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Historische vs. psychologische Bibelauslegung


Aleachim

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vor 9 Minuten schrieb Marcellinus:

@nannyogg57

 

Zum Testimonium Flavianum wäre mehr zu sagen, und daß man nichts genaues weiß, ist wohl eine treffende Zusammenfassung. Mich interessiert die Geschichte des Christentums, und zwar nicht einmal an sich, sondern als Teil der Geschichte der griechisch-römischen Antike. Einzelne Personen sind dabei zunehmend weniger von Interesse. Das ist nun mal der aktuelle Stand der historischen Forschung, von Caesar, Augustus oder Konstantin vieleicht einmal abgesehen.

 

Die Person Jesus ist sicher für gläubige Christen von Interesse. Das habe ich nicht bestritten. Allerdings behaupte ich, daß das nichts mit Historie zu tun, sondern der Einfluß der überlieferten Geschichten ist. Von historischer Bedeutung ist sie nicht.

Du hast den Paulus und den Lukas untern Tisch fallen lassen.

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vor 10 Minuten schrieb nannyogg57:

Und ich bestreite aus guten Gründen deine Behauptung, dass wir nichts vom historischen Jesus wüssten. Denn mit Gewissheit können wir annehmen, dass er einen Bruder namens Jakobus hatte.

 

So, bist du sicher? Und welche Bedeutung hätte das? Langsam wird es wirklich lächerlich. Ich sage ja, Spekulationen auf den Schultern von Spekulationen. Dieser Jesus, real oder nicht, hatte mit dem historischen Christentum so viel zu tun wie Fisch mit Fahrrad. 

 

Du suchst nach Bestätigung für die Existenz einer für deinen persönlichen Glauben bedeutsamen Gestalt. Ich sehe eine Person, über die man nichts weiß, was nicht zweifelhaft wäre, und deren einzige historische Wirkung, wenn überhaupt, in ihrem Tod und der von späteren damit verbundenen Idee einer "Auferstehung" bestand. Daß wir uns nicht einigen können, sollte unter diesen Voraussetzungen nicht wundern.

 

 

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vor 11 Minuten schrieb Chrysologus:

Keine Frage, es geht hier aber nicht um das Aufzeigen einer historischen Bedeutung, sondern um den Nachweis einer historischen Existenz. Aus römischen, ägyptischen und anderen Grabinschriften kann ich die historische Existenz so mancher Soldaten , Kaufleute oder was auch immer nachweisen, die ohne jede historische Bedeutung sind, allerdings immer unter der Prämisse, dass der Auftraggeber des Grabsteines eines realen Menschen gedenken wollte und nicht die Absicht hatte, zukünftige Historiker zu narren.

 

So ist es, nur daß es bei einem einfache Soldaten oder Kaufmann dafür keinen Grund gibt ( jedenfalls keinen den wir kennen). Bei der vermeintlichen Zentralfigur einer mit allem andere Religionen konkurrierende späteren Weltreligion sieht das dagegen vollkommen anders aus. Und für außergewöhnliche Behauptungen darf man auch außergewöhnliche Beweise fordern. ;)

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vor 20 Minuten schrieb nannyogg57:

Du hast den Paulus und den Lukas untern Tisch fallen lassen.

 

Warum sollte ich mich mit Propaganda beschäftigen, für die es dazu nur eine innerchristliche Überlieferung gibt? Dabei wäre Paulus sogar ein interessanter Fall, gehen seine Schriften doch eher von einer mythischen Figur als von einer realen Person aus. Trotzdem finde ich es inkonsequent, sich als Historiker darauf zu beziehen. 

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vor 2 Stunden schrieb nannyogg57:

Als Studiosus hier den katholischerweise zu erwartenden Aufschrei tat, dass Jakobus per biologisches Gesetz das Dogma der Jungfräulichkeit Mariens infrage stellen würde und praktisch kraft Dogma gar nicht existieren könne, argumentierte er übrigens nicht mit irgendwelchen historischen Fakten. Ich persönlich würde ihm ja empfehlen, hier einfach auf eine Patchworkfamilie zu spekulieren. 

