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Zum Verhältnis von Christentum und Judentum


Higgs Boson

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vor 15 Stunden schrieb Cosifantutti:

Das Gegenteil ist der Fall: gerade zur Zeit der Kanonisierung war es eine entscheidende grundlegende Überzeugung, dass das "Alte Testament" und die Geschichte Gottes mit seinem auserwählten Volk bleibende Wurzel des Christentums ist und für immer bleiben wird.

 

So formuliert auch Paulus im Römerbrief über die bleibende jüdische, sozusagen "alttestamentarische" Wurzel an die Jesus-Gläubigen in Rom in Kapitel 11, Vers 18: "Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich"

 

Das ist theoretisch richtig, dem widerspreche ich auch nicht. Meine Kritik setzt an anderer Stelle an: Es gibt eine jüdische Auslegungstradition der Tora und die mündliche  Tora. (Die ersten Verschriftlichungen der mündlichen Tora befinden sich übrigens in den Evangelien, nur so). Doch dies alles wurde dann strikt verworfen und harsch abgelehnt. Diesen lebendigen Wurzelteil, diese Tradition, hat man abgelehnt.

 

Dass eines nicht ohne das andere gehen soll, das ist wesentlicher Anspruch katholischer (und orthodoxer) Lehre. So fußen beide Theologien im Wesentlichen auf der Tradition, das NT ist Produkt dieser Tradition. Doch beginnt diese Tradition eben NICHT im Judentum, sondern erfindet sich mit den Aposteln neu.

 

So hat man sich, entgegen Pauls ausdrücklichen Rat, seiner Wurzel entledigt.

 

Das ganze geschah dann Jahrhunderte später nochmal in der Reformation. Das Prinzip des 'Sola Scriptura' verwirft die Tradition zugunsten ausschließlicher Schriftauslegung. (Auch wenn Traditionen beibehalten werden können, wenn sie der Schrift nicht widersprechen, doch sind sie nie save.)

 

Zur Perfektion getrieben haben das die ZJ, die tatsächlich alle Traditionen des Christentums ablehnen und rein schriftbasiert arbeiten: Und es ist tatsächlich so, christliche Theologie verhält sich zum Judentum, wie ZJ Lehre zu Katholischer. Was im Klartext bedeutet, außer der gemeinsamen Schrift, die noch nicht mal ansatzweise ähnlich ausgelegt wird, gibt es keine Gemeinsamkeit.

 

Sola Scriptura des Tenach, das ist der tote Rest der Wurzel, die nicht mehr trägt, sondern durch eine komplette Neugestaltung ersetzt wurde.

bearbeitet von Higgs Boson
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vor 14 Stunden schrieb Cosifantutti:

Wie kommst du zu einer solchen Schlussfolgerung ? Hast du für diese Behauptung irgendwelche historischen Belege ? Das würde mich durchaus sehr interessieren...

 

Ganz einfach: Über weit mehr als tausend Jahre gab es keine Christen, die sich als Juden identifizierten, bzw. Juden, die sich als jesusgläubig identifizierten.

 

Das hat sich erst Ende des letzten Jahrhunderts geändert, doch von den heutigen, sogenannten messianischen Juden, gibt es kein historische Verbindung zu den Judenchristen des ersten Jahrhunderts.

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vor 9 Minuten schrieb Higgs Boson:

Es gibt eine jüdische Auslegungstradition der Tora

Ist es nicht vielmehr so, dass es (zumindest in apostolischer Zeit, keine Ahnung wie das heute ist) unterschiedliche Auslegungstraditionen gab, von denen manche im Christentum aufgegriffen werden, andere dagegen nicht?

Beispiel Auferstehung und Sadduzäer vs Pharisäer.

