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Ist ein kirchenfernes Christentum denkbar?


Danny_S.

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vor 57 Minuten schrieb SteRo:

Zu dem von dir aufgeworfenen Unterthema ist bereits alles gedacht bzw geschrieben worden.

 

Für welches Thema in Religion oder Philosophie gilt das nicht? ;)

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vor 2 Stunden schrieb SteRo:

Ich möchte dir gerne empfehlen, dich mit der katholischen Theologie zum Thema zu beschäftigen, statt hier deine ungeordneten Gedanken niederzuschreiben.

 

Das tue ich ständig, aber halt nicht nur mit katholischer Theologie. Ohne Scheu beschäftige ich mich gleichermaßen auch mit anderen christlichen Theologien, aber auch da finde ich zum Thema nichts passendes. Selbstverständlich sind meine Gedanken aus Sicht der katholischen Theologie ungeordnet, weil ich nicht der katholischen Konfession angehöre. Das sagt aber nichts darüber aus, ob meine Gedanken ungeordnet sind. Um das feststellen zu können, müsste man in ein eigentliches Gespräch kommen, d.h. sich auf die Inhalte des Themas einlassen, und gemeinsam und ergebnisoffen über die Ordnung oder Unordnung der Gedanken auf beiden Seiten nachzudenken. Das aber ist unmöglich, wenn katholische Theologie die Ordnung der Gedanken beschreibt und jeder andere Gedanken als Unordnung definiert ist.

 

Hab gerade noch deinen Nachtrag gesehen. Danke besser hätte ich es nicht sagen können. 

vor 2 Stunden schrieb SteRo:

Also, du musst wirklich nicht das Rad neu erfinden. Zu dem von dir aufgeworfenen Unterthema ist bereits alles gedacht bzw geschrieben worden. Sieh also einfach mal bei der Tradition nach. Letzteres ist v.a. dann ratsam, wenn man ein kohärentes und konsistentes Gedankensystem bevorzugt, das die gesamte Bibel abdeckt, denn die Alternative dazu ist ein ungeordnetes, inkohärentes und und sich inkonsistentes Gedanken"system".

 

Wer da in einer Bubble (= Konfession) gefangen ist, liegt auf der Hand, weil meine Gedanken keiner Bubble zuzuordnen sind, da es selbständige und neue Gedanken sind. Darum geht es auch immer sofort um meine Person und keine Sekunde lang um die Inhalte meiner Gedanken, wie zum Beispiel diese Eine-Million-Dollar-Frage, die ich oben in den Raum geworfen habe. Müsste ja eigentlich katholisch leicht zu beantworten sein, weil die Antwort darauf unmöglich kein Teil der Jahrtausende alten Tradition sein kann.

 

Leider habe ich in der katholischen Theologie keine vernünftig nachvollziehbare Antwort darauf finden können. Gut, vielleicht habe ich etwas übersehen auf meiner Suche danach. Mir scheint aber, dass solche belanglosen Detailfragen nie Thema gewesen sind, weil sie nicht ins katholische Konzept von Ethik passen, welches ja angeblich auf diesem Text beruht: "Du bist ein Sünder, wie wir alle Sünder sind, aber hey, wir haben da was für dich! Deine Rettung vor dem sicheren Untergang ist dir gewiss, wenn du unsere in Gott gründende Autorität und Tradition gehorsam annimmst, musst du keine Angst mehr vor dem Tod haben. Fürchte dich nicht. Durch unsere Sakramente erledigen wir den Tod für dich im Handauflegen. Garantiert1, 2"  

 

vor 2 Stunden schrieb SteRo:

Tatsächlich sprichst du ja nur von dir selbst, wenn du "Wir Christen" schreibst, aber "Wir Christen" ist vielleicht besser geeignet, andere in sinnlose Diskussionen zu verwickeln.😉

 

Aus der sicheren Position des Wissens heraus ist tatsächlich jede Diskussion sinnlos. Das Wesen der Ethik ist nicht Wissen, sondern Übereinkunft durch Reflexion die sich selbst in Beziehung setzt zum anderen (Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, von mir aus auch der Kantsche Imperativ). Das Wesen des Glaubens ist nicht Wissen sondern Meditation über das, was unser Denken übersteigt (die transzendierende Liebe zu Gott, Agape). Liebe weiß man nicht, sie ist nicht katholisch, wenn sie nicht auf Glauben und Vertrauen beruht. Möglicherweise darin Christus nicht nur in sich selbst, vielleicht sogar im anderen anzuerkennen, besonders wenn er nicht römisch-katholisch sondern anders, d.h. selber denkt. Sie ist immer größer als man selbst, als man denkt, nie statisch, immer überströmend im Fluss, den Übernächsten einschließend, wachsend und abnehmend, so pulsierend aber nur in unserer Wahrnehmung, denn sie ist göttlich, sie ist immer da, niemals weg, weil es ist, was es ist - sagt jedenfalls die Liebe (was auch immer das sein mag).