 

Mit einer Art von Patchwork-Situation könnte ich sogar recht gut leben. Ich hatte HiggsBoson bereits als es das erste Mal um den Herrenbruder Jakobus ging geschrieben, dass es sich hierbei meiner Einschätzung nach höchstens um einen Halbgeschwisterteil oder einen Bruder im weiteren Sinne handeln könnte. Außerdem sollte man die biologische und juristische Komponente des Begriffs "Bruder", gerade im alten Israel, nicht leichtfertig abtun.

 

Allerdings illustriert gerade dieses Beispiel wie Exegese mit dem von mir zuvor benannten dogmatischen "Referenzrahmen" in tatsächlichen oder scheinbaren Widerstreit geraten kann. 

 

Man kann die möglichen Varianten ja einmal auf ihre "Verträglichkeit" mit den Dogmen abklopfen: 

 

1. Jakobus ist der Bruder Christi

 

Die am engsten am reinen Schriftbefund ausgerichtete, aber ungleich problematische Lesart. Fassen wir den Begriff Bruder in seiner eigentlichen Bedeutung auf, so versteht man darunter das männliche Kind der gleichen Mutter mit dem gleichen Vater, das jünger, älter oder genauso alt wie ein anderer männlicher Nachkomme des selben Erzeugerpaares ist. Dieser Interpretation stehen meiner Meinung zwei dogmatische Aussagen, christologische und marianische, entgegen. 1. Empfangen durch den Heiligen Geist. Der Vater Christi ist Gott. Nicht Joseph. Die Empfängnis wird durch den Heiligen Geist im Schoß der Jungfrau bewirkt. Dieser zeugt die Inkarnation des göttlichen Logos. Gezeugt, nicht geschaffen. So bekennen wir. Nähmen wir nun an, es gäbe einen oder mehrere Brüder Christi im oben dargelegten Sinne. Welche Konsequenzen würden sich daraus ergeben? Möglicherweise dass die Inkarnation Christi, dieses singuläre Momentum der Heilsgeschichte, nicht einzig und einzigartig war, sondern sich mindestens ein Mal wiederholt hat. Um dieses zu vermeiden kommt eigentlich nur infrage die Vaterschaft Christi auf Joseph zu übertragen, was die Empfängnis durch den Heiligen Geist obsolet macht. 2. Geboren aus der Jungfrau Maria. Maria, die Gottesgebärerin, ist immerwährende Jungfrau. Vor, während und nach Christi Geburt. Das Hymen wurde nicht verletzt. Immerwährende Jungfräulichkeit schließt weitere Nachkommen, neben Christus, aus. Nun hat man mehrere Möglichkeiten, die Jungfräulichkeit Mariens mit der Vorstellung, Maria hätte nach Christi Geburt weitere Kinder geboren, in Einklang zu bringen. 1. Die Jungfräulichkeit ist temporär und nur auf die Geburt Christi beschränkt. Zum Zeitpunkt dessen Geburt war Maria Jungfrau. Danach wären weitere Schwangerschaften, auf natürlichem und nicht übernatürlichem Wege, denkbar. Dann entfällt der dauerhafte, immerwährende Aspekt. 2. Die Jungfräulichkeit Mariens ist "kein biologisches, sondern ein ontologisches Faktum". Das Dogma machte demnach keine Aussage über die biologischen, leiblichen Prozesse im Körper der Jungfrau, sondern beschreibt vielmehr tiefer greifend ihr Wesen bzw. ihre Natur in ihrer Beziehung zu Gott. Biologische Fragestellungen und das physiologische Konzept von Jungfräulichkeit treten dabei in den Hintergrund. Daher auch kein Widerspruch zu weiteren Geburten. Was beide Optionen jedoch nicht zu leisten vermögen ist einen Bruder Christi im eingangs beschrieben Sinn zu produzieren. Es sei denn man ersetzt, wie bereits angedeutet, die Vaterschaft Gottes mit einer Zeugung durch Joseph.

Zum Gottessohn könnte Jesus dann, gemäß der Häresie der Adoptianisten, bei der Taufe im Jordan geworden sein.

Und das wäre, zumindest in meinen Augen, eine nicht mehr vom katholischen Glauben gedeckte Lesart. 

 

 

2. Jakobus ist der Halbbruder Christi

 

Ich kürze jetzt ab, da - ich habe deine Antwort gelesen - die Argumente bekannt sind und schon unter Punkt 1 das Wesentliche steht. 

