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Erschaffung der menschlichen Seele durch Gott bei der Zeugung?


Danny_S.

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Gott sei Dank sieht das die Kirche nicht so wie das vermeintliche biblische (alttestamentliche) Verständnis. Wobei es hier tatsächlich, zumindest vom Kontext her, um Rechtsfragen geht. Auf Grundlage des alttestamentlichen Befunds hat sich eine lange religiös-rechtliche Tradition, mit solchen Fragen umzugehen, im Judentum entwickelt, die sich auch im Talmud widerspiegelt. 

 

Aber nochmal zur Sache zurück: Die hier vorhin etwas barsch zurückgewiesene Stelle bei Jeremia (Jer 1,5) scheint mir ein Anhaltspunkt zu sein, der die kirchliche Position stützt. Wenn man ernst nimmt, dass es hier Gott selbst sein soll, der spricht, dann ist der Beginn des Lebens, der Anfang des Person-Seins und auch die Übertragung der Seele tatsächlich mit dem Zeitpunkt der Zeugung zu verknüpfen. Wie das rechtlich in der Zeit reflektiert wurde (die Exodus-Stelle dürfte so zu deuten sein), ist eine andere Frage. Wir müssen uns vor Augen halten, dass obwohl es hier um das Glaubenszeugnis des Volkes Isreal geht, es doch so etwas wie ein Fortschreiten, eine Entwicklung aufgrund tieferer Einsicht in die Offenbarung im Christentum gibt, die sich nicht nur auf die vertiefte Erkenntnis Gottes bezieht, sondern auch ein moralisches Höherstehen impliziert. 

 

Ich weiß, dass man betrübt darüber sein kann, dass sich die Kirche vorgeblich von der Schrift entfernt habe, aber die Argumentation der Kirche, um den Schutz des ungeborenen Lebens ab der Zeugung zu plausibilisieren, welche sich u. a. einer Rezeption der aristotelischen Potenzialitärsvorstellung bedient, kann man nur als sowohl philophisch stimmig als auch bibeltheologisch (siehe Jer 1,5) konsequent betrachten. 

 

Die Vorstellung dagegen, dass der Menschen Mensch im Vollsinne werde, wenn er seinen ersten Schnaufer tut, und aufhört Mensch zu sein, wenn er seinen letzten tut, ist nicht neu. Was die Implikationen für die Debatte um Abtreibungen angeht, dürfte klar sein, dass eine solche Argumentation kirchlicherseits nicht zustimmungsfähig sein kann. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 3 Minuten schrieb Studiosus:

Die hier vorhin etwas barsch zurückgewiesene Stelle bei Jeremia (Jer 1,5) scheint mir ein Anhaltspunkt zu sein, der die kirchliche Position stützt.

Diese Stelle spricht gegen die Zeugung (des Mannes) als Zeitpunkt. Biblisch und kirchlich war die Frau bis 1827 an der Zeugung eines Menschen NICHT beteiligt - und das weißt du. Sowohl die biblische als auch die kirchlich tradierte "Anthropologie" war jahrtausende lang in der Sache der menschlichen Sexualität und Fortpflanzung nachweislich falsch. Und in Jer 1,5 ist eben gerade nicht von der Zeugung (des Mannes) die Rede. Denn hier wird die Zeugung überhaupt nicht erwähnt, sondern nur explizit auf das "Hervorgehen aus dem Mutterschoß", also die Geburt (durch die Frau) verwiesen. Sieh selbst:  

Zitat

Jer 1,5
Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt, zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt.

 

Zitat

Wenn man ernst nimmt, dass es hier Gott selbst sein soll, der spricht, ...

Was wir annehmen ist irrelevant. Solches entscheidet allein das unantastbare, supreme Lehramt der Kirche.

 

Zitat

... , dann ist der Beginn des Lebens, der Anfang des Person-Seins und auch die Übertragung der Seele tatsächlich mit dem Zeitpunkt der Zeugung zu verknüpfen.

Weil in Jer 1,5 nicht von der Zeugung durch den Mann sondern von der Geburt durch die Frau die Rede ist, und Zeugung in der Bibel etwas anderes bedeutet als in der Realität? Alles klar.  

 

 

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vor 14 Minuten schrieb Studiosus:

Ich weiß, dass man betrübt darüber sein kann, dass sich die Kirche vorgeblich von der Schrift entfernt habe, aber die Argumentation der Kirche, um den Schutz des ungeborenen Lebens ab der Zeugung zu plausibilisieren, welche sich u. a. einer Rezeption der aristotelischen Potenzialitärsvorstellung bedient, kann man nur als sowohl philophisch stimmig als auch bibeltheologisch (siehe Jer 1,5) konsequent betrachten. 

Betrübt? Es ist ja weiß Gott nicht der einzige Punkt an dem die griechische Philosophie ins biblische Denken eingebrochen ist und uns dieser Einbruch heute als göttliche Vorsehung verkauft wird.