 

Kein Wissen, nur meine Meinung, eine Meinung unter vielen anderen, die nur zu sinnlosen Diskussionen führen, allein schon weil sie von mir stammt.     

 

1 Falls Du dich in der ewigen Verdammnis wiederfinden solltest - selbst schuld. Wir sind natürlich auf deine reuige Mitarbeit angewiesen.

Im Falle des Ganztodes übernehmen wir keine Haftung, da die Ursache dafür keine höhere Gewalt ist, sondern der ganz normale Wahnsinn ist.  

bearbeitet von Weihrauch
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Ich würde sagen, dass es eine sinnvolle Art der Konfessionslosigkeit gibt und eine sinnlose Art. Sinnvoll ist jene, die niemals das allerhöchste Gut, Gott, "aus den Augen" verliert und sich nicht von kreatürlichen Erscheinungen (diese schließen das eigene Denken, den eigenen natürlichen Verstand, den Selbst-Willen und die eigene Begierlichkeit ein) in die Irre führen lässt. Sinnlos ist jene Konfessionslosigkeit, die alleine auf dem Selbst-Willen gründet ("individualistisch") oder wie Thomas von Aquin es vielleicht nennen würde "auf ungeregelter Selbstliebe".

bearbeitet von SteRo
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vor 9 Stunden schrieb Weihrauch:

Leider habe ich in der katholischen Theologie keine vernünftig nachvollziehbare Antwort darauf finden können.

 

Zur theologischen Tugend des Glaubens schreibt Thomas von Aquin folgendes (summa theol. II-II, q1, a1) :

 

Zitat

Ich antworte, der Gegenstand eines jeden Erkenntniszustandes könne nach zwei Seiten hin betrachtet werden: 1. nach dem materialen Bestände dessen, was erkannt wird; insoweit nämlich das betreffende Ding noch der es zu einem erkennbaren machenden, also eingehender bestimmenden und vollendenden Form bedarf; — 2. nach dem formalen Bestande; insoweit nämlich Jenes erwogen wird, wodurch etwas bestimmt erkennbar hingestellt erscheint. ... Sprechen wir also beim Glauben vom formalen, zum Erkennen bestimmenden Gegenstande, so ist dieser nichts Anderes wie die erste Wahrheit. Denn der bestimmende Grund in Allem, was man glaubt, also in jeglicher Wahrheit, der infolge des Glaubens zugestimmt wird, ist die erste Wahrheit; nämlich der Umstand, daß es von Gott geoffenbart worden. Der vermittelnde Beweisgrund demnach, auf den der Glaube sich stützt, ist die erste Wahrheit selber. Sprechen wir aber von den Gegenständen des Glaubens nach der materialen Seite hin, also insofern etwas bestimmt wird, um erkannt zu werden durch die erste Wahrheit, so ist nicht Gott allein der Gegenstand des Glaubens, sondern vieles Andere; jedoch immer nur, insoweit etwas Beziehung hat zu Gott, insoweit also durch einzelne Wirkungen Gottes der Mensch unterstützt wird, um nach der seligen Anschauung Gottes zu streben. Also auch von dieser Seite her ist am Ende immer die erste Wahrheit es allein, die da Gegenstand des Glaubens ist, inwieweit nämlich etwas einzig als in Beziehung stehend zu Gott geglaubt wird. ...

 

Das sollte zumindest Fragen aufwerfen bzgl. deines Ausdruckes "keine vernünftig nachvollziehbare Antwort".


 

Nun ist sicherlich nicht alles, was die katholische Theologie aussagt, geeignet "Gegenstand des Glaubens" zu werden "insoweit [es] Beziehung hat zu Gott, insoweit also durch einzelne Wirkungen Gottes [der Leser der theologischen Aussagen, der über sie meditiert] unterstützt wird, um nach der seligen Anschauung Gottes zu streben". Aber genau das beinhaltet die Prüfung der katholischen (theologischen) Glaubenslehre: Welche ihrer Aussagen sind Offenbarungen Gottes, weil sie die Zuneigung der Seele zu Gott herstellen, stützen, fördern oder verstärken.

