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Basiert die Ablehnung "widernatürlicher Akte" auf einem Fehlschluss?


iskander

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vor 2 Minuten schrieb Mecky:

Naheliegender aber scheint mir zu sein:

Erlauben wir uns doch, ganz menschlich und anthropomorph davon auszugehen, dass Gott Fortpflanzung will, und dass er zu diesem Zweck den Akt des Fortpflanzens mit Lustgewinn belohnt.

 

Aber dann ist Fortpflanzung zwar EIN Ziel der Sexualität, aber eben EIN Ziel unter vielen anderen.

Die Sexualwissenschaftler erzählen von einigen weiteren Zielen.

Lustgewinn, Identitätsbildung, Beziehungsaufbau, Spieltrieb, Neugierdebefriedigung, Expression von Liebe ...

 

Damit aber wird die Usprungsthese "Sexualität hat die Zielsetzung der Fortpflanzung" ziemlich breit aufgefächert.

Und mit einer so weit aufgefächerten These lässt sich kaum noch etwas begründen.

 

 

 

Ich bin da ja ganz bei Dir. Ich habe die Prämisse in dieser Form ja erst mal einfach aus der "offiziellen" kirchlichen bzw. traditionellen theologischen Argumentation übernommen. Und dann habe ich im zweiten Schritt kritisch hinterfragt, wie man sie sinnvollerweise verstehen kann. Und mein Ergebnis ist dann: Man kann aus der Natur des Menschen wohl (plausibel) ableiten, dass Gott möchte, dass der Mensch die Sexualität (auch) dazu gebrauchen kann, um sich fortzupflanzen. Man kann aus ihr aber nicht plausibel ableiten, dass Gott möchte, dass der Mensch die Sexualität nur so geraucht, dass eine Fortpflanzung möglich ist bzw. möglich wäre.

 

Die "Natur" selbst hat ja weder Absichten, noch gibt sie Gebote. Man kann aus ihr höchstens indirekt ableiten, was ein Gott, der sie erschaffen hat, wohl wollen mag - und wie das kirchlicherseits dann getan wurde, halte ich für kritikwürdig.

 

 

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Nanu, ein Geist????  Schön!

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Am 23.2.2021 um 20:01 schrieb iskander:

(Und man sage nicht, dass Gott ein Wunder wirken und die definitiv unfruchtbare Frau fruchtbar machen kann - denn wenn er Eierstöcke und Uterus in einem Moment neu schaffen kann,  kann er auch ein Kondom durchlöchern.)

 

🤩

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Am 30.3.2021 um 20:08 schrieb Merkur:

Das tut sie ja bezüglich der Veranlagung. Hinsichtlich des Auslebens gibt es Konflikte bezüglich seines Nicht-Ich-Bezogenseins. Hat man Anteil an der Schöpfungsordnung (Fortpflanzung): nein. Dient es anderen: nein. Deshalb: unvereinbar.

Das heißt, Fernsehen zu schauen ist auch unvereinbar, weil es nicht der Schöpfungsordnung dient? Oder im Restaurant essen, weil nur ein ich-bezogener Genuss? Oder lange Unterhosen, weil mein Nächster ja noch genauso friert, auch wenn es mir hilft?

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vor 13 Stunden schrieb o_aus_h:

Das heißt, Fernsehen zu schauen ist auch unvereinbar, weil es nicht der Schöpfungsordnung dient? ...

Es kommt darauf an, was gesendet wird. Grundsätzlich ist es vereinbar.  Zitat aus "Miranda Prorsus":

 

Zitat

Da das Fernsehen unter anderem auch den sicher heilsamen Vorteil mit sich bringt, daß Jung und Alt eher geneigt sind zu Hause zu bleiben, trägt es viel zur Festigung des Bandes der Liebe und Treue in der häuslichen Gemeinschaft bei, aber doch nur für den Fall, daß nichts einführt wird, was mit den Tugenden der Treue und reinen Liebe nicht übereinstimmen würde.

 

bearbeitet von Merkur
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@Merkur

 

Das Problem ist das, welches ich schon im ersten Posting beschrieben habe, und auf welches ich bisher eigentlich noch keine Antwort bekommen habe.

 

Die Argumentation der kath. Kirche kann man letztlich schematisch so zusammenfassen:

 

1) Wir beobachten, dass der Mensch mit seiner Sexualität Kinder zeugen kann.

