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Die Passion Christi


matze1980

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vor 45 Minuten schrieb nannyogg57:

Ich habe mich sehr lange in meinem Leben gefragt, was Gott damit zu tun hat, wenn ich zum Beispiel meine Schwester ärgere. Mir erschließt sich bis zum heutigen Tag keine Ethik, die auf Gesetzen göttlicher Diktion ohne einem faktischen Mehrwert für das Miteinander beruhen.

 

Gott macht ziemlich klar, was ihm wichtig ist: Eine gerechte Gesellschaft, be nice, soziale Gerechtigkeit, Arme nicht unterdrücken, Schwester nicht ärgern.

 

Wenn Du Dich da nicht daran hältst bzw ggf. nicht umkehrst, dann  hast Du nicht nur ein Problem mit Deiner Schwester, sondern auch mit Gott. Der stellt sich auf die Seite der Geärgerten. Oder Armen. Oder Unterdrückten. Das hast Du ganz Recht.

 

Jetzt kannst Du natürlich sagen, 'wenn ich es schaffe, dass mir meine Schwester vergibt, dass  ich sie geärgert habe, dann braucht mir Gott nicht zu vergeben.' Das wäre so sicher auch korrekt.

 

Aber nehmen wir das Beispiel David. Um seinen Ehebruch mit Batseba zu vertuschen, versucht er Uria erst in ihr Ehebett zu schicken, als das nicht funktioniert, schickt er ihn an die Front, wo er dann fällt. Dafür zieht ihm Nathan die Ohren lang, David sieht seinen Fehler ein. Uria konnte David nicht mehr vergeben. Das macht dann Gott stellvertretend. Der darf das, weil der nämlich auf Seiten Urias steht.

 

Kann man sich fragen, was sagt Uria dazu?

 

Was die Psychologie dazu zu sagen hat, habe ich schon geschrieben, Uria werden wir dann fragen, wenn wir dazu Gelegenheit haben.

 

vor 45 Minuten schrieb nannyogg57:

Wenn Gott zum Beispiel die Sabbatruhe anordnet, dann springt bei mir sofort die Frage an, was der Mehrwert des Sabbats für das menschliche Miteinander ist. Das gilt ebenfalls für Fastengebote und vieles mehr.

 

Ja, hat einen Mehrwert für menschliches Miteinander, geht aber hier zu weit. Ein bisschen trifft es der Slogan 'Ohne Sonntag gibt's nur noch Werktage'.

 

vor 45 Minuten schrieb nannyogg57:

Ich kenne das AT und sein Hauptthema ist das Bezahlen von Schuld. Nicht, weil Gott grausam wäre, sondern weil Gott gerecht ist.

 

Sorry, aber ein Menschenopfer bezahlt keine Schulden, weder Wiedergutmachung, noch Gerechtigkeitsherstellung im Sinne von Strafe (Rache).  Das ist einfach ein christlicher Knieschuss. Und das empfindet auch keiner wirklich als GERECHT. Das ist ein klassischer nackiger Kaiser.

bearbeitet von Higgs Boson
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vor 31 Minuten schrieb nannyogg57:

Ich habe nicht damit angefangen, dass ein Richter auf die Wiedergutmachung verzichtet, weil der Angeklagte so reumütig ist.

 

Wiedergutmachung: Zivilrecht

Strafe: Strafrecht

 

Die Quadtrillion war die Strafe im Strafrechtsverfahren, keine Wiedergutmachung.

 

Ich bin mir sicher, dass Du den Punkt verstanden hast. Und Du kennst auch die Sache mit dem Vergleichspunkt einer Geschichte.

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2 hours ago, Higgs Boson said:

Du kannst nicht einfach Wiedergutmachung (Schuld) und Strafe (pädagogische Maßnahme) einfach austauschen. 

Sogar das deutsche Rechtssystem unterscheidet zwischen Straf- und Zivilrecht. Die haben nix miteinander zu tun. Das sind in der Regel 2 verschiedene Prozesse.

Eben weil das nicht austauschbar ist.

Soweit gleicher Meinung. Es geht bei in diesem Fall um Strafe im Sinne des Strafrechtes.

 

2 hours ago, Higgs Boson said:

Die Erkenntnis, dass jeder Täter Opfer, jedes Opfer Täter ist, ist Grundlage davon.