 

Man belässt die Empfängnis durch den Heiligen Geist und die Geburt Christi aus der Jungfrau als singuläres Ereignis, nimmt aber an, dass Maria nach dessen Geburt weitere Kinder mit ihrem weltlichen Ehemann Joseph gezeugt und ausgetragen hat. So könnte Jakobus der jüngere Halbbruder Christi sein. Dies funktioniert, wie gesagt, nur wenn man die Jungfräulichkeit Mariens in einem gewissen, nicht biologischen und permanenten Sinne auslegt. Für mich ebenfalls keine wirkliche Option.

 

 

3. Jakobus ist ein Sohn Josephs aus erster Ehe 

 

Was apokryphe Schriften aus Joseph, dem Nährvater Jesu, gemacht haben, muss ich dem interessierten Publikum nicht erneut ausbreiten. Der greise Joseph hatte als Witwer mehrere Kinder (Söhne und Töchter) aus erster Ehe. Darunter fällt auch Jakobus. Er ist mit Christus also, dem Blute nach, überhaupt nicht verwandt. Diese Deutung findet sich früh auch schon bei den Kirchenvätern. Ich gebe zu, dass dies die am wenigsten biblische Lesart von allen ist und sich vornehmlich auf die Tradition stützt. Ich halte sie jedoch für eine gangbare Option. Zumal nicht vergessen werden sollte, dass auch die Eltern Mariens, Joachim und Anna, biblisch (kanonisch) nicht fassbar sind und dennoch in der katholischen Kirche als Heilige verehrt werden.

 

 

4. Jakobus gehört zur näheren Sippschaft 

 

Die, zugegeben, relativ spekulative Variante. Hier sehe ich durchaus synergische Effekte zwischen Theologie und Geschichtswissenschaft bzw. klassischer/orientalischer Philologie. Es wäre zu prüfen, welche Implikationen der Terminus "Bruder" in der semitischen Sprache und im kulturellen Umfeld Israels beinhaltete und ob er tatsächlich nur das uns geläufige Verwandtschaftsverhältnis bezeichnete oder auch auf die nähere Sippschaft ausgedehnt worden sein könnte. Hier gibt es Ansätze, die durchaus überzeugen können. Diese Deutung halte ich ebenfalls für mit dem Dogma kompatibel und legitim.

 

 

 * * *

 

So, am Handy habe ich jetzt leider ewig gebraucht diesen Beitrag zu tippen. 

 

Nachtrag: Richtig, um den historischen Jesus geht es mir hierbei nicht. Über diesen lassen sich kaum Aussagen machen. Jedenfalls keine theologischen Abhandlungen schreiben. Es ging primär um die Wiederholung meiner Kritik, dass der Versuch, einen historischen Kern freizulegen, nahezu zwangsläufig zum Konflikt mit der Dogmatik führen muss. Wenn ich die Wahl zwischen historischer Thesenbildung und der verbindlichen Glaubenslehre habe, wähle ich natürlich letzteres. Um überhaupt historische Modelle, die einigermaßen belastbar wären, zu erstellen, fehlen uns schlicht die Anhaltspunkte und Quellen im Falle Jesu.

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 1 Stunde schrieb Studiosus:

Es ging primär um die Wiederholung meiner Kritik, dass der Versuch, einen historischen Kern freizulegen, nahezu zwangsläufig zum Konflikt mit der Dogmatik führen muss.

Wenn beobachtbare Wirklichkeit die Dogmatik zu bedrohen scheint, dann ist wegschauen allerdings keine brauchbare Alternative. Gegebenenfalls muss man das Dogma so auslegen, dass es mit den beobachtbaren Tatsachen in Einklang zu bringen ist.

 

In deinem Beitrag projezierst du frohgemut (früh)moderne Vorstellungen von Blutsverwandtschaft in die Aussagen des NT hinein. Der Wortlaut der Schrift erlaubt es jedoch nicht, Jakobus in die weitere Verwandtschaft Jesu zu definieren. Dieses Problem bleibt ebenso wie jene Stelle problematisch bleibt, in der Maria und seien Brüder Jesus abholen wollen und er schlicht feststellt, das da (und er schließt Maria da ein) sei nicht seine Verwandtschaft, seine Verwandtschaft, seine Familie seien seine Jünger.