2) Wir dürfen annehmen, dass Gott das absichtlich so eingerichtet hat.

3) Also ist es offenbar Gottes Wille, dass wir unsere Sexualität so nutzen können, Kinder zu zeugen [und dass wir sie unter bestimmten Umständen tatsächlich dazu nutzen].

4) Also ist es Gottes Wille, dass wir unsere Sexualität NUR so nutzen, dass dabei Kinder entstehen können (oder jedenfalls könnten, wenn die anderen Voraussetzungen stimmen würden).

 

Unter der Annahme, dass es einen intelligenten Gott gibt, sind die Sätze 1) bis 3) einleuchtend (außer vielleicht dem eckig eingeklammerten Teil, aber das ist hier nicht mein Thema). Der Sprung von 3) auf 4) ist hingegen ein fataler logischer Fehler.

 

Dies scheint mir so offensichtlich zu sein, dass man es nicht weiter ausführen muss. Es ist wie mit dem Kaumechanismus. Geht man davon aus, dass Gott den Menschen erschaffen hat, darf man wohl vermuten, dass er unsere Fähigkeit, mithilfe der Zähne auf etwas herumzukauen, geschaffen hat, damit wir auf diese Weise Nahrung zerkleinern können.

 

Man kann also sagen: Gott will, dass wir den Kaumechanismus dazu einsetzen können, um Nahrung zu zerkleinern.

 

Dürfen wir daraus ableiten, dass Gott will, dass wir den Kaumechanismus NUR so einsetzen und also etwa Kaugummis meiden, weil es "gegen die Natur" wäre, ein Kaugummi zu kauen?

 

Natürlich nicht!

Aus "Gott will, dass wir X zum Zweck Y benutzen können [und dies unter bestimmten Umständen auch tun]", folgt eben nicht : "Gott will, dass wir X NUR zum Zweck Y benutzen".

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vor 25 Minuten schrieb iskander:

@Merkur

Die Argumentation der kath. Kirche kann man letztlich schematisch so zusammenfassen:

Da liegt meiner Meinung nach der Denkfehler: Übermäßige Vereinfachung. Der Grund dafür ist leicht zu vermuten: Die Argumentation der Kirche soll ad absurdum geführt werden. Dazu dienen dann üblicherweise auch die offensichtlich unsinnigen Übertragungen auf andere Lebensbereiche (z.B. Fernsehen, ärztliche Versordung, Restaurantbesuche, Kaumechanismus usw.).  Ich teile die Position der Kirche auch nicht, aber um sie darzustellen reicht es nicht aus, sich einige Thesen herauszusuchen und daraus irgendwie einen Widerspruch zu konstruieren.

bearbeitet von Merkur
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@Merkur

 

Ich habe versucht, die Argumentation der Kirche so gut zu rekonstruieren, wie ich das kann. Die eigentliche Argumentation wird aber meistens nicht weiter ausgeführt und ist sehr knapp, so dass man sie eben rekonstruieren muss. Siehe zum Beispiel meinen ersten Beitrag in diesem Thread, wo ich aus "Persona humana" zitiert habe. Dort heißt es ja (zur Masturbation):

 

Zitat

Der Hauptgrund für diese [negative] Beurteilung ist, daß der freigewollte Gebrauch der Geschlechtskraft, aus welchem Motiv er auch immer geschieht, außerhalb der normalen ehelichen Beziehungen seiner Zielsetzung wesentlich widerspricht; denn es fehlt ihm die von der sittlichen Ordnung geforderte geschlechtliche Beziehung, jene nämlich, die »den vollen Sinn gegenseitiger Hingabe als auch den einer wirklich humanen Zeugung in wirklicher Liebe«20 realisiert. Nur für diese reguläre geschlechtliche Beziehung ist jede freigewollte Ausübung der Geschlechtlichkeit vorbehalten.

 

Ich kann das nur so verstehen: Der Gebrauch der Geschlechtskraft hat eine bestimmte "Zielsetzung"; und alles, was dieser "Zielsetzung" nicht positiv entspricht, widerspricht ihr zugleich.

Was heißt hier "Zielsetzung"? Nun, die biologische Natur als solche hat keine Ziele und stellt auch keine Forderungen! Ziele können hier nur Gott und der Mensch setzen. Und hier geht es natürlich um Gottes Ziel!