Das hingegen ist keine Erkenntnis, sondern hochgradiger Quatsch. Leicht durch ein paar Quadrillionen Kriminalfälle belegbar.

 

2 hours ago, Higgs Boson said:

Meinst Du wirklich, der Tod eines anderen Menschen als den, der die Tat begangen hat, wird von irgendwem als Gerechtigkeit empfunden?

In gewissen "Kulturen" ist Sippenstrafe heute noch verbreitet;  und das AT ist ja voll davon. Psalm 137,8–9 ist so ein nettes Zückerli. Oder Jiftach oder wie der Typ hiess der seine Tochter opferte. Oder die Sintflut. Oder oder oder... In dem Lichte betrachtet ist der Sühnetod Jesu nicht mehr allzu absurd. Eher die Kulmination.

 

Quote

Sorry, aber ein Menschenopfer bezahlt keine Schulden, weder Wiedergutmachung, noch Gerechtigkeitsherstellung im Sinne von Strafe (Rache).  Das ist einfach ein christlicher Knieschuss. Und das empfindet auch keiner wirklich als GERECHT.

Natürlich nicht. Die Botschaft ist ja auch nicht dass dies gerecht gewesen wäre. Der Knieschuss liegt woanders. Was wenn Judas oder Pilatus - ihrem freien Willen folgend - nicht "heilsplanmässig" kooperiert hätten? Alles im Eimer?

 

Quote

Gott macht ziemlich klar, was ihm wichtig ist: Eine gerechte Gesellschaft, be nice, soziale Gerechtigkeit, Arme nicht unterdrücken, Schwester nicht ärger

in your dreams maybe...

Dem jüdischen Stammesgott liegt nur eins am Herzen - Gehorsam bis zur Selbstaufgabe.

 

2 hours ago, Die Angelika said:

Damit engst du Gott ein. Gott muss sich nicht zum Opfer machen, um für Opfer sprechen und vergeben zu können. 

Muss er nicht aber es macht ihn glaubhafter. Genauso wie eine indigene Sippe, deren Regenwald abgebrannt wird, glaubhafter protestiert als ein rasch eingeflogener Filmstar.

bearbeitet von phyllis
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vor 6 Stunden schrieb Higgs Boson:

Die Erkenntnis, dass jeder Täter Opfer, jedes Opfer Täter ist, ist Grundlage davon.

 

Das Neugeborene Opfer, das von seinen Eltern vernachlässigt oder zu Tode geprügelt wird, wo genau ist das Täter?

 

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vor 2 Stunden schrieb rince:

 

Das Neugeborene Opfer, das von seinen Eltern vernachlässigt oder zu Tode geprügelt wird, wo genau ist das Täter?

 

 

Einverstanden.

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Also, was ist Vergebung, was ist Wiedergutmachung, was ist Strafe.

 

Die Quadrillion ist eine Strafe. Ok. Sie ist nicht die Wiedergutmachung. 

 

Aber sie ist auch nicht die Vergebung. Ich kann nicht einmal definieren, was Vergebung ist, vermutlich, weil ich ein ziemlich gutes Gedächtnis habe. Ich rede zum Beispiel wieder mit meiner Schwägerin, das ist mir nicht leicht gefallen (und wäre ich nicht christlich angehaucht, hätte ich es nicht jahrelang versucht, diesen Schritt ehrlich zu machen), aber trotzdem gibt es Momente, da geht mir immer noch das Messer in der Tasche auf für etwas, das der Auslöser für das Zerwürfnis war, speziell, weil sie sich nicht wirklich verändert hat und es jederzeit wieder passieren kann. Meistens kann ich es aber gut vergessen und mit positiven Gedanken abfedern.

 

Vergebung ist in meinen Augen tatsächlich etwas Transzendentales.

 

Ich muss auch gestehen, dass ich den Opferbegriff meiner Schüler*innen übernommen habe und nicht den Opferbegriff aus dem alten Opferkult. Wenn ich von Jesus als Opfer spreche, dann in der Weise wie meine Schüler*innen einen anderen als Opfer beschimpfen.

 

Die Kirche hat irgendwo und irgendwann für die Strafe die Hölle, für die Wiedergutmachung das Fegefeuer und für die Vergebung das Bußsakrament definiert. War nicht ganz blöd.

