer für mich waren, wo ich wie an einem Abgrund stand, völlig verzweifelt und alles andere als "dankbar", haben mich schlussendlich soviel weiter gebracht, haben mich soviel ehrlicher, soviel klarer, soviel verständnisvoller und mitfühlender werden lassen, dass ich im nachhinein unendlich dankbar bin, für diese Schwierigkeiten.

 

Nun muss ich gestehen, dass das neutral betrachtet, keine großen Katastrophen waren. Und ich käme auch nie auf die Idee, jemandem, der irgendein Problem hat, einfach nur zu sagen, dass er ja vielleicht was draus lernen, oder daran wachsen kann. Das wäre total zynisch und unfair und blöd...

 

Aber für mich persönlich kann ich sagen, dass diese Erfahrungen, ein riesiges Vertrauen bewirkt haben, dass da etwas ist, das Kraft gibt, in jeder Situation und dass ich vielleicht sogar in den schlimmsten und schwierigsten Situationen einen Umgang damit finde, der irgendwas positives daraus entstehen lässt. (Was nicht unbedingt das entstandene Leid rechtfertigt oder rechtfertigen muss.)

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vor 5 Stunden schrieb Marcellinus:
vor 5 Stunden schrieb GermanHeretic:

Na ja, ich bin dem Schicksal schon dankbar, daß ich bei einem schweren Unfall vor ein paar Jahren nicht verreckt bin. Natürlich ist das kosmologisch betrachtet so unsinnig wie, welche Partei man jeden Sonntag bei Infas wählt, aber persönlich macht das was aus. Und ob man das Schicksal nun Gott oder Karma nennt, macht da auch keinen Unterschied.

 

Dankbarkeit setzt voraus, daß da jemand zu deinen Gunsten entschieden hat, obwohl er auch anders gekonnt hätte. Wer hat da entschieden? Und kann man sich auch beschweren, wenn die Entscheidung gegen einen ging? Ich halte das ganze Konzept für unsinnig, aber jeder, wie er mag.

 

Ich frage mich, ob wir einfach nur unterschiedliche Begriffe für das selbe Gefühl, die selbe Erfahrung benutzen... Das, was GH und ich hier Dankbarkeit nennen, nennst du vielleicht einfach Freude, oder Erleichterung, oder ganz anders...

 

Spaßeshalber würde mich mal was interessieren: Religiöse Menschen benutzen ja gerne den Ausdruck "Gott sei Dank". Als Synonym dafür, nur ohne Gottesbezug, sehe ich den Ausdruck "Zum Glück". Für mein Gefühl steckt in diesem "Zum Glück" genausoviel Dankbarkeit wie in "Gott sei Dank", sie richtet sich nur an niemand bestimmten... Wie würdest du es Ausdrücken, wenn du total erleichtert bist, dass du selber oder jemand, den du liebst gerade noch heil aus einer Gefahrensituation rausgekommen ist? Passt ein: "Zum Glück ist dir nichts passiert!" zu dir? Oder würdest du das nicht so formulieren? (Dass du ein "Zum Glück" - falls du es verwendest - nicht als Ausdruck von Dankbarkeit verstehst, hab ich schon verstanden 😉)

 

 

 

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vor 11 Minuten schrieb Aleachim:

Aber für mich persönlich kann ich sagen, dass diese Erfahrungen, ein riesiges Vertrauen bewirkt haben, dass da etwas ist, das Kraft gibt, in jeder Situation und dass ich vielleicht sogar in den schlimmsten und schwierigsten Situationen einen Umgang damit finde, der irgendwas positives daraus entstehen lässt. (Was nicht unbedingt das entstandene Leid rechtfertigt oder rechtfertigen muss.)

 

Ja, dieses Gefühl haben viele, übrigens nicht nur Menschen. Nennt man Grundvertrauen, und wir, zumindest die Lebewesen, sie in Gruppen aufwachsen und leben, erwerben es am Beginn ihres Lebens. Es ist das Gefühl, daß uns dieses Leben viel zu bieten hat, wenn wir uns nur trauen - die andere Seite von Vorsicht übrigens.