 

Die Gottessohnschaft Jesu wird nicht angetastet, wenn man annähme, dass Maria und Josef weitere Kinder miteinander hatten. Nicht einmal die Reihenfolge derselben zu Jesus wäre relevant hierfür. Ich kann Jesus als den (über das wie mag ich nicht spekulieren) von Maria in jungfräulichkeit (d.h. ohne Zutun eines Mannes) geborenen, fleischgewordenen Logos glauben ohne hier in irgend ein Problem zu geraten.

 

Wenn ich allerdings die Geburt eines Knaben durch eine biologische Jungfrau als die Göttlichkeit bestätigendes Wunder benötige, dann, und erst dann habe ich Problem, auch wenn ich bei näherer Hinsicht das Problem nur verlagere: Das eine ist so leicht und so schwer zu glauben wie das andere.

 

 

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Das sehe ich nun vollkommen anders. Aber ich höre auf gegen Windmühlen zu kämpfen. Das bringt hier nichts. Glaubt, was ihr wollt (das tut ihr ja ohnehin). Ich ebenso.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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Nun ist ja schon die Schilderung der Herkunft des Jesus bei Lukas widersprüchlich, einerseits die Herkunft "aus dem Hause David", eher ein Versuch, an jüdische Messiaserwartungen anzuknüpfen als ein Hinweis auf reale Abstammung und dann die "jungfräuliche Empfängnis", die göttliche Herkunft belegen soll, damit aber die davidische Abkunft wieder zunichte macht. Das alles ist eher als Versuch zu verstehen, nachträglich Ansprüche zu behaupten (dazu noch solche, die sich gegenseitig ausschließen), als eine realistische Darstellung.

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vor 10 Minuten schrieb Marcellinus:

Nun ist ja schon die Schilderung der Herkunft des Jesus bei Lukas widersprüchlich, einerseits die Herkunft "aus dem Hause David", eher ein Versuch, an jüdische Messiaserwartungen anzuknüpfen als ein Hinweis auf reale Abstammung und dann die "jungfräuliche Empfängnis", die göttliche Herkunft belegen soll, damit aber die davidische Abkunft wieder zunichte macht. Das alles ist eher als Versuch zu verstehen, nachträglich Ansprüche zu behaupten (dazu noch solche, die sich gegenseitig ausschließen), als eine realistische Darstellung.

 

Nicht zu vergessen: die Erfüllung der alttestamentlichen Prophetie des Jesaja. 

 

Dass das NT auf das AT hingeordnet und die Vollendung desselben ist, wird oft nicht entsprechend gewürdigt. 

 

Novum Testamentum im Vetere latet et in Novo Vetus patet (Augustinus, Quaestiones in Heptateuchum 2,37).

 

Letztendlich läuft Beides (Genealogie und Jungfrauengeburt) auf die Legitimierung des Messiasanspruches hinaus. Da stimme ich Dir zu.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 1 Minute schrieb Studiosus:

Letztendlich läuft Beides (Genealogie und Jungfrauengeburt) auf die Legitimierung des Messiasanspruches hinaus.

Da tut sie eben gerade nicht - Lukas greift das Jesaja-Wort auf (was immer Jesaja genau gemeint hat - für Jungfräulichkeit im biologischen Sinne hatte das Hebräische meines Wissens so wenig ein Wort wie wir ein Wort für den bislang nicht mit anderen sexuell aktiv gewordenen Mann haben), das in der lukanischen Variante voraussetzt, dass Jesus nicht der Sohn Josephs ist. die Genealogie des Matthäus hingegen setzt unausgesprochen voraus, dass Jesus der Sohn Josephs ist.

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vor 10 Minuten schrieb Chrysologus:

 die Genealogie des Matthäus hingegen setzt unausgesprochen voraus, dass Jesus der Sohn Josephs ist.

 

Das ist meiner Auffassung nach nicht zwingend der Fall. Und bei Weitem nicht so selbstverständlich, wie Du es darstellst. Das zeigt mir nur, in welche Abirrung man geraten kann, wenn man die Schrift verabsolutiert und sie ohne Rückbindung an Tradition und Lehramt auslegt. Das hatten wir alles bereits.

 

Aber wie gesagt, ich gebe es auf Dich oder andere überzeugen zu wollen.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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Wenn es nicht zwingend der Fall ist - wieso bitte soll der matthäische Jesus Nachkomme Davids, aber nicht Nachkomme Josephs sein?