 

Was übrigens nichts daran ändert, daß Jer 1,5 viele, viele Fragen aufwirft. Wir die Begriffe "kennen" und "formen" hier zu verstehen sind - Adam wurde geformt und dann durch den Hauch Gottes zum Leben erweckt, also zwei verschiedene Vorgänge - ist da nur das eine, das andere ist die sehr viel kompliziertere Frage nach der vom Körper unabhängig existenten Geistseele vor der Zeugung, nach der Geburt und nach dem Tod.

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Ich muss zugeben, dass ich den KKK ziemlich selten benutze, aber eben hat es mich dann doch interessiert, was er mit der Jeremia-Stelle macht. Und siehe da, wenig überraschend taucht sie im erwarteten Zusammenhang auf:

 

"Abtreibung

2270 Das menschliche Leben ist vom Augenblick der Empfängnis an absolut zu achten und zu schützen. Schon im ersten Augenblick seines Daseins sind dem menschlichen Wesen die Rechte der Person zuzuerkennen, darunter das unverletzliche Recht jedes unschuldigen Wesens auf das Leben [Vgl. DnV 1,1.].
 

„Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt" (Jer 1,5) [Vgl. Ijob 10,812; Ps 22,10-11.].
 

„Als ich geformt wurde im Dunkeln, kunstvoll gewirkt in den Tiefen der Erde, waren meine Glieder dir nicht verborgen" (Ps 139,15)."

bearbeitet von Studiosus
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vor 37 Minuten schrieb Studiosus:

Ich weiß, dass man betrübt darüber sein kann, dass sich die Kirche vorgeblich von der Schrift entfernt habe, aber die Argumentation der Kirche, um den Schutz des unberonen Lebens ab der Zeugung zu plausibilisieren, welche sich u. a. einer Rezeption der aristotelischen Potenzialitärsvorstellung bedient, kann man nur als sowohl philophisch stimmig als auch bibeltheologisch (siehe Jer 1,5) konsequent betrachten. 

Wenn man es so nicht betrachten kann, kann man sich auch nicht darüber betrüben. Denn kein Mensch, auch Aristoteles nicht, wusste vor 1827 was eine Befruchtung der Eizelle durch den Samen ist. Unter Zeugung verstand der Philosoph Aristoteles wie auch die Heilige Mutter Kirche und alle Menschen des Altertums und des Mittelalters, das Einbringen des Samens, welcher den Menschen enthielt, in die Frau - also den Geschlechtsakt - aber nur wenn sich im Anschluss daran, auch eine Schwangerschaft und eine Lebendgeburt ergab. Ob eine Totgeburt damals als Zeugung gewertet wurde, oder nicht, ist eine interessante Fragestellung.

 

Philosophisch stimmig sind wahre Aussagen über die Zeugung. Die Aussagen der Menschen über die Zeugung im Mittelalter und Altertum waren keine wahren sondern nachweislich falsche Aussagen über die Fortpflanzung des Menschen - also philosophisch nicht stimmig. Der Bezug auf Jer 1,5 ist bibeltheologisch inkonsequent, weil darin von einer Zeugung nicht die Rede ist, weder im biblischen noch im naturwissenschaftlichen Verständnis. Stattdessen wird dort die Geburt eines Menschen erwähnt. 

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vor 1 Stunde schrieb Studiosus:

"Abtreibung

2270 Das menschliche Leben ist vom Augenblick der Empfängnis an absolut zu achten und zu schützen. Schon im ersten Augenblick seines Daseins sind dem menschlichen Wesen die Rechte der Person zuzuerkennen, darunter das unverletzliche Recht jedes unschuldigen Wesens auf das Leben [Vgl. DnV 1,1.].

Der Begriff Empfängnis entstammt ebenso wie das Wort Fort-Pflanzung der altertümlichen und biblischen Vorstellung, dass die Frau vom Mann den Samen inklusive Mensch (= also vermeintlich das "gesamte Erbgut") empfängt, analog dazu wie ein Acker vom Bauer mit dem ausgeworfenen Samen den Weizen (= tatsächlich das gesamte Erbgut) empfängt. Bei den Autoren des KKK kann man davon ausgehen, dass sie mit der Empfängnis die Befruchtung der Eizelle durch ein Spermium meinen, also die Kombination aus männlichem und weiblichen Erbgut - und sich somit auf die Humanwissenschaften berufen. Denn auf die Bibel können sie sich da nicht berufen, da die in ihr offenbarte Vorstellung, was bei der Zeugung bzw. Empfängnis passiert dazu im Widerspruch steht, demnach auch nicht bibeltheologisch stimmig sein kann.  

vor 1 Stunde schrieb Studiosus:

„Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt" (Jer 1,5) [Vgl. Ijob 10,812; Ps 22,10-11.].

Wenn man die altertümlichen Vorstellungen von Zeugung in der Bibel ernsthaft in Betracht zieht, muss man "im Mutterleib formen" durchaus auf den Geschlechtsakt und den Orgasmus des Mannes beziehen, während sich sein Glied beim Samenerguss im Mutterschoß befindet. Diese Wonne, die auch im Wort Eden (= Lustgarten) bei der Erschaffung des Menschen anklingt, hat schon etwas göttliches, und kann als die Empfindung der göttlichen Gegenwart interpretiert werden. Das hebräische Wort yatsar, welches hier und in Gen 2,7 mit "formen" übersetzt wird, hat einen weiten Bedeutungsumfang. 

