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Ist ein kirchenfernes Christentum denkbar?


Danny_S.

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Angesichts des massiven Bedeutungsverlustes institutionalisierter Religionsausübung stelle ich mir die Frage, ob es so etwas wie ein kirchenfernes Christentum geben kann und wenn ja, inwiefern ein solches mit der katholischen Ekklesiologie vereinbar ist.

Spontan würde ich behaupten, dass die Haltung „Glaube ja, Kirche nein“ mit der Glaubenslehre der katholischen Kirche inkompatibel ist, da zu deren integralem Bestandteil eine Akzeptanz gegenüber der sakramentalen und hierarchischen Verfassung der Kirche gehört.

Wenn jemand aus der Kirche austritt, bspw. weil er sich von den Berichten über den von Klerikern begangenen Missbrauch an Minderjährigen angeekelt fühlt, dann ist diese Person zwar rechtlich betrachtet konfessionslos, aber ist sie damit kein Christ mehr?

Natürlich sind Protestanten aus katholischer Perspektive Christen; hier haben wir es jedoch mit Leuten zu tun, die überhaupt nicht mehr kirchlich gebunden, also weder katholisch noch evangelisch noch orthodox sind, obwohl sie in ihrer Kindheit getauft wurden, und deren Zahl von Jahr zu Jahr steigt.

Umso bemerkenswerter erscheint es mir, dass die Theologie jene Gruppe bisher noch überhaupt nicht in den Blick genommen zu haben scheint.

Mich würde interessieren, welche Positionen ihr in diesem Kontext vertretet. Wie denkt ihr über das Thema?

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vor 9 Stunden schrieb Danny_S.:

Angesichts des massiven Bedeutungsverlustes institutionalisierter Religionsausübung stelle ich mir die Frage, ob es so etwas wie ein kirchenfernes Christentum geben kann und wenn ja, inwiefern ein solches mit der katholischen Ekklesiologie vereinbar ist.

Spontan würde ich behaupten, dass die Haltung „Glaube ja, Kirche nein“ mit der Glaubenslehre der katholischen Kirche inkompatibel ist, da zu deren integralem Bestandteil eine Akzeptanz gegenüber der sakramentalen und hierarchischen Verfassung der Kirche gehört.

Ich würde ebenso spontan sagen: ja es kann ein kirchenfernes Christentum geben und nein, mit einer katholischen Ekklesiologie ist es vermutlich nicht vereinbar.

 

vor 9 Stunden schrieb Danny_S.:

Wenn jemand aus der Kirche austritt, bspw. weil er sich von den Berichten über den von Klerikern begangenen Missbrauch an Minderjährigen angeekelt fühlt, dann ist diese Person zwar rechtlich betrachtet konfessionslos, aber ist sie damit kein Christ mehr?

 

Wenn jemand aus einer Kirche austritt und in keine andere Kirche eintritt, dann würde ich ihn als konfessionslos bezeichnen. "Christsein" dagegen würde ich als abhängig von der Bibelexegese und als exklusiv soziales kreatürliches Attribut betrachten, welches für Gott keine Rolle spielt, weil ich denke, dass Gott nicht unterscheidet nach "du bist Christ" und "du bist nicht Christ", sondern nur unterscheidet nach "du folgst meinem Willen" und "du folgst nicht meinem Willen".

 

 

vor 9 Stunden schrieb Danny_S.:

Natürlich sind Protestanten aus katholischer Perspektive Christen; hier haben wir es jedoch mit Leuten zu tun, die überhaupt nicht mehr kirchlich gebunden, also weder katholisch noch evangelisch noch orthodox sind, obwohl sie in ihrer Kindheit getauft wurden, und deren Zahl von Jahr zu Jahr steigt.

Umso bemerkenswerter erscheint es mir, dass die Theologie jene Gruppe bisher noch überhaupt nicht in den Blick genommen zu haben scheint.

Mich würde interessieren, welche Positionen ihr in diesem Kontext vertretet. Wie denkt ihr über das Thema?

Ich wäre mir nicht sicher, ob "die Theologie jene Gruppe bisher noch überhaupt nicht in den Blick genommen zu haben scheint", denn mir fällt in diesem Kontext ein, was die RKK selbst schreibt (hier: Lumen gentium (LG):

Zitat

"Darum könnten jene Menschen nicht gerettet werden, die um die katholische Kirche und ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, in sie aber nicht eintreten oder in ihr nicht ausharren wollten."

