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Hat der Papst oder Bischof Kamphaus Recht?


KlausGA

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Hallo Corinna, hallo Sven, hallo Hansho,

vielen Dank für Eure Zustimmung. Dem was Sven gesagt hat kann ich mich auch anschließen (es war von mir keine Einseitigkeit beabsichtigt).

 

Hallo Mrs. Spock,

ich denke auch, dass es dem Papst um die Sache und nicht um eine Machtfrage gegangen ist. Er hat in seinen Äußerungen die von den deutschen Scheingegnern verwendete Terminologie bewusst nicht aufgegriffen. Ich sehe auch ein, dass sich die ganze Sache aus weltkirchlicher Sicht anders darstellt als vor Ort. Durch eine römische Akzeptanz der deutschen Regelung hätte diese vielleicht eine weltweite Vorbildfunktion bekommen. Die war ja von der deutschen Bischofkonferenz gar nicht beabsichtigt; man sah ja schon, das das staatliche Beratungssystem das letzte Schlupfloch war, um doch noch an Abtreibungswilligige Frauen heranzukommen.

 

Das ist eben jetzt nicht mehr möglich. Wie die derzeitige Situation aussieht, hat mir die Leiterin der hiesigen Familienberatungsstelle erklärt, die den Ausstieg nach den Maßgaben von Kardinal Meissner loyal vollzogen hat: Die Anzahl der wirklichen Konfliktberatungen ist überall auf praktisch null gesunken. Eine Konfliktberatung ist eine Beratung, zu der eine Frau, die Abtreiben möchte, bzw. diesen Schritt in Erwägung zieht, staatlich verpflichtet ist. Hier ist es den kirchlichen Beratungsstellen in der Vergangenheit gelungen, ein Viertel der Frauen von ihrem Vorhaben abzubringen, d.h., ihnen einen Weg für sich und das Kind aufzuzeigen. Diese Gespräche finden nicht mehr statt (weil mit der Ausgabe des Scheins verbunden).

 

Zugenommen hat die Zahl der Beratungen von Frauen, die in schwieriger Situation sind, sich aber schon grundsätzlich für das Kind entschieden haben. Diese Art der Beratung ist weniger zeitaufwendig, weil es oft hauptsächlich darum geht, finanzielle Hilfen zu vermitteln, und Adressen von Ansprechpartnern in staatlichen Hilfestellen weiterzugeben. Daher auch der Anstieg der Zahl der Beratungsgespräche.

 

Die Agressivität auf beiden Seiten des Konflikts kann ich nur so beurteilen wie Sven. Die Kampagne mit "Beihife zum Mord" etc. hat auch schon lange vor dem erstenBrief des Papstes begonnen. Es mag aber sein, dass sich die Scheingegner genauso unter Druck und angegriffen fühlten wie die Scheinbefürworter (obwohl ich das sachlich nicht nachvollziehen kann).

 

Wirklich tragisch finde ich die Tatsache, dass sich die traditionsorientierten Gruppen aus dem Gemeindeleben zurückgezogen haben, und nur noch so, d.h. über Schuldzuweisungen und Briefaktionen nach Rom agieren. Viele Gemeinden (meine auch), hätten ein Nachdenken über Glaubensgrundlagen, Weltkirche und den Reichtum der katholischen Tradition bitter nötig.

 

Aber da steh ich dann allein, spiele den Rechtsaußen, indem ich gelegentlich den Papst in Schutz nehme oder mal auf die tieferen Hintergründe des katholischen Eucharistieverständnisses hinweise. Dafür werde ich von den "Progressiven" angegriffen, und muss mir dann noch von den "Traditionalisten", die sich aus dem Gemeindealltag fein raushalten, über Zeitungen und Leserbriefe Anpasserei und Illoyalität vorhalten lassen.

Das kann einen auf die Dauer schon sauer machen.

 

Ich bin aber fest davon überzeugt, dass aus den unterschiedlichen Ansätzen in der deutschen Kirche ein wirklich zeitgemäßes, erneuertes und vertieftes Glaubensleben hervorgehen könnten, wenn man nur das Lagerdenken aufgäbe, und mal mit den christlichen Grundsätzen zur Versöhnung ernst machen würde. Ich habe aber auch das Gefühl, dass viele so denken, und dass es guten Grund zur Zuversicht gibt.