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Btw.: Die Sache mit der Batseba ist kein gutes Beispiel, dass nach der Sichtweise des AT Gott ohne Strafe vergibt: 2 Sam 12,13. Ich habe das bei unserer Kinderbibelwoche zu David unterschlagen, aber ich denke mal, hier im Forum sollte man offen darüber sprechen.

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Mit „Göttern“ kenne ich mich nicht so aus, aber unter Menschen ist es ein wechselseitiger Akt, einer, der um Vergebung bittet, und einer, der vergibt. Es ist eine zweiseitig Beziehung, darin übrigens der Toleranz nicht unähnlich. Wenn es einseitig bleibt, scheitert es früher oder später. Meistens früher.

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Es blieb mir nichts anderes übrig. Mir hat ein seelsorgerliches Gespräch geholfen, ein Perspektivwechsel, einfach der Gedanke, dass ich es nicht notwendig habe, weiterhin meinen Stolz zu verteidigen, und dass meine Schwägerin auf ihre Art und Weise das ist, was wir Bayern eine arme Sau nennen. Ich wollte das auch, nicht mehr im kalten Krieg leben, weil es mit meinem Selbstverständnis als Christin nicht zu vereinbaren ist, deshalb habe ich Jahre nach einem Weg gesucht. Und den musste und konnte ich alleine gehen. Aber manchmal kocht es hoch, Momente eben.

 

Aber ist das Vergebung?

 

 

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vor 4 Minuten schrieb nannyogg57:

Aber ist das Vergebung?

 

Nein, eher Verdrängung. Das mag manchmal möglich und notwendig sein, und dann wächst über eine alte Sache Gras. Aber manchmal kommt irgendwann ein Kamel, frißt es ab, und das Problem ist wieder da. (Anlehnung an ein arabisches Sprichwort).

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Ist also Vergebung nur möglich, wenn sich der Schuldige verändert? Und ist das mit Sicherheit zu sagen, selbst wenn er um Gnade und Vergebung fleht? Wie glaubwürdig ist das? Was, wenn er trotzdem rückfällig wird?

 

Vergebung ist transzendent oder nicht möglich, ich bin mir da ganz sicher.

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vor 2 Minuten schrieb nannyogg57:

Vergebung ist transzendent oder nicht möglich, ich bin mir da ganz sicher.

 

Das hängt davon ab, was du unter „Vergebung“ verstehst, oder allgemeiner formuliert, ob du auf absoluten, letztlich transzendenten Begriffen bestehst. Die „gibt“ es dann auch nur im Transzendenten (aka Illusion).

 

Beziehen sie sich dagegen auf die Wirklichkeit, in der wir leben, sind die Begriffe notwendig ebenso vorläufig und unvollkommen wie die Wirklichkeit selbst. In unserem praktischen Leben unterscheiden wir uns da auch nicht, nur in unseren Träumen.

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vor 2 Stunden schrieb nannyogg57:

Die Kirche hat irgendwo und irgendwann für die Strafe die Hölle, für die Wiedergutmachung das Fegefeuer und für die Vergebung das Bußsakrament definiert. War nicht ganz blöd.

 

In der Pädagogik sagt man, dass die Strafe in einem sinnvollen Zusammenhang mit dem Vergehen stehen soll. Da scheint Strafe anders verstanden zu werden als bei der Kirche.

Denn die Höllenstrafe steht in keinem sinnvollen Zusammenhang mit dem Vergehen. 

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vor 29 Minuten schrieb nannyogg57:

Ist also Vergebung nur möglich, wenn sich der Schuldige verändert? Und ist das mit Sicherheit zu sagen, selbst wenn er um Gnade und Vergebung fleht? Wie glaubwürdig ist das? Was, wenn er trotzdem rückfällig wird?

 

Vergebung ist transzendent oder nicht möglich, ich bin mir da ganz sicher.

 

Vergebung bedeutet für mich, dass ich meinen inneren Frieden wieder gefunden habe und ich demjenigen, der mich verletzt hat, wieder auf Augenhöhe begegnen kann.

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vor 10 Minuten schrieb Die Angelika:

Denn die Höllenstrafe steht in keinem sinnvollen Zusammenhang mit dem Vergehen. 