 

Dieses Gefühl ist nichts Geheimnisvolles. Wir alle sind Überlebende, Erben einer ununterbrochene Kette von Lebewesen, die leben wollen. Wer das nicht wollte, ist schon lange nicht mehr dabei, und trotzdem erfahren manche von uns, wie fragil dieses Grundvertrauen ist.

 

Dieser Lebenswille ist nichts Selbstverständliches, obwohl es den meisten von uns so erscheint, sondern nach meiner festen Überzeugung wie alle unser Sinneseindrücke von unserem Gehirn konstruiert. Es ist das "leben wollen", die Bereitschaft etwas zu riskieren und die Erwartung, daß das irgendwie gut ausgehen wird, die die Voraussetzung waren und sind für unseren Erfolg als Art, wie auch für einige Probleme die wir nun mit diesem Erfolg haben.

 

Das ist übrigens unabhängig davon, daß diese Erwartung auf lange Sicht für die Einzelnen immer enttäuscht wird. Als Art machen wir trotzdem immer weiter, weil wir "wissen", genauer gesagt zu wissen meinen, daß es am Ende gut ausgehen wird. Wie gesagt: als objektive Erkenntnis falsch, aber gut für das Überleben unserer Art. 

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vor 11 Minuten schrieb Aleachim:

Spaßeshalber würde mich mal was interessieren: Religiöse Menschen benutzen ja gerne den Ausdruck "Gott sei Dank". Als Synonym dafür, nur ohne Gottesbezug, sehe ich den Ausdruck "Zum Glück". Für mein Gefühl steckt in diesem "Zum Glück" genausoviel Dankbarkeit wie in "Gott sei Dank", sie richtet sich nur an niemand bestimmten... Wie würdest du es Ausdrücken, wenn du total erleichtert bist, dass du selber oder jemand, den du liebst gerade noch heil aus einer Gefahrensituation rausgekommen ist? Passt ein: "Zum Glück ist dir nichts passiert!" zu dir? Oder würdest du das nicht so formulieren?

 

Mal haben wir Glück, mal haben wir Pech. Am Ende ist es die Frage, ob es so etwas wie Zufall überhaupt gibt. Aber ich habe den Eindruck, daß unser gegenseitiges Mißverstehen viel tiefer geht. Du bist religiös, daher ist es kein Wunder, daß du in Ereignissen, bei denen die Ursachen nicht offensichtlich sind, nach einem "unsichtbaren Verursacher" suchst. Und ich habe zumindest den Eindruck, daß du diese Ereignisse in der einen oder anderen Weise auf dich beziehst, weshalb du das Gefühl hat, dir sei gerade etwas Gutes passiert, für das du dankbar bis.

 

Ich bin ohne dieses Gefühl eines "unsichtbaren Verursachers" aufgewachsen. Als ich zum ersten Mal der Idee begegnete, für irgendein für mich positives Ereignis "dankbar" sein zu sollen, kam daher ziemlich schnell die Entgegnung, was denn dann mit den negativen Ereignissen sei. Je älter man wird, umso mehr reift die Erkenntnis, daß die meisten Ereignisse reale Verursacher haben, im Guten wie im Schlechten, und das Glück oder Pech meistens einfach nur bedeutet, zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, oder zur falschen Zeit am falschen.

 

Ich habe in meinem Leben, so lang wie es nun schon dauert, schon einige Mal Erfreuliches erlebt, und einige Male auch Übles, und je älter man wird, umso mehr nehmen die Übel zu. Aber ich habe das nie auf mich bezogen. Es ist einfach der normale Lauf der Dinge.  

 

 

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vor 9 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Dankbarkeit gegenüber dem „Schicksal“ ist ebenso Unfug wie Anklagen dagegen. 