 

Das "Ziel" Gottes bei der Erschaffung der Sexualität würde dann doch wohl darin bestehen, dass der Mensch durch die Sexualität in die Lage versetzt wird, innerhalb einer ehelichen Gemeinschaft Kinder zu zeugen [und dass der Mensch dies unter bestimmten Bedingungen dann tatsächlich tut].

Diesem göttlichen Ziel aber widersprechen sog. "widernatürliche" Akte selbstredend überhaupt nicht, es sei denn sie würden den Menschen zeugungsunfähig machen oder ihn in speziellen Situationen, in denen er Kinder zeugen soll, genau davon abhalten.

 

Die Kirche würde aber  natürlich sagen, dass es eben dennoch Gottes Wille widerspreche, wenn die Geschlechtskraft anders eingesetzt werde als zum ehelichen und "prinzipiell" zeugungsoffenen Verkehr.

 

Woraus leitet die Kirche das ab?

Hier kommt doch letztlich nur folgendes Schema in Betracht:

 

1) Gott hat die "Geschlechtskraft" so geschaffen, dass sie zur Zeugung von Kindern dienen kann.

2) Also entspricht es seinem Willen, dass sie vom Menschen eben hierzu gebraucht werden kann [und unter bestimmten Umständen auch gebraucht wird].

3) Also will Gott, dass sie NUR so gebraucht wird.

4) Also entspricht ein anderer Gebrauch nicht nur nicht positiv Gottes Willen, sondern ist diesem entgegengesetzt.

 

Ich kenne auch auch keine anderen Stellen, an denen die offizielle kath. Lehre "durchargumentiert" würde. Gewöhnlich wird einfach nur behauptet, dass bestimmte Dinge "gegen die Natur" und damit "gegen den Willen Gottes" seien, ohne dass das aber wirklich begründet würde.

Bei Thomas von Aquin etwa heißt es:

 

Zitat

Nun ist es klar, dass die Vereinigung der Geschlechter unter den Tieren in Übereinstimmung mit der natürlichen Ordnung auf die Empfängnis hingeordnet ist. Daraus folgt, dass jeder Geschlechtsverkehr, der nicht zur Empfängnis führen kann, der animalischen Natur des Menschen widerspricht.

 

(Thomas meint, man könne gegen seine vernünftige und seine animalische Natur sündigen.)

 

Die Ausdrücke "hingeordnet auf" und "widerspricht der [animalischen] Natur" des Menschen sind natürlich äußerst vage. Man kann das "hingeordnet auf" aber doch eigentlich nur in zwei Weisen verstehen:

 

- Entweder es soll damit einfach nur gesagt sein, dass Gott die menschliche Natur so beschaffen ist, dass der Mensch mithilfe seiner Sexualität Kinder zeugen kann; dann kommt man nur mithilfe des oben beschriebenen Fehlschlusses zum Verbot "widernatürlicher Akte".

- Oder man liest es normativ und interpretiert das "hingeordnet auf" so, dass die Sexualität NUR zur (potentiellen) Zeugung gebraucht werden soll. Das wäre aber dann genau das zu Beweisende!

 

Ähnlich steht es mit dem "widerspricht der Natur":

 

- Entweder es ist nur deskriptiv und wertfrei gemeint im Sinne von: Jemand benutzt seine Sexualität auf eine Weise, die nicht zur Zeugung dient, obwohl die sexuelle Anlage auch zur Zeugung dienen kann. Dann wäre zu zeigen, was daran verwerflich ist, und dann kommt man IMHO wieder zu dem obigen Fehlschluss.

- Oder es ist normativ gemeint (was der Begriff "widernatürlich" ja nahelegt): Der Mensch tut etwas gegen den - aus der biologischen Natur erkennbaren - göttlichen Willen. Das aber wäre dann wieder das zu Beweisende!

 

Die katholische Lehre lebt an dieser Stelle von vagen, schillernden Worten; diese kaschieren nur mühselig einen horrenden Fehlschluss.

Deshalb wird die kath. Lehre an dieser Stelle auch immer nur so knapp begründet, ohne dass die Begriffe geklärt und das eigentliche Argument präzise herausgearbeitet würde. (Jedenfalls, soweit mir das bekannt ist.)