Dass die Entwicklung der jüdischen Auslegungstradition nach der apostolischen Zeit das Christentum nicht mehr beeinflusst hat, verwundert nicht, das ist aber ja auch keine Wurzel mehr, sondern ein anderer Spross dee gleichen Wurzel

 

Werner

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vor 3 Minuten schrieb Werner001:

Ist es nicht vielmehr so, dass es (zumindest in apostolischer Zeit, keine Ahnung wie das heute ist) unterschiedliche Auslegungstraditionen gab, von denen manche im Christentum aufgegriffen werden, andere dagegen nicht?

Beispiel Auferstehung und Sadduzäer vs Pharisäer.

Dass die Entwicklung der jüdischen Auslegungstradition nach der apostolischen Zeit das Christentum nicht mehr beeinflusst hat, verwundert nicht, das ist aber ja auch keine Wurzel mehr, sondern ein anderer Spross dee gleichen Wurzel

 

Das pharisäische (heute: orthodoxe) Judentum ist der gemeinsame Ausgangspunkt. Die Sadduzäer hatten es auch nicht so mit Auslegungstradtionen und dem -nach des Tenach. Sie kannten nur die Tora.

 

Wenn Du allerdings glaubst, beispielsweise christliche Auferstehung hätte irgendwas, außer dem gemeinsamen Wort, mit dem zu tun, was von jüdischer Seite darunter verstanden wird, hat sich noch nie wirklich damit auseinandergesetzt.

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15 hours ago, Cosifantutti said:

Wie kommst du zu einer solchen Schlussfolgerung ? Hast du für diese Behauptung irgendwelche historischen Belege ? Das würde mich durchaus sehr interessieren...

Literaturtip

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vor 22 Minuten schrieb Higgs Boson:

was von jüdischer Seite darunter verstanden wird

Heute oder vor 2000 Jahren? In beiden Fällen, jüdisch wie christlich

 

Werner

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vor 27 Minuten schrieb Werner001:

Heute oder vor 2000 Jahren? In beiden Fällen, jüdisch wie christlich

 

Auferstehung (jüdisch, orthodox), damals wie heute, bedeutet, Auferstehung hier, auf der Erde. Kein in den Himmel auffahren. Es ist eine 100%ig irdische Geschichte. Matthäus versucht das in 27,52+53 abzuhandeln. Meine erste Religionslehrerin hat daraus so eine Art Zombieapokalypse gemacht, sie war die Einzige, die sich mir gegenüber jemals zu diesen Versen überhaupt geäußert hat. Das wird für gewöhnlich totgeschwiegen.

 

Diese Auffassung wird auch heute noch so vertreten, das Christentum dagegen konnte damit nicht wirklich was anfangen und hat das ganze Thema im Laufe der Zeit ins Jenseits verlegt. Beibehalten hat man allerdings die Frage mit dem Körper, den man ganz dringend dazu braucht und erst in heutiger Zeit ist Feuerbestattung der Erdbestattung gleichgestellt.

bearbeitet von Higgs Boson
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vor 16 Minuten schrieb Higgs Boson:

Beibehalten hat man allerdings die Frage mit dem Körper, den man ganz dringend dazu braucht und erst in heutiger Zeit ist Feuerbestattung der Erdbestattung gleichgestellt.

Dass der irdische Körper „zu Staub wird“ kannst du bei jeder christlichen Beerdigung hören. Bei der Feuerbestattung ging es im reine Symbolik, sonst hätte man sie auch nicht so einfach wieder zulassen können

 

Werner

bearbeitet von Werner001
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vor 4 Minuten schrieb Werner001:

Dass der irdische Körper „zu Staub wird“ kannst du bei jeder christlichen Beerdigung hören. Bei der Feuerbestattung ging es im reine Symbolik, sonst hätte man sie auch nicht so einfach wieder zulassen können

 

Wusstest Du, dass Knochen übrigbleiben? Die verrotten extrem schlecht und werden bei Neubelegung von Grabplätzen gesondert entsorgt*). Aber um die Knochen gehts - wenigstens im Judentum (im Islam übrigens auch, auch wenn die Auffassung darüber, welcher Knochen es nun genau ist, an dem die Auferstehung beginnt, auseinander gehen.) Wegen dieser Knochen ist die Neubelegung von Gräbern in den beiden letzten Religionen auch praktisch nicht möglich.