 

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vor 9 Minuten schrieb SteRo:
vor 9 Stunden schrieb Weihrauch:

Leider habe ich in der katholischen Theologie keine vernünftig nachvollziehbare Antwort darauf finden können.

 

Zur theologischen Tugend des Glaubens schreibt Thomas von Aquin folgendes (summa theol. II-II, q1, a1) :

 

Hier scheint ein Missverständnis vorzuliegen. Dasjenige worauf ich in der katholischen Theologie keine vernünftig nachvollziehbare Antwort finden konnte, war meine Eine-Million-Dollar-Frage im Speziellen, die Sündenfallinterpretation im Ganzen und die Urgeschichte im Gesamten, bezogen auf den theologischen jüdischen Kontext der frühjüdischen Heiligen Schrift. 

 

Abgesehen davon würde mich zum allgemeinen Gesprächsverlauf schon interessieren, was du mit dem Zitat von Thomas klar machen willst.    

Zitat

Ich antworte, der Gegenstand eines jeden Erkenntniszustandes könne nach zwei Seiten hin betrachtet werden: 

1. nach dem materialen Bestände dessen, was erkannt wird; insoweit nämlich das betreffende Ding noch der es zu einem erkennbaren machenden, also eingehender bestimmenden und vollendenden Form bedarf; — 2. nach dem formalen Bestande; insoweit nämlich Jenes erwogen wird, wodurch etwas bestimmt erkennbar hingestellt erscheint. ... Sprechen wir also beim Glauben vom formalen, zum Erkennen bestimmenden Gegenstande, so ist dieser nichts Anderes wie die erste Wahrheit. Denn der bestimmende Grund in Allem, was man glaubt, also in jeglicher Wahrheit, der infolge des Glaubens zugestimmt wird, ist die erste Wahrheit; nämlich der Umstand, daß es von Gott geoffenbart worden. Der vermittelnde Beweisgrund demnach, auf den der Glaube sich stützt, ist die erste Wahrheit selber.

 

Ich kann das so oft lesen wie ich will, und habe nicht den Hauch, einer Ahnung was es bedeuten soll. Punkt 1 bekomme ich schon rein grammatisch nicht auf die Reihe. Bist du sicher, dass da nicht etwas fehlt oder durcheinander gekommen ist.  Vielleicht erst mal bis hier hin. Magst du helfen?

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vor 7 Minuten schrieb Weihrauch:

 

Hier scheint ein Missverständnis vorzuliegen. Dasjenige worauf ich in der katholischen Theologie keine vernünftig nachvollziehbare Antwort finden konnte, war meine Eine-Million-Dollar-Frage im Speziellen, die Sündenfallinterpretation im Ganzen und die Urgeschichte im Gesamten, bezogen auf den theologischen jüdischen Kontext der frühjüdischen Heiligen Schrift.

Mag sein, aber das liegt auch alles im Bereich der Vorsehung, ob man Antworten findet oder nicht und das hat auch direkt mit meinem Zitat von Thomas von Aquin zu tun.

 

vor 7 Minuten schrieb Weihrauch:

Abgesehen davon würde mich zum allgemeinen Gesprächsverlauf schon interessieren, was du mit dem Zitat von Thomas klar machen willst.    

 

Ich kann das so oft lesen wie ich will, und habe nicht den Hauch, einer Ahnung was es bedeuten soll. Punkt 1 bekomme ich schon rein grammatisch nicht auf die Reihe. Bist du sicher, dass da nicht etwas fehlt oder durcheinander gekommen ist.  Vielleicht erst mal bis hier hin. Magst du helfen?

 

Ich habe dir den Link ja gegeben, auf dass du dich selbst in den Text vertiefen/versenken kannst. Thomas von Aquin erschließt sich nicht durch bloßes "Durchlesen".

 

 

 

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Am 17.11.2023 um 22:44 schrieb Weihrauch:

 

Hier scheint ein Missverständnis vorzuliegen. Dasjenige worauf ich in der katholischen Theologie keine vernünftig nachvollziehbare Antwort finden konnte, war meine Eine-Million-Dollar-Frage im Speziellen, die Sündenfallinterpretation im Ganzen und die Urgeschichte im Gesamten, bezogen auf den theologischen jüdischen Kontext der frühjüdischen Heiligen Schrift.