 

Wenn Du oder jemand Dritter die kirchl. Argumentation - eventuell anhand anderer Texte - anders rekonstruieren kannst, dann bitte nur zu! Ich bin gerne bereit, etwas Neues zu lernen.

 

bearbeitet von iskander
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vor 5 Minuten schrieb iskander:

@Merkur

Wenn Du oder jemand Dritter die kirchl. Argumentation - eventuell anhand anderer Texte - anders rekonstruieren kannst, dann bitte nur zu! Ich bin gerne bereit, etwas Neues zu lernen.

 

Leider kann ich es nicht, erstens, weil mir dazu die theologische Ausbildung fehlt, zweitens weil ich dieser Lehre selbst nicht zustimme, drittens, weil es sich um ein vermintes Gelände handelt und dementspreched viel Polemik im Spiel ist und viertens weil auch die offiziellen Darstellungen auf mich unschlüssig und lückenhaft wirken. 

 

Das, was ich dazu denke, kann daher sicherlich ohne Probleme anhand kirchenamtlicher Texte als fehlerhaft entlarvt werden.

 

Die Vorstellung, dass das Liebesleben in die Gesamtpersönlichkeit des Menschen eingebettet ist und hierin bestimmte Funktionen erfüllt (= auf etwas hingeordnet ist)  halte ich für schlüssig.  Auch die These, dass es voraussichtlich nicht sinnvoll ist, sein Gefühls- und Liebesleben aus diesem Zusammenhang zu reißen und beliebig anderweitig zu verwerten. hat auf mich eine gewisse Überzeugngskraft. Es geht nicht unbedingt darum, dass man es kann, sondern eher darum, ob man damit auf dem richtigen Weg ist. Die Kirche geht hier einen m.E. übervorsichtigen Weg und sagt zu fast allem erst einmal nein. Ob das sinnvoll ist, kann man diskutieren, aber für völlig unschlüssig halte ich diese Auffassung nicht.

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vor 14 Minuten schrieb Merkur:

Die Vorstellung, dass das Liebesleben in die Gesamtpersönlichkeit des Menschen eingebettet ist und hierin bestimmte Funktionen erfüllt (= auf etwas hingeordnet ist)  halte ich für schlüssig.

 

Hier ist halt auch die Frage: Was heißt "bestimmte Funktionen erfüllt"?

Erfüllen kann?

Erfüllen soll?

Immer erfüllen muss und andernfalls illegitim ist?

 

Zitat

Das, was ich dazu denke, kann daher sicherlich ohne Probleme anhand kirchenamtlicher Texte als fehlerhaft entlarvt werden.

 

 

Glaube ich eher nicht, weil ich vermute, dass mehr oder weniger alle offiziösen Texte hier ähnlich knapp und unklar sind wie die von mir zitierten. 

bearbeitet von iskander
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vor 8 Minuten schrieb iskander:

 

Hier ist halt auch die Frage: Was heißt "bestimmte Funktionen erfüllt"?

Erfüllen kann?

Erfüllen soll?

Immer erfüllen muss und andernfalls illegitim ist?

Erfüllen kann und soll. Im Gegensatz zur Kirche meine ich aber, dass man nur eine schwammige und ungenaue Aussage treffen kann, weil darüber trotz der großen Bedeutung, die dieses Feld einnimmt, bisher nicht viel bekannt ist.

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vor einer Stunde schrieb Merkur:

Die Vorstellung, dass das Liebesleben in die Gesamtpersönlichkeit des Menschen eingebettet ist und hierin bestimmte Funktionen erfüllt (= auf etwas hingeordnet ist)  halte ich für schlüssig.  Auch die These, dass es voraussichtlich nicht sinnvoll ist, sein Gefühls- und Liebesleben aus diesem Zusammenhang zu reißen und beliebig anderweitig zu verwerten.

 

Das geht jetzt - nicht übel nehmen - ein wenig in dir Richtung "typisch "kirchliche Formulierungen", die die eigene These durch ein suggestives Wording bereits nahelegt. Schon das "aus dem Zusammenhang reißen" klingt nach etwas Unnatürlichem und Zerstörerischem, was etwas "natürlich Verbundenes" gewaltsam trennt.

 

Hier wäre eben erst mal zu klären, was das schillernde "Hingeordnet-Sein" genau bedeuten soll, und ebenso das (in kirchlichen Dokumenten vorzufindende) "Verbundensein".