Man beachte das "könnte", das offenbart, dass natürlich selbst die RKK Gottes Willen nicht kennt und nicht weiß, ob die Heilserlösung zwingend von der Mitgliedschaft in der RKK abhängig ist.

 

 

 

 

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vor 14 Minuten schrieb SteRo:
Zitat

"Darum könnten jene Menschen nicht gerettet werden, die um die katholische Kirche und ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, in sie aber nicht eintreten oder in ihr nicht ausharren wollten."

Man beachte das "könnte", das offenbart, dass natürlich selbst die RKK Gottes Willen nicht kennt und nicht weiß, ob die Heilserlösung zwingend von der Mitgliedschaft in der RKK abhängig ist.

 

Ich denke, das eigentliche Problem für die Kirchen ist, daß das einer immer größeren Zahl von Menschen vollkommen egal ist. 

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vor 54 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Ich denke, das eigentliche Problem für die Kirchen ist, daß das einer immer größeren Zahl von Menschen vollkommen egal ist. 

Ich denke dass das primär ein Problem für die Individuen ist, wenn denen ihre Heilserlösung egal ist. Das Problem, das die Kirchen sekundär davon haben könnten, ist für die Heilserlösung der Individuen irrelevant. Was zählt ist dein Verhältnis zu Gott, nicht dein Verhältnis zu einer institutionellen Kirche.

bearbeitet von SteRo
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9 hours ago, Marcellinus said:

 

Ich denke, das eigentliche Problem für die Kirchen ist, daß das einer immer größeren Zahl von Menschen vollkommen egal ist. 

Ich denke dass Kirche vielen "egal" ist dürfte hierzulande an vielem liegen.

Unter anderem auch daran dass Gott am 7. Tage mittlerweile die anderen 6 vorbereiten muss.

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vor 20 Stunden schrieb Danny_S.:

Angesichts des massiven Bedeutungsverlustes institutionalisierter Religionsausübung stelle ich mir die Frage, ob es so etwas wie ein kirchenfernes Christentum geben kann und wenn ja, inwiefern ein solches mit der katholischen Ekklesiologie vereinbar ist.

 

Das Verständnis von Kirche ändert sich. Kirche wird für Christen eine Rolle spielen, doch bereits seit der Reformation gibt es die Idee, dass die Institution(en) einerseits existieren, der Leib Christi andererseits. Der Leib Christi, dem Menschen durch die Taufe zugehörig sind, ob und in welcher Konfession sie aktiv sind, spielt keine Rolle.

Interessanterweise hat die katholische Kirche mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil auch einen Schritt in diese Richtung gemacht und setzt sich nicht mehr vollumfänglich mit der Kirche Christi gleich. Zwar versteht sie sich immer noch als die Institution, in der sich die Kirche Christi am stärksten verwirklicht (oder aber, im Sinne der historischen Kontinuität "besteht"), aber sieht sehr wohl, dass man auch mit einer anderen Kirchen- oder Gemeinschaftszugehörigkeit, soweit man formal richtig getauft ist, dem Leib Christi, der Kirche Christi angehören kann. Aus "außerhalb der katholischen Kirche kein Heil" wurde "außerhalb der Kirche kein Heil" und damit ist nicht nur die katholische gemeint, sondern auch jede andere christliche Kirche, die Christus zum Heil benutzen will.

Die katholische Kirche findet hier einen Mittelweg: sie sagt, die eine Kirche Christi bestehe nur in ihr, aber doch ist die Kirche Christi auch in anderen christlichen Gemeinschaften gegenwärtig. Für einen evangelischen Christen kann das die Gewissheit bringen: auch aus katholischer Sicht ist in meiner Gemeinschaft die Kirche Christi gegenwärtig.

 

vor 20 Stunden schrieb Danny_S.:

Wenn jemand aus der Kirche austritt, bspw. weil er sich von den Berichten über den von Klerikern begangenen Missbrauch an Minderjährigen angeekelt fühlt, dann ist diese Person zwar rechtlich betrachtet konfessionslos, aber ist sie damit kein Christ mehr?

 

Das halte ich für ein schwieriges Thema. Kirchenrechtlich gibt es keinen Austritt. Einmal Katholik, immer Katholik. Die Wahl einer Konfession ist die zivilrechtliche Wahl einer anderen Kirchenzugehörigkeit. Der vermeintliche "Kirchenaustritt" bleibt aber weit hinter dem letzten Konzil zurück, weil er dem "Ausgetretenen" unterstellt, er hätte sich von der Kirche Christi und von Christus entfernt. Erfahrungsgemäß entscheiden sich Menschen für einen Austritt aber ganz praktisch, weil sie Gegenwart Christi nicht mehr in ihrer Kirche oder Konfession spüren, sondern von ihrem Gewissen zum Austritt gedrängt werden.