Der Grund dafür ist ganz einfach: Damit die Kirche ihre Form vom “Erlösung“  verkaufen kann, muß jede Bagatelle eine Sünde, und damit jeder ein Sünder sein. Mit der Wirklichkeit hat das wenig zu tun, viel dagegen mit Propaganda.

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2 hours ago, nannyogg57 said:

dass meine Schwägerin auf ihre Art und Weise das ist, was wir Bayern eine arme Sau nennen.

oh da haben wir etwas gemeinsam. 🙂

Meine hat Kontaktverbot zu meinen Kindern weil sie versuchte unsere damals 3-jährige Nina mit ihrem fundamental-evangelikalem Müll zu indoktrinieren. Obwohl heute das Kontakverbot fallen könnte, weil Nina sie nur auslachen würde wenn sie mit dem Käse nochmals anrollen täte. Die Hölle war damals auch so ein Thema. Nina hatte echt Schiss beim einschlafen.

 

Müsste ich ihr jetzt vergeben da es keine weiteren Folgen hatte? Wie spricht das Christentum oder die RKK Opfer an? Druck zum vergeben? Vorbild Jesus? Immer? Oder nur wenn sich beim Täter was grundlegend geändert hat? Würde mich interessieren, danke.

 

PS - ich weiss dass Vergebung auch eine Art Therapie für die Opfer sein kann, würde es aber niemals als Regel anwenden. Und auch Rache ist eine Therapie. Würde bei mir besser wirken. :evil:

 

Quote

Aber ist das Vergebung?

Nein eher Ignoranz oder halt ein modus-vivendi. Bei uns half die geographische Distanz, und auch Corona hatte sein gutes.... hach ja und Biontech und Moderna sind Teufelszeug daher ist sie auch nicht geimpft, was dem Kontaktverbot auch hilft - wobei ich ihr und meinem Mann ganz klar sage dass das nicht der Grund sei. Soviel Ehrlichkeit muss sein.

bearbeitet von phyllis
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vor 29 Minuten schrieb phyllis:

Müsste ich ihr jetzt vergeben da es keine weiteren Folgen hatte? Wie spricht das Christentum oder die RKK Opfer an? Druck zum vergeben? Vorbild Jesus? Immer? Oder nur wenn sich beim Täter was grundlegend geändert hat? Würde mich interessieren, danke.

 

PS - ich weiss dass Vergebung auch eine Art Therapie für die Opfer sein kann, würde es aber niemals als Regel anwenden. Und auch Rache ist eine Therapie. Würde bei mir besser wirken. :evil:

 

Oft wird dem Opfer Vergebung als Notwendigkeit verkauft: Entweder du vergibst, oder du wirst nie heilen. Mir kommt das so vor, als ob man dem Opfer eine Pistole an die Schläfe hielte und ihm sagte, es solle vergeben, sonst...

 

Nach meinem Gefühl ist Vergebung ein Geschenk. Man ist weder verpflichtet, es zu machen, noch sollte es als Mittel zum Zweck der Heilung gelten. Man macht es aus dem Überfluss, aus einer Position der (zurückerlangten) Stärke. Doch hier stehe ich wohl ziemlich alleine - aber ich kann nicht anders, wie jemand mal berühmterweise sagte.

bearbeitet von Domingo
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vor 5 Minuten schrieb Domingo:

Man macht es aus dem Überfluss, aus einer Position der (zurückerlangten) Stärke. Doch hier stehe ich wohl ziemlich alleine - aber ich kann nicht anders, wie jemand mal berühmterweise sagte.

Nein, stehst du nicht! :D

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vor einer Stunde schrieb Cosifantutti:

das nennt man nicht "kindgerecht", sondern schwarze Pädagogik. 

 

alles hängt davon, ob man den Kreuzestod Jesu vollkommen isoliert und losgelöst von seiner Botschaft vom Reich Gottes / Herrschaft Gottes betrachtet, wenn man den Kreuzestod vollkommen abtrennt von dem, was die Evangelien über Jesus und sein Evangelium vom Reich Gottes überliefern, Gleichnisse, Begegnungsgeschichten etc...