 

Es zeigt genau so, in welche Aporien man gerät, wenn man in die Schrift erst das hinein liest, was man hinterher als "Schriftbeweis" anzubringen versucht. Die Neuscholastik denkt da nicht anders als Teile der feministischen Theologie - man übersetzt so, wie man meint, dass es sein müsste, und freut sich dann daran, dass der übersetzte Text die eigene Meinung bestätigt. Geht, wenn man die Vernunft ausschaltet und gehorsam seinen Meistern folgt.

 

Wir stehen genau an der Stelle, an der erst die Theologie und in ihrer Folge dann auch das Lehramt (wie es in der Tradition immer so war) sich von der Neuscholastik verabschiedete.

bearbeitet von Chrysologus
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vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

Nun ist ja schon die Schilderung der Herkunft des Jesus bei Lukas widersprüchlich, einerseits die Herkunft "aus dem Hause David", eher ein Versuch, an jüdische Messiaserwartungen anzuknüpfen als ein Hinweis auf reale Abstammung und dann die "jungfräuliche Empfängnis", die göttliche Herkunft belegen soll, damit aber die davidische Abkunft wieder zunichte macht. Das alles ist eher als Versuch zu verstehen, nachträglich Ansprüche zu behaupten (dazu noch solche, die sich gegenseitig ausschließen), als eine realistische Darstellung.

In wieweit sind unsere heutigen Vorstellungen von Blutsverwandtschaft und Jungfräulichkeit auf die damalige Zeit übertragbar?

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vor 1 Minute schrieb Moriz:

In wieweit sind unsere heutigen Vorstellungen von Blutsverwandtschaft und Jungfräulichkeit auf die damalige Zeit übertragbar?

 

Hältst du die Menschen der Antike für dämlich? 

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vor 42 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Hältst du die Menschen der Antike für dämlich? 

 

Offensichtlich. Siehe auch die Debatte um die korrekte Wiedergabe der Wandlungsworte über den Kelch. Hier unterstellt man sogar, die antiken Kulturen hätten die Begriffe "alle", "viele" und "die Vielen" nicht unterscheiden können. Und jetzt kennen sie schon nicht einmal mehr ihre Blutsverwandten. 

 

Kein Wunder, dass diese Kulturen alle untergingen. So blöd wie die waren. /s

 

Das Problem liegt viel eher bei uns heute und unserer Angewohnheit unsere Konzepte und Vorstellungen auf antike Texte zu projizieren. Unter dem Schild der "Wahrheitssuche" verstecken sich tatsächlich handfeste ideologische und (kirchen-)politische Absichten. Dass diese insbesondere in Deutschland, dem Land der Reformation, fröhliche Urständ feiern kann nicht verwundern.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 2 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Hältst du die Menschen der Antike für dämlich? 

Jein.  Dämlich ist das falsche Wort.

 

Bilder und Vorstellungen verändern sich, nicht zuletzt durch wissenschaftliche Erkenntnisse getrieben.

 

Damit verändern sich auch Vokabeln in ihrer Bedeutung. Manche weniger, manche mehr.

 

Der Begriff 'Mutter' dürfte durch so ziemlich alle Zeiten und Gesellschaften die gleiche Bedeutung haben: Die Frau, die jemanden geboren hat. Für die Konnotationen davon abgeleiteter Begriffe dürfte das schon nicht mehr immer gelten: Stiefmutter, Schwiegermutter, Nährmutter, Pflegemutter, Hutmutter, Großmutter, Tagesmutter...

Der Begriff 'Transsubstantiation' meint dagegen eher das Gegenteil von dem, was man da heute in die Worte reinlesen würde.

 

Wenn ein Pharao bei seiner Ernennung automatisch zum Gott wurde und seine Mutter damit automatisch zur Jungfrau, dann frage ich mich schon, ob der Begriff der Jungfräulichkeit wirklich so 1:1 von heute in die Antike übertragen werden kann.

 

Daher meine Frage:

vor 22 Minuten schrieb Moriz:

In wieweit sind unsere heutigen Vorstellungen von Blutsverwandtschaft und Jungfräulichkeit auf die damalige Zeit übertragbar?

 

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vor 6 Minuten schrieb Moriz:

Jein.  Dämlich ist das falsche Wort.