 

Auch das "nach Belieben" ist so eine abwertende Formulierung, die man so oder in anderen Varianten oft in katholischen Apologien findet und die immer nahelegen soll, dass alles außerhalb der katholischen Lehre Sodom und Gomorrha warten, oder dass man da dann eigentlich keine sinnvolle Grenze mehr ziehen könne.

 

vor 34 Minuten schrieb Merkur:

Erfüllen kann und soll.

 

Was heißt das dann genau?

Betrachten wir folgende drei Aussagen:

 

1) Es kann wert- und sinnvoll sein, die Sexualität zu gebrauchen, um eheliche Kinder zu zeugen.

2) Jeder andere Gebrauch der Sexualität hat keinen positiven Wert.

3) Jeder andere Gebrauch hat einen Unwert.

 

Das sind große gedankliche Sprünge, und ich wenigstens erkenne nicht, wie man von 1) auf 2) oder von 2) auf 3) schließen könnte.

 

Die Kirche - und hier auch Du - scheint immer schon davon auszugehen, dass die einzige "Verwendung" der Sexualität, die legitim sein kann, immer alle ihre potentiellen Sinngehalte umfassen muss.

Was aber, wenn es in einer bestimmten Situation vielleicht naheliegend wäre, bestimmte Sinngehalte zu verwirklichen, andere aber nicht? Dass die möglichen Sinngehalte der Sexualität (z.B. Lust, partnerschaftliche Begegnung, Zeugung von Kindern) so "aneinandergekettet" seien, dass es stets schädlich bzw. gegen Gottes Willen sei, die Sexualität so zu gebrauchen, dass bestimmte Sinngehalte verwirklicht werden und andere nicht: Dies kann nicht die Prämisse sein; es wäre vielmehr das zu Beweisende. Um zu wiederholen, was ich im ersten Beitrag geschrieben habe:

 

"Auch scheint für die kirchliche Argumentation eine Rolle zu spielen, das sexuelle Akte wie Masturbation usw. in dem Sinne 'unvollständig' sind, dass ihnen die Zeugungsfunktion fehlt.

Nun gibt es aber zwei Formen der Unvollständigkeit: Eine, bei der das 'Unvollständige' neutral oder sogar immer noch gut ist, nur eben vielleicht nicht so gut wie das Ideal ist, und eine, wo es schlecht und schädlich ist. Die kirchliche Lehre scheint einfach anzunehmen, dass sexuelle Akte, die nicht potentiell zur Zeugung geeignet sind, in die zweite Kategorie fallen. Sie beweist diese (m.E. kontraintuitive) Annahme aber meines Wissens nirgendwo, und so scheint mir auch dieser Argumentationsstrang fehlschlüssig zu sein."

bearbeitet von iskander
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vor 15 Minuten schrieb iskander:

 

 

Das geht jetzt - nicht übel nehmen - ein wenig in dir Richtung "typisch "kirchliche Formulierungen", die die eigene These durch ein suggestives Wording bereits nahelegt. Schon das "aus dem Zusammenhang reißen" klingt nach etwas Unnatürlichem und Zerstörerischem, was etwas "natürlich Verbundenes" gewaltsam trennt.

Richtig, das sollte es ja auch ausdrücken.

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@iskanderDu zitierst Persona Humana. Ist die dort vorkommende sittliche Ordnung („… die von der sittlichen Ordnung geforderte geschlechtliche Beziehung“) definiert oder näher beschrieben? Mir erscheint das auf den ersten Blick wie eine sehr geschickt ummänteltes „is so, frag nicht“. 

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vor 3 Stunden schrieb Merkur:

Richtig, das sollte es ja auch ausdrücken.

 

Das ist dann aber eine (begründungsbedürftige) These. Nehmen wir an, eine einsame Person masturbiert; oder eine stock-homosexuelle Person, die ohnehin nie für eine heterosexuelle Ehe zu erwärmen wäre, hätte homosexuellen Verkehrt.

Inwiefern "reißt" dann so jemand "sein Gefühls- und Liebesleben" aus einem Zusammenhang? Aus welchem?

Aus dem, dass geeignete sexuelle Akte auch zur Fortzeugung dienen können?