 

Wenn man sich an den Evangelienerzählungen orientiert, ist der Tod Jesu am Kreuz nicht die Voraussetzung für die Erlösung, sondern die letzte Konsequenz seines öffentlichen Auftretens, seiner Botschaft vom Reich Gottes, als er auf Widerstand stieß, als bestimmte religiöse Kreise in Jerusalem darauf drängten, Jesus zu beseitigen und mundtod zu machen

 

mehr noch: Wenn ich der Auffassung bin, dass der Kreuzestod Jesu - vollkommen isoliert betrachtet - die Voraussetzung dafür ist, dass die Menschen erlöst sind, dann verstrickt man sich in heillose Widersprüche, Entscheidend dabei: Was für eine Vorstellung von Gott steht denn hinter einem solchen Denken ? 

 

Was du so verniedlichend "kindgerecht" formulierst, ist im Grunde ein sehr seltsames, widersprüchliches Gedankenkonstrukt: Ich stelle mir vor, ich stehe beim "Jüngsten Gericht" vor meinem Richter und dieser Richter macht mir ein "Angebot, dass ich unmöglich ablehnen kann" ( vgl. Der Pate, Teil 1 ), das folgendermaßen aussieht, wenn der Richter zu mir sagt: "Du hast die Wahl: entweder du kommst in die Hölle, wo dich auf ewig schlimme Folterqualen erwarten oder ich lasse für dich meinen Sohn foltern ( = Geißelung ) und dann am Kreuz sterben. Wenn du diesem Vorschlag zustimmst und den Foltertod Jesu akzeptierst, werde ich dich selber von den Qualen der Hölle verschonen."

 

Die spontane Reaktion wäre doch: "Ich will aber nicht, dass ein anderer an meiner Stelle "für mich"  leidet und ich auch  noch dabei zusehen muss, ich will schon selber für mein Tun Verantwortung übernehmen." 

 

du schreibst etwas vom "gerechten Richter" und von der "gerechten Strafe"  und schreibst: "Wir verdienen die Hölle für unsere Sünden".... ich weiß ja jetzt nicht, wie die "Hölle" aktuell, im Jahr 2022 aussieht, ob da auch bestimmte "Modernisierungen" vorgenommen wurden oder ob alles beim Alten geblieben ist: Hölle als Strafort, wo Menschen auf ewig Folterqualen erleiden. Wenn dem so sein sollte, dann muss man aber ganz sachlich und nüchtern feststellen, dass diese Hölle als ein Ort ewiger Folterqualen ( ein Art "himmlisches" Guantanamo ) elementar der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte widerspricht, die 1948 ( ! ), also noch vor dem 2. Vatikanischen Konzil, auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen offiziell verabschiedet wurde. 

 

Dort heißt es in Artikel 5: "Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlungen oder Strafe unterworfen werden."

 

( Auch Artikel 8 und 10 finde ich in diesem Zusammenhang nicht uninteressant....  Anspruch auf wirksamen Rechtsbehelf....

 

Artikel 10: "... jeder hat....bei einer gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Beschuldigung....Anspruch auf ein gerechtes Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht     

 

So wie du das in "kindgerechten" Worten schilderst, habe ich doch erhebliche Zweifel, ob der Richter beim Jüngsten Gericht nicht wegen "Befangenheit" abgelehnt werden müsste. Auch steht das Stafmaß in keinerlei Verhältnis zu den Taten ( = Prinzip der Verhältnismäßgkeit ) 

 

Ich finde es sehr pikant, wenn ausgerechnet sich das "Jüngste Gericht" über rechtliche Mindeststandards einfach hinwegsetzt und wenn elementare Prinzipien der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte schlichtweg ignoriert werden oder direkter: Die Hölle als transzendentes Konzentrationslager wäre dann ein "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und damit ein Fall für den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. 

 

Insgesamt: Die ganze Opfer- / Sühnetheologie ist ja lediglich ein mögliches  Verstehensmodell, Interpretationsmodell unter verschiedenen Modellen, Erklärungsversuchen. Schon im Neuen Testament gibt es in Bezug auf Jesu Sterben am Kreuz ganz unterschiedliche Verstehensmodelle und ich bin keineswegs gezwungen, mich am Modell des "Opfers" und der "Sühne" zu orintieren, vor allem, wenn dieses Verstehensmodell mehr Fragen aufwirft als es erklären möchte.