Ich muss ergänzen:

Zwar antwortete ich "Mag sein, aber das liegt auch alles im Bereich der Vorsehung, ob man Antworten findet oder nicht und das hat auch direkt mit meinem Zitat von Thomas von Aquin zu tun. " und diese meine Antwort ist auch richtig, jedoch muss ich doch noch einen wichtigen Zusatz machen zu deiner "Eine-Million-Dollar-Frage": Eine Frage, die (inhaltlich) nicht angemessen ist, ist einfach nicht angemessen (d.h. jeglicher Beantwortungsversuch erübrigt sich).

Du hast gefragt "Wieso reduziert das Christentum das biblische Symbol einer verantwortungsvollen Ethik des Menschen, also den Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten in Gen 3 auf einen blinden Gehorsam JHWH gegenüber? " aber eine symbolische Gleichsetzung "einer verantwortungsvollen Ethik des Menschen" mit dem "Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten" ist gar nicht angezeigt, wenn man den Bibeltext liest. Wie kommst du nur darauf?

 

Zitat

2,16 Und Gott, der HERR, gebot dem Menschen und sprach: Von jedem Baum des Gartens darfst du essen; 2,17 aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, davon darfst du nicht essen; denn an dem Tag, da du davon ißt, mußt du sterben!

 

Vielleicht formulierst du deine Frage mal so, dass sie einen biblisch-konsistenten Sinn ergibt?

 

 

bearbeitet von SteRo
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Irgendwie ist mir dieser Beitrag von dir durch die Lappen gegangen.

 

Am 19.11.2023 um 09:20 schrieb SteRo:

Du hast gefragt "Wieso reduziert das Christentum das biblische Symbol einer verantwortungsvollen Ethik des Menschen, also den Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten in Gen 3 auf einen blinden Gehorsam JHWH gegenüber? " aber eine symbolische Gleichsetzung "einer verantwortungsvollen Ethik des Menschen" mit dem "Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten" ist gar nicht angezeigt, wenn man den Bibeltext liest. Wie kommst du nur darauf?

 

Komische Frage, zum einen weil ich sie in meiner Fragestellung schon beantwortet habe:

Am 16.11.2023 um 13:30 schrieb Weihrauch:

Ich auch, möchte die Ethik allerdings insofern noch präzisieren: Die Ethik ist die Auseinandersetzung, was gut und was falsch ist, mit dem Ziel das Gute zu tun, und das Falsche zu lassen.


Nun heißt der Baum im Bibeltext bezeichnenderweise: Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten und nicht irgendwie anders. Erkenntnis hat etwas damit zu tun, dass man mit etwas in Berührung kommt und an diesem Etwas dessen Eigenschaften erkennt. Hieße der Baum Erkenntnis des Blauen und Gelben bekäme der Mensch, wenn er von ihm isst, die Fähigkeit Blaues und Gelbes zu unterscheiden. Der Baum oder die Früchte daran wären weder Blau noch Gelb, aber selbst wenn sie es wären, nähme der Mensch es erst wahr, wenn er davon gegessen hat, weil ihm die Erkenntnis diese Farben zu unterscheiden vor dem Essen fehlt.

 

Bevor er also vom Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten isst, gibt es die Eigenschaften des Guten und Schlechten - es fragt sich nur wo? Was hat im Bibeltext denn die Eigenschaft des Guten oder Schlechten, an dem der Mensch das Gute oder Schlechte noch nicht erkennen kann, bevor er vom Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten gegessen hat? Der Mensch und seine Frau waren nackt und schämten sich nicht, sie waren aber auch nicht stolz oder glücklich darüber, weil ihnen die Erkenntnis fehlte, ob es gut oder schlecht ist, nackt zu sein. Es gibt für sie diesbezüglich kein erkennbares Problem, zu dem sie sich irgendwie verhalten müssten, eine gute oder schlechte Entscheidung treffen könnten. So ist es mit allem, das sie erfahren.