 

Dann dürfte die Theodizee auch kein Problem bzgl. der Frage der Existenz Gottes darstellen, sondern höchstens bzgl. der Attribute Gottes (genauer gesagt der menschlichen Bewertung dieser Attribute).

 

Sprich: entweder sprechen sowohl Gutes wie Böses für oder gegen Gott oder sind für die Frage irrelevant.

 

Wenn ersteres stimmt, dann spricht auch das Gute gegen Gott (ist das so?), wenn letzteres stimmt, dann hat sich wie schon gesagt die Theodizee-Frage von selbst erledigt wegen Kategorienfehler.

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vor 31 Minuten schrieb rorro:
vor 10 Stunden schrieb Marcellinus:

Dankbarkeit gegenüber dem „Schicksal“ ist ebenso Unfug wie Anklagen dagegen. 

 

Dann dürfte die Theodizee auch kein Problem bzgl. der Frage der Existenz Gottes darstellen, sondern höchstens bzgl. der Attribute Gottes (genauer gesagt der menschlichen Bewertung dieser Attribute).

 

Sprich: entweder sprechen sowohl Gutes wie Böses für oder gegen Gott oder sind für die Frage irrelevant.

 

Wenn ersteres stimmt, dann spricht auch das Gute gegen Gott (ist das so?), wenn letzteres stimmt, dann hat sich wie schon gesagt die Theodizee-Frage von selbst erledigt wegen Kategorienfehler.

 

Es ist richtig, der Begriff Theodizee ist nur sinnvoll, wenn man von einem persönlichen "Gott" ausgeht. Ich habe aber gar nicht über "Götter" gesprochen, sondern über "Schicksal", und das noch in Anführungsstrichen, sprich: Nicht über einen persönlichen Verursacher, sondern über einen unpersönlichen, absichtslosen Zusammenhang. 

 

Da ich nicht an Götter glaube, es für mich mithin auch keine übernatürlichen, persönlichen Verursacher gibt, ist sowohl Dankbarkeit als auch Anklage ihnen gegenüber ohne Gegenstand. Das ist meine Argumentation. 

 

Insofern habe ich Schwierigkeiten, deinen Post einzuordnen, denn ich habe nicht versucht, die Existenz von Göttern zu widerlegen, an die ich eh nicht glaube. Mir ging es im Gespräch mit @Aleachim um den Begriff der Dankbarkeit, und ich denke, zumindest sie hat mich auch verstanden. 

 

bearbeitet von Marcellinus
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GermanHeretic
vor 16 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Dankbarkeit setzt voraus, daß da jemand zu deinen Gunsten entschieden hat, obwohl er auch anders gekonnt hätte. Wer hat da entschieden? Und kann man sich auch beschweren, wenn die Entscheidung gegen einen ging? Ich halte das ganze Konzept für unsinnig, aber jeder, wie er mag.

 

Unter der Voraussetzung gebe ich Dir recht. Aber warum sollte das so sein? Ich bin auch dankbar, daß ich keine Lebensmittelallergie habe. Wenn bei einem Spiel die Würfel zugunsten meiner fallen. Und ich hadere damit, eine Brille tragen zu müssen. Die Statur hätte genetisch auch besser ausfallen können. Hat alles niemand (in persona) entschieden, ist aber dennoch so. Und manche dieser aus dem chaotischen Netz der verflochtenen Wechselwirkungen aller Art sind gut für mich ausgegangen (=> Dankbarkeit), manche nicht so dolle (=> Hader).

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vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

Du bist religiös, daher ist es kein Wunder, daß du in Ereignissen, bei denen die Ursachen nicht offensichtlich sind, nach einem "unsichtbaren Verursacher" suchst. Und ich habe zumindest den Eindruck, daß du diese Ereignisse in der einen oder anderen Weise auf dich beziehst, weshalb du das Gefühl hat, dir sei gerade etwas Gutes passiert, für das du dankbar bis.