Aber das ist doch wohl eher eine ziemlich weit hergeholte Metaphorik, weil hier niemand eine real bestehende "Gesamtheit" quasi "zerstört", sondern einfach eine Fähigkeit in einer Weise nutzt, die eben nicht jeden prinzipiell mithilfe dieser Fähigkeit erreichbaren Wert realisiert. 

 

Es wird zudem sehr merkwürdig, wenn der Geschlechtsverkehr, welcher (etwa aufgrund einer Operation) mit Sicherheit faktisch nicht offen für das Leben ist, dann irgendwie auf eine symbolhafte, nicht recht fassbaren Weise doch noch irgendwie "offen für das Leben" sein soll. Dann wird da offenbar nichts aus irgendeinem Zusammenhang "gerissen". Das sind Formalismen, deren Sinnhaftigkeit nur noch "versteht", wer sie unbedingt verstehen möchte.

 

vor 2 Stunden schrieb o_aus_h:

@iskanderDu zitierst Persona Humana. Ist die dort vorkommende sittliche Ordnung („… die von der sittlichen Ordnung geforderte geschlechtliche Beziehung“) definiert oder näher beschrieben? Mir erscheint das auf den ersten Blick wie eine sehr geschickt ummänteltes „is so, frag nicht“. 

 

Die Passage in ihrer Gesamtheit lautet ja:

 

Zitat

[...] die von der sittlichen Ordnung geforderte geschlechtliche Beziehung, jene nämlich, die »den vollen Sinn gegenseitiger Hingabe als auch den einer wirklich humanen Zeugung in wirklicher Liebe«20 realisiert [...]

 

Im Kontext der kath. Lehre ist die von der "sittlichen Ordnung geforderte" geschlechtliche Beziehung  die eheliche Gemeinschaft, bei der jeder einzelne Akt "offen für das Leben" ist oder es jedenfalls im Prinzip sein könnte.


Gibt es eine Begründung dafür? Nicht dass ich wüsste, oder jedenfalls keine "naturrechtliche". Es wird m.E. im Prinzip einfach immer implizit bereits als wahr angenommen, was gerade noch zu beweisen wäre.

 

Es scheint nur zwei Alternativen zu geben: Absolute Vollkommenheit und Heiligkeit oder schwere Sünde. Die Vollkommenheit wäre eben der zeugende eheliche Akt. Alles andere ist für die Kirche offenbar "unvollkommen" - aber unvollkommen nicht im Sinne von "weniger gut, aber immer noch okay", sondern im Sinne von "ganz schrecklich".

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Letztlich geht es doch nur darum, dass Sexualität als schmutzig und ekelhaft gilt. Alles andere ist frommes Geschwurbel, um das nicht so deutlich sagen zu müssen.

 

Wohlgemerkt, ich gehe nicht davon aus, dass die heutigen Kirchenmänner in ihrer Mehrheit Sexualität für schmutzig und ekelhaft halten.

 

Als sich allerdings die Sexualmorallehre herausbildete, in Zeiten, als extremste Askese als besonders gottgefällig galt, als der Dualismus zwischen dem guten, edlen Geist und dem schmutzigen, verderbten Körper weithin das Denken bestimmte, da galt Sexualität als schmutzig und ekelhaft, und das prägt das kirchliche Denken bis heute, trotz alles halbherzigen Reformbemühungen.

 

Man muss nicht in irgendwelchen „naturrechtlichen Begründungen“ etc. einen Sinn suchen, es gibt keinen.

 

Werner

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vor 14 Stunden schrieb Werner001:

Wohlgemerkt, ich gehe nicht davon aus, dass die heutigen Kirchenmänner in ihrer Mehrheit Sexualität für schmutzig und ekelhaft halten.

Ich gehe davon aus, daß die heutigen Kirchenmänner vor allem die Sexualität anderer für schmutzig und ekelhaft halten.

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vor 2 Minuten schrieb Marcellinus:

Ich gehe davon aus, daß die heutigen Kirchenmänner vor allem die Sexualität anderer für schmutzig und ekelhaft halten.

Natürlich gibt es auch solch weltfremdes Klientel noch, aber es wird immer weniger. Mein Eindruck ist eher, dass dem heutigen Klerus ein Teil der Lehre wie eine Salmonelleninfektion in den Eingeweiden wirkt.