 

(Es gab / gibt einige Lösungsansätze, wie mit dem dann auftretenden Platzmangel umgegangen werden kann, ist aber ein anderes Thema)

 

 

 

 

 

*) Auf unserem örtlichen Friedhof kann man gelegentlich solche Knochen finden, wenn der Gemeindearbeiter beim Sieben des Aushubs unterbrochen wird und dann tagelang nicht zurückkommt. Meine Große hat da mal einen Oberschenkelknochen entdeckt und der war wochenlang DIE Attraktion. Sie hat alle Freundinnen und Besucher erst mal auf den Friedhof gezerrt...

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vor 5 Minuten schrieb Higgs Boson:

Wusstest Du, dass Knochen übrigbleiben?

Ja, und ich weiß auch, dass es noch die Vorstellung gab, dass im Ewigen Leben lauter Skelette herumhüpfen.

Also braucht man einen neuen Leib, wenn man von einer leiblichen Auferstehung ausgeht.

Wenn ich dich recht verstehe, laufen  nach jüdischer Vorstellung dereinst mal die Skelette der Gerechten auf der Erde herum? 
Hmm

 

Werner

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vor 11 Minuten schrieb Werner001:

Ja, und ich weiß auch, dass es noch die Vorstellung gab, dass im Ewigen Leben lauter Skelette herumhüpfen.

Also braucht man einen neuen Leib, wenn man von einer leiblichen Auferstehung ausgeht.

Wenn ich dich recht verstehe, laufen  nach jüdischer Vorstellung dereinst mal die Skelette der Gerechten auf der Erde herum? 
Hmm

 

 

Äh, ne, lies Hesekiel 37. Die werden mit allem Drum und Dran ausgestattet. Und das ist auch das, was Matthäus wohl im Sinn hatte. Er beschreibt keine Zombieapokalypse, sondern Auferstehung im klassischen Muster.

 

Aber das passiert halt, wenn man Tradition verwirft...

bearbeitet von Higgs Boson
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vor 20 Minuten schrieb Higgs Boson:

 

 

Äh, ne, lies Hesekiel 37. Die werden mit allem Drum und Dran ausgestattet. Und das ist auch das, was Matthäus wohl im Sinn hatte. Er beschreibt keine Zombieapokalypse, sondern Auferstehung im klassischen Muster.

 

Aber das passiert halt, wenn man Tradition verwirft...

Also auch ein neuer Leib, genau wie im Christentum.

Die Frage, ob dann der neue Leib genauso aussieht wir der alte, wurde ja auch schon diskutiert. Den einzigen Unterschied sehe im Jenseits vs Diesseits. Wobei es im Diesseits ziemlich voll würde. Obwohl, so viele „Gerechte“ gibt es auch wieder nicht, nicht mal über die Jahrtausende. Und die anderen bleiben bei euch ja unter der Erde, oder?

 

Werner

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vor 25 Minuten schrieb Higgs Boson:

das, was Matthäus wohl im Sinn hatte. Er beschreibt keine Zombieapokalypse, sondern Auferstehung im klassischen Muster.

Er schreibt da aber von „Erscheinung“,

Das hört sich nicht nach Auferstehung mit irdischem Leib an. Eher nach def christlichen Vorstellung 

 

Werner

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vor 1 Minute schrieb Werner001:

Also auch ein neuer Leib, genau wie im Christentum.

Die Frage, ob dann der neue Leib genauso aussieht wir der alte, wurde ja auch schon diskutiert. Den einzigen Unterschied sehe im Jenseits vs Diesseits. Wobei es im Diesseits ziemlich voll würde. Obwohl, so viele „Gerechte“ gibt es auch wieder nicht, nicht mal über die Jahrtausende. Und die anderen bleiben bei euch ja unter der Erde, oder?