Zitat

2 Kön 19,25 [EU2016] 
Hast du nicht gehört: / Vor langer Zeit habe ich es gemacht (= yatsar), / seit den Tagen der Vorzeit habe ich es so gefügt; / jetzt ließ ich es kommen. / Du bist es, der befestigte Städte / in öde Steinhaufen verwandelt.

Auch dieser Vers lässt sich in diesem Sinne deuten, dass der zukünftige Mensch, im Verständnis der biblischen Autoren, nicht bereits im Hoden, dem "Behälter" des Samens eines Mannes enthalten ist, sondern genau dann "aktiviert" wird, wenn Gott "es kommen" lässt.   

Zitat

Ps 139,16 [EU2016] 
Als ich noch gestaltlos war, *
sahen mich bereits deine Augen.
In deinem Buch sind sie alle verzeichnet: die Tage, *
die schon geformt (= yatsar) waren, als noch keiner von ihnen da war. 

 Hier wird yatsar gerade nicht als Formung im Hebräischen gebraucht, denn hier geht es um Denjenigen und Dasjenige, welches noch unförmig und daher gestaltlos ist. 

 

bearbeitet von Weihrauch
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Am 28.7.2023 um 13:47 schrieb Danny_S.:

Ein gutes Argument! 👍

Ich setze noch eins drauf: Wenn eine Frau nach einer Vergewaltigung schwanger wird, lässt Gott dies nicht nur zu, sondern er wirkt auch aktiv mit, dass es zu der Schwangerschaft kommt. Er bräuchte sich bloß weniger Arbeit zu machen und in einem solchen Fall auf die Erschaffung einer Seele zu verzichten, schon würde der Frau viel Leid erspart.

 

Und was, wenn Gott gar nicht aktiv jede einzelne menschliche Seele ins Dasein ruft? Was, wenn auch beim Mensdchen die Seele durch seine Hirnaktivität "erschaffen" wird? Ich sehe da keinen Widerspruch, denn Gott hat ja die Naturgesetze ins Dasein gerufen, mithin also dann auch diesen "Mechanismus", durch den die Seele entsteht. Damit ist im letzten doch wieder alles (wenn auch mittelbar) von Gott geschaffen. Damit ist dann auch das o.a. Schimpansen-Problem gelöst, da dessen Seele dann genauso ins Dasein kommt, wie die Menschliche - grundsätzlich, aber nicht einzeln von Gott geschaffen. Und dass Gott unsere Seelen dann zu sich ruft, "wenn die Herberge unserer irdischen Pilgerschaft zerfällt", ist damit auch nicht in Frage gestellt.

 

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vor 6 Stunden schrieb Studiosus:

"Abtreibung

2270 Das menschliche Leben ist vom Augenblick der Empfängnis an absolut zu achten und zu schützen. Schon im ersten Augenblick seines Daseins sind dem menschlichen Wesen die Rechte der Person zuzuerkennen, darunter das unverletzliche Recht jedes unschuldigen Wesens auf das Leben [Vgl. DnV 1,1.].

 

Das ist ja auch völlig richtig. Selbst das Bundesverfassungsgericht hat dem ungeborenen Leben dieses Recht zuerkannt - weswegen Abtreibung ja auch nicht legal, sondern lediglich straflos ist. Hat für mich aber nichts mit dem Zeitpunkt der "Beseelung" zu tun.

 

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Die kirchliche Ablehnung der Abtreibung nennt übrigens nicht die "Beseelung" als Grund für die Ablehnung. Daher verstehe ich den ständigen Rückgriff darauf nicht. Ungeborene oder frisch geborene Kinder (der Unterschied ist sehr willkürlich) zu töten oder sterben zu lassen, war (und ist!) was heidnisches.

Früher war es eher üblich, daß Heidnisches "getauft" und ins Christentum inkorporiert wurde, besonders Volksfeste.

Heutzutage versuchen manche das Umgekehrte, das Christliche wird paganisiert. Das ehemals Unchristliche wird zum Christlichen erklärt, indem man das Christliche aufgibt (wie die Heiligkeit des unschuldigen Lebens).

 

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vor 6 Minuten schrieb rorro:

Die kirchliche Ablehnung der Abtreibung nennt übrigens nicht die "Beseelung" als Grund für die Ablehnung.

Sondern?

 

vor 7 Minuten schrieb rorro:

Ungeborene oder frisch geborene Kinder (der Unterschied ist sehr willkürlich) zu töten oder sterben zu lassen, war (und ist!) was heidnisches.

Es war eine Methode der Bevölkerungsregulierung, kein religiöses Brauchtum.

 

"Heidnisch" kann sich hier also allenfalls deskriptiv auf die Mehrheitsgesellschaft als solche beziehen, aber nicht auf den Kult.

 

(Bei den Unmengen an paganen Elementen, die heute als urchristlich verstanden werden, finde ich die Empörung allerdings niedlich.)

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vor 5 Minuten schrieb Flo77:
vor 17 Minuten schrieb rorro:

Ungeborene oder frisch geborene Kinder (der Unterschied ist sehr willkürlich) zu töten oder sterben zu lassen, war (und ist!) was heidnisches.