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vor 11 Stunden schrieb SteRo:

ch wäre mir nicht sicher, ob "die Theologie jene Gruppe bisher noch überhaupt nicht in den Blick genommen zu haben scheint", denn mir fällt in diesem Kontext ein, was die RKK selbst schreibt (hier: Lumen gentium (LG):

Zitat

"Darum könnten jene Menschen nicht gerettet werden, die um die katholische Kirche und ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, in sie aber nicht eintreten oder in ihr nicht ausharren wollten."

Man beachte das "könnte", das offenbart, dass natürlich selbst die RKK Gottes Willen nicht kennt und nicht weiß, ob die Heilserlösung zwingend von der Mitgliedschaft in der RKK abhängig ist.

 

 

Soweit ich weiß, richtet sich diese Passage in Lumen Gentium an die Katholiken. Sie appelliert hier besonders an das "verharren" und will den Katholiken klar machen, dass Austritt eine Option ist, sondern das Heil gefährdet.

Umgekehrt sind natürlich auch Nichtkatholiken, wenn sie die Wahrheit in der Katholischen Kirche erkannt haben, zum Eintritt verpflichtet. Die meisten Menschen, die nicht katholisch sind, sind nicht davon überzeugt, dass die katholische Kirche die wahre Kirche ist und daher besteht für sie kein Grund, Teil der katholischen Kirche zu werden.

Nun schreibt Lumen Gentium allerdings auch, dass es nicht ausreiche, dem Leibe nach Katholik zu sein, sondern man muss es auch dem Herzen nach.

Wenn der Protestant, der die katholische Wahrheit erkannt haben will, nun in die katholische Kirche konvertiert, muss er aus dem Glauben und in der Liebe leben. Bloßer Konfessionswechsel ist nicht ausreichend.

Nun schaue ich auf Statistik und Umfragen, wie viele Katholiken die Sakramente nicht mehr in Anspruch nehmen:

Ist nicht die katholische Kirche protestantisiert? Die Menschen sind in ihr getauft und Glieder des Leibes. Aber die persönliche Gottesbeziehung geht am sakramentalen Verständnis der Kirche vorbei. Sinkende Gottesdienstzahlen, Beichtstühle als Abstellkammern und gemäß Umfragen glaubt beispielsweise die Mehrheit der Katholiken in den Staaten nicht mehr an die Transsubstantiation.

bearbeitet von corpusmysticum
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vor 26 Minuten schrieb corpusmysticum:

Erfahrungsgemäß entscheiden sich Menschen für einen Austritt aber ganz praktisch, weil sie Gegenwart Christi nicht mehr in ihrer Kirche oder Konfession spüren, sondern von ihrem Gewissen zum Austritt gedrängt werden.

 

Gewissen ist so ein großes Wort. Die allermeisten, die austreten, tun es nach meiner Erfahrung, weil sie keine Lust haben, einen Laden zu finanzieren, der ihnen nichts sagt. Hinzu kommt, daß viele keine Lust mehr haben, sich evtl. für eine Mitgliedschaft zu rechtfertigen, die man kaum noch rechtfertigen kann. 

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vor einer Stunde schrieb corpusmysticum:

Interessanterweise hat die katholische Kirche mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil auch einen Schritt in diese Richtung gemacht und setzt sich nicht mehr vollumfänglich mit der Kirche Christi gleich. Zwar versteht sie sich immer noch als die Institution, in der sich die Kirche Christi am stärksten verwirklicht (oder aber, im Sinne der historischen Kontinuität "besteht"), aber sieht sehr wohl, dass man auch mit einer anderen Kirchen- oder Gemeinschaftszugehörigkeit, soweit man formal richtig getauft ist, dem Leib Christi, der Kirche Christi angehören kann. Aus "außerhalb der katholischen Kirche kein Heil" wurde "außerhalb der Kirche kein Heil" und damit ist nicht nur die katholische gemeint, sondern auch jede andere christliche Kirche, die Christus zum Heil benutzen will.

 

Das ist eine Fehlinterpretation, die vom Lehramt auch schon korrigiert wurde. Scheint aber keinen zu interessieren, da es immer noch fröhlich verbreitet wird.

