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Theologie in der Krise?


nannyogg57

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Ein Schmankerl vieler Theologen ist das Ausnutzen ihrer Kompetenz für unredliche Argumentationen.

 

Zum Beispiel:

Jemand sagt: "Die Inquisition ein furchtbares Unrecht und kostete im Mittelalter Millionen Frauen qualvoll das Leben."

Die - theologisch toll inspirierte - Gegenargumentation lässt meist nicht auf sich warten.

"Inquisition war eine Verbesserung der Wahrheitsfindung." und

"Inquisition hat mit Hexenwahn kaum etwas zu tun." und

"Der Hexenwahn hatte seinen Schwerpunkt nicht im Mittelalter." und

"Es waren keine Millionen, sondern 50 bis 60tausend."

 

Da nutzt ein theologisch Gebildeter die kirchengeschichtliche Unwissenheit prima aus. Der Kritiker hat keine Chance.

Überzeugt wird der Kritiker allerdings bei solchen Argumentationen nicht. Im Gegenteil: Er empfindet hinterher die Kirche, die Theologie und den Diskussionspartner noch viel unredlicher und kritikwürdiger. Er spürt, dass er mit seiner Kritik nicht ernst genommen wurde, sondern über den Tisch gezogen wurde.

 

Der Sieg des Theologen ist ein Pyrrhus-Sieg. Er mag sich für überlegen halten. Er konnte den Kritiker als nicht-satisfaktionsfähig darstellen.

Aber das ist alles nur Schein und Blendwerk.

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Allerdings halte ich von einem Gebet (Lebensform), die NUR im Dialog mit Gott steht, auch nicht viel.

Nun- nicht jeder ist zum Karthäuser berufen.

 

Es stimmt schon: Normalerweise zeigt sich die Verbundenheit mit Gott (im Gebet und in der Lebensform) in der Verbundenheit mit den Menschen nach dem Wort: "Was ihr dem Geringsten tut, tut ihr Gott."

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Ich kann diese Wertung auch nicht im Ansatz nachvollziehen. Heute braucht Kirche Dialog; Kommunikation; Diskussion. Das wird selbst in diesem Forum verweigert; in der "realen Kirche" erst recht. Das hat weder Substanz noch Potential.

Das sehe ich etwas anders. Fast scheint mir, dass die hohe Geistlichkeit und auch viele kirchliche Gruppen vor lauter Diskussionen, Bischofskonferenzen, Synoden und synodalen Zusammen- und Auseinanderkünften nicht mehr auf den wichtigsten Theologen- Dialog bauen: Nämlich auf das GEBET, den Dialog mit Gott.

 

Wenn man sich unter "Gebet" nicht nur eine Tätigkeit, sondern eine (mit Gott im lebendigen Dialog befindliche) Lebensform vorstellt, finde ich dies als Anregung nicht schlecht.

Allerdings halte ich von einem Gebet (Lebensform), die NUR im Dialog mit Gott steht, auch nicht viel. Wenn der Dialog mit Gott nicht zugleich auch Dialog mit der Wirklichkeit der Welt und des Menschen ist, ist das Gebet leer.

Das Gebet wäre ein Zeugnis für einen weltentrückten Gott.

 

Synodale Beratungen fragen, was Gott von der betroffenen Kirche (in und für die beraten wird) will (oder wie sie dem Anspruch des Evangeliums gerecht werden kann, über die Formulierung kann man trefflich streiten) - das ist auch eine Form von Gebet, insofern warne ich davor, hier einen Widerspruch zu konstruieren. Jeder Beratungsvorgang in der Kirche ist (oder sollte sein) gemeinsames Gebet im Vertrauen darauf, dass Gott auch durch einen anderen zu mir sprechen kann. Nicht zufällig betont die Benediktsregel, dass man besonders dem Jüngsten und dem Ältesten zuhören solle.

 

Leider gehen Beratungsvorgänge in der Kirche oft einen anderen Weg: Der Obere (sei er Pfarrer, Bischof oder Papst, Ordensoberer oder Ordensobere) glaubt zu wissen, was richtig ist, und geht wenig offen für andere Sichtweisen in die Beratung, weil die nun einmal vorgeschrieben ist. Ernsthaftes zuhören, bedenken und dann auf neuer Grundlage neu zu entscheiden wird schnell als Schwäche des Oberen oder Sieg des Gremiums verstanden.

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Die Schwäche der Theologie ist eine Teilmenge der Schwäche der Kirche.

Einer der folgenreichsten Schwachpunkte ist ein abstruser Umgang mit "Tradition",

der sich daraus ergibt, dass man ältere Denkweisen nicht ablegen will, auch wenn sie als fatal, unmoralisch, unlogisch oder verlogen erwiesen haben.

Im Gegenteil: Man versucht sie zu rechtfertigen, den tiefen Sinn in ihnen zu finden, sie "im Lichte" späterer Erkenntnisse zu deuten, bis sie fast schon wieder gut aussehen.

Fehler - und zwar selbst massivste Fehler - werden nur verhalten kritisiert ... um dann mit den alten Fehlern weiterzumachen.

Da wird nicht alter Schrott ausrangiert, sondern man verpasst ihm einen neuen Goldanstrich und benutzt ihn weiterhin.

Nicht einmal richtig distanzieren tut man sich.

 

Wenn ich zum Beispiel in kirchengeschichtlichen Werken lese, dass die Kirche nur für 50-60tausend Hexenmorde verantwortlich sei, während der allergrößte Teil der Hexenmorde spontane Lynchprogrome waren, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Da hat man einen gigantischen wissenschaftlichen Aufwand betrieben, der eine Schadensbegrenzung auf 50000-60000 Morde suggerieren soll.

Aber ist die Kirche denn schuldlos an dem "allergrößten" Teil? Wer hat denn all die hetzerischen Denkweisen gepflegt, wer hat denn die Angst vor Dämonen, Sukkubi und Inkubi im Volk geschürt? Wer hat denn den Hexenhammer mit einer Hexenbulle ins Recht gerückt und dann Jahrhunderte lang dieses Machwerk geduldet? Wer hat denn die Folter als legitimes Mittel von Wahrheitsfindung in das christliche Denken etabliert? Die Schadensbegrenzung ist höchst schwächlich. Und die Kirche ist für weitaus mehr Untaten des Hexenwahns verantwortlich bzw. mitverantwortlich, als es die 50-60tausend angeben kann.