Es war eine Methode der Bevölkerungsregulierung, kein religiöses Brauchtum.

 

Die übrigens unter dem Christentum ungehindert weiterging. Historiker haben vor kurzem Kirchenbücher durchstöbert und dabei ein auffälliges Mißverhältnis zwischen den Geschlechtern der Neugeborenen gefunden, Hinweis daraus, daß da in einigen Fällen „nachgeholfen“ wurde.

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vor 32 Minuten schrieb Flo77:

Sondern?

 

Ich frage mich manchmal, warum ich mich immer noch darüber wundere, daß manche ganz viel Meinung über die Kirche haben, ohne deren Dokumente dazu zu kennen.

 

Hier mal etwas nett post-konziliares, was gleichzeitig noch nicht von Ratzinger geprägt ist, damit nicht die übliche Denk-Schubladen aufspringen:

 

https://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_19741118_declaration-abortion_ge.html

 

Zitat

Es war eine Methode der Bevölkerungsregulierung, kein religiöses Brauchtum.

 

Ich habe nicht geschrieben, daß es religiöses Brauchtum gewesen sei, allerdings war es definitiv heidnisch.

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vor 16 Stunden schrieb Danny_S.:

 

Wenn ich gerschrieben hätte "nach protestantischem Verständnis", wäre Dein Verweis auf fehlende Bibelzitate vielleicht gerechtfertigt.

Die kath. Glaubenslehre beruht jedoch nicht allein auf der hl. Schrift, sondern auch auf der lehramtlichen Tradition der Kirche.

Siehe in unserem Zusammenhang u.a.: https://de.wikipedia.org/wiki/Kreatianismus

 

 

Der Verweis auf Ps 2,7 wirkt, gelinde gesagt, schon ein wenig an den Haaren herbeigezogen (getreu dem Motto: „Wir brauchen irgendeine Bibelstelle, mit der wir unsere Ansichten als biblisch fundiert begründen können") :

 

 

Die Dogmen von der unbefleckten Empfängnis Mariens und ihrer leiblichen Aufnahme in den Himmel lassen sich auch nur schwerlich durch Bibelstellen belegen. Über Maria sagt die hl. Schrift nur sehr, sehr wenig. Umso interessanter ist es vor diesem Hintergrund, was die Tradition aus Maria gemacht hat.

 

 

Tja, dann dürfen wir uns nicht wundern, dass der christliche Glaube in unserer westlichen Gesellschaft in zunehmenden Maße an Bedeutung verliert.

Die kath. Kirche ist doch keine Sekte, die sich nicht um die Erkenntnisse der Naturwissenschaften schert. Als Katholiken sind wir auch keine Evangelikalen, die ausschließlich ein wortwörtliches Verständnis der Schrift zulassen.

Wir müssen die wissenschaftlichen Erkenntnisse, - und dazu zählt u.a. nun einmal auch die Evolutionstheorie -, ernstnehmen. Tun wir das nicht, leisten wir gerade dadurch dem Atheismus Vorschub.

Ob die katholische Kirche (als die Glaubensgemeinschaft, die an eine "heilige röm.-kath- Kirche" glaubt und darunter die Amtskirche versteht) keine Sekte ist, erscheint mir wg. dieses Glaubensaspektes nicht so sicher. Wenn du dich jedoch auf die "lehramtlichen Tradition der Kirche" neben der Bibel berufst, dann solltest du dich auch mit deren Inhalten beschäftigen, weil der von dir konstruierte vermeintliche Gegensatz zwischen Naturwissenschaft und Glauben gar nicht existent ist und zudem deine Einlassung mit dem Einwand, welchen ich dir vorgetragen habe und welcher sich ausschließlich auf dein persönliches Begehren bezieht gar nichts zu tun hat, denn ich schrieb:

Zitat

Wenn ich deine Frage aber nicht isoliert betrachte, sondern berücksichtige, dass dein Begehr ist "von modernen, naturwissenschaftlich orientierten Menschen weiterhin als seriöser Gesprächspartner anerkennt zu werden", dann kann ich nur antworten, dass du dich entscheiden musst zwischen Gott und deinen weltlichen Begierden.

Mit keiner Silbe habe ich geschrieben, dass du die Naturwissenschaft negieren solltest, sondern ich bezog mich ausschließlich auf dein weltliches Begehren "von modernen, naturwissenschaftlich orientierten Menschen weiterhin als seriöser Gesprächspartner anerkennt zu werden"

bearbeitet von SteRo
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vor 16 Stunden schrieb Andreas23:

Und was, wenn Gott gar nicht aktiv jede einzelne menschliche Seele ins Dasein ruft? Was, wenn auch beim Mensdchen die Seele durch seine Hirnaktivität "erschaffen" wird? Ich sehe da keinen Widerspruch, denn Gott hat ja die Naturgesetze ins Dasein gerufen, mithin also dann auch diesen "Mechanismus", durch den die Seele entsteht. Damit ist im letzten doch wieder alles (wenn auch mittelbar) von Gott geschaffen. Damit ist dann auch das o.a. Schimpansen-Problem gelöst, da dessen Seele dann genauso ins Dasein kommt, wie die Menschliche - grundsätzlich, aber nicht einzeln von Gott geschaffen. Und dass Gott unsere Seelen dann zu sich ruft, "wenn die Herberge unserer irdischen Pilgerschaft zerfällt", ist damit auch nicht in Frage gestellt.