 

Ich habe keinerlei Probleme, z. B in der Messliturgie entsprechende Gedanken / Bilder mitzuvollziehen ( z. B Agnus Dei ), da dies innerhalb der Messe eben nicht vollkommen isoliert ist, sondern eingebettet in den gesamten Kontext der Messe. 

 

PS 1: Zur Anspielung auf Der Pate, Teil 1: "Ich mache ihm ein Angebot, dass er nicht ablehnen kann" / der Originaltitel heißt "The Godfather"

 

PS 2: Interessant auch, dass bis heute der Vatikan nicht die Erklärung der Menschenrechte unterschrieben hat

 

https://www.katholisch.de/artikel/19912-warum-die-kirche-gegen-die-menschenrechtserklaerung-war

 

 

Ich stelle mir gerade vor, was passieren würde, wenn der Schreiber obiger Zeilen nicht @Cosifantutti hieße.....

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vor 5 Minuten schrieb Die Angelika:

 

Ich stelle mir gerade vor, was passieren würde, wenn der Schreiber obiger Zeilen nicht @Cosifantutti hieße.....

...sondern ????  ( etwas irritiert ..... ) verstehe schlichtweg den Zusammenhang nicht....

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vor 3 Stunden schrieb Cosifantutti:

...sondern ????  ( etwas irritiert ..... ) verstehe schlichtweg den Zusammenhang nicht....

 

Ich sollte nicht laut denken, sorry

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vor 9 Stunden schrieb nannyogg57:

Ich muss auch gestehen, dass ich den Opferbegriff meiner Schüler*innen übernommen habe und nicht den Opferbegriff aus dem alten Opferkult. Wenn ich von Jesus als Opfer spreche, dann in der Weise wie meine Schüler*innen einen anderen als Opfer beschimpfen.

 

Weshalb Du mit diesem Opferbegriff aber bei der Sühneopfererklärung raus bist. Nicht weil Dein Begriff eine schlechte Idee wäre, sie passt einfach nicht zur Erklärtradition Deiner Kirche.

 

vor 9 Stunden schrieb nannyogg57:

Die Kirche hat irgendwo und irgendwann für die Strafe die Hölle, für die Wiedergutmachung das Fegefeuer und für die Vergebung das Bußsakrament definiert. War nicht ganz blöd.

 

Und man darf sich auch gerne fragen, wozu Strafe denn gut sein soll, wenn Gerechtigkeit durch Wiedergutmachung hergestellt wird. Kann nicht wiedergutgemacht werden, wird in der Regel echte Reue um Umkehr als Wiedergutmachung erlebt.

 

Strafe macht nur dort Sinn, wo Reue und Umkehr verweigert werden. (Aktuelles Beispiel, das Strafmaß bei Boris Becker ist deshalb so hoch ausgefallen, weil er komplett uneinsichtig bezüglich seiner Schuld war.)

 

Vergebung ist ein doppelter Prozess, die auf Täterseite echte Reue und Umkehr im Boot hat, auf Opferseite für sie zu dem, was @Angelika inneren Friede nennt. Die beiden Prozesse sind voneinander unabhängig, ihr vollständiger Abschluss auf beiden Seiten Voraussetzung für Versöhnung. Wolfram Soldan hat dazu ein Vergebungsmodell entwickelt, mit dem kann man in Beratung / Therapie arbeiten.

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vor 5 Stunden schrieb Domingo:

Oft wird dem Opfer Vergebung als Notwendigkeit verkauft: Entweder du vergibst, oder du wirst nie heilen. Mir kommt das so vor, als ob man dem Opfer eine Pistole an die Schläfe hielte und ihm sagte, es solle vergeben, sonst...

 

Es ist richtig, dass Heilung tatsächlich ohne Vergebung nicht möglich ist.  Vergebung kann aber nicht erzwungen werden. Die, die dann mit der 'Pistole' kommen haben einfach keine Ahnung, wie man in den Vergebungsprozess überhaupt einsteigen kann: Mit dem Willen abzurechnen, sich den ganzen Schaden anzusehen. Und dann im zweiten Schritt tatsächlich alles auf die Rechnung setzen, sich klarmachen um was es geht. Damit man weiß, was man vergibt.

 

Die meisten versuchen es ohne diese beiden ersten Schritte, das kann garnicht funktionieren.

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