 

Viele Grüße, Matthias

 

(Geändert von Franziskaner um 15:50 - 16.März.2002)

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Hallo Matthias,

 

warum sich viele "Traditionalisten" aus dem Gemeindeleben zurückgezogen haben, dürfte klar sein.

 

Erst dier Leute rausekeln, und sich dann wundern, wenn sie nicht mehr da sind. Tolle Logik!

 

Mal als kleines Beispiel. Bei uns in der Pfarrei hat einmal ein Jugendlicher Firmkatechese gemacht, die sich am Sakramentenbild festgemacht hat. (Also kein Leo Boff, Küng, etc.) Das war dem Kaplan dann zu konservativ. Der Mann wurde nicht mehr als Katechet genommen, obwohl er der jüngste war, und am besten bei den Jugendlichen angenommen wurde.

 

Und dann wundert man sich.

 

Deswegen habe ich folgende Regel, an die ich mich auch halte: Die Struktur ist für mich da, nicht ich für die Struktur.

 

Ich werde mich also dort engagieren, wo es Sinn macht, und nicht dort, wo ich rausgemobbt werde. (Und ich kenne zu viele, die aufgrund des ständigen Kampfes in einer Gemeinde eine solche Oppositionshaltung entwickelt haben, dass Christentum nicht mehr lebbar ist.)

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Kamphaus ist für das Leben!

Seine Antworten lassen von der Broschüre- und Plakataktion her gesehen Fragen offen

Wenn ich immer auf die Konfliktberatung zu sprechen komme, dann weise ich stets darauf, daß - so wie Kamphaus dies in seinen Briefen kundgegeben hat - er stets für das Leben ist. Seine Position läßt in verschiedenen Punkten noch viele Fragen offen, aber wie es denn sei, möchte ich weitere Punkte hier ansprechen, die mir persönlich Sorgen bereiten. Hat sich die Meinung des Bischofs in vielen Punkten geändert, wo es um Fragen nach der "Selbstbestimmung" geht? Er hat ja doch in der Vergangenheit anknüpfend an die von mir angesprochenen Tradition die Erfahrung des Guten im Gewissen als ein Fenster angesehen, bei dem man Gott erfahren kann. Ich persönlich vermute in Anbetracht seiner Briefe, daß dies nicht der Fall ist.

 

Seine Position ist die, daß er die Frauen zu erreichen sucht, die ohnehin abtreiben würden, wenn sie sich zu den staatlichen Stellen hinwenden. Dann ist wohl klar, daß man nicht mit der Wahrheit verletzend sagen kann, als ob man andere mit der Bibel auf Kopf hauen wollte. Die Plakat und Broschüre-Aktion war von diesem Geist geprägt, die Frauen zum "Ja zum Leben" hin zu bewegen.

 

Dennoch beunruhigte mich ein solcher Satz aus der Broschüre "Sie sind nicht allein" wie:

  • "
Wir beraten im Schwangerschaftskonflikt nach §219 StGB.
Auf Wunsch stellen wir Ihnen über die Beratung die vorgesehene Bescheinigung aus.
"

Wenn man schon eine solche Aktion startet, dann will ein solcher Text sehr sorgsam formuliert werden. Einerseits darf man mit der Broschüre Kundinen nicht "abschrecken", aber andererseits darf man die Wahrheit nicht vertuschen. Die Absicht aus der Broschüre wird deutlich an dem Satz:

  • "
Und sie (=die Berater) entwickeln mit Ihnen gemeinsam Lösungsmöglichkeiten
und machen Mut, Ja zu sagen zum Kind.
"

 

Bedenken könnte man bei einem solchen Text haben, weil der Text so verstanden werden kann, als sei das Austragen des Kindes, die besserere Möglichkeit von zweien, bei der die Frau letztlich legitim entscheiden darf, womit nicht nur die faktische Verfügungsgewalt über Leben und Tod auf die Frau übertragen wird, sondern auch die Gefahr entsteht, dahingehend mißverstanden zu werden, als ob auch die Sittlichkeit der Handlung von der Entscheidung der Frau abhängig wäre. Von letzterem war seitens Kamphaus nie die Rede, daß er sowas behauptet hätte! Dies muß man ihm anerkennen.

 

Aber hätte man nicht die Broschüre auch so formulieren können, daß irgendwie zu verstehen gibt, daß wir als Kirche genauso um das Leben des Ungeborenen besorgt sind, wie wir den Frauen in Not helfen wollen, wobei eigentlich niemand auf Erden Verfügungsgewalt - weder der Staat noch die Frau - über das Ungeborene haben?