 

Das Gebot ist wie ihre Nacktheit. Es ist weder gut noch schlecht in ihren Augen, weil sie keine Erkenntnis des Guten und Schlechten haben, da sie noch nicht vom Baum gegessen haben. Dem Gebot fehlen die entscheidenden Kriterien, um sich gegenüber dem Gebot angemessen verhalten zu können. Sie können den Sinn des Gebotes nicht verstehen. Ist es gut oder schlecht vom Baum zu essen? Ist es gut oder schlecht von anderen Bäumen zu essen? Es kann für sie keinen Unterschied machen. Selbst wenn für sie Gehorsam und Ungehorsam keine unbekannten Angelegenheiten wären, würden sie nicht erkennen können, ob Gehorsam eine gute oder schlechte Eigenschaft ist, ob Ungehorsam eine gute oder schlechte Eigenschaft ist, bevor sie vom Baum gegessen haben. 

 

Man muss den Text nicht nur lesen sondern auch verstehen, wer in dieser Erzählung etwas weiß und wer etwas nicht weiß. Gott weiß, was das Gute und das Schlechte für Eigenschaften sind. Der Mensch und seine Frau weiß das noch nicht. Die Schlange weiß es anscheinend auch, und animiert den Menschen dazu, vom Baum zu essen. Sie tut das aber auf eine Weise, die der Mensch nicht begreifen kann, bevor er von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten gegessen hat. Denn er kann überhaupt noch nichts danach beurteilen, ob es gut oder schlecht ist. Er weiß nicht, ob es gut oder schlecht ist zu sterben, daher hat die Aussage Gottes, dass er an dem Tag sterben wird, an dem er von dem Baum ist, weder eine positive noch eine negative Bedeutung und daher ist es auch keine Warnung, weil das Sterben für den Menschen und seine Frau noch wertneutral ist, und somit auch keine Bedrohung darstellen kann.

 

Der Autor, der die Erzählung geschrieben hat, und der Mensch, der sie gerade liest, wissen, was das Gute und Schlechte ist, welche dieser beiden Eigenschaften sie einem Gebot Gottes, oder dem Sterben zuordnen, aber der Mensch und seine Frau in der Erzählung haben davon noch keine Ahnung. Da war irgend etwas, was Gott zu den Bäumen im Garten gesagt hat, aber die Frau bekommt es nicht so recht auf die Reihe, plappert teilweise etwas nach, das sie nicht begreifen konnte. Sie fügt sogar hinzu, dass sie es nicht begreifen soll! Sie sagt wörtlich: "daran dürft ihr nicht rühren, sonst werdet ihr sterben", aber sie begreift noch nicht, ob es gut oder schlecht ist, zu sterben, es gut oder schlecht ist, es zu begreifen, denn erst wenn sie danach gegriffen hat, wird sie die Begriffe Gut und Schlecht begreifen können, und ob es gut oder schlecht ist danach zu greifen, aber dann ist es zu spät, weil die Würfel dann gefallen sind.

Zugegeben es ist kompliziert, was der Text dem Leser abfordert. Deswegen ist er so genial, wegen seiner Tiefgründigkeit zählt man ihn zur Weltliteratur, man spürt das selbst wenn man seine ganze Tiefe nur teilweise ausgelotet hat.  

 

Ich meine, dass wer all diese von mir formulierten Gedankengänge noch nicht gegangen ist, den Text noch nicht in seiner Tiefe begriffen hat, weil er den Fehler macht von seinem Wissen über das, was gut und was schlecht ist, auf ein angebliches Wissen des Menschen und seiner Frau in der Erzählung schließt, welches der noch nicht haben kann. Das Gott zu einem solchen Menschen wie in der Erzählung überhaupt ein Gebot gibt, ergibt nur dem Leser einen Sinn, und da stellt sich die Frage, was der Leser davon haben könnte, der ein ganz anderes Wissen hat, weil er auf einer ganz anderen Eben agiert, als der Mensch und seine Frau in der Geschichte. Also warum steht der Baum da, warum gibt es dieses Gebot, dass ich keinesfalls negieren will? Weiß Gott, wie der Mensch und seine Frau sich dazu verhalten wird, oder nicht, als er die Situation so und nicht anders für den Menschen und seine Frau gestaltet hat? Und wieso kommt diese seltsame Formulierung siebenmal im Text vor: Der Mensch und seine Frau?