 

Das Argument, dass der "allergrößte Teil" der Untaten nicht von der Kirche verantwortet werden muss, wendet sich ins Gegenteil. Denn es bedeutet: Für den allergrößten Teil der Hexenmorde verweigert die Kirche die Verantwortung. Der "allergrößte Teil" lässt vermuten, dass es sich um Hunderttausende dreht. Aber noch schlimmer, als die nüchternen Zahlen, ist die von der Kirche geprägte Gesamtatmosphäre. Die Meinung, man könne und müsse Menschen bestialisch quälen und ermorden, wie es Gott nun mal bestimmt habe. Viele Predigten hatten die alttestamentliche Strafmoral propagiert. Und an das Wort Gottes müsse man sich nun mal halten. Und strafen, foltern, quälen, schikanieren und morden - deus vult.

 

Das furchtbare Versagen der Kirche wird häufig beschönigt, statt dass man es anerkennt und sich fragt, wo es in der heutigen Zeit seine Fortsetzung findet und wie man etwas gegen diese Fortsetzung tun kann. Die biblischen Quellen, mit denen diese Gräuel damals gerechtfertigt wurden, bleiben weitgehend unangetastet. Auch sie werden beschönigt, anstatt bereinigt. Das ist dann Theologie vom Feinsten.

 

Wie viel liest denn ein Theologe in seinem Theologiestudium über die unseligen Auswirkungen biblischer und kirchenväterlicher und konziliarer und päpstlicher Auswirkungen?

Wie oft liest der Theologe über den Skandal, dass sich das Hexenzeit-Konzil mit diesen furchtbaren Zuständen gar nicht befasst hat?

Mach es, wie die Sonnenuhr, zähl die schönen Stunden nur. Und:

Always look on the bright side of life. Der Song ist eine prima Charakterisierung einer sehr gängigen Theologieform.

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iner der folgenreichsten Schwachpunkte ist ein abstruser Umgang mit "Tradition", der sich daraus ergibt, dass man ältere Denkweisen nicht ablegen will, auch wenn sie als fatal, unmoralisch, unlogisch oder verlogen erwiesen haben.

Da haben manche einen anderen Eindruck. Ein Pfarrer, Dechant meinte vor Jahren mal zu Pfingsten in Anspielung auf die Änderungen durch das 2. vatikanische Konzil: Wenn jemand der vor 50 Jahren verstorben ist in die Kirche heute kommt- der würde meinen, nicht mehr in einer katholischen Kirche zu sein. Diese Äußerung ist ein Indiz, dass man "ältere Denkweisen" sehr wohl abgelegt hat- ja sogar einen Traditionsglaubensgutausverkauf betrieben hat. Manche Gegenreaktionen sind bekannt.

bearbeitet von Mariamante
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Das furchtbare Versagen der Kirche wird häufig beschönigt, statt dass man es anerkennt und sich fragt, wo es in der heutigen Zeit seine Fortsetzung findet und wie man etwas gegen diese Fortsetzung tun kann.

 

Da die Kirche heute versagt- und die Leute ihr scharenweise davon laufen (äußerer Anlaß sind allerdings die Unglaubwürdigkeit, die sich in verschiedenen Formen des Missbrauchs manisfestiert) ist die Beschäftigung mit Inquisition, Hexenverfolgung, Kreuzzügen in vergangenen Zeiten vielleicht weniger fruchtbar. Die Ursachen des Glaubenschwundes auch durch eine minimalistische Glaubensverkündigung und Anpassung an die Welt (Materialismus, Konsumismus) heute wahr zu nehmen, halte ich für wichtiger, um eine Theologie des Glaubens und nicht eine Theologie des Zerredens oder der hypnotischen Beschäftigung mit vergangenen Zeiten zu konzipieren.

bearbeitet von Mariamante
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Synodale Beratungen fragen, was Gott von der betroffenen Kirche (in und für die beraten wird) will (oder wie sie dem Anspruch des Evangeliums gerecht werden kann, über die Formulierung kann man trefflich streiten) - das ist auch eine Form von Gebet, insofern warne ich davor, hier einen Widerspruch zu konstruieren. Jeder Beratungsvorgang in der Kirche ist (oder sollte sein) gemeinsames Gebet im Vertrauen darauf, dass Gott auch durch einen anderen zu mir sprechen kann. Nicht zufällig betont die Benediktsregel, dass man besonders dem Jüngsten und dem Ältesten zuhören solle.

 

 

Leider gehen Beratungsvorgänge in der Kirche oft einen anderen Weg: Der Obere (sei er Pfarrer, Bischof oder Papst, Ordensoberer oder Ordensobere) glaubt zu wissen, was richtig ist, und geht wenig offen für andere Sichtweisen in die Beratung, weil die nun einmal vorgeschrieben ist. Ernsthaftes zuhören, bedenken und dann auf neuer Grundlage neu zu entscheiden wird schnell als Schwäche des Oberen oder Sieg des Gremiums verstanden.

 

Dein erster Abschnitt beschreibt ein Ideal, Dein zweiter Abschnitt eine gescheiterte Praxis.

 

Theologie wäre nun im Angesicht dieser Differenz:

1. Eine Durchleuchtung des Ideals

2. Ein Feststellen der Differenz

3. Suche nach den Gründen für diese Differenz auf beiden (Ideal/Real) Ebenen

4. Entwerfen eines Vorschlages, wie man Praxis und Ideal aneinander annähern kann.

 

Meist hapert es in der Theologie in den ersten drei Punkten. Und damit kommt man auch im vierten Punkt zu unbrauchbaren Vorschlägen. Weder klärt sich das Ideal, noch erkennt man die Tragweite der Differenz, noch macht man sich auf die Suche nach den Gründen - ausgenommen die Suche nach Ausreden: Da ist man prima dabei. Ein Vorschlag, der auf diese Weise grundgelegt hat, kann nicht viel taugen.

 

Also geht man über zu Punkt 5: Dem Scheitern der Bemühungen.

Das Scheitern MUSS ja zwangsläufig in der Exekutive liegen, also auf keinen Fall bei der verfehlten und beschönigenden Theologie, sondern bei den blöden Synodal-Personen, die den genialen Vorschlag eben nicht richtig realisieren.

 

Diese Vorgehensweise kannst Du (in abstrahierter Form) auch in diesem Thread finden.

Schuld ist natürlich nicht die unbrauchbare Theologie,

Schuld sind die Priester, Religionspädagogen oder sonstige Blödiane in der Praxis.

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DU bist der "Ingenieur" der u.a. mit Hilfe der "Quantenphysik" den "CD-Player" entwickelt, damit Leute wie ich "Musik hören" können.

Ein Ingenieur, der nur eine verkorkste Physik hat, bringt eben nur verkorkste Produkte hervor: Brücken, die einstürzen, Kraftwerke, die nicht einmal Batteriestromstärke erzeugen, CD-player, die nicht funktionieren.

Kein Ingenieur kann mit den Wissenschaftsergebnissen der Antike und des Mittelalters ein Auto, einen Computer oder einen CD-Player konstruieren.

 

 

Mecky, offensichtlich gefällt Dir die Lehre nicht. Die Lehre, die zu verkünden Du gelobt hast (und u.a. Deinem Bischof zu gehorchen). Eine andere wird's nicht geben. Also ehrlich: ich würde daraus persönliche Konsequenzen ziehen. In so einem Gewissenskonflikt könnte ich nicht glücklich werden.

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Ein Pfarrer, Dechant meinte vor Jahren mal zu Pfingsten in Anspielung auf die Änderungen durch das 2. vatikanische Konzil: Wenn jemand der vor 50 Jahren verstorben ist in die Kirche heute kommt- der würde meinen, nicht mehr in einer katholischen Kirche zu sein.

Naja, wenn Petrus heute zurückkäme oder vor 100 Jahrebn zurückgekommen wäre, würde er sich verwundert die Augen reiben und sagen: Was hat denn das alles mit dem zu tun, was wir damals gemacht haben?

 

Werner

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Ein Interview, das Mecky in Vielem gefallen dürfte (mir gefällts auch teilweise): http://www.tagesanzeiger.ch/leben/gesellschaft/gott-verreckt-am-kirchensprech/story/13414802

Ja, der Artikel sagt mir was.

 

Allerdings halte ich den Titel "Gott verreckt am Kirchensprech" äußerst unpassend.

Erstens "verreckt" nicht Gott, sondern die Kirche.

Zweitens hat sich der Autor mit der Wortwahl "verreckt" keinen Gefallen getan.

Drittens der Kirchensprech ist ein Oberflächenproblem.

 

Ich habe von Erik Flügge ein Youtube-Video gesehen, wo er auf dem Kirchentag in Leipzig über die Sprechgewohnheiten in der Kirche spricht. Sein Urteil ist vernichtend - auch wenn er erwähnt, dass es glanzvolle Gegenbeispiele gibt.

Gewiss hat er Recht: Der "Pfarrerston" ist nervig. Aber wenn man ihn durch eine korrekte Aussprache ersetzt, wird die Kirche dadurch nicht sonderlich saniert.

 

In dem verlinkten Artikel geht er allerdings erheblich weiter.

Wenn jemand eine Systemsprache pflege, bei der Adressierung an die Menschen versagt, ist es nicht damit getan, ein paar kleinere Stellschrauben zu drehen.

Wie wahr, wie wahr.

Flügge schlägt vor, anderes Personal zu rekrutieren und die theologische Ausbildung zu ändern.

 

Da hat er irgendwie Recht (auch wenn es sehr hart formuliert ist). Aber wie soll denn dieser Personalaustausch vonstatten gehen? Und was wird aus dem alten Personal? Und woher soll denn das neue Personal kommen?

Und auch die "theologische Ausbildung ändern" ist sehr schwammig. Gut - er erklärt dann noch einiges im weiteren Text. Aber insgesamt halte ich seine Anliegen für nicht realisierbar.

 

Nicht realisierbar.

Ein gutes Stichwort. Ich würde seinen Titel gerne eine wenig verändern. Dann heißt es:

"Die Kirche geht an ihrer menschenfernen Sprache und ihrer Unfähigkeit zur Selbstkritik, ihrer Lernunfähigkeit und Vergangenheitsfixierung unaufhaltsam zu Grunde."

Zumindest mal in Deutschland. Mitteleuropa. Nordamerika.

 

Was nach wenigen Jahrzehnten von der Kirche bleibt, wird eine kleine unbedeutende Sekte mit höchst fragwürdigen Lehren sein.

 

Ein treffendes Bild für den Zustand der Kirche finde ich in den Klageliedern, erstes Kapitel:

 

1 Weh, wie einsam sitzt da / die einst so volkreiche Stadt. Einer Witwe wurde gleich / die Große unter den Völkern. Die Fürstin über die Länder / ist zur Fron erniedrigt.

...

6 Gewichen ist von der Tochter Zion / all ihre Pracht.Ihre Fürsten sind wie Hirsche geworden, / die keine Weide finden. Kraftlos zogen sie dahin / vor ihren Verfolgern.

7 Jerusalem denkt an die Tage / ihres Elends, ihrer Unrast, an all ihre Kostbarkeiten, / die sie einst besessen, als ihr Volk in Feindeshand fiel / und keiner ihr beistand. Die Feinde sahen sie an, / lachten über ihre Vernichtung.

8 Schwer gesündigt hatte Jerusalem, / deshalb ist sie zum Abscheu geworden. All ihre Verehrer verachten sie, / weil sie ihre Blöße gesehen. Sie selbst aber seufzt / und wendet sich ab (von ihnen).

 

Im alten Gotteslob wurde der letzte Satz (zumindest in meiner Erinnerung) übersetzt: "Sie selbst aber wendet sich seufzend rückwärts."

 

Vorwärts Kameraden, wir müssen zurück!

Und daran werden die von Flügge vorgeschlagenen Retuschen nichts ändern.

Und die hilflose und verworrene Theologie wird nichts daran ändern. Sie hat doch kaum tragfähige Antworten zu bieten. Sie erreicht niemanden mehr, begeistert kaum noch jemanden und kann die Schandtaten der biblischen und kirchlichen Vergangenheit nicht einmal mehr glaubwürdig übertünchen.

Die Analyse Flügges ist ebenso hilflos, wie die ganzen Schönredereien der Exegese und Kirchenhistorie und die ganzen weltentrückten Erklärungen in der Dogmatik, Religionsphilosophie. Ebenso hilflos wie alle moraltheologischen und kirchenrechtlichen Flickversuche: Dies alles wird mehr und mehr zur Abschreckung von der Kirche, statt zu einer Hilfe.

 

Der Karren steckt bereits so tief im Dreck, dass man sich nur noch fragen kann, wie man die zukünftige Sektenkultur prägen will.

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Theologie wäre nun im Angesicht dieser Differenz:

1. Eine Durchleuchtung des Ideals

2. Ein Feststellen der Differenz

3. Suche nach den Gründen für diese Differenz auf beiden (Ideal/Real) Ebenen

4. Entwerfen eines Vorschlages, wie man Praxis und Ideal aneinander annähern kann.

 

ad 1) Theologie hat da durchaus schon angefangen, bei Bedarf kann ich Dir einige Literaturhinweise geben. Ich habe es allerdings aus pragmatischen Gründen sehr knapp zusammengefasst.

ad 2) Das ist wenig problematisch, um nicht zu sagen offensichtlich. Es gibt allerdings auch gelungene Gegenbeispiele, die man anführen sollte zB die Beratungsmodalitäten des Generalkapitels der SSpS).

ad 3) Eine Differenz auf den beiden Ebenen (Ideal/Real) vermag ich nicht zu erkennen, zwischen den beiden Ebenen durchaus. Eine Ursache habe ich benannt: Eine falsche Vorstellung von Leitung und Beratung in der Kirche. Grundlegender kann man von fehlender Organisationskompetenz sprechen. Daneben steht das klassische Bild, Gebet sei etwas, dass der Einzelne alleine vor oder mit Gott treibt, und dies sei wichtiger oder würdiger und vor allem etwas ganz anderes als Beratungsprozesse.

ad 4) Auch in aller Knappheit nur ein paar Andeutungen: Es braucht ein vertieftes Verständnis von Kollegialität und Synodalität. Das ist einerseits eine Frage theologischer Bildung. Jeder Pfarrgemeinderat bekommt zu Beginn seiner Tätigkeit Hinweise, wie er zu tagen habe, was er darf und was nicht, für was er zuständig ist und für was nicht. Aber eine Katechese, was dieses Gremium denn im Kern ist, die fehlt. Die Formulierung einer solchen wäre auch eine prima Gelegenheit für den Pfarrer, sich dessen selbst zu vergewissern. Weiterhin braucht es ein Einüben in solche Prozesse - wie alle geistlichen Vorgänge braucht das sowohl Zeit als auch Reflektion und Begleitung, es braucht aber auch Strukturierung. Da von mir schon zitierte Generalkapitel der SSpS (auch als Steyler Schwestern bekannt) tagt nicht in pleno, sondern beginnt die Beratungen in kleine Gruppen, die zunächst die Bibel miteinander teilen (der Text wird nicht von der Sitzungsleitung bestimmt) und versuchen, ausgehend von diesem Text (ich setze Bibelteilen als bekannt voraus) auf die an diesem Tag anstehenden Beratungsfragen Antworten zu finden. Sie bestimmen eine Sprecherin, die das dann zusammen mit anderen Sprecherinnen weiter berät, indem sie ihre Überlegungen einander vorstellen. Daraus entwickelt sich erstaunlicherweise ein Konsens, auch wenn es bis zu diesem dauern kann. Derartige synodale Beratung hat liturgischen Charakter, und es braucht Zeit, sich da hinein zu leben.

 

 

 


Also geht man über zu Punkt 5: Dem Scheitern der Bemühungen.

 

Das Scheitern MUSS ja zwangsläufig in der Exekutive liegen, also auf keinen Fall bei der verfehlten und beschönigenden Theologie, sondern bei den blöden Synodal-Personen, die den genialen Vorschlag eben nicht richtig realisieren.

 

MUSS es keineswegs - KANN es durchaus.

 

Richtig, was ich hier darlege ist das Ergebnis auch meiner theologischen Arbeit. Es ist am Schreibtisch entstanden und mir fehlt jede Möglichkeit, das in der Praxis zu versuchen. Ich habe kein Amt in der Kirche, ich bin im synodalen Sinne nirgends Teil eines Beratungsverfahrens, ich berate bestenfalls in 1 zu 1 Settings, das ist aber etwas anderes.

 

Es ist auch kein Vorschlag, den man mal eben so umsetzen kann, keine Blaupause, die nur noch auszuführen wäre. Es ist eher so wie eine liturgiewissenschaftliche Arbeit zu Gottesdiensträumen. Ich nenne einmal Stichworte wie Ellipsenmodell, Wegekirchen, Parlamentsbestuhlung, Tisch des Wortes - Tisch des Brotes und was es so alles an guten und weniger guten Ideen gibt. Ich kann über den Ort des Tabernakels, die Funktionen der Geräte und des Mobiliars bis hin zu geeigneter Kleidung der Liturgen reflektieren - mit den Ergebnissen kann ich prima eine Tagung für liturgisch Interessierte ausrichten - eine Kirche oder auch nur eine Kapelle kann ich damit nicht bauen. Denn das Bauunternehmen will nichts über die geistliche Bedeutung des Altares hören, sondern platt wissen, wo man wie tief buddeln soll und was danach zu tun ist.

 

Ja, am Ende bleibt die Umsetzung denen aufgetragen, die man auch manchmal als Bodenpersonal bezeichnet. Wie jede theologische Erkenntnis und jeder derartige Vorschlag. Wer sonst sollte es tun? Auch wenn ich es bekanntlich nicht für sinnvoll hielte so könnte die Theologie anregen, die Sintflutgeschichte aus den Lektionaren zu streichen und an deren Stelle etwas anderes zu nehmen Ps 139 hat man ja ein wenig geschönt! Damit wäre die Arbeit der Theologie auch beendet. Es ist dann Sache der Kirchenleitung, das umzusetzen, und danach müssen die Pfarreien neue Lektionare kaufen, manche Predigten und Kindergottesdienstentwürfe wären in der Folge nicht mehr verwendbar. Das wäre keine Katastrophe - aber die daraus resultierende Arbeit bliebe an den Arbeitern an der Basis hängen.

 

Mir scheint, ich wiederhole mich, wenn ich auf die Grenzen der akademischen Theologie hinweise: Sie kann keine Patentrezepte formulieren. "Zur lebendigen Pfarre in 10 Schritten!" klingt nett, geht aber nicht. "Gut predigen für Dummies" - das ginge schon eher. Den Versuch der Patentrezepte gibt es dabei durchaus, das nennt man dann Pastoralplan.

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Ein Interview, das Mecky in Vielem gefallen dürfte (mir gefällts auch teilweise): http://www.tagesanzeiger.ch/leben/gesellschaft/gott-verreckt-am-kirchensprech/story/13414802

Ja, der Artikel sagt mir was.

 

Allerdings halte ich den Titel "Gott verreckt am Kirchensprech" äußerst unpassend.

Erstens "verreckt" nicht Gott, sondern die Kirche.

Zweitens hat sich der Autor mit der Wortwahl "verreckt" keinen Gefallen getan.

Drittens der Kirchensprech ist ein Oberflächenproblem.

 

Ich habe von Erik Flügge ein Youtube-Video gesehen, wo er auf dem Kirchentag in Leipzig über die Sprechgewohnheiten in der Kirche spricht. Sein Urteil ist vernichtend - auch wenn er erwähnt, dass es glanzvolle Gegenbeispiele gibt.

Gewiss hat er Recht: Der "Pfarrerston" ist nervig. Aber wenn man ihn durch eine korrekte Aussprache ersetzt, wird die Kirche dadurch nicht sonderlich saniert.

 

In dem verlinkten Artikel geht er allerdings erheblich weiter.

Wenn jemand eine Systemsprache pflege, bei der Adressierung an die Menschen versagt, ist es nicht damit getan, ein paar kleinere Stellschrauben zu drehen.

Wie wahr, wie wahr.

Flügge schlägt vor, anderes Personal zu rekrutieren und die theologische Ausbildung zu ändern.

 

Da hat er irgendwie Recht (auch wenn es sehr hart formuliert ist). Aber wie soll denn dieser Personalaustausch vonstatten gehen? Und was wird aus dem alten Personal? Und woher soll denn das neue Personal kommen?

Und auch die "theologische Ausbildung ändern" ist sehr schwammig. Gut - er erklärt dann noch einiges im weiteren Text. Aber insgesamt halte ich seine Anliegen für nicht realisierbar.

 

Nicht realisierbar.

Ein gutes Stichwort. Ich würde seinen Titel gerne eine wenig verändern. Dann heißt es:

"Die Kirche geht an ihrer menschenfernen Sprache und ihrer Unfähigkeit zur Selbstkritik, ihrer Lernunfähigkeit und Vergangenheitsfixierung unaufhaltsam zu Grunde."

Zumindest mal in Deutschland. Mitteleuropa. Nordamerika.

 

Was nach wenigen Jahrzehnten von der Kirche bleibt, wird eine kleine unbedeutende Sekte mit höchst fragwürdigen Lehren sein.

 

Ein treffendes Bild für den Zustand der Kirche finde ich in den Klageliedern, erstes Kapitel:

 

1 Weh, wie einsam sitzt da / die einst so volkreiche Stadt. Einer Witwe wurde gleich / die Große unter den Völkern. Die Fürstin über die Länder / ist zur Fron erniedrigt.

...

6 Gewichen ist von der Tochter Zion / all ihre Pracht.Ihre Fürsten sind wie Hirsche geworden, / die keine Weide finden. Kraftlos zogen sie dahin / vor ihren Verfolgern.

7 Jerusalem denkt an die Tage / ihres Elends, ihrer Unrast, an all ihre Kostbarkeiten, / die sie einst besessen, als ihr Volk in Feindeshand fiel / und keiner ihr beistand. Die Feinde sahen sie an, / lachten über ihre Vernichtung.

8 Schwer gesündigt hatte Jerusalem, / deshalb ist sie zum Abscheu geworden. All ihre Verehrer verachten sie, / weil sie ihre Blöße gesehen. Sie selbst aber seufzt / und wendet sich ab (von ihnen).

 

Im alten Gotteslob wurde der letzte Satz (zumindest in meiner Erinnerung) übersetzt: "Sie selbst aber wendet sich seufzend rückwärts."

 

Vorwärts Kameraden, wir müssen zurück!

Und daran werden die von Flügge vorgeschlagenen Retuschen nichts ändern.

Und die hilflose und verworrene Theologie wird nichts daran ändern. Sie hat doch kaum tragfähige Antworten zu bieten. Sie erreicht niemanden mehr, begeistert kaum noch jemanden und kann die Schandtaten der biblischen und kirchlichen Vergangenheit nicht einmal mehr glaubwürdig übertünchen.

Die Analyse Flügges ist ebenso hilflos, wie die ganzen Schönredereien der Exegese und Kirchenhistorie und die ganzen weltentrückten Erklärungen in der Dogmatik, Religionsphilosophie. Ebenso hilflos wie alle moraltheologischen und kirchenrechtlichen Flickversuche: Dies alles wird mehr und mehr zur Abschreckung von der Kirche, statt zu einer Hilfe.

 

Der Karren steckt bereits so tief im Dreck, dass man sich nur noch fragen kann, wie man die zukünftige Sektenkultur prägen will.

 

Vertrauen in den Hl Geist sieht anders aus

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Vertrauen in den Hl Geist sieht anders aus

Vergelts Gott für den Hinweis. Der Karren der Kirche sah schon sehr oft total verfahren aus- ob zur Zeit der Christenverfolgungen oder zur Zeit der Gegenpäpste. Eine Theologie des Vertrauens wäre notwendig die uns zeigt, dass nicht die Theologen, die Kirchenmänner oder sonst jemand das Leben der Kirche ausmacht, sondern der Heilige Geist. Und gerade wenn es menschlich gesehen gescheitert und aussichtslos aussieht (wie z.B. bei der Passion Jesu) naht die Auferstehung.

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Long John Silver

 

 

Ein Interview, das Mecky in Vielem gefallen dürfte (mir gefällts auch teilweise): http://www.tagesanzeiger.ch/leben/gesellschaft/gott-verreckt-am-kirchensprech/story/13414802

Ja, der Artikel sagt mir was.

 

Allerdings halte ich den Titel "Gott verreckt am Kirchensprech" äußerst unpassend.

Erstens "verreckt" nicht Gott, sondern die Kirche.

Zweitens hat sich der Autor mit der Wortwahl "verreckt" keinen Gefallen getan.

Drittens der Kirchensprech ist ein Oberflächenproblem.

 

Ich habe von Erik Flügge ein Youtube-Video gesehen, wo er auf dem Kirchentag in Leipzig über die Sprechgewohnheiten in der Kirche spricht. Sein Urteil ist vernichtend - auch wenn er erwähnt, dass es glanzvolle Gegenbeispiele gibt.

Gewiss hat er Recht: Der "Pfarrerston" ist nervig. Aber wenn man ihn durch eine korrekte Aussprache ersetzt, wird die Kirche dadurch nicht sonderlich saniert.

 

In dem verlinkten Artikel geht er allerdings erheblich weiter.

Wenn jemand eine Systemsprache pflege, bei der Adressierung an die Menschen versagt, ist es nicht damit getan, ein paar kleinere Stellschrauben zu drehen.

Wie wahr, wie wahr.

Flügge schlägt vor, anderes Personal zu rekrutieren und die theologische Ausbildung zu ändern.

 

Da hat er irgendwie Recht (auch wenn es sehr hart formuliert ist). Aber wie soll denn dieser Personalaustausch vonstatten gehen? Und was wird aus dem alten Personal? Und woher soll denn das neue Personal kommen?

Und auch die "theologische Ausbildung ändern" ist sehr schwammig. Gut - er erklärt dann noch einiges im weiteren Text. Aber insgesamt halte ich seine Anliegen für nicht realisierbar.

 

Nicht realisierbar.

Ein gutes Stichwort. Ich würde seinen Titel gerne eine wenig verändern. Dann heißt es:

"Die Kirche geht an ihrer menschenfernen Sprache und ihrer Unfähigkeit zur Selbstkritik, ihrer Lernunfähigkeit und Vergangenheitsfixierung unaufhaltsam zu Grunde."

Zumindest mal in Deutschland. Mitteleuropa. Nordamerika.

 

Was nach wenigen Jahrzehnten von der Kirche bleibt, wird eine kleine unbedeutende Sekte mit höchst fragwürdigen Lehren sein.

 

Ein treffendes Bild für den Zustand der Kirche finde ich in den Klageliedern, erstes Kapitel:

 

1 Weh, wie einsam sitzt da / die einst so volkreiche Stadt. Einer Witwe wurde gleich / die Große unter den Völkern. Die Fürstin über die Länder / ist zur Fron erniedrigt.

...

6 Gewichen ist von der Tochter Zion / all ihre Pracht.Ihre Fürsten sind wie Hirsche geworden, / die keine Weide finden. Kraftlos zogen sie dahin / vor ihren Verfolgern.

7 Jerusalem denkt an die Tage / ihres Elends, ihrer Unrast, an all ihre Kostbarkeiten, / die sie einst besessen, als ihr Volk in Feindeshand fiel / und keiner ihr beistand. Die Feinde sahen sie an, / lachten über ihre Vernichtung.

8 Schwer gesündigt hatte Jerusalem, / deshalb ist sie zum Abscheu geworden. All ihre Verehrer verachten sie, / weil sie ihre Blöße gesehen. Sie selbst aber seufzt / und wendet sich ab (von ihnen).

 

Im alten Gotteslob wurde der letzte Satz (zumindest in meiner Erinnerung) übersetzt: "Sie selbst aber wendet sich seufzend rückwärts."

 

Vorwärts Kameraden, wir müssen zurück!

Und daran werden die von Flügge vorgeschlagenen Retuschen nichts ändern.

Und die hilflose und verworrene Theologie wird nichts daran ändern. Sie hat doch kaum tragfähige Antworten zu bieten. Sie erreicht niemanden mehr, begeistert kaum noch jemanden und kann die Schandtaten der biblischen und kirchlichen Vergangenheit nicht einmal mehr glaubwürdig übertünchen.

Die Analyse Flügges ist ebenso hilflos, wie die ganzen Schönredereien der Exegese und Kirchenhistorie und die ganzen weltentrückten Erklärungen in der Dogmatik, Religionsphilosophie. Ebenso hilflos wie alle moraltheologischen und kirchenrechtlichen Flickversuche: Dies alles wird mehr und mehr zur Abschreckung von der Kirche, statt zu einer Hilfe.

 

Der Karren steckt bereits so tief im Dreck, dass man sich nur noch fragen kann, wie man die zukünftige Sektenkultur prägen will.

 

Vertrauen in den Hl Geist sieht anders aus

 

 

 

Oh ja.

 

Aber Vorsicht mit solchen Hinweisen - sonst macht Mecky das naechste Fass und und bringt den Heiligen Geist auf die Anklagebank. Dann geht es aber richtig rund, wenn mit diesem totalen Versager Schlitten gefahren wird.

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Die Zensur biblischer Texte ist ja keineswegs auf dem Nullpunkt. Sehr viele biblische Texte sind in der Leseordnung schlichtweg nicht vorhanden. Oder man hat biblische Texte gekürzt und dabei bestimmte Teile weggelassen. Zu diesen aussortierten Stellen zählen langweilige Geschlechtsregister, aber auch viele Brutalo-Stellen. Glücklicherweise ist die Bibel so umfangreich und den meisten Gläubigen dermaßen unbekannt, dass diese Zensur gar nicht auffällt.

 

Dafür bin ich zunächst einmal dankbar. Gut so. Aber dieses Vorgehen betrifft nur die liturgische Praxis. Der Hintergrund bleibt bestehen: So manche entsetzliche Stelle steht dennoch weiterhin in der Bibel und vermag weiterhin ihr Unwesen zu verbreiten.

 

Und das genügt nicht. Denn auch die übernommenen Texte sind teilweise völlig unverständlich. Einen wilden Römerbrieftext kann man beim Zuhören zum Beispiel kaum verfolgen. Nicht nur die Sprache ist da ein Problem, sondern die nur schwer verständliche Denkweise. Oder die Verwirrung, wenn man an einem Sonntag hört, wie sich Paulus für weibliche Mitarbeiter einsetzt - und bald darauf hört man, dass die Frau den Mund halten soll. Das Wort "Deuteropaulinen" können die Leute nicht einmal korrekt nachsprechen, geschweige denn, dass sie wissen, was das sein soll. Die Verpflichtung der Gottesdienstbesucher auf dementsprechende exegetische Kenntnisse halte ich für völlig illusorisch. Dafür gibt es zu viele solcher Erkenntnisse, zu komplizierte Erkenntnisse und zu viel widersprechende Erkenntnisse.

 

Was in der Leseordnung überhaupt nicht vorgesehen ist, sind eingängige nachbiblische Texte. Wie gesagt: Würde man Alfons' Exzerpt von Zengers Sintflutinterpretation literarisch bearbeiten und in die Leseordnung anstelle der originalen Sintflutstory einsetzen, hätten die Leute was davon. Das Problem des Originaltextes, der einen brutalen, ungerechten und seelenlosen Mördergott vorstellt, würde in einer verständlichen Form den Leuten vorgestellt. Wenn Zenger die ganze Sintflutungeheuerlichkeit als furchtbare Menschenangst (und nicht als Realaussage über Gott) ansieht, dann sollte man das auch so schreiben. Denn der Bibeltext spricht eine ganz andere Sprache und trifft andere Aussagen. Da steht nirgendwo was davon, dass das nur eine Befürchtung sei, die man nun mythisch aufgriffe. Zengers Text ist dem Bibeltext weit voraus - hat allerdings auch nicht viel mit ihm zu tun. Die theologisch unredlichen exegetischen Klimmzüge, die notwendig sind, um die Zengerinterpretation auf den Bibeltext zu beziehen, sind nicht nur unglaubwürdig, sondern wieder mal eine gigantische Anstrengung, aus der nicht viel herausspringt. Allein schon Alfons' Exzerpt enthält spürbar mehr Wort Gottes, als der Bibeltext der Sintflutstory. Die Interpretation ist schon in der schnell geschriebenen Alfons-Fassung auch literarisch deutlich besser, als der Bibeltext. Man kann Alfons' Ausführungen folgen und wird auf realistische, moralisch auch vertretbare Themen gelenkt, die den Hörer an das Geheimnis Gottes heranführen.

 

Würde man so verfahren, hätte Theologie auch einen greifbaren Effekt. Da wäre dann die Nutzanwendung der Theologie sicht- und vor allem hörbar. Ein Text, der schon beim Zuhören die Menschen zu Gott hinführt, anstatt sie mit einem widerlichen Tyrannen zu konfrontieren. Dann sähe man auch, wozu man Exegese betreibt. Nicht nur für einen kleinen Kreis exegetisch gebildeter und ideologisch verblendeter Gelehrter, sondern für jeden Hörer dieser Botschaft.

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Die Zensur biblischer Texte ist ja keineswegs auf dem Nullpunkt.

 

Wenn zwei den gleichen Text lesen, haben sie oft völlig unterschiedliche Vorstellungen. In gewissem Sinne übt jeder- auch der Bibelleser- eine Form der "Zensur" und sieht vieles auf je eigene Weise. Daher ist es - außer für Phantasietheologen- gut, dass es ein Lehramt gibt.

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...

Vertrauen in den Hl Geist sieht anders aus

Oh ja. Aber Vorsicht mit solchen Hinweisen - sonst macht Mecky das naechste Fass und und bringt den Heiligen Geist auf die Anklagebank. Dann geht es aber richtig rund, wenn mit diesem totalen Versager Schlitten gefahren wird.

 

Nein, ich setze nicht den Heiligen Geist auf die Anklagebank. Wie kommst Du denn auf so was? Das scheint mir eine eher haltlose Unterstellung zu sein, mit der Du illustrieren willst, dass Kritik vor nichts halt mache.

 

Allerdings habe ich einige Kritik an der Umgangsform mit dem Heiligen Geist. Wenn ich sage, dass die Kirche (in Mitteleuropa...) dem unausweichlichen Untergang geweiht ist, ist das kein Mangel an Vertrauen in den Heiligen Geist.

Dies gilt noch einmal verschärft, da ich die Klagelieder zitiert habe. Der Heilige Geist wirkt nicht in der Weise, dass er Juda vor dem babylonischen Exil bewahrt hätte. Er wirkt auch nicht in der Weise, dass er Jesus vor der Kreuzigung bewahrt hätte.

 

Und er wirkt auch nicht so, dass er die Kirche vor ihrem Niedergang bewahren würde.

 

Die Behauptung, dass die Voraussicht des kirchlichen Niedergangs einem mangelnden Gottvertrauen entspränge, ist Unfug.

 

Die Behauptung, dass uns der Heilige Geist nur im Erfolg beistehe dagegen, halte ich für ziemlich fragwürdig. Steht uns der Heilige Geist im Niedergang, im babylonischen Exil, im Kreuzestod oder mitten in jedweder Katastrophe nicht bei? Dürfen wir nicht mehr mit offenen Augen den Niedergang sehen, sondern müssen wir schönfärben und irrealen Erfolgsversprechungen folgen, um das Wirken des Heiligen Geistes zu erkennen?

 

Rorros Behauptung, dass Vertrauen in den Heiligen Geist anders aussähe, als meine Voraussicht des kirchlichen Niedergangs, ist Mist.

Mit gleicher Logik könnte man jeden Propheten kritisieren, der den Untergang Judas vorausahnte.

 

Und diese Kritk nahm schon damals kein Ende, bis endlich Jerusalem erobert war und die Berechtigung der düsteren Voraussicht endlich offenkundig wurde. Das ist heute nicht anders.

Die Kirche muss anscheinend wirklich erst total am Boden liegen, bis man zur Besinnung kommt und die ganzen irrealen Illusionen als das offenkundig werden, was sie sind: Irreale Illusionen.

 

Und dann wird es die Kirche hart treffen. Man ist unvorbereitet. Man hat die Zeiten des Wohlergehens nicht genutzt, um sich schon mal Gedanken zu machen. Man wird sich nur schwer in einer Situation zurecht finden, in der vom alten Glanz nicht mehr viel übrig ist. Diese ganzen Phantastereien werden dann ihre ungute Nichtigkeit, ihre Behinderung notwendiger Schritte, offenbaren.

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Wenn zwei den gleichen Text lesen, haben sie oft völlig unterschiedliche Vorstellungen. In gewissem Sinne übt jeder- auch der Bibelleser- eine Form der "Zensur" und sieht vieles auf je eigene Weise. Daher ist es - außer für Phantasietheologen- gut, dass es ein Lehramt gibt.

Noch besser wäre es, wenn man ein gutes Lehramt hätte.

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Noch besser wäre es, wenn man ein gutes Lehramt hätte.

Wenn da wenn nicht wär, wär´mei Tant a Autobus- so ein Spruch in Österreich. "Wir müssen die Menschen nehmen wie sie sind, wir haben keine anderen". Wir müssen das Lehramt nehmen, wie es ist- wir haben kein anderes. Wenn wir Menschen hätten, die auf Gott konkret und durch ihr Leben und Lieben hören würden, wäre alles bestens. So ist es aber nicht. Mit dem zu leben was uns geschenkt ist könnte zur Erkenntnis führen, dass wir sogar ein sehr gutes Lehramt haben- dass es aber wenig bringt, wenn wir es nicht akzeptieren wollen.

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Stimmt. Ich bin von den Weisheiten des Lehramtes auch voll und ganz beeindruckt. Die Lehramtler werden den Umschwung, der aus dem Niedergang herausführt, ganz sicher schaffen. So, wie ja auch der KKK ein einhellig anerkannter Umschwungs-Bringer ist. Oder die Enzyklika humanae vitae. Das alles stimmt mich voll und ganz optimistisch. Man sieht ja die Erfolge, die sich heute schon anbahnen. Die katholische Lehre ist heute schon vielen Menschen viel einsichtiger, als es gestern war. Die Statistik der Lehramtsanhängerzahlen führt exponentiell steil nach oben.

Nur mal ein Beispiel:

Seit der Veröffentlichung des KKK hat er deutlich mehr Anhänger, als zuvor. Wenn das mal kein Grund zum Optimismus ist!

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Die Lehramtler werden den Umschwung, der aus dem Niedergang herausführt, ganz sicher schaffen.

Die Umkehr, der Umschwung, die Neu- Evangelisierung kann und wird nur dort erfolgen, wo sich Menschen be-kehren und Christus konsequent nachfolgen.

 

Ob das theologische Bücher oder Machwerke schaffen, bezweifle ich. Die Begeisterung die z.B. ein hl. Franziskus auslöste werden Rahner- Bücher kaum hervorbringen- selbst wenn mal ein Satz über zwei Seiten gehen sollte und von manchen womöglich als theologisches Kunstwerk sondergleichen verstanden wird.

 

Mein Landpfarrer nimmt manchmal selbst an Sonntagen das Tagesgebet vom Tagesheiligen. Sehe das zeichenhaft: Die radikale und gelebte Nachfolge Christi von Menschen die Gott ernst nehmen be- geistert und ist gelebte Theologie. Aus dem Leben eines Franziskus spricht eine Theologie der Armut, der Hingabe, Der Christusliebe und der Liebe zu Menschen und Geschöpfen, die man in dicken Büchern mit hochgeistigen theologischen Spekulationen vergebens sucht. Daher glaube ich an keinen Umschwung einer Theologie, des Lehramtes oder von Leuten, die meinen die Kirche neu erfinden zu müssen.

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So, wie ja auch der KKK ein einhellig anerkannter Umschwungs-Bringer ist. Oder die Enzyklika humanae vitae. Das alles stimmt mich voll und ganz optimistisch

Dass manche Enzykliken die Menschen aufregen, herausfordern und sogar zu Widerstand reizen, finde ich durchaus evangelientreu. Wenn Christus besondere Forderungen aussprach, wollten die Leute davonlaufen, hielten Jesus für "von Sinnen" oder wollten ihn korrigieren. Allerdings hat Petrus in einer lichten Stunde mal gesagt: "Herr- zu wem wollten wir gehen, DU hast Worte ewigen Lebens".

 

Sicher können die Menschen zu manchen Theologen gehen, die ihnen päpstliche Weisungen, Enzykliken oder auch Dogmen ausreden und ihre eigene Theologie und ihre Ideen für besser, effizienter als päpstliche Enzykliken halten. Es gibt eben viele Formen von Illusionen und Täuschungen so wie Selbsttäuschungen.

bearbeitet von Mariamante
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Die katholische Lehre ist heute schon vielen Menschen viel einsichtiger, als es gestern war. Die Statistik der Lehramtsanhängerzahlen führt exponentiell steil nach oben.

 

Wie du sicher weißt, ist Quantität nicht immer ein Zeichen für Wahrheit. Politische Verführer, falsche Propheten haben manchmal Scharen von Anhängern gehabt - allerdings nur für eine befristete Zeit. Die Einsichtigkeit für die Evangelien, die katholische Lehre kommt m.E. nicht von dickbüchrigen Erklärungen- sondern indem man das Evangelium selbst zu leben versucht und katholische Grundsätze nicht anhört, bekrittelt und zutode diskutiert, sondern sich bemüht, nach den sicher starken Herausforderungen zu leben. Der breite Weg ist angeblich leichter und hat lt. Evangelium mehr Anhänger...... Soweit zu Quanititäten.

bearbeitet von Mariamante
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Die Lehramtler werden den Umschwung, der aus dem Niedergang herausführt, ganz sicher schaffen.

Die Umkehr, der Umschwung, die Neu- Evangelisierung kann und wird nur dort erfolgen, wo sich Menschen be-kehren und Christus konsequent nachfolgen.

Dann müsste doch alles in Ordnung sein. Oder willst Du den Lehramtlern vorwerfen, dass Christus nicht konsequent nachfolgen?

 

Ich befürchte aber, dass Deine ganze Analyse zu unpräzise ist.

Ein Umschwung kommt eventuell dort, wo Menschen aus dem Glauben leben und davon erkennbar was haben. Erst dann lohnt es sich, über sein Lebenskonzept nachzudenken. Wenn ihm seine Glaubensweise mehr Probleme einheimst, als sie ihn positiv prägt, dann ist ein Gläubiger sogar eine Antiwerbung. Mein Lieblingsbeispiel ist ein Mann, den ich in meiner Jugend im Wartezimmer traf. Er stöhnte: "Jaaah ... man hat's schon schwer, besonders, wenn man Katholik ist und CDU wählt." Kein vernünftiger Mensch wird sich an seinem offensichtlich gescheiterten Lebenskonzept orientieren.

 

Aber auch wenn ihn sein Glaube stärkt und beseelt, gibt es keine Gewähr für eine Übertragung. Neben meinem Heimatort ist eine Wallfahrtskirche. Der dortige Pfarrer war sehr beseelt und begeistert - wurde aber als hoffnungsloser Spinner abgetan. In meiner Studienzeit habe ich mir einmal eine seiner Wallfahrtspredigten angetan - seitdem ist mir klar, wo dieser Spinner-Ruf herkommt. Das krude Zeugs, was er gesagt hat, kann höchstens noch Leute ansprechen, die eine ähnliche Macke haben, wie er. So hat auch die anwesende Gottesdienstgemeinde auf mich gewirkt.

 

Ich verweise hier noch einmal auf die Wichtigkeit einer realistischen Theologie. Wobei ich ahne: Genau diejenigen, die eine solche Theologie am dringendsten für eine realistische Weltsicht benötigen, werden sich wohl kaum für eine solche Theologie interessieren. Sie werden die Theologie missachten und sogar für schädlich halten. Bei Anerkennung der Theologie würden sie ihre Spinnerei verlieren, die sie für Glauben halten.

 

Auch bei Jesus, dessen Glaubenszeugnis ich für enorm halte, hat das nicht funktioniert. Die Urgemeinde war wahrscheinlich eine minimal kleine Gruppe, die lediglich nachträglich von Lukas sehr aufgebauscht wurde. Ohne Paulus wäre da nicht viel draus entstanden. Jesus alleine hätte trotz seines Glaubenszeugnisses ohne Paulus und später den Evangelisten nicht viele Folgen hinterlassen. Die Evangelisten (und Augenzeugen) mussten sogar das Leben und die Aussagen Jesu aufbauschen und verändern oder mit ihrer Theologie aufpuschen, damit etwas daraus wird.

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