 

Ein sehr interessanter Gedanke.

Vor einigen Jahren las ich in einem eschatologischen Sammelband einen Aufsatz von William Hasker, der einen solchen "emergenten Dualismus" vertritt. Im deutschen Sprachraum positioniert sich Uwe Meixner ganz ähnlich.

Womit ich ein Problem habe, das möchte ich an dieser Stelle nicht verschweigen, ist die Vorstellung, dass eine Ansammlung von Milliarden vor sich hin feuernder Neuronen ein Selbst mit einer Erste-Person-Perspektive hervorbringen soll. Konkret bedeutet das ja nichts anderes, als dass die Hirnaktivität etwas produziert, das wir gemeinhin als Seele bezeichnen, das dann seinerseits das Vermögen aufweist, die Feuerungsrate der Neuronen gezielt zu verändern, um bspw. Kontraktionen und Relaxationen der Muskeln hervorzurufen.
Im Unterschied zum Gehirn ist das Selbst zudem unteilbar.

Ich sage nicht, dass das unmöglich ist; es ist jedoch nicht nachvollziehbar (deshalb spricht man in diesem Kontext auch von einer starken Emergenz im Unterschied zur schwachen). Eines kann man jedoch mit Sicherheit sagen: Mit dem klassischen Billardkugelmodell der Materie können wird so etwas in keinster Weise erklären.


Die ganze Krux bei der Erörterung dieser Thematik liegt darin, dass es keinen Lösungsansatz zu geben scheint, der nicht seinerseits erhebliche neue Probleme hervorruft.

Was auf den ersten Blick plausibel erscheint, wirkt bei einer vertieften Betrachtung gelinde gesagt merkwürdig.

Die neuronalen Netze des Gehirns lassen sich in vergrößerter Form nachbauen: Alle Versuche dieser Art haben nicht zum Nachweis eines mit Bewusstsein ausgestatteten Selbst führen können. Dies legt zumindest die Vermutung nahe, dass das Selbst bzw. die Seele nicht aus der Materie emergiert, sondern anderen Ursprungs ist.

In diese Richtung deuten auch die Berichte von Außerkörperlichkeitserfahrungen, die es nahelegen, dass es etwas gibt, das sich zumindest temporär vom physischen Körper zu lösen vermag und zu nachträglich verifizierbaren Wahrnehmungen imstande ist.

bearbeitet von Danny_S.
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Am 28.7.2023 um 12:40 schrieb Danny_S.:

Dann erklären Sie doch mal einem naturwissenschaftlich orientierten Menschen, Gott würde bei der Zeugung eines Menschen eine unsterbliche Seele erschaffen.

Das Paradigma der heutigen Hirnforschung ist materialistisch und monistisch. Da gibt es überhaupt keine Seele, die den physischen Tod überdauert, weil alle mentalen Eigenschaften eine Folge der Hirnaktivität sind.

 

Nein. Materialismus und Monismus sind Positionen innerhalb der Philosophie des Geistes. Sie gehören nicht in den Bereich der Hirnforschung, denn sie sind mittels Hirnforschung nicht beweisbar oder widerlegbar. Mit der Hirnforschung sind in der Tat alle möglichen Thesen zum Verhältnis von "Psychischem" und "Physischem" vereinbar.

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vor 1 Stunde schrieb iskander:

Nein. Materialismus und Monismus sind Positionen innerhalb der Philosophie des Geistes. Sie gehören nicht in den Bereich der Hirnforschung, denn sie sind mittels Hirnforschung nicht beweisbar oder widerlegbar. Mit der Hirnforschung sind in der Tat alle möglichen Thesen zum Verhältnis von "Psychischem" und "Physischem" vereinbar.

 

Strenggenommen hast Du Recht.

Allerdings sind die meisten Hirnforscher Materialisten und Monisten, weil sich Mentales ausschließlich in Verbindung mit einem physischen Gehirn beobachten lässt.

Wer behauptet, Gott erschaffe bei der Zeugung eine Seele, muss vor allem eine Frage klären: Wie diese ohne Verletzung des Energie- und Impulserhaltungssatzes mit den neuronalen Strukturen des Gehirns interagiert.

Ich vermute, dass uns die Quantenphysik einen Ausweg weisen kann. Allerdings bin ich kein Physiker und vermag daher keine entsprechende Theorie zu formulieren.

An dieser Stelle zeigt es sich besonders deutlich, wie sehr die Theologie auf eine Zusammenarbeit mit den Naturwissenschaften, insbesondere mit der Physik (Chemie und Biologie sind letztlich nichts anderes als angewandte Physik), angewiesen ist.

 

 

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vor 56 Minuten schrieb Danny_S.:

Allerdings sind die meisten Hirnforscher Materialisten und Monisten [...]