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Ob es ein kirchenfernes Christentum geben kann weiss ich nicht. 

Was soll das sein?

Wie sollen Jesu Aufträge "tut dies zu meinem Gedächtnis" und "geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern“ ohne irgendeine Form der Gemeinschaft erfüllt werden?

 

Was es aber durchaus geben kann sind kirchenferne Christen.

Die Taufe verleiht ein unausslöschliches Prägemal. Die Gitteskindschaft werden wir nicht los. Und wenn sich getaufte von ihrer Kirche lossagen, sich aber noch zu Christus zugehörig fühlen - wer vermag ins Forum Internum zu sehen ausser Gott allein? Jesu Aufträge "Kehrt um und Glaubt an das Evangelium", "Liebet einander wie ich euch geliebt" und "nehmt euer Kreuz auf euch und folgt mir nach" sind zur Erfüllung nicht zwingend an Gemeinschaft gebunden.

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vor einer Stunde schrieb rorro:

Das ist eine Fehlinterpretation, die vom Lehramt auch schon korrigiert wurde. Scheint aber keinen zu interessieren, da es immer noch fröhlich verbreitet wird.

Kannst Du Dir Fehlinterpretation konkret benennen?

bearbeitet von corpusmysticum
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vor 6 Minuten schrieb corpusmysticum:

Kannst Du Dir Fehlinterpretation konkret benennen?

Das Lehramt behauptet weiter, die einzig wahre Kirche zu sein, so wie jede ordentliche Sekte das tut

 

Werner

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Gerade eben schrieb Werner001:

Das Lehramt behauptet weiter, die einzig wahre Kirche zu sein, so wie jede ordentliche Sekte das tut

 

Werner


Mit diesem Satz kann ich nichts anfangen, nirgendwo habe ich den Begriff wahre Kirche benutzt. Dass die Kirche Christi identisch mit der katholischen Kirche wäre, findet man nur in Dominus Jesus. Weder die DBK sieht das so, noch Gänswein in seiner Kirchenrechtlichen Abhandlung zur Kirchengliedschaft oder andere namhafte Personen, die sich damit befasst haben. 

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vor 1 Stunde schrieb corpusmysticum:

Habe ich als Text zu Hause.

 

Das ist gut, ich hoffe gelesen.

 

Zitat

Aber nenne mir doch den Punkt, den ich unklar oder falsch formuliert habe.

 

Aus dem Link:

 

Zitat

Das Zweite Vatikanum wollte die vorhergehende Lehre über die Kirche nicht verändern und hat sie auch nicht verändert, sondern vielmehr vertieft und organischer dargelegt.

 

Also nichts von "setzt sich nicht mehr vollumfänglich mit der Kirche Christi gleich", wie Du schreibst, denn (aus dem Link):

 

Zitat

Entgegen einer Vielzahl von unbegründeten Interpretationen bedeutet darum der Ersatz des est mit subsistit in nicht, dass die katholische Kirche von der Überzeugung ablasse, die einzige wahre Kirche Christi zu sein. [...] Folglich gibt es, obwohl die Kirche nur eine ist und nur in einem geschichtlichen Subjekt „subsistiert“, auch außerhalb dieses sichtbaren Subjekts echte kirchliche Wirklichkeiten.

 

Und es hieß übrigens immer "extra ecclesiam nulla salus", es hieß nicht "extra ecclesiam catolicam nulla salus", das nur nebenbei.

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vor 8 Stunden schrieb corpusmysticum:

Die katholische Kirche findet hier einen Mittelweg: sie sagt, die eine Kirche Christi bestehe nur in ihr, aber doch ist die Kirche Christi auch in anderen christlichen Gemeinschaften gegenwärtig.


Auf diese Passage möchte ich hinweisen, @rorro. Ich habe nämlich bewusst mich an die lehramtlichen Termini gehalten, dass die Kirche Christi in der katholischen subsistiert (besteht/verwirklicht ist), aber gleichwohl in den anderen Gemeinschaften gegenwärtig ist.

 

vor 3 Stunden schrieb rorro:

Das ist gut, ich hoffe gelesen.

 

Natürlich. Neben diverser anderer Literatur, die erfahrungsgemäß diejenigen, die „Hast Du das Dokument überhaupt gelesen“ sagen, nicht kennen.