 

Werner

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vor 16 Stunden schrieb iskander:

 

Das ist dann aber eine (begründungsbedürftige) These.

Überhaupt nicht, die These ergibt sich aus dem christlichen Menschenbild und der Geschichte des Christentums eigentlich von selbst. Ob sie realistisch und mit den heute üblichen Ansprüchen an das Leben vereinbar ist, ist eine andere Frage.

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vor 4 Minuten schrieb Merkur:

Überhaupt nicht, die These ergibt sich aus dem christlichen Menschenbild und der Geschichte des Christentums eigentlich von selbst. Ob sie realistisch und mit den heute üblichen Ansprüchen an das Leben vereinbar ist, ist eine andere Frage.

Das ist ja eben die Begründungsbedürftigkeit.

“ergibt sich aus dem christlichen Menschenbild“ ist eine Behauptung, die man begründen muss, ebenso wie die Validität dieses Menschenbildes.

Wenn ich die Behauptung aufstelle, der Mond sei ein riesiger Schweizer Käse am Himmel, kann ich daraus alles mögliche folgern und ableiten, nur ist halt schon die Grundlage von alledem Unsinn.

Wer etwas aus dem „christlichen Menschenbild“ ableiten will, muss erst mal zeigen, dass dieses behauptete Menschenbild überhaupt existiert und zweitens, dass es zutreffend ist.

Nur weil eine Religion etwas behauptet wird diese Behauptung nicht zur Realität 

 

Werner

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vor 3 Minuten schrieb Werner001:

Nur weil eine Religion etwas behauptet wird diese Behauptung nicht zur Realität 

Das entzieht aber letztlich allen sekundären Religionen ihre Grundlage.

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vor 34 Minuten schrieb Werner001:

Das ist ja eben die Begründungsbedürftigkeit.

 

Das ist bei religiösen Lehren generell schwierig. Gibt es an der christlichen Lehre überhaupt etwas, das sich anhand von Tatsachen begründen und beweisen läßt?

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vor 46 Minuten schrieb Marcellinus:

Das entzieht aber letztlich allen sekundären Religionen ihre Grundlage.

Ok, ich habe mich unscharf ausgedrückt. Meine Aussage bezog sich die Ableitungen aus der Lehre. Die Lehre als solche ist natürlich auch eine Behauptung, aber so ist mit Glauben ja generell. Wenn aber behauptet wird, aus dieser, ich sag mal Glaubensbasis, ergebe sich dies und das, dann ist das begründungsbedürftig. Wenn jemand sagt, aus dem christlichen Glauben ergebe sich eine pazifistische Einstellung, muss er das begründen können (was bei diesem Beispiel recht einfach geht).

Wenn jemand sagt, aus dem christlichen Glauben ergebe sich die Notwendigkeit, Ketzer zu töten, muss er das ebenfalls begründen (was schwerlich möglich sein dürfte).

Und wenn jemand sagt, aus dem christlichen Menschenbild ergebe sich die Lehre bezüglich Homosexualität, dann möchte ich ebenfalls eine Begründung. Und da bereits ein bestimmtes, aus dem christlichen Glauben resultierendes Menschenbild behauptet wird, möchte ich auch das begründet haben.

Und wie das Beispiel mit der Ketzerverbrennung unschwer zeigt, ist „die Altvorderen haben das für richtig gehalten“ keine valide Begründung.

 

Ich wüsste jedenfalls nicht, welche Kernaussagen des Christentums außer Kraft gesetzt werden müssten, um einen anderen Umgang mit Homosexualität oder such Sexualität an und für sich zu ermöglichen. 
Welche Grundaussagen man außer Kraft setzen müsste, um Ketzerverbrennung zu rechtfertigen liegt dagegen auf der Hand.

 

Werner

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vor 22 Minuten schrieb Werner001:

Ich wüsste jedenfalls nicht, welche Kernaussagen des Christentums außer Kraft gesetzt werden müssten, um einen anderen Umgang mit Homosexualität oder such Sexualität an und für sich zu ermöglichen. 

Das geht natürlich, aber bisher ging es um die Behauptung, der derzeitige Umgang damit sei nicht schlüssig oder widersprüchlich. Zu diesem Ergebnis kann man natürlich ebenfalls kommen, aber mMn nicht anhand der Argumentation, die in diesem Thread vertreten wurde. 

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