 

Das sind m.E. weitgehend Modeerscheinungen. Im 19. Jh. war m.W. beispielsweise teilweise der Parallelismus zeitweise dominanter und wurde etwa auch prominent von Ernst Mach vertreten. Seitdem hat sich nach meinem Dafürhalten naturwissenschaftlich wenig verändert, was für diese Fragestellung (Geist-Materie-Problem) von größerer Relevanz wäre.

 

Zitat

[...] weil sich Mentales ausschließlich in Verbindung mit einem physischen Gehirn beobachten lässt.

 

Was einfach erst einmal ein Bedingungsverhältnis ist und entsprechend noch wenig Grundsätzliches darüber aussagt, was das Psychische "in sich" ist, und auch die Frage, wie das Verhältnis von psychischen und physischen Phänomenen aussieht, nur teilweise beantwortet.

 

Zitat

Wer behauptet, Gott erschaffe bei der Zeugung eine Seele, muss vor allem eine Frage klären: Wie diese ohne Verletzung des Energie- und Impulserhaltungssatzes mit den neuronalen Strukturen des Gehirns interagiert.

 

Das wenigstens wäre sicher kein Problem: Zum Beispiel könnte eine Interaktion der Seele mit dem Gehirn an einer Stelle gleichzeitig das Energieniveau erhöhen und an einer anderen vermindern, und entsprechend den einen Impuls verstärken und an einer anderen Stelle dämpfen, so dass alles (Energie, gesamt-Impuls) in der Summe jeweils gleich bleibt.

 

Vor allem aber sind Sätze wie der Energie- und der Impulserhaltungssatz letztlich auch nur Postulate. Es sind keine apriorischen Einsichten darüber, wie die Natur ist oder gar sein muss, sondern es sind Vermutungen, zu denen wir auf der Basis von Beobachtung und Induktion mithilfe von Verallgemeinerungen gelangen. Wir können nur annehmen und nicht wissen, dass/ob solche Gesetze beispielsweise für die ganze Natur gelten oder ob es spezifische Ausnahmen gibt.
 

Zitat

 

Ich vermute, dass uns die Quantenphysik einen Ausweg weisen kann. Allerdings bin ich kein Physiker und vermag daher keine entsprechende Theorie zu formulieren.

An dieser Stelle zeigt es sich besonders deutlich, wie sehr die Theologie auf eine Zusammenarbeit mit den Naturwissenschaften, insbesondere mit der Physik (Chemie und Biologie sind letztlich nichts anderes als angewandte Physik), angewiesen ist.

 

 

Dies wurde auch immer wieder ins Spiel gebracht. Ob das "philosophisch" wirklich zielführend ist, würde ich bezweifeln. Dazu, ob das physikalisch gesehen zielführend ist, kann ich mich nicht mit hinreichender Bestimmtheit äußern. Elitzur, ein Physiker, meint dazu:

 

"Others turned to quantum mechanics for help. QM, so it seems, has undermined determinism, hence an interference of qualia with the brain’s random macroscopic events may not violate physical law after all. Thus Eccles (1994) has invoked QM to allow free will to interfere with the neurons’ synapses without violating energy conservation. Other quantum-mechanical models were proposed by eminent physicists (e.g., Penrose, 1994; Stapp, 2009; Tuszynski, 2006). [...] The trouble, however, is that there is also a second law of thermodynamics, dealing with entropy increase. One of this law’s derivatives, associated with the famous 'Maxwell’s demon' paradox (Fanchon et al., 2009), says that it is impossible to introduce order into a disordered process without investing energy."

 

Allerdings hält er dies nicht für ein fatales Problem:

 

"While interactionist dualism makes evolutionary sense, its clash with conservation laws, so fundamental to physics, is an unavoidable price, and a heavy one. All I can say in reply is that as far as the reasoning in this article was sound, no consequence should be feared. In addition, let me point out that physics itself is beset by several paradoxes that indicate a future revolution. Basic notions like space, time and causality must be thoroughly revised in order to resolve some of modern physics’ longstanding paradoxes (Elitzur et al., 2005)."

 

Ich würde mich allerdings fragen, ob es nicht denkbar wäre, dass an einer Stelle die Ordnung zunimmt und an einer anderen abnimmt, so dass die Gesamt-Entropie zumindest gleich bleibt - dann wäre der Dualismus eben doch mit der universellen Geltung der gängigen Naturgesetze vereinbar.

 

Allerdings halte ich das wie gesagt grundsätzlich für den falschen Ansatz. Wenn man ohnehin postuliert, dass es eine nicht-physikalische Entität gibt, die auf die physikalische Welt Einfluss nimmt, wieso sollte man dann noch annehmen, dass an dieser Stelle Prinzipien gelten müssen, die rein im Hinblick auf die physikalische Welt formuliert wurden? Falls es plausibel ist, dass es eine nicht-körperliche Seele gibt, die den Körper beeinflusst, dann könnte es auch plausibel sein, dass genau an dieser Stelle die physikalischen Gesetze eben nicht gelten, eben weil hier dann die Seele auf die Physis einwirkt.