 

Wenn man also eine solche Aktion startet, und meint über das Gesetz der Doppelwirkung, dadurch daß man ein Übel in Kauf nimmt, den Schein auszustellen, um ein weiteres Gut zu erreichen, nämlich Leben zu retten und gleichzeitig Frauen dazu zu bewegen, sich helfen zu lassen, dann darf es an der Deutlichkeit von "Signalen", die man in die Öffentlichkeit schickt, nicht mangeln. Man hat zwar einige Frauen dazu bewegt, ihr Kind zu behalten, aber gleichzeitig auch den anderen Frauen, die nicht zu den kirchlichen Stellen kommen, daß wir als Kirche es für rechtens erachten, wenn die Frau souverän "entscheidet". Damit kehrt sich aber der erwünschte Effekt ins Negative und fördert die leider oft falsch verstandene Neigung zum Subjektivismus in der Gesellschaft, die selbstherrlich möglichst alle Grenzen überschreiten will, die man nicht wie eine bare Münze beweisen kann.

 

Mangel an Ehrfurcht vor dem Leben ist die Folge. Die jenigen, die einen Beginn der menschlichen Existenz möglichst zu den späteren Zeitpunkten verschieben wollen, machen sich keine Gedanken, daß Unwissenheit keineswegs zur Inkaufnahme eines Risikos rechtfertigt, bei dem das Leben einer Person auf dem Spiel steht. Daß auch Behinderte und schlafende Menschen Person sind, dürfte ihnen nicht schwer fallen, obwohl man dort von einem freien Willen und Bewußsein nicht sprechen kann. Ehrfurcht ist aber eine Anerkenntnis von Grenzen, die Annahme, daß es bestimmte Dinge gibt, die nicht nur mein Verstand übersteigen, sondern bei denen ich auf keinem Fall selbstherrlich entscheiden darf. (Vgl. Ps. 139)

 

Ehrfurcht ist das, was vor allem mangelt, wenn man nicht bereit ist, die oberfächlichen Erkenntnisprämisen der Neuzeit und der Postmoderne fallen zu lassen. Wer sagt denn schon, daß man die "Würde" nicht sehen kann? Selbstverständlich "kann" man sie sehen, aber nicht in der gleichen Weise wie die algebraischen Sätze der Mathematik und auch nicht wie die sinnenhafte Erkenntnis. Die "Würde" sieht man nicht nur mit dem "Kopf" sondern auch mit dem Herzen. Wenn mich ein Armer auf der Straße trifft, dann ergeht an mich dieser Anspruch, ihn zu achten, auch wenn er sich selbst nicht mehr achtet mag. Die konkrete Lebensituation tritt an mich wie ein "Wort" und fordert mich zum Handeln, bzw. zu einer Haltung. Der Arme schaut mich an, und ich sehe mich als einer, der gemeint ist." In diesem Anschauen des Armen, werde ich nur von seinem Anspruch gefragt, sondern von seiner Würde, die der Arme zwar in sich hat aber nicht von sich empfangen hat. (*Grübel* Das war ein wenig Metaphysik...)

 

Grüße, Carlos

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Hallo Leute,

 

zusammengefaßt hat also mich u.a. die mangelnde Klarheit in der Aktion furchtbar gestört. Man muß sich Gedanken machen, welche "Signale" das eigene Tun nach außen setzt, wenn man Scheine ausstellt. Die Plakat- und Broschüreaktion und die ganze Medienarbeit war in der Klarheit alles andere als gut.

 

Man erreicht vielleicht einige Frauen, bei denen 25% nicht mehr abtreiben, aber setzt vielen anderen Frauen, auch denen, die nicht zu den katholischen Beratungsstellen kommen, ein Signal, daß es letztlich legitim ist, wenn "sie" selbstbestimmend über Leben und Tod des Ungeborenen entscheiden. Das ist jedenfalls das bisherige Ergebnis, befürchte ich.

 

Ob es außerdem in diesem Fall wirklich sittlich ist, sich die Hände schmutzig zu machen, um ein anderes Gute zu erreiche, das steht natürlich in Frage.  