Im Großen und ganzen hast du mit diesem Posting sicher recht. Beim oben zitierten Abschnitt, möchte ich aber was Kleines anmerken/korrigieren. Mich stört ein wenig das Wörtchen "suchst". Ich würde nicht sagen, dass ich nach einem Verursacher suche. Ich empfinde einfach ein Gefühl, dass ich mit dem Wort "Dankbarkeit" bezeichne. Ich gebe dir insofern recht, dass ich Ereignisse auf mich beziehe und zwar vielleicht durchaus so als wäre da jemand, der das extra für mich gemacht hat. Das ist aber kein Suchen danach. Eher im Gegenteil: Ich suche nach anderen möglichen "Erklärungen", weil mir dieser Gedanke, dass da jemand ist, der extra für mich an einem Rädchen dreht, weil ich darum bitte ziemlich absurd und gar nicht stimmig erscheint. Ich kann mich gar nicht daran erinnern, mir Gott jemals so vorgestellt zu haben. Ich vermute, dass das als Kind schon zunächst der Fall war, hat sich aber dann schätzungsweise schon in der Grundschule geändert. (Vielleicht als ich aufgehört habe ans Christkind zu glauben...) Wo ich dir aber vielleicht trotzdem recht geben muss, dass sich dieses Gefühl der Dankbarkeit eben deshalb einstellt, weil ich eben aufgrund meiner Prägung trotzdem so empfinde, als wäre da "jemand" der das für mich tut. Aber da bin ich nicht sicher.

 

Am 7.6.2023 um 16:49 schrieb Marcellinus:

Dankbarkeit setzt voraus, daß da jemand zu deinen Gunsten entschieden hat, obwohl er auch anders gekonnt hätte. Wer hat da entschieden?

Zu diesem Satz ist mir noch ein Gedanke gekommen. Ich würde sagen, ich setze Dankbarkeit in etwa gleich mit "nicht alles für selbstverständlich nehmen". Ich möchte ein wenig ausholen: Ich glaube, die meisten Menschen halten es für richtig, Kindern beizubringen, nicht alles für selbstverständlich zu nehmen. Wahrscheinlich wollen die meisten Eltern da entgegenwirken, dass Kinder es total selbstverständlich finden, dass ihre Wäsche gewaschen ist, dass etwas zu essen auf dem Tisch steht, dass sie ein Dach über den Kopf haben. Ich gehe davon aus, dass du mir zustimmst, dass es richtig ist, Kindern beizubringen, das eben nicht als selbstverständlich anzusehen.

 

Jetzt würde mich interessieren, würdest du auch soweit gehen zu sagen, dass es gut ist, auch mal an den Bäcker und Metzger zu denken, auch dafür "dankbar" zu sein, dass der diese Lebensmittel herstellt? Da ist ja nun schon noch eine konkrete Person, der man dankbar sein kann, aber diese Person macht das ja nicht direkt zu meinen Gunsten. Es ist ja deren Beruf und ich bezahle dafür. Da fehlt das "obwohl er auch anders gekonnt hätte", oder? Ist das dann schon zu wenig, um wirklich dankbar zu sein? Und falls du hier durchaus noch Dankbarkeit empfinden kannst (vielleicht weil du diese Menschen persönlich kennst), wie ist es mit den Menschen, die deinen Kaffee ernten oder deine Kleidung nähen? Kannst du da eine gewisse Dankbarkeit empfinden, wenn du drüber nachdenkst? Oder noch abstrakter, wie ist es mit Vorfahren, die vielleicht schon etliche Generationen vor dir gelebt haben und denen du vielleicht trotzdem etwas verdankst (du weißt vielleicht nichtmal was...) Oder den vielen verschiedenen Menschen, denen wir "verdanken", dass wir elektrischen Strom, fließend Wasser und Internet in unseren Wohnungen haben - von denen, die es erfunden haben, bis zu denen, die es im Haus verlegt haben. Findest du da das Wort "Dankbarkeit" unangebracht? Oder wie ist es mit dem Staat? (Bitte jetzt nicht drauf rumreiten, was politisch grad alles schief läuft!) Kannst du dankbar sein für Demokratie, Gesetze, soziale Absicherung etc.?