 

Natürlich gibt es ernsthafte Probleme beim (Substanz-)Dualismus (wie übrigens bei allen Theorien, die das Geist-Materie-Problem behandeln). Keine Frage. Nur würde ich diese Probleme nicht ausgerechnet in der Physik suchen.

bearbeitet von iskander
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vor 10 Stunden schrieb iskander:

Natürlich gibt es ernsthafte Probleme beim (Substanz-)Dualismus (wie übrigens bei allen Theorien, die das Geist-Materie-Problem behandeln). Keine Frage. Nur würde ich diese Probleme nicht ausgerechnet in der Physik suchen.

 

„Zur Metaphysik kommt man […], indem man beim Nachdenken über eine Sache dem Denken selbst den Vorrang vor der Sache gibt.“

(Rolf Helmut Foerster)

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vor 54 Minuten schrieb Marcellinus:

 

„Zur Metaphysik kommt man […], indem man beim Nachdenken über eine Sache dem Denken selbst den Vorrang vor der Sache gibt.“

(Rolf Helmut Foerster)

 

Du selbst vertrittst m.W. auch bestimmte inhaltliche Auffassungen zum Geist-Materie-Problem. Zumindest entsprechend der üblichen Begriffs-Verwendung dürften diese so "metaphyisch" sein wie jede andere Theorie, die das Verhältnis von Geist und Materie zu bestimmen und zu erklären versucht. Denn auch bei Deiner These handelt es sich um eine empirisch nicht prüfbare Theorie, für die man allein Argumente finden wird, die im üblichen Sprachgebrauch als "philosophisch" gelten. ;)

 

 

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vor 12 Stunden schrieb iskander:

Das wenigstens wäre sicher kein Problem: Zum Beispiel könnte eine Interaktion der Seele mit dem Gehirn an einer Stelle gleichzeitig das Energieniveau erhöhen und an einer anderen vermindern, und entsprechend den einen Impuls verstärken und an einer anderen Stelle dämpfen, so dass alles (Energie, gesamt-Impuls) in der Summe jeweils gleich bleibt. [...]

Ich würde mich allerdings fragen, ob es nicht denkbar wäre, dass an einer Stelle die Ordnung zunimmt und an einer anderen abnimmt, so dass die Gesamt-Entropie zumindest gleich bleibt - dann wäre der Dualismus eben doch mit der universellen Geltung der gängigen Naturgesetze vereinbar.

 

Dazu bedarf es aber einer plausiblen Theorie, die das Potential hat, von der Mehrheit der Quantenphysiker anerkannt zu werden.

Eccles Postulat, die Seele setze sich aus »Psychonen« zusammen, ist höchst fragwürdig. Außerdem müssen die quantenmechanischen Effekte, die möglicherweise an den Synapsen erfolgen, auf einen makrokosmischen Bereich durchschlagen, sonst bleiben sie wirkungslos.

Experimentell verifizieren lassen sich derartige Theorien ohnehin nicht, zmindest wüsste ich nicht wie.

 

vor 12 Stunden schrieb iskander:

Allerdings halte ich das wie gesagt grundsätzlich für den falschen Ansatz. Wenn man ohnehin postuliert, dass es eine nicht-physikalische Entität gibt, die auf die physikalische Welt Einfluss nimmt, wieso sollte man dann noch annehmen, dass an dieser Stelle Prinzipien gelten müssen, die rein im Hinblick auf die physikalische Welt formuliert wurden? Falls es plausibel ist, dass es eine nicht-körperliche Seele gibt, die den Körper beeinflusst, dann könnte es auch plausibel sein, dass genau an dieser Stelle die physikalischen Gesetze eben nicht gelten, eben weil hier dann die Seele auf die Physis einwirkt.

 

 

Das ist deshalb problematisch, weil Du damit postulierst, dass es im Kosmos Orte gibt, an denen die Naturgesetzte zumindest teilweise nicht gelten, namentlich in den Gehirnen von Menschen und Tieren. Das dürfte kaum auf Zuspruch unter Naturwissenschaftlern stoßen.

Bei der Frage, wie Gott in der Welt wirkt, stehen wir übrigens vor einem ganz ähnlichen Problem.

Der Glaube an die Existenz nicht-physischer Entitäten gehört zum Kernbestandteil des christlichen Glaubens: Gott ist per definitionem nicht Physisches und jedes Mal, wenn wir unser Glaubensbekenntnis sprechen, bringen wir damit zum Ausdruck, dass wir an einen Himmel bzw. an eine unsichtbare Welt glauben. Die Gemeinschaft der Heiligen, die wir um Fürsprache und damit um ein Eingreifen bitten, ist ebenso wenig physisch wie Engel und Dämonen.

Die Problematik liegt einfach darin, dass noch kein einziges Mal beobachtet worden ist, dass die Naturgesetze nicht gelten. Wenn Anomalien beobachtet werden (was durchaus vorkommt), erscheint es naheliegend, darin einen Messfehler zu erblicken. Kein seriöser Naturwissenschaftler würde jedefalls behaupten, ein Naturgesetz sei außer Kraft gesetzt worden. Täte er dies, würde er sich damit selbst diskreditieren und nicht mehr ernstgenommen werden.

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vor 48 Minuten schrieb iskander:

Du selbst vertrittst m.W. auch bestimmte inhaltliche Auffassungen zum Geist-Materie-Problem.