 

Ein neuer (irdischer) Leib mit alten Knochen. Es gibt so eine Diskussion, in welchem Zeitraum die Auferstehung stattfindet. Und es ist ja nicht so, dass dann alle ewig Leben, das ist es eben nicht.  Meines Wissens lebt man seine 120 Jahre fertig, und dann stirbt man endgültig.

 

Wieviele Gerechte es gibt? Egal, es gibt jedenfalls ein fettes Gedränge, wenn man Sukkot feiert, wenn Messias da ist, da trifft man sich nämlich in Jerusalem. Alle. Auf einmal. Ein fettes Gedränge schon deshalb, weil zu den Gerechten nicht nur Juden gehören, sondern alle Gerechte aus allen Völkern. Kann schon ein guter Haufen sein...

 

Was das Jenseits angeht, das ist außerhalb jeder Diskussion, da transzendent. So wie es sein soll. Aber das steht allen offen.

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vor 10 Minuten schrieb Werner001:

Er schreibt da aber von „Erscheinung“,

Das hört sich nicht nach Auferstehung mit irdischem Leib an. Eher nach def christlichen Vorstellung

 

In irgendeinem Hymnus wird davon geschrieben, der Christus sei dem Petrus erschienen. Es ist ein üblicher Begriff für Auferstehung im NT. Wird oft im Zusammenhang mit dem Auferstandenen Jesus verwendet.

bearbeitet von Higgs Boson
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vor 1 Minute schrieb Higgs Boson:

 

In irgendeinem Hymnus wird davon geschrieben, der Christus sei dem Petrus erschienen - ein üblicher Begriff für Auferstehung im NT.

Ja genau, erschienen. Jemand, der durch Wände und geschlossene Türen gehen kann, der erscheint. Ein irdischer Leib mit den alten Knochen müsste wohl oder übel anklopfen.

Ja, jetzt kommt sicher der Thomas als Gegenbeispiel.

Vielleicht können wir uns darauf verständigen, dass es keiner weiß und es alle möglichen Spekulationen gibt.

 

Die eindeutige Jüdische Traditionslinie, mit der das Christentum gebrochen habe, scheint mir persönlich allerdings ein ebensolches frommes Märchen zu sein wie die christlicherseits immer wieder gern zitierte „von den Aposteln überlieferte und stets gleichbleibende Lehre der Kirche“

 

Werner

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vor 4 Stunden schrieb phyllis:

Nochmals: Du hast geschrieben: "Der andere Spross des Christentums, ua vom jüdischen Evangelisten Johannes repräsentiert, überlebte nicht lange.". 

 

Bist du denn nicht in der Lage, deine eigene Behauptung / These selber mit verständlichen Argumenten zu stützen ???? 

 

Dann kann ich ja demnächst auf einen Literaturtipp in spanischer oder portugiesischer Sprache verweisen.....

 

Man kann doch kirchengeschichtlich ganz sachlich und nüchtern feststellen, dass die Denkweise ( ganz spezielle  "Theologie" ) , aus der sich das Evangelium des Johannes und die Johannesbriefe speist, von Anfang an in der Kirche eine unglaublich große Bedeutung hatte. Gerade das Johannesevangelium wurde von Anfang an sehr hoch geschätzt wegen seinem ganz eigenen, originellen Zugang zur Botschaft Jesu. Und kaum überschätzen kann man die Bedeutung des Prologs in den christologischen Diskussionen des 3. - 5. Jahrhunderts. 

 

Kannst du mir irgend einen seriösen Theologen deutschsprachiger Herkunft nennen, der deine These in ähnlicher Weise vertritt ???

bearbeitet von Cosifantutti
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vor 3 Stunden schrieb Higgs Boson:

 

Das ist theoretisch richtig, dem widerspreche ich auch nicht. Meine Kritik setzt an anderer Stelle an: Es gibt eine jüdische Auslegungstradition der Tora und die mündliche  Tora. (Die ersten Verschriftlichungen der mündlichen Tora befinden sich übrigens in den Evangelien, nur so). Doch dies alles wurde dann strikt verworfen und harsch abgelehnt. Diesen lebendigen Wurzelteil, diese Tradition, hat man abgelehnt.