 

Bei all dem gibt es zwar ein Gegenüber, aber keines das bewusst extra für mich so handelt oder mir was schenken will. Siehst du das auch so? Findest du deshalb, das Dankbarkeit hier Quatsch ist? Und wenn, würdest du mir vielleicht trotzdem zustimmen, dass es richtig ist, all diese Dinge "nicht für selbstverständlich zu nehmen"?

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vor 13 Stunden schrieb GermanHeretic:

 

Unter der Voraussetzung gebe ich Dir recht. Aber warum sollte das so sein? Ich bin auch dankbar, daß ich keine Lebensmittelallergie habe. Wenn bei einem Spiel die Würfel zugunsten meiner fallen. Und ich hadere damit, eine Brille tragen zu müssen. Die Statur hätte genetisch auch besser ausfallen können. Hat alles niemand (in persona) entschieden, ist aber dennoch so. Und manche dieser aus dem chaotischen Netz der verflochtenen Wechselwirkungen aller Art sind gut für mich ausgegangen (=> Dankbarkeit), manche nicht so dolle (=> Hader).

 

Das ist dann aber vielleicht höchstens ein "analoger" Dankbarkeits-Begriff, verglichen mit einem "religiösen" Konzept von Dankbarkeit.

 

Vielleicht ist es auch so, dass viele (wenn wohl keineswegs alle) Menschen die Tendenz haben, in manchen Situationen tatsächlich so etwas wie "Dankbarkeit" in einem mehr oder weniger "religiösen" Sinne zu empfinden. Ein Atheist mag das als als Symptom eines "kindlichen" Empfindens interpretieren, ein religiöser Mensch als den intuitiven Ausdruck einer "Ahnung" von etwas "Größerem".

bearbeitet von iskander
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vor einer Stunde schrieb Aleachim:
Am 7.6.2023 um 16:49 schrieb Marcellinus:

Dankbarkeit setzt voraus, daß da jemand zu deinen Gunsten entschieden hat, obwohl er auch anders gekonnt hätte. Wer hat da entschieden?

Zu diesem Satz ist mir noch ein Gedanke gekommen. Ich würde sagen, ich setze Dankbarkeit in etwa gleich mit "nicht alles für selbstverständlich nehmen". Ich möchte ein wenig ausholen: Ich glaube, die meisten Menschen halten es für richtig, Kindern beizubringen, nicht alles für selbstverständlich zu nehmen. Wahrscheinlich wollen die meisten Eltern da entgegenwirken, dass Kinder es total selbstverständlich finden, dass ihre Wäsche gewaschen ist, dass etwas zu essen auf dem Tisch steht, dass sie ein Dach über den Kopf haben. Ich gehe davon aus, dass du mir zustimmst, dass es richtig ist, Kindern beizubringen, das eben nicht als selbstverständlich anzusehen.

 

Keine Frage!

 

vor einer Stunde schrieb Aleachim:

Jetzt würde mich interessieren, würdest du auch soweit gehen zu sagen, dass es gut ist, auch mal an den Bäcker und Metzger zu denken, auch dafür "dankbar" zu sein, dass der diese Lebensmittel herstellt? Da ist ja nun schon noch eine konkrete Person, der man dankbar sein kann, aber diese Person macht das ja nicht direkt zu meinen Gunsten. Es ist ja deren Beruf und ich bezahle dafür. Da fehlt das "obwohl er auch anders gekonnt hätte", oder? Ist das dann schon zu wenig, um wirklich dankbar zu sein?

 

Auch das! Ja, es mag ihr Beruf sein, aber sie können ihn gut oder schlecht machen, und in beiden Fällen sage ich das auch. 