 

Der vom Autor anvisierte Leser ist ein Jude des Frühjudentums, kein moderner Mensch, nicht mal ein Jude des rabbinischen Judentums, und erst recht nicht einer der dem Islam oder Christentum angehört. Der Leser muss sich in einen Juden des Frühjudentums hineinversetzen, wenn er den Text so verstehen will, wie ihn der Autor von seinen anvisierten Lesern verstanden wissen wollte. Mit der Ethik der Scharia oder des KKK kommt man hier keinen Milimeter näher an das Ziel, den Text zu verstehen. Die Frage, die man sich stellen muss ist, was die frühjüdische Moral von der Geschichte für die frühjüdische Theologie ist. Es geht also darum, diesen Text in seiner geistlichen Dimension im Kontext der damaligen Zeit, Kultur und Religion zu erfassen - wenigstens als ersten Schritt, um eine valide Ausgangsbasis zu haben, von der aus jeder, ob Jude, Moslem oder Christ, für seine Religion angemessene theologische Überlegungen anstellen kann. Diese literarische Deutungsebene darf man nicht unterschätzen oder überspringen.  

 

 

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Am 16.11.2023 um 13:30 schrieb Weihrauch:

Ich auch, möchte die Ethik allerdings insofern noch präzisieren: Die Ethik ist die Auseinandersetzung, was gut und was falsch ist, mit dem Ziel das Gute zu tun, und das Falsche zu lassen.

 

Die Frage danach, was das Gute und was das Schlechte ist, erwartet jeweils konkrete Antworten in Bezug zur jeweiligen kulturellen Situation. In heiligen Schriften geht es dabei um theologisch-geistliche Aspekte. Das Gute ist im frühjüdischen Kontext selbstverständlich etwas anderes, als im Umfeld des Landes Israel, etwas anderes als im Christentum, etwas anderes als im Islam. Tieropfer oder die Beschneidung sind im Christentum nicht das Gute, Jesus anrufen nicht das Gute im Frühjudentum, das der Mensch und seine Frau tun sollen. Natürlich gibt es auch Überschneidungen, das Anbeten einer Gottheit, Fruchtbarkeit und andere Dinge sind überall gut, aber hier geht es vor allem um die Identität des frühjüdischen Volkes in Abgrenzung zu dem, was bei den Nachbarvölkern der damaligen Zeit theologisch schlecht ist.

 

Ethisch handeln, bedeutet Verantwortung übernehmen, aber vom Menschen verlangt niemand, auch Gott nicht, dass er immer für sein Handeln verantwortlich ist. Der Mensch darf verantwortungslos sein, wird nicht zur Verantwortung gezogen. Solange ihm die Erkenntnis des Guten und Schlechten fehlt, genießt er Welpenschutz. Erst ab einem bestimmten Alter muss er die Verantwortung übernehmen und dieses Alter hängt mit seiner Fruchtbarkeit, d.h. seiner Geschlechtsreife untrennbar zusammen.

 

Zitat

Gen 8,21
Der HERR roch den beruhigenden Duft und der HERR sprach in seinem Herzen: Ich werde den Erdboden wegen des Menschen nie mehr verfluchen; denn das Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend an. Ich werde niemals wieder alles Lebendige schlagen, wie ich es getan habe. 

 

Als werdende Eltern trägt der Mensch und seine Frau auch für die theologische Erziehung seiner Kinder die Verantwortung. Von ihren Eltern sollen die Kinder hörend lernen, welche Gottheit von ihnen und dem ganze Volk angebetet werden soll.

 

Zitat

Dtn 6,4-7
Höre, Israel! Der HERR [JHWH], unser Gott, der HERR [JHWH] ist einzig. Darum sollst du den HERRN [JHWH], deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft. 
Und diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen. Du sollst sie deinen Kindern wiederholen. Du sollst sie sprechen, wenn du zu Hause sitzt und wenn du auf der Straße gehst, wenn du dich schlafen legst und wenn du aufstehst.

 

In diesem "Höre" steckt im Hebräischen so vieles drin, das auf JHWH hinweist. Die Wurzel des Wortes Höre (shema שמ) ist die Wurzel der Wörter "Himmel", "Name" (ha shem der Name um JHWH nicht auszusprechen), "Sem" (der Noachsohn von dem die Linie der Juden ausgeht), auch im Wort Antisemitismus steckt JHWH drin.

 

So wird diese merkwürdige siebenmalige Formulierung "der Mensch und seine Frau" sinnvoll, denn es geht in der frühjüdichen Heiligen Schrift nie um den Menschen an sich, nicht um alle Menschen, sondern um den theologisch-geistlichen Menschen und seiner Frau im Land Israel - in Abgrenzung zum Menschen und seiner Frau in den Nachbarvölkern. Man muss da wirklich theologisch differenzieren, was die Erkenntnis des Guten und Schlechten betrifft. Die Gottebenbildlichkeit bezüglich der zweigeschlechtlichen, männlich-weiblichen Fruchtbarkeit gilt für alle Menschen (und Tiere), aber die Gottebenbildlichkeit bezieht sich nur auf auf die theologische Ausrichtung des Volkes auf JHWH hin.