 

Bilder und Vorstellungen verändern sich, nicht zuletzt durch wissenschaftliche Erkenntnisse getrieben.

 

Damit verändern sich auch Vokabeln in ihrer Bedeutung. Manche weniger, manche mehr.

 

Der Begriff 'Mutter' dürfte durch so ziemlich alle Zeiten und Gesellschaften die gleiche Bedeutung haben: Die Frau, die jemanden geboren hat. Für die Konnotationen davon abgeleiteter Begriffe dürfte das schon nicht mehr immer gelten: Stiefmutter, Schwiegermutter, Nährmutter, Pflegemutter, Hutmutter, Großmutter, Tagesmutter...

Der Begriff 'Transsubstantiation' meint dagegen eher das Gegenteil von dem, was man da heute in die Worte reinlesen würde.

 

Wenn ein Pharao bei seiner Ernennung automatisch zum Gott wurde und seine Mutter damit automatisch zur Jungfrau, dann frage ich mich schon, ob der Begriff der Jungfräulichkeit wirklich so 1:1 von heute in die Antike übertragen werden kann.

 

 

Das mit dem Pharao habe ich nirgendwo gefunden. Alle Vorstellungen von Jungfrauengeburten, die ich aus der Antike kenne, verweisen darauf, daß die Menschen damals ganz genau wußten, was es normalerweise mit einer Jungfrau auf sich hat. Für Blutsverwandtschaft, die du jetzt auf einmal nicht mehr erwähnst, gilt das gleiche. Diese Kenntnisse sollten dich nicht verwundern. Die Menschen kannten sich schließlich mit Tierzucht aus. 

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vor 41 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Das mit dem Pharao habe ich nirgendwo gefunden. Alle Vorstellungen von Jungfrauengeburten, die ich aus der Antike kenne, verweisen darauf, daß die Menschen damals ganz genau wußten, was es normalerweise mit einer Jungfrau auf sich hat. Für Blutsverwandtschaft, die du jetzt auf einmal nicht mehr erwähnst, gilt das gleiche. Diese Kenntnisse sollten dich nicht verwundern. Die Menschen kannten sich schließlich mit Tierzucht aus. 

Wenn es so klar ist, was ist dann eine Jungfrau?

  1. Eine Frau, die noch gar keinen Sex hatte, weder oral, noch anal, noch vaginal, noch sonst wie.
  2. Eine Frau, die noch keinen vaginal-penetrativen Sex hatte.
  3. Eine Frau, die noch keinen vaginal-rezeptiven Sex hatte.
  4. Eine Frau, deren Hymen intakt ist ist, egal, welche der Konstellationen 1 - 3 zutreffen.
  5. Eine Frau, deren Hymen nicht intakt ist, egal, welche der Konstellationen 1 - 3 zutreffen.

Dasselbe gilt für Blutsverwandtschaft - erkläre mir die bitte mal, ohne Begriffe wie Spermium oder Eizelle zu verwenden, die der Antike unbekannt waren.

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vor 1 Stunde schrieb Chrysologus:

Wenn es so klar ist, was ist dann eine Jungfrau?

  1. Eine Frau, die noch gar keinen Sex hatte, weder oral, noch anal, noch vaginal, noch sonst wie.
  2. Eine Frau, die noch keinen vaginal-penetrativen Sex hatte.
  3. Eine Frau, die noch keinen vaginal-rezeptiven Sex hatte.
  4. Eine Frau, deren Hymen intakt ist ist, egal, welche der Konstellationen 1 - 3 zutreffen.
  5. Eine Frau, deren Hymen nicht intakt ist, egal, welche der Konstellationen 1 - 3 zutreffen.

Dasselbe gilt für Blutsverwandtschaft - erkläre mir die bitte mal, ohne Begriffe wie Spermium oder Eizelle zu verwenden, die der Antike unbekannt waren.

 

Was soll das werden, ein gynäkologisches Examen? :lol:

 

Die Grundlage jeder patriarchalischen Gesellschaft ist ein grundsätzliches Verständnis der "Funktionsweise" der geschlechtlichen Fortpflanzung. 