Danke für die Korrektur bezüglich der Passage mit der wahren Kirche. „Dies bedeutet aber nicht, dass die Kirche Jesu Christi mit der katholischen Kirche völlig identisch wäre, wie es vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil katholische Lehre war.“ (Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz 33, S. 12). So weist auch Karl-Heinz Menke darauf hin, dass von Tromp „nie eine schlichte … Identifizierung der römisch-katholischen Kirche mit der wahren Kirche Christi gelehrt hat.“ (Sakramentalität, S. 166, FN 358) Erzbischof Gänswein kommt im Rahmen seiner kirchenrechtlichen Studien auch zu keinem anderen Schluss, als dass „subsistit in Ecclesia Catholicos … eine exklusive Gleichsetzung zwischen der Kirche Jesu Christi und der römischen Kirche“ ausschließt (Kirchengliedschaft- Vom Zweiten Vatikanischen Konzil zum Codex Iuris Canonici, S. 19).

 

Natürlich hält die Kirche daran fest, dass in ihr die Kirche Christi besteht und ordnet sich ihr in diesem Sinne exklusiv zu, aber sie ist nicht in dem Sinne identisch, dass die Kirche Christi auf die sichtbaren Grenzen der katholischen Kirche reduziert wäre. 

 

Nils Petrat fasst das Thema ganz gut zusammen:

"Zweitens wird die Kirche Christi nicht mehr rein Exklusiv mit der römisch-katholischen Kirche identifiziert, was sich in der berühmten Formel des subsistit in niederschlägt. In der Differenz zwischen subsistit in und est (wie es noch in Mystici Corporis und in den Eintwürfen zur Kirchenkonstitution aufscheint) liegt nach Joseph Ratzinger das ganze ökumenische Problem verborgen und nicht zuletzt deshalb ist das Wörtchen subsistit später der am stärksten diskutierte Begriff aus LG Art. 8, was besonders für die dogmatische Interpretation gilt. Es ist aber nahezu unbestritten, dass der Verzicht auf ein ,absolutes, exklusives Identitätsurteil (Grillmeier) in der subsistit-Formulierung als direkte Folge auch die Anerkennung echter Kirchlichkeit für die nichtkatholischen Christen ermöglicht."

(Nils Petrat, Wer gehört wirklich zur katholischen Kirchen? Kirchenzugehörigkeit zwischen Kanonistik und Dogmatik, Paderborner Theologische Studien Band 57, S.267-268)

bearbeitet von corpusmysticum
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Ich erlaube mir, an dieser Stelle eine ergänzende Frage in die Diskussion einzuführen: Wenn ein kirchenfernes Christentum existiert, kirchenfern verstanden als Ablehnung der kirchlichen Hierarchie, kann dieses eine Zukunft haben?

Als Katholik müsste ich an dieser Stelle ebenfalls antworten: Nein.

Warum? - Weil jemand, der formal aus der Kirche austritt, mit allergrößter Wahrscheinlichkeit die eigenen Kinder nicht taufen lassen und sie ebensowenig mit der hl. Schrift und der Lehre der Kirche vertraut machen wird.

An dieser Stelle möchte ich zudem ein Stück weit @SteRo widersprechen: Christ wird man nicht allein durch einen individuellen Glaubensakt, sondern durch die Taufe. Deshalb haben wir ja auch in der Kirche die Praxis der Säuglingstaufe, obwohl ein Säugling noch gar nichts glauben kann, da ihm die intellektuellen Fähigkeiten dazu fehlen.

 

Ich stelle mir zudem die Frage, wie man aus christlicher Sicht diese Nicht-Getauften charakterisieren kann?

Nehmen wir an, jemand wächst in Ostdeutschland, in den Niederlanden oder in Tschechien auf, dann ist diese Person mit großer Wahrscheinlichkeit konfessionslos.

In allen drei Regionen bzw. Ländern gehört mehr als die Hälfte der Bevölkerung keiner Religionsgemeinschaft an.

Nun kann man aber nicht einfach behaupten, dass seien alles Atheisten, denn nicht wenige glauben an die Existenz eines höheren Wesens, wobei in aller Regel unbestimmt bleibt, ob dieses Wesen personale Qualitäten aufweist oder nicht. Viel deutlicher dürfte da schon die Antwort auf die Frage ausfallen, ob jene Personen an eine personale Existenz jenseits der Grenze des physischen Todes und ein ewiges Leben glauben. Mit großter Wahrscheinlichkeit dürfte sie negativ ausfallen.