 

Dass eines nicht ohne das andere gehen soll, das ist wesentlicher Anspruch katholischer (und orthodoxer) Lehre. So fußen beide Theologien im Wesentlichen auf der Tradition, das NT ist Produkt dieser Tradition. Doch beginnt diese Tradition eben NICHT im Judentum, sondern erfindet sich mit den Aposteln neu.

 

So hat man sich, entgegen Pauls ausdrücklichen Rat, seiner Wurzel entledigt.

 

Das ganze geschah dann Jahrhunderte später nochmal in der Reformation. Das Prinzip des 'Sola Scriptura' verwirft die Tradition zugunsten ausschließlicher Schriftauslegung. (Auch wenn Traditionen beibehalten werden können, wenn sie der Schrift nicht widersprechen, doch sind sie nie save.)

 

Zur Perfektion getrieben haben das die ZJ, die tatsächlich alle Traditionen des Christentums ablehnen und rein schriftbasiert arbeiten: Und es ist tatsächlich so, christliche Theologie verhält sich zum Judentum, wie ZJ Lehre zu Katholischer. Was im Klartext bedeutet, außer der gemeinsamen Schrift, die noch nicht mal ansatzweise ähnlich ausgelegt wird, gibt es keine Gemeinsamkeit.

 

Sola Scriptura des Tenach, das ist der tote Rest der Wurzel, die nicht mehr trägt, sondern durch eine komplette Neugestaltung ersetzt wurde.

.....ich bin kein Protestant und halte auch das "Sola Scriptura" Prinzip für etwas sehr "unterkomplexes" und etwas oberflächliches, zu einfaches Denken, wenn man die Erkenntnisse der historisch-kritischen Bibelforschungen der letzten 250 Jahr anschaut. ( Sind doch die Schriften des Neuen Testament schon "geronnene" Tradition....) 

 

Außerdem bin ich der Meinung, dass Martin Luther überhaupt nicht begriffen hat, worum es im Judentum geht und er im Grunde das Judentum als "Gesetzesreligion" als rein negativen Zerrspiegel, als reine Negativfolie braucht, um seine Botschaft von der Rechtfertigung des Sünders allein "aus Glauben" umso leuchtender erscheinen zu lassen.

 

Luthers Streitschrift "Von den Juden und ihren Lügen" von 1543 war kein "Unfall", sondern die direkte Konsequenz aus seinen theologischen Einsichten.....

 

Das Luthers Sichtweise über das Judentum den Protestantismus bis weit ins 20. Jahrhundert beeinflusst hat, kann man etwa an der Auslegung des Römerbriefes von Ernst Käsemann sehen, immerhin seinerzeit einer der bedeutendsten Neutestamentler im deutschsprachigen Raum. Wie ein roter Faden zieht sich die Auslegung anhand der Wortpaare "Gesetz" - "Gnade"    ( "Werkgerechtigkeit" gegen "Gerechtigkeit durch die Gnade des Glaubens" ) Wobei Gesetz / Werkgerechtigkeit dem Judentum / der Katholischen Kirche zugeordnet wird, die Gerechtigkeit, die aus Gnade allein durch den Glauben kommt, wird dem Christentum in seiner protestantischen Ausprägung zugeordnet....

 

...heute sind wir doch - Gott sei Dank - doch schon etwas weiter.....

 

Nochmals: Die bleibende Wurzel des christlichen Glaubens ist der Glaube an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, die bleibende Wurzel ist die Geschichte Gottes mit seinem auserwählten Volk. Deshalb wurden auch bei der Kanonisierung - gegen die Absichten Markions - die Schriften, die die christliche Tradition als "Altes Testament" bezeichnet, in den christlichen  Kanon aufgenommen.