 

Sprachlich wird das durch die Gottebenbildlichkeit mittels des Namen "Adam" (adam ohne Artikel = der Name Adam, ha adam mit Artikel = "Mensch") in Gen 1,26 "Lasst und Adam machen als unser Bild, uns ähnlich!" und in Gen 5,3 "Adam war hundertdreißig Jahre alt, da zeugte er einen Sohn, der ihm ähnlich war, wie sein Bild, und gab ihm den Namen Set" (als Ersatz für Abel) nachvollziehbar gemacht.

 

Allerdings gilt das nur für den Stammbaum des Menschen Set und seiner Frau, nicht aber für den Stammbaum des Menschen Kain und seiner Frau. Im Stammbaum des Set, wird JHWH angerufen: Gen 4,26 "Auch dem Set wurde ein Sohn geboren und er gab ihm den Namen Enosch. Damals fing man an, den Namen des HERRN [JHWH] anzurufen." Im Stammbaum des Kain gibt es auch ein shema aber das hat keinen Bezug zu JHWH: Gen 4,23 "Lamech sagte zu seinen Frauen: Ada und Zilla, hört auf meine Stimme, / ihr Frauen Lamechs, horcht meiner Rede! / Ja, einen Mann erschlage ich für meine Wunde / und ein Kind für meine Strieme." Anders als Mose der im Auftrag von JHWH das Schema Israel spricht, spricht Lamech priesterlich zu den Nachkommen Kains, also zu einem fremden Volk.

 

Verstärkt werden die theologisch-ethischen Unterschiede "des Menschen und seiner Frau" noch dadurch, dass sich die Erkenntnis des Guten und Schlechten theologisch in guten und schlechten Personen bzw. ihren literarischen Namen manifestiert. In dem theologisch guten, weil jüdischen Stammbaum des Menschen Set und seiner Frau gibt es den theologisch guten Henoch, der wie Noach mit JHWH wandelt, Noach ist der Sohn des theologisch guten Lamech. In dem theologisch schlechten Stammbaum des Menschen Kain und seiner Frau gibt es den theologisch schlechten Menschen Henoch und seine Frau und den theologisch schlechten Menschen Lamech und seine beiden Frauen Ada und Zilla.

Hier wird vom Autor die theologische Erkenntnis des Guten und Schlechten seiner Adressaten beim Lesen zu Grunde gelegt, und auch erwartet bzw. eingefordert.  

 

Am 19.11.2023 um 09:20 schrieb SteRo:

Du hast gefragt "Wieso reduziert das Christentum das biblische Symbol einer verantwortungsvollen Ethik des Menschen, also den Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten in Gen 3 auf einen blinden Gehorsam JHWH gegenüber? " aber eine symbolische Gleichsetzung "einer verantwortungsvollen Ethik des Menschen" mit dem "Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten" ist gar nicht angezeigt, wenn man den Bibeltext liest. Wie kommst du nur darauf?

 

So komme ich also darauf. Anhand des Bibeltextes habe ich jetzt hoffentlich nachvollziehbar hergeleitet, warum eine symbolische Gleichsetzung einer verantwortungsvollen Ethik des Menschen mit dem Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten angezeigt ist. So lese ich den Bibeltext selbst, ohne Leitung eines anderen, ohne Thomas von Aquin und ohne das katholische Lehramt. Der Bibeltext begründet so verstanden nicht den Islamischen Glauben, nicht die theologische islamische Ethik, nicht den christlichen Glauben, die christliche religiöse Ethik - sondern den frühjüdischen Glauben und die frühjüdische religiöse Ethik - was nicht wirklich überraschend ist, da es die Heilige Schrift des genuinen Gottesvolkes ist, welches diese Offenbarung von JHWH inspiriert für seine eigene Volksreligion niederschrieb. 

 

Zitat

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.

 

Um es mit Kant zu sagen, wohl wissend, dass so etwas in deinen Augen nada ist. 

bearbeitet von Weihrauch
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Interessanterweise ist in den USA offensichtlich von "non-denominational churches" die Rede:

Nondenominational Christianity (or non-denominational Christianity) consists of churches which typically distance themselves from the confessionalism or creedalism of other Christian communities[1] by not formally aligning with a specific Christian denomination.