 

Carlos

 

(Geändert von platon um 11:09 - 17.März.2002)

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Liebre Platon,

das mag alles stimmen, wie Du es sagst. Man sollte aber nicht vergessen, dass die Kirche in einer anderen wesentlichen Frage eine andere Haltung eingenommen hat. Jahrhundertelang waren nämlich Miltitärseelsorger überall dabei, wo sich Menschen  auf brutalste Weise gegenseitig umgebracht haben. Immer natürlich auf beiden Seiten, wo doch logischerweise das Prinzip der Selbstverteidigung (dass sich allerdings in der Lehre Jesu nicht finden lässt, sondern durch das Prinzip der absoluten Gewaltlosigkeit ersetzt wurde) immer nur für eine Seite gelten kann. Sogar im 2. Weltkrieg, der von deutscher Seite ein schlichter und brutaler Raubüberfall auf denRest Europas war, waren Priester dabei.

 

Die liefen dann hinter den Soldaten her, baten sie, doch die Zivilisten zu schonen und Kriegsgefangene mit Achtung zu behandeln usw. Aber das wichtigste, nämlich das die konsequent christliche Handlungsweise die Kriegsdienstverweigerung wäre, haben sie noch nicht einmal erwähnt.

 

Das ist in der Abtreibungsfrage anders: niemand von den Scheinbefürwortern hat in Frage gestellt, dass eine Abtreibung ein schweres Unrecht ist.

 

 

Hallo Benedikt,

 

es stimmt, dass in vielen Gemeinden ein Klima herrscht, dass es nicht gerade leicht für "Traditionalisten" macht, sich dort zu engagieren. Das ist sicher nicht richtig. Es ist aber auch Teil eines natürlichen Generationenkonfliktes, in dem man auch die Leistung der Älteren sehen muss, und in dem Geduld ein langer Atem wichtig sind. Das haben die "Progressiven" vor dem zweiten Vatikanum auch geleistet, und sich eben nicht zurückgezogen.

 

(Ich denke Mal, dass die Bedeutung des 2. Vatikanums unbestritten sein sollte. Es gehört zur katholischen Tradition dazu, und ist unerlässliche Vorbedingung für eine Neugestaltung christlichen Glaubens in der Moderne, die ja nun einfach mal existiert. An den orthodoxen Kirchen, die sich ja nur auf die Tradition des ersten Jahrtausends beziehen, kannst Du studieren, wie verzweifelt mühselig das hinterherlaufen hinter der heutigen Gesellschaft sein kann. Oder sind die politischen Intrigen der russischen Orthodoxie ein Vorbild für Dich?)

 

Wer nicht auf bestimmten Positionen besteht, sondern sich dahin stellt, wo irgend etwas nützliches zu tun ist, der wird auch in schwierigen Gemeinden seinen Platz finden. Originalton Jesus: Ich bin nicht gekommen, um zu herrschen,  sondern um zu dienen. Wer unter euch der erste sein will, der soll der Diener aller sein.

 

Du sagst, dass diese christliche Position für viele Deiner Freunde nicht mehr lebbar ist. Dann ist allerdings ein Punkt erreicht, wo jede theologische und strukturelle Diskussion sinnlos wird. Der Glaube an die Realitätsnähe und den letztendlichen Erfolg eines Lebens nach dem Evangelium geht jedem Glauben an Sakramente und Dogmen voraus, sie verlieren ohne diesen Glauben den Sinn.

 

Interessant ist Dein Satz: die Struktur ist für mich da, nicht ich für die Struktur.

 

Das ist ein Satz, mit dem liegst Du voll im zeitgeistigen Trend. Mit genau diesem Satz bergründet jeder Yuppie seine Fixierung auf ein erfolgreiches Privatleben. Nur: die Struktur von der Du sprichtst, ist die Kirche Jesu Christi, das Ursakrament unseres Glaubens, der mystische Leib des Gottessohnes. Und der verwirklicht sich nun mal in der Ortskirche, also in der konkret gegebenen Gemeinde, mit all den Mittelmäßigkeiten und Schwierigkeiten, die dazugehören.

 

Viele Grüße, Matthias

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Zitat von Franziskaner am 18:04 - 17.März.2002

Das ist in der Abtreibungsfrage anders: niemand von den Scheinbefürwortern hat in Frage gestellt, dass eine Abtreibung ein schweres Unrecht ist.

Dies habe ich auch nie behauptet... Meine Kritik zielte auf etwas ganz anderes...

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