 

Ich möchte das gerne an zwei ganz einfachen Beispielen erläutern:

 

Die 150 Psalmen gehören zum unverzichtbaren Kernbestand des persönlichen Gebetes und dem gemeinsamen Gebet im Gottesdienst im Judentum und Christentum......

 

Das Hohelied der Liebe / Hohe Lied Salomos gehört ebenso zum Kernbestand der "gemeinsamen Wurzel" und ist wohl für Christentum und Judentum gleichermaßen das allerwichtigste Buch der Bibel, das "Auskunft" über "Gott" und seine Beziehung zu den Menschen geben kann, obwohl das Wort Gott in diesem Buch überhaupt nicht vorkommt.... Verschiedene Interpretationen, verschiedene Auslegungen schließen sich dabei nicht aus: Gott und sein Volk Israel, Gott und der einzelne Gläubige, Gott und die Seele des Menschen..etc... Freund- Freundin,  Braut - Bräutigam...... 

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vor 5 Stunden schrieb Cosifantutti:

Nochmals: Die bleibende Wurzel des christlichen Glaubens ist der Glaube an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, die bleibende Wurzel ist die Geschichte Gottes mit seinem auserwählten Volk. Deshalb wurden auch bei der Kanonisierung - gegen die Absichten Markions - die Schriften, die die christliche Tradition als "Altes Testament" bezeichnet, in den christlichen  Kanon aufgenommen.

 

Ja, um dann dank Substitutionstheologie über fast 2000 Jahre zu verkünden, der alte Bund sei durch den neuen ersetzt und das wahre auserwählte Volk Gottes sei nunmehr das christliche. Ich erinnere mich an die Darstellung im Bamberger Dom, der Domkapitular, der unsere Mädchengruppe unter seine geistlichen Fittiche genommen hatte, zeigte uns, obwohl es ihm saupeinlich war, die Darstellung von Ekklesia und Synagoge. Letztere ist blind, ihre Augen sind verbunden, die Kirche triumphiert über sie.

 

Mein Mann war neulich ziemlich überrascht, dass diese Haltung von der Kirche aufgegeben wurde, er hat sie noch im Religionsunterricht gelernt und wohl auch verinnerlicht. Seine Religionslehrer waren vorkonziliar...

 

Wozu das Volk Israel auserwählt ist, das wurde von christlicher Seite stets als: 'um Jesus, den Messias hervorzubringen' erklärt. Das waren dann schon die fortschrittlicheren Stimmen. Nach jüdischen Selbstverständnis besteht die Auserwählung allerdings darin, die ganze Welt zum Glauben an einen den einen Gott zu führen. Wobei dieser eine Gott natürlich nicht dreifaltig ist, nur um etwaigen Einwänden vorzubeugen, das würde sich ja schon im Christentum erfüllen. Und die Aufgabe besteht nicht darin, aktiv zu missionieren, sondern einfach Licht zu sein. Anbetracht der Tatsache, dass nur etwa 0,2% der Weltbevölkerung Juden sind, muss man sagen, sie sind dabei außerordentlich sichtbar und wahrnehmbar, wie sich das für ein Licht gehört.

 

Es gab noch andere Gründe, den Tenach in den christlichen Kanon aufzunehmen. Eine neue Religion hat kein Ansehen. Eine, die sich auf die alten Schriften der Juden stützt, schon mehr. Das war in den Anfängen des verfolgten Christentum ein nicht zu unterschätzender Vorteil.

 

Doch die Schriften ohne die dazugehörige Tradition und Auslegung? Wie ich schon schrieb, man machte einfach das, was die ZJ jetzt tun.

 

(Gegen die ZJ war Luther ein Traditionalist reinsten Wassers.)