Erstaunlich, dass es kaum Studien zu geben scheint, die verdeutlichen, was jene Personen glauben, obwohl sie in manchen europäischen Ländern wie gesagt sogar die Mehrheit der Bevölkerung bilden.

 

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vor 8 Minuten schrieb Danny_S.:

Wenn ein kirchenfernes Christentum existiert, kirchenfern verstanden als Ablehnung der kirchlichen Hierarchie, kann dieses eine Zukunft haben?


Ganz pragmatisch: Die Finanzierbarkeit ist ein Thema. Du brauchst ausreichend Zahler des Zehnten, um Gemeindeleben und Gemeindehaus zu finanzieren. Sobald das knapp wird, verlagert sich die Gemeinde in Hauskreise oder private Treffen. 

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vor 4 Stunden schrieb Danny_S.:

Nun kann man aber nicht einfach behaupten, dass seien alles Atheisten, denn nicht wenige glauben an die Existenz eines höheren Wesens, wobei in aller Regel unbestimmt bleibt, ob dieses Wesen personale Qualitäten aufweist oder nicht.

 

Tun sie das, oder sagen sie das nur, weil man damit Nachfragen verhindert? Und selbst wenn sie es täten, sind es nur Worte. Du sagst ja selbst, daß das alles unbestimmt bleibt. 

 

vor 4 Stunden schrieb Danny_S.:

Viel deutlicher dürfte da schon die Antwort auf die Frage ausfallen, ob jene Personen an eine personale Existenz jenseits der Grenze des physischen Todes und ein ewiges Leben glauben. Mit großter Wahrscheinlichkeit dürfte sie negativ ausfallen.

Erstaunlich, dass es kaum Studien zu geben scheint, die verdeutlichen, was jene Personen glauben, obwohl sie in manchen europäischen Ländern wie gesagt sogar die Mehrheit der Bevölkerung bilden.

 

Vielleicht weil niemand an einer solchen Untersuchung Interesse hat? Denn für die christlichen Kirchen sind diese Menschen eh verloren. Etwas, was man einen gemeinsamen Glauben nennen könnte, findet man auch nicht, und auf das tägliche Verhalten dieser Menschen hat es auch keinen Einfluß. Für alle praktischen Zwecke kann man sie also genauso gut für Säkulare halten, vielleicht mit einer Restneigung zum Aberglauben. Aber haben wie die nicht mehr oder weniger alle? ;)

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vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

Tun sie das, oder sagen sie das nur, weil man damit Nachfragen verhindert?

 

Na ja, dieser Aspekt hat sich vermutlich doch weitgehend erledigt. Heute wird doch niemand mehr wie vielleicht noch vor 50 Jahren "scheel" angeschaut, weil er sagt, dass es an keinen Gott glaubt. 😉

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vor 16 Stunden schrieb Danny_S.:

Ich erlaube mir, an dieser Stelle eine ergänzende Frage in die Diskussion einzuführen: Wenn ein kirchenfernes Christentum existiert, kirchenfern verstanden als Ablehnung der kirchlichen Hierarchie, kann dieses eine Zukunft haben?

Du begehst den Fehler "kirchenfernes Christentum" als eine Gattung (quasi "Alternativkirche") zu interpretieren ("dieses"). Aber "kirchenfernes Christentum" ist nicht homogen, sondern ist die Sammelbezeichnung aller Individuen, die keiner der formalen kollektiven Konfessionen angehören.

Deshalb ist auch "Ablehnung der kirchlichen Hierarchie" nicht mit "kirchenfernes Christentum" gleichzusetzen weil "Ablehnung der kirchlichen Hierarchie" nur für einzelne Individuen ihr individueller Grund sein kann, sich keiner Kirche anzuschließen. Grundsätzlich würde ich jedoch die Ablehnung (die eine Form des Hasses darstellt) von Kirchen (aus welchen Gründen auch immer, ggf. aus Gründen ihrer Hierarchie) als problematisch für das eigene Heil ansehen, auch wenn man selbst zur Konfessionslosigkeit berufen ist.

Und was die Zukunft des "kirchenfernes Christentums" angeht: Natürlich hat das Heil eines jeden Individuums eine Zukunft.

 

 

vor 16 Stunden schrieb Danny_S.:

Als Katholik müsste ich an dieser Stelle ebenfalls antworten: Nein.

Warum? - Weil jemand, der formal aus der Kirche austritt, mit allergrößter Wahrscheinlichkeit die eigenen Kinder nicht taufen lassen und sie ebensowenig mit der hl. Schrift und der Lehre der Kirche vertraut machen wird.

An dieser Stelle möchte ich zudem ein Stück weit @SteRo widersprechen: Christ wird man nicht allein durch einen individuellen Glaubensakt, sondern durch die Taufe. Deshalb haben wir ja auch in der Kirche die Praxis der Säuglingstaufe, obwohl ein Säugling noch gar nichts glauben kann, da ihm die intellektuellen Fähigkeiten dazu fehlen.

 

Natürlich muss du als formaler Katholik diese Haltung einnehmen. Das Argument der Taufe ist das gleiche, das die RKK im Lumen gentium verwendet. Bloß setzt dieses Argument natürlich die Sakramentenlehre der RKK voraus und ist also zirkulär:

"Christus allein ist Mittler und Weg zum Heil, der in seinem Leib, der Kirche, uns gegenwärtig wird; indem er aber selbst mit ausdrücklichen Worten die Notwendigkeit des Glaubens und der Taufe betont hat (vgl. Mk 16,16; Joh 3,5), hat er zugleich die Notwendigkeit der Kirche, in die die Menschen durch die Taufe wie durch eine Türe eintreten, bekräftigt. Darum könnten jene Menschen nicht gerettet werden, die um die katholische Kirche und ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, in sie aber nicht eintreten oder in ihr nicht ausharren wollten."

 

Wer sagt denn, dass nur die RKK (oder eine andere institutionelle Kirche) die Taufe durchführen kann/darf?

 

Du kannst es drehen wie du willst: die RKK schiebt sich zwischen die Seele des Individuums und Gott und tut dies mittels ihrer Sakramentenlehre, auf welcher sie ihren Anspruch gründet. Damit etabliert sie aber nur eine Abhängigkeit des kreatürlichen Individuums von der kreatürlichen Institution Kirche und schneidet die individuelle Seele von der direkten Kommunikation mit Gott ab.

Dass die kreatürlichen Rituale der RKK eine exklusive und instrinsisch kausale Wirksamkeit bzgl. der Gnadengeschenke Gottes haben sollten, erscheint als eine Anmaßung, die an Blasphemie grenzt.

 

Also, laut Bibel ist Taufe notwendig. Dabei muss man aber nicht soweit gehen wie du es tust, dass mit dem Empfang einer Taufe auch die verpflichtende Annahme einer formalen (kollektiven) Konfession einhergeht.

 

bearbeitet von SteRo
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vor einer Stunde schrieb SteRo:

Du kannst es drehen wie du willst: die RKK schiebt sich zwischen die Seele des Individuums und Gott und tut dies mittels ihrer Sakramentenlehre, auf welcher sie ihren Anspruch gründet.

Die Frage ist, wie es um die Seele des Individuums bestellt ist, wenn es die Gnade in den Erfahrungen der Umgebung sucht. Die Sakramente bieten die Möglichkeit, die Gnade Gottes unabhängig von den eigenen Lebensumständen zu erfahren. Natürlich glaubt man, dass dies unnütz ist, solange man gesund ist, ein gutes Einkomnen etc. hat. Bei Evangelikalen gibt es manchmal dieses Wohlstandsevangelium. Schwierig wird es dann, wenn die eigenen Lebensumstände die Gnade Gottes nicht erkennen lassen (Krieg, Verfolgung, Arbeitslosigkeit, schwere Verluste im eigenen Leben etc). Wenn Dich, um es mal provokativ zu formulieren, Gott in Deinem Leben nicht mit seiner Gnade beschenkt. Die Sakramente vermitteln dem Menschen gesichert die Gnade Gottes.

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vor einer Stunde schrieb SteRo:

Du kannst es drehen wie du willst: die RKK schiebt sich zwischen die Seele des Individuums und Gott und tut dies mittels ihrer Sakramentenlehre, auf welcher sie ihren Anspruch gründet.

, den Zugang zu den Sakramenten beschränken zu können.

 

Nun muss man allerdings sagen: in sich ist das System völlig geschlossen, logisch. Das Problem ist das Leben und daß es nicht im Elfenbeinturm stattfindet.

 

Taufe, Beichte, Kommunion stehen jedem offen. Nicht ohne Rahmen aber grundsätzlich jedem. Ob der Bürokratismus ggü. Getauften, die formal einer anderen kirchlichen Gemeinschaft angehören, sinnvoll ist, ist eine andere Frage.

 

Problematisch ist ja im Grunde, daß kirchliche Norm (im Sinne von Wert) oft nicht (mehr) mit allgemeiner Norm kongruent ist. Wobei recht betrachtet, betrifft das nur das Umfeld des 6. Gebots.

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Am 25.9.2023 um 16:41 schrieb corpusmysticum:

Danke für die Korrektur bezüglich der Passage mit der wahren Kirche. „Dies bedeutet aber nicht, dass die Kirche Jesu Christi mit der katholischen Kirche völlig identisch wäre, wie es vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil katholische Lehre war.“ (Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz 33, S. 12).

 

Da widerspricht der Vorsitzende der DBK dem, was Papst Paul VI. gelehrt hat. Ich halte mich mal an den Papst, wenn das für Dich okay ist. Ist so'n katholischer Reflex von mir.

 

Zitat

So weist auch Karl-Heinz Menke darauf hin, dass von Tromp „nie eine schlichte … Identifizierung der römisch-katholischen Kirche mit der wahren Kirche Christi gelehrt hat.“ (Sakramentalität, S. 166, FN 358)

 

Mich freut sehr, daß Du dieses Buch hast - ich finde es phantastisch. Diese Stelle, bei der sich die Fußnote findet, klärt ja die ganze Etymologie des "subsistit in" deutlich: Der Konzilstheologe Tromp hat es der christologischen Verwendung entlehnt, bei der die menschliche Natur Jesu in der göttlichen subsistiert (dort fand der Begriff wohl erstmals Verwendung). So subsistiere die irdische Kirche in der pneumatischen Kirche Jesu Christi - allerdings sind bei dieser ganzen Frage das Verhältnis der ecclesia poenitens/patiens und der ecclesia triumphans zu dieser pneumatischen Kirche Jesu gar nicht besprochen (also im Buch "Sakramentalität" von Menke). Ist das damit gemeint? Keine Ahnung, vielleicht ja, vielleicht nein, ich kenne keine Arbeit dazu ...

 

Zitat

Erzbischof Gänswein kommt im Rahmen seiner kirchenrechtlichen Studien auch zu keinem anderen Schluss, als dass „subsistit in Ecclesia Catholicos … eine exklusive Gleichsetzung zwischen der Kirche Jesu Christi und der römischen Kirche“ ausschließt (Kirchengliedschaft- Vom Zweiten Vatikanischen Konzil zum Codex Iuris Canonici, S. 19).

 

Das Kernwort ist "exklusiv" - genau, es ist keine exklusive Gleichsetzung, damit keine ausgrenzende. Die Kirche Jesu Christi ist ganz und nur ganz in der Katholischen Kirche zu finden, doch auch außerhalb finden sich mal mehr, mal weniger, mal sehr viel, mal sehr wenige Elemente dieser Kirche, die sie zur Kirche Jesu Christi macht.

Ein exklusiver Ansatz würde sagen: nur hier, sonst nix (wie man es z.T. in orthodoxen Ekklesiologien, derer es mehrere gibt, findet).

 

Zitat

Natürlich hält die Kirche daran fest, dass in ihr die Kirche Christi besteht und ordnet sich ihr in diesem Sinne exklusiv zu, aber sie ist nicht in dem Sinne identisch, dass die Kirche Christi auf die sichtbaren Grenzen der katholischen Kirche reduziert wäre.

 

Jein (zuerst stand da "exakt", doch dann wurde mir klar, wie man das von Dir gesagte auch verstehen könnte).

 

Es ist nicht so gemeint, daß die Kirche Christi irgendwie größer als die Katholische Kirche wäre und somit quasi die Katholische Kirche nur die volle Schnittmenge mit der Kirche Christi habe (also komplett in der Kirche Christi drin wäre, gemoetrisch gesprochen), aber diese Kirche Christi per se größer wäre und andere Kirche die anderen Schnittmengen bildeten, aber eben nur Teilschnittmengen.

 

So ist es NICHT gemeint. Nicht geometrisch darstellbar, nicht "mengenmäßig". Sondern elementar. Christus erleuchtet quasi die Katholische Kirche ganz (womit übrigens keineswegs nur die lateinische gemeint ist), während andere Kirchen und kirchliche Gemeinschaften teilweise erleuchtet werden, in unterschiedlichen Graden. Ohne daß da zwingend eine Wertung besser/schlechter dabei sein muß.

bearbeitet von rorro
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