 

Es gibt eine hübsche Geschichte über eine als freizügig bekannte Frau eines römischen Kaisers (ich meine, es war Kaiser Claudius, aber ich bin nicht sicher), die gefragt wurde, wie sie es trotz ihrer zahlreichen Liebhaber schaffe, daß ihre Kinder alledem Kaiser ähnlich seien. Zur Antwort gab sie, daß sie wie ein Schiff nur im beladenen Zustand zusätzliche Passagiere trage. ;) 

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Bleiben wir meinetwegen bei der Blutsverwandtschaft. Was ist ein Bruder? Ein Sohn derselben Mutter? Oder auch desselben Vaters? (was man heutzutage immerhin mittels ausgefeilter DNA-Analysen feststellen kann.) Oder doch auch Cousins, vielleicht nicht nur ersten Grades? Und was ist mit dem Sohn, den die Stiefmutter mit in die Ehe gebracht hat?

Ich bin mir ziemlich sicher, daß das neuzeitliche Modell der Kleinfamilie damals eher unbekannt war. Größere Sippenverbände würde ich einem Historiker jedoch unbesehen glauben. Das mag vielleicht auch einen neuen Blick auf die von Paulus gerne benutzte Anrede "Brüder" werfen.

 

Daher war meine Frage:

vor 3 Stunden schrieb Moriz:

In wieweit sind unsere heutigen Vorstellungen von Blutsverwandtschaft und Jungfräulichkeit auf die damalige Zeit übertragbar?

durchaus ernst gemeint! (Nicht, daß ich komplett andere Vorstellungen erwarten würde; aber die Unterschiede im Detail könnten sehr interessant sein.)

 

Dein

vor 3 Stunden schrieb Marcellinus:

Hältst du die Menschen der Antike für dämlich? 

ist mir aber ehrlich gesagt zu plump. Von einem Historiker hätte ich mir mehr erhofft. Auch ein "die haben das nicht anders verstanden wie wir" lässt sich überzeugender sagen.

 

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Du meinst, so wie man im Mittelalter bei dauernder Kinderlosigkeit die Frau mit vollem Geldbeutel allein auf die Kirmes schickte, um in kavaliersmäßiger Gedächnisschwäche 9 Monate später einen Stammhalter zu begrüßen? Auch da kann allerdings Einsicht in die biologischen Zusammenhänge unterstellt werden, und die Behauptung von Blutsverwandschaft setzt das Verschweigen der realen Zusammenhänge voraus.

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Noch was: Ich habe gerade mit einem Theologen telefoniert (die gibt's tatsächlich auch im RL und nicht nur hier im Forum ;))

Der sagte mir, daß es sechs unabhängige 'nichtchristliche' antike Zeugnisse gibt, daß es Jesus gegeben hat, von denen mindestens fünf glaubhaft sind (eins wegen Bearbeitung möglicherweise weniger).

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@Moriz

Geht es dir darum, antike Begriffe solange zu drehen, bis sie auf heutige dogmatische Vorstellungen passen? Du wirst sicherlich einen Fall finden, in dem sich Menschen als Brüder bezeichnet haben, obwohl der eine adoptiert war und der andere nicht. Aber war das hier gemeint? Aber ist das eine realistische Annahme in der Familie eines einfachen Handwerkers? Sind das alles überhaupt reale Geschichten?

 

P.S.: Ja, als Theologe würde ich das auch behaupten. Das Thema haben wir aber nun wirklich durch.

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vor 6 Minuten schrieb Marcellinus:

@Moriz

Geht es dir darum, antike Begriffe solange zu drehen, bis sie auf heutige dogmatische Vorstellungen passen? Du wirst sicherlich einen Fall finden, in dem sich Menschen als Brüder bezeichnet haben, obwohl der eine adoptiert war und der andere nicht. Aber war das hier gemeint? Aber ist das eine realistische Annahme in der Familie eines einfachen Handwerkers? Sind das alles überhaupt reale Geschichten?

 

P.S.: Ja, als Theologe würde ich das auch behaupten. Das Thema haben wir aber nun wirklich durch.

Irgendwie bewundere ich ja dein Durchhaltevermögen, aber andererseits, neigst du zum Machosimus? Du bist doch jetzt schon lange hier im Forum und solltest die Tricksereien der Religionsprotagonisten kennen. Aber wenn es deinem Wesen entspricht, dann nur weiter so. 

 

sich ansonsten da vornehm zurückhaltend...............tribald

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