 

vor einer Stunde schrieb Aleachim:

Und falls du hier durchaus noch Dankbarkeit empfinden kannst (vielleicht weil du diese Menschen persönlich kennst), wie ist es mit den Menschen, die deinen Kaffee ernten oder deine Kleidung nähen? Kannst du da eine gewisse Dankbarkeit empfinden, wenn du drüber nachdenkst?

 

Das ist nicht mehr mein Problem, sondern das desjenigen, für den sie den Kaffee anbauen bzw. die Kleidung nähen. 

 

vor einer Stunde schrieb Aleachim:

Oder noch abstrakter, wie ist es mit Vorfahren, die vielleicht schon etliche Generationen vor dir gelebt haben und denen du vielleicht trotzdem etwas verdankst (du weißt vielleicht nichtmal was...) Oder den vielen verschiedenen Menschen, denen wir "verdanken", dass wir elektrischen Strom, fließend Wasser und Internet in unseren Wohnungen haben - von denen, die es erfunden haben, bis zu denen, die es im Haus verlegt haben. Findest du da das Wort "Dankbarkeit" unangebracht? Oder wie ist es mit dem Staat? (Bitte jetzt nicht drauf rumreiten, was politisch grad alles schief läuft!) Kannst du dankbar sein für Demokratie, Gesetze, soziale Absicherung etc.?

 

Machen wir es kurz: Nichts Abstraktes! Lob bzw. Beschwerde gibt es bei mir nur bei direkter Verantwortung, und eben nicht nur Lob, sondern ggf. auch Beschwerde. Das finde ich übrigens in denen Beispielen nicht wieder. Ich finde, das hat eine "Schlagseite".

 

vor einer Stunde schrieb Aleachim:

Bei all dem gibt es zwar ein Gegenüber, aber keines das bewusst extra für mich so handelt oder mir was schenken will. Siehst du das auch so? Findest du deshalb, das Dankbarkeit hier Quatsch ist? Und wenn, würdest du mir vielleicht trotzdem zustimmen, dass es richtig ist, all diese Dinge "nicht für selbstverständlich zu nehmen"?

 

Hier sind wir im Bereich des Politischen. Da darf man gar nichts "für selbstverständlich nehmen". Daran muß man arbeiten. Aber Dankbarkeit ist da nun wirklich nicht am Platz, sondern ganz nüchtern "Checks and Balances". 

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vor 21 Minuten schrieb iskander:

Vielleicht ist es auch so, dass viele (wenn wohl keineswegs alle) Menschen die Tendenz haben, in manchen Situationen tatsächlich so etwas wie "Dankbarkeit" in einem mehr oder weniger "religiösen" Sinne zu empfinden. Ein Atheist mag das als als Symptom eines "kindlichen" Empfindens interpretieren, ein religiöser Mensch als den intuitiven Ausdruck einer "Ahnung" von etwas "Größerem".

 

Also dann gehöre ich zu den "keineswegs alle". Wenn etwas unerwartet gut ausgeht, ohne daß man persönliche Verursacher benennen kann, dann kenne ich alle möglichen Gefühle, "Erleichterung", "Glück", das Gefühl, "Schwein gehabt zu haben", aber "Dankbarkeit" gehört nicht dazu, und hat da meiner Ansicht nach auch nichts zu suchen. Denn genauso gibt es Situationen, in denen etwas unerwartet schlecht ausgeht, ohne daß jemand persönlich dafür verantwortlich ist. Die Gefühle sind dann "Enttäuschung", "Frust" und das Gefühl, "ins Klo gegriffen zu haben". Aber persönlich nehme ich auch das nicht, denn ich weiß, daß ich nicht gemeint bin. Es ist einfach daneben gegangen, mehr nicht. 

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Diese Welt ist ein gefährlicher und feindlicher Ort. Das Elend kam nicht erst nachträglich in diese Welt. Die Büchse der Pandora war von Anfang an offen. Aber wie wir unglücklich darüber sind, daß unsere Glück nicht ewig währt, so sollten wir glücklich darüber sein, daß es unserem Unglück genauso geht.

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