 

PS: Beim Lied der Lieder / Shir haShirim hast Du weitgehend Recht, das Buch gibt kaum eine andere Interpretation her. Was die Psalmen / Tehillim angeht, die werden zwar gebetet, aber christlich interpretiert und gehen damit wieder in eine eigene, nicht jüdische Richtung. Ich sage übrigens nicht, dass man das nicht machen dürfe, es passt halt nicht zu diesem Die-Wurzel-trägt-dich-Ding.

bearbeitet von Higgs Boson
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Ohne das Christentum wäre das aktuelle Judentum vermutlich etwas unsichtbarer.

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vor 22 Minuten schrieb nannyogg57:

Ohne das Christentum wäre das aktuelle Judentum vermutlich etwas unsichtbarer.

Das ist eien steiel These - alternativ kann man eben so gut behaupten, dass er eine führende Religionsgemeinschaft wäre.

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31 minutes ago, nannyogg57 said:

Ohne das Christentum wäre das aktuelle Judentum vermutlich etwas unsichtbarer.

eines ist sicher, ohne das christentum haetten viel mehr juden laenger gelebt und waeren viel mehr juden am leben geblieben

wie sich das judentum entwickelt haette ist eine andere frage

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vor 1 Stunde schrieb Chrysologus:
vor 2 Stunden schrieb nannyogg57:

Ohne das Christentum wäre das aktuelle Judentum vermutlich etwas unsichtbarer.

Das ist eien steiel These - alternativ kann man eben so gut behaupten, dass er eine führende Religionsgemeinschaft wäre.

 

Das ist unwahrscheinlich. Ja, die Juden der Antike haben durchaus missioniert, aber das Judentum war von Anfang an die Religion eines Volkes, und entsprechend hoch waren die Hürden zur Aufnahme. Christentum wie Islam können durchaus als Versuch gedeutet werden, wesentliche Motive des Judentums "massentauglich" zu machen. 

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vor 6 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Das ist unwahrscheinlich. Ja, die Juden der Antike haben durchaus missioniert, aber das Judentum war von Anfang an die Religion eines Volkes, und entsprechend hoch waren die Hürden zur Aufnahme. Christentum wie Islam können durchaus als Versuch gedeutet werden, wesentliche Motive des Judentums "massentauglich" zu machen. 

Das kann man für "das Judentum" in den ersten beiden Jahrunderten so einfach nicht sagen - man muss sich hier hüten, Verhältnisse anderer Zeiten in diese Epoche zu projezieren. Aber das alte Spiel was-wäre-wenn führt selten zu etwas.

Der Erfolg des Christentums baute nicht unwesentlich auf einer Kombination von  Laxismus (Wegfall der Beschneidung und der Speisegebote) und Übernahme heidnischer Kulte (zB Isis) auf, es war im Unterschied zu vielen anderen (soweit wir die kennen) Kulten etwas für die ganze Familie (wohingegen Mithras nur etwas für Männer und Isis nur etwas für Frauen war) und es bediente offensichtlich ein Desiderat der Gesellschaft.

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vor 7 Minuten schrieb Chrysologus:

Der Erfolg des Christentums baute nicht unwesentlich auf einer Kombination von  Laxismus (Wegfall der Beschneidung und der Speisegebote) und Übernahme heidnischer Kulte (zB Isis) auf, es war im Unterschied zu vielen anderen (soweit wir die kennen) Kulten etwas für die ganze Familie (wohingegen Mithras nur etwas für Männer und Isis nur etwas für Frauen war) und es bediente offensichtlich ein Desiderat der Gesellschaft.

 

Es bediente vor allem das Legitimationsbedürfniss der Herrschenden. Die große Masse der Menschen hätten in allen Gegenden, in denen sich das Christentum ausbreitete, an ihren primären Kulten festgehalten, wenn man sie nur gelassen hätte. Der wesentliche Unterschied zwischen Christentum und all den anderen Kulten, auch den sekundären, war, daß das Christentum, kaum an der Macht, sich darangemacht hat, alle anderen Kulte zu beseitigen. Das hatte vorher kein anderer Kult versucht, und es ist seitdem schlechte Tradition geworden.

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