 

Das erscheint mir ziemlich unsinnig und ich würde der Kritik von Steven R. Harmon an vermeintlich "non-denominational churches" im gleichen Wiki-Artikel beipflichten:

Zitat

Steven R. Harmon, a Baptist theologian ... argues that "there's really no such thing" as a nondenominational church, because "as soon as a supposedly non-denominational church has made decisions about what happens in worship, whom and how they will baptize, how and with what understanding they will celebrate holy communion, what they will teach, who their ministers will be and how they will be ordered, or how they relate to those churches, these decisions have placed the church within the stream of a specific type of denominational tradition."

 

Das zeigt aber auch das Dilemma konfessionsloser Christen: Sobald sie gemeinschaftliche Rituale (Messen, Kommunion, Taufe o.ä.) durchführen wollen ist's praktisch mit der Konfessionslosigkeit vorbei, weil jede konventionelle Regel bzgl. der "richtigen" Durchführung dieser gemeinschaftlichen Rituale de facto einer Konfession gleichkommt.

 

Berücksichtigt man dann noch

Zitat

Mt 18,19 Wiederum sage ich euch: Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen werden, irgendeine Sache zu erbitten, so wird sie ihnen werden von meinem Vater, der in den Himmeln ist. 18,20 Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte.

 

dann muss man zum Schluss kommen, dass ein "kirchenfernes" (nicht-konfessionelles) Christentum im wahrsten Sinne des Ausdruckes zwar möglich erscheint, dass es aber notwendigerweise keine definierten Rituale ausübt. Ein Gottesdienst-Ritual ist also zB unmöglich. Wenn man nun bedenkt, dass zwar alle Sakramente, die die konventionellen Kirchen so kennen, sich auf der Basis psychologischer Bedürfnisse von Menschen (nicht aber auf der Basis der Bibel) erklären lassen, dann muss ein "kirchenfernes" (nicht-konfessionelles) Christentum fast "unmenschlich" erscheinen, eben weil es dem Bedürfnis nach Ritualen nicht nachkommen kann ohne die Konfessionslosigkeit zu verlieren.

 

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vor 2 Stunden schrieb SteRo:

Berücksichtigt man dann noch

Zitat

Mt 18,19 Wiederum sage ich euch: Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen werden, irgendeine Sache zu erbitten, so wird sie ihnen werden von meinem Vater, der in den Himmeln ist. 18,20 Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte.

 

dann muss man zum Schluss kommen, dass ein "kirchenfernes" (nicht-konfessionelles) Christentum im wahrsten Sinne des Ausdruckes zwar möglich erscheint, dass es aber notwendigerweise keine definierten Rituale ausübt. Ein Gottesdienst-Ritual ist also zB unmöglich. Wenn man nun bedenkt, dass zwar alle Sakramente, die die konventionellen Kirchen so kennen, sich auf der Basis psychologischer Bedürfnisse von Menschen (nicht aber auf der Basis der Bibel) erklären lassen, dann muss ein "kirchenfernes" (nicht-konfessionelles) Christentum fast "unmenschlich" erscheinen, eben weil es dem Bedürfnis nach Ritualen nicht nachkommen kann ohne die Konfessionslosigkeit zu verlieren.

 

 

Da stellt sich mir die Frage, ob das auch dann gilt, wenn sich zwei oder drei in Jesu Namen beispielsweise wie hier im Forum in einem virtuellen Raum versammeln. Da es sich dabei um eine geistliche Veranstaltung handelt, könnte man auch annehmen, dass Jesus sich dann in ihrer (geistlichen ?) Mitte befindet. In der geistlichen Dimension spielt die körperliche Anwesenheit der Personen die gemeinsam ein Abendmahl feiern eigentlich keine Rolle. Wenn jeder Brot und Wein für sich bereitstellt, könnte das funktionieren. Wenn es nach den Kirchen und dem Lehramt geht natürlich nicht, aber Konfessionslose interessiert das nicht - und Gott womöglich auch nicht, kann mir nicht vorstellen, dass Gott nicht mit der Zeit geht. Wie sagte Jesus des öfteren? Dein Glaube kann Berge versetzen und dein Glaube hat dir geholfen. Na, dann ...

 

bearbeitet von Weihrauch
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