 

Hast du dafür mal ein Beispiel?

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vor 1 Stunde schrieb Marcellinus:

 

Hast du dafür mal ein Beispiel?

 

Gerne doch! Zitat Marcellinus:

 

Zitat

Sie alle haben gemeinsam, daß sie rollen können, eine Eigenschaft, die ihre Bestandteile nicht haben. So entsteht Neues, und das Stichwort dazu heißt Emergenz. Das ist der Grund, weshalb Reduktion nicht funktioniert. [...]

 

Genau das halte ich für einen Irrtum. Das "Psychische", wie du es so schön nennst, ist ohne das "Materielle" nicht denkbar. Es ist eine Funktion, die letztlich auf Atomen und Moleküle zurückgeht, aber in vielen Ebenen Funktionen hervorgebracht hat, die zwar auf den Eigenschaften von Atome und Moleküle zurückgehen, aber nicht auf sie reduziert werden können, obwohl sie ohne sie nicht möglich wären. 

 

Quelle

 

Dies scheint mir der Sache nach klarerweise ein nicht-reduktiver Materialismus zu sein, offenbar in der Emergenz-Variante:

 

"Als nichtreduktiver Materialismus werden in der Philosophie des Geistes verschiedene Theorieansätze bezeichnet, die zwei Thesen vertreten:

    A) Mentale Zustände sind keine immateriellen Entitäten.
    B ) Mentale Zustände lassen sich nicht auf physische Zustände reduzieren.

Im Wesentlichen werden die folgenden Positionen als nichtreduktive Materialismen angesehen:

    Der anomale Monismus von Donald Davidson.
    Emergenztheoretische Positionen.
    Manchmal auch der Funktionalismus, wobei dieser mentale Zustände durchaus reduzieren will, allerdings auf funktionale Zustände, die aufgrund der multiplen Realisierung nicht auf physische Zustände reduzierbar sein sollen."

https://de.wikipedia.org/wiki/Nichtreduktiver_Materialismus

 

Falls Deine Position dem Obigen nicht entspricht (in der Sache nicht entspricht, nicht nur eventuell in der Ausdrucksweise divergiert), gehört sie thematisch - jedenfalls nach der üblichen Terminologie - dennoch in die "Philosophie des Geistes".

 

Auch Deine Argumentation (wenn ich sie richtig verstehe und richtig rekonstruiere!) ist eine nicht-empirische bzw. philosophische. Sie sieht - erneut: wenn ich sie richtig verstehe - etwa so aus:

 

1) Psychische Zustände treten erfahrungsgemäß nur im Zusammenhang mit materiellen Vorgängen auf.

2) Wenn ein bestimmtes Phänomen B nur dann auftritt, wenn auch das Phänomen A auftritt, dann ist Phänomen B nur eine Funktion von Phänomen A. (Phänomen B wäre in diesem Fall das psychische "Ereignis", Phänomen A das begleitende physische "Ereignis".)

3) Also sind psychische "Ereignisse" eine reine "Funktion" materieller "Ereignisse".

 

(Die Annahme 2 kommt bei Dir nicht explizit vor, aber sie (oder eine ähnliche) ist unverzichtbar, damit man von 1) zu 3) gelangt, oder?)

 

Die zweite Prämisse - und auf die kommt es an - beschreibt einen angeblichen allgemeinen Zusammenhang, der zwischen der Abhängigkeit eines Phänomens von einem anderen und der Natur der Beziehung zwischen diesen Phänomenen bestehen soll.

 

Übrigens scheint mir die obige Argumentation nicht richtig zu sein, denn ich halte 2) für falsch. Aus der Tatsache, dass ein bestimmtes Phänomen B (soweit beobachtbar) nur dann auftritt, wenn auch das spezifische Phänomen A auftritt, folgt erst einmal nur, dass das Auftreten von A für das Auftreten von B offenbar eine notwendige Bedingung darstellt. Das lässt aber an und für sich erst mal einige Möglichkeiten für das Verhältnis von A und B offen. Ganz grob:

 

- A und B sind tatsächlich in einem gewissen Sinne verschieden, und B ist auch nicht auf A reduzierbar, aber A verursacht und bestimmt B vollständig. (Nicht-reduktiver Physikalismus und ähnliche Positionen.)

- A und B sind nur dem Anschein nach verschieden, in Wahrheit aber identisch, und B kann vollständig auf A reduziert werden. (Reduktiver Physikalismus.)

- A und B sind zwei reale Seiten ein und desselben zugrundeliegenden Prozesses. (Neutraler Monismus.)

- A und B sind verscheiden. A ermöglicht zwar das Auftreten von B, "verursacht" darüber hinausgehend aber B nicht und "bestimmt" es auch nicht vollständig. (Bestimmte Formen des Dualismus.)

- ...

 

 

 

bearbeitet von iskander
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Wenn man die Seele als das Betriebssystem des Menschen versteht, kann sie dann überhaupt außerhalb des Körpers existieren.

 

Auch wenn es sich bei dem Betriebssystem selbst um ein nichtgreifbares Bauteil handelt benötigt es doch grundsätzlich ein Trägermedium. Auch, wenn man es nach dem Verschrotten erhalten will.

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