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Reformstau in der römisch-katholischen Kirche - die alt-katholische Kirche als Ausweg?


Danny_S.

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vor 1 Minute schrieb iskander:

Anders als die Kirche. Die äußert ihre Argumente ja oft in ein oder zwei Zeilen, ohne ihre relevanten Begriffe zu klären und ohne die entscheidenden Prämissen auch nur explizit zu machen, geschweige denn zu diskutieren und zu rechtfertigen.

 

Korrekt, ganz anders als die Kirche.

 

Das Nachfolgende bitte nicht persönlich nehmen, es ist kein Angriff auf Dich. Ich nehme dein Bemühen, in wirklich feingliedrigen Darlegungen deine Punkte zu machen, durchaus zur Kenntnis. Das nur als Vorrede. 

 

Du hast keine Autorität, die über deine eigene Nasenspitze hinaus reicht. Ebenso wie Martel, Pfürtner, Wolf, Cornwell et. al., auf die Du Dich berufst, sie nicht haben. Ich habe sie auch nicht. Die Kirche hingegen hat die Autorität Christi. In dieser Autorität, dieser Vollmacht lehrt und diskutiert sie nicht. Und deshalb würde ich zu jeder Zeit des Tages der lehrenden Kirche den Vorzug vor deinen oder der anderen Genannten Darlegungen geben. 

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vor 17 Minuten schrieb Studiosus:

 

Vielleicht liegt hier der Hase im Pfeffer. 

 

Wer sagt, dass die Kritiker der kirchlichen Lehre Menschen guten Willens sind? 

 

Wobei überhaupt der Begriff der homines bonae voluntatis auslegungsbedürftig ist. 

Wenn etwas vernünftig nachvollziehbar ist, braucht man keinen guten Willen, nur Vernunft. Wenn es nur mit gutem Willen geht, erschließt es sich nicht durch Vernunft.

 

Da liegt der Hase im Pfeffer

 

Werner 

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vor 5 Minuten schrieb Studiosus:

Die Kirche hingegen hat die Autorität Christi.

Behauptet sie. Behaupten andere auch. Kann man glauben oder auch nicht. 
 

Werner

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vor 3 Minuten schrieb Studiosus:

Du hast keine Autorität, die über deine eigene Nasenspitze hinaus reicht. Ebenso wie Martel, Pfürtner, Wolf, Cornwell et. al., auf die Du Dich berufst, sie nicht haben. Ich habe sie auch nicht. Die Kirche hingegen hat die Autorität Christi. In dieser Autorität, dieser Vollmacht lehrt und diskutiert sie nicht. Und deshalb würde ich zu jeder Zeit des Tages der lehrenden Kirche den Vorzug vor deinen oder der anderen Genannten Darlegungen geben. 

 

Jede "Wahrheit" braucht einen, der sie ausspricht. Und dessen Autorität reicht auch nur bis zur eigenen Nasenspitze. Es sei denn, er betet die "Wahrheit" eines anderen nach. Autorität ist Glaubenssache, oder sie beruht auf Zwang. 

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vor 15 Minuten schrieb Studiosus:

Augustinus ist entgegen der eher ablehnenden Mehrheitsmeinung hier nicht nur ein herausragender Rhetoriker und ein Gigant der Philosophie und Theologie, sondern gerade wegen seiner Fehler und der sozusagen lebenslangen Buße dafür eine zutiefst menschliche Figur.

 

Und er nicht nur eine Misogynie und Leibfeindlichkeit mitbegründet, die selbst nach heutigen offiziell-katholischen Maßstäben strikt abzulehnen ist, sondern er war auch ein entscheidender Advokat für die religiöse Intoleranz und die staatliche Verfolgung Andersgläubiger.

 

Allerdings zählt das wohl nicht.

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vor 21 Minuten schrieb iskander:

Allerdings zählt das wohl nicht.

 

Man kann einzelne Aspekte einer Gesamtpersönlichkeit kritisch einordnen. Aber ja, unterm Strich zählt das nicht und ändert nichts daran, dass der Heilige Augustinus als einer der Väter der Kirche verehrt wird und als Kirchenlehrer seine Theologie, nicht in jedem Detail, aber en gros bis heute die katholische Kirche prägt. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 1 Stunde schrieb Studiosus:

Wie auch Lüdecke heute kommentierte sind die Positionen in Geschlechter- und Sexualitätsfragen tragende Säulen der innerkirchlichen Architektur. Wenn man hier etwas umkippt, dann bricht der ganze Laden zusammen. Das wissen, auch wenn sie persönlich anders denken, auch liberale Entscheidungsträger in der Kirche.

 

Wieso sollte das eigentlich so sein? Wie heute schon dargelegt, hat die Kirche ihre Sexuallehre doch ohnehin ziemlich radikal verändert? Man hätte doch genauso gut - oder vielleicht sogar mit noch viel mehr historischem Recht und viel glaubwürdigerer Berufung auf die Tradition - auch gegen frühere Änderungen so "anargumentieren" können?

 

vor 12 Minuten schrieb Studiosus:

Du hast keine Autorität, die über deine eigene Nasenspitze hinaus reicht. Ebenso wie Martel, Pfürtner, Wolf, Cornwell et. al., auf die Du Dich berufst, sie nicht haben. Ich habe sie auch nicht. Die Kirche hingegen hat die Autorität Christi. In dieser Autorität, dieser Vollmacht lehrt und diskutiert sie nicht. Und deshalb würde ich zu jeder Zeit des Tages der lehrenden Kirche den Vorzug vor deinen oder der anderen Genannten Darlegungen geben. 

 

Wenn man das glaubt, mag man das glauben. Das gilt dann aber nur für Glaubensfragen. Man kann aber beispielsweise die logische Struktur eines Argumentes darlegen und aufzeigen, welche Konklusionen sich aus welchen Prämissen ergeben oder nicht ergeben. Und da hat die Kirche nicht ein Iota mehr Autorität als jeder andere Mensch der zum logischen Denken befähigt ist. Höchstens könnte sie sagen, dass ihre Argumente anders gemeint seien, als es den Anschein hat, aber dann sollte sie eben auch sagen, wie diese gemeint sind.

Das ist halt die "Gefahr" für die Kirche: Wenn sie nicht einfach sagt, dass ihr diese und jene Lehre direkt von Gott offenbart wäre, sondern dass die Lehre L aus den Prinzipien A, B und C folge, dann kann man eben relativ einfach nachprüfen, ob L tatsächlich aus A, B und C folgt.

 

Ich könnte hier auch auf die Lehre des Thomas v. Aquin, dargestellt von Heinzmann, verweisen:

 

"Die Vernunft ist autonom; und das ist nicht eine gewagte These, die man aus christlicher Sicht gerade noch tolerieren könnte, sondern eine Grundforderung des Christentums. [...] Die Denkgesetze des Menschen und was davon deduziert wird, sind gültige und notwendige Voraussetzungen des Glaubens. Der Glaube bietet zwar neue, vom Menschen nicht ableitbare Inhalte, aber keine neuen Gesetze, mit denen diese Inhalte gedacht werden könnten. Glauben und Theologie bleiben also auf das natürliche Denken unablösbar verwiesen (Supra Boethium de Trinitate II). [...]  Darin zeigt sich die Eigenständigkeit, die Autonomie der Vernunft; sie ist die letzte kritische Instanz gegenüber dem Glauben."

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@iskander

 

Ja, dass die Vernunft autonom ist, würde ich nicht bestreiten. Und dass sie analog auch auf Glaubensmaterie angewandt werden kann auch nicht. Aber ich glaube, dass sich hier - d. h. zwischen Thomas von Aquin und Dir - bereits die Wege dort trennen, wo es um den Vernunftbegriff geht. Ich vermute Du hältst etwas anderes für "Vernunft" oder "vernünftig" als Thomas. 

 

Deshalb würde ich jeden herausfordern, die Probe aufs Exempel zu machen: Lege Dir doch einmal, ohne natürlich die gesamte Quaestio vorher zu lesen, eine der vielen Fragen, die in Thomas Summa (oder anderswo im Opus) auftaucht, vor und denke sie unter Rückgriff auf deine Vernunft selbständig durch. Ich würde Dir fast garantieren, dass Du in 80 Prozent aller Fälle auf eine andere Lösung kommst als der Aquinat. 

 

Was sagt uns das? Zwei Geister, durch die Scheidewand der Jahrhunderte getrennt, bearbeiten dieselbe Frage und beide unter dem Anspruch, eine vernünftige Antwort zu geben. 

 

Entweder dachte Thomas vernunftwidrig und Du vernunftgemäß oder umgekehrt. Oder, was wahrscheinlicher ist, ihr füllt den Begriff der Vernunft unterschiedlich. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 29 Minuten schrieb Studiosus:

Man kann einzelne Aspekte einer Gesamtpersönlichkeit kritisch einordnen. Aber ja, unterm Strich zählt das nicht  [...]. 

 

Mir sticht halt hier auch der Kontrast zu Deiner äußerst kritischen Haltung zu Pfürtner ins Auge. Du hast da auf der einen Seite einen Mann, der in Fragen von großer praktischer Bedeutung einen wirklich verheerenden Einfluss hatte; man denke nur daran, wie viele Menschen im Christentum religiösen Verfolgungen zum Opfer fielen. Da nun geistiger Pate zu sein, ist wahrlich nichts, was man sich ans Revers heften sollte. Eine Quelle - hier fehlt mir aber die Kompetenz für ein eigenes Urteil - kommt sogar zu folgendem vernichtenden Urteil:

 

"At one time, Christians performed deeds little different from those of ISIS today – amazingly with the explicit blessing of Augustine of Hippo, a Catholic saint and an influential leader of the Church in Roman North Africa. [...]

Well-documented Church history tells us that Augustine personally incited zealous monks who cut a swath across North Africa and the East. They destroyed pagan temples, terrorized Donatists, crushed the remnants of Gnostic communities and burned synagogues.

Flying squads of black clad mad monks swept through targeted districts – intoxicated by their own incessant loud chanting.

The calculated aim was to win converts by displays of power and militancy that intimidated the populace. Agitation and coercion were the methods."

 

Aber selbst wenn das falsch oder übertrieben wäre, wäre da genug da, was bedenklich stimmen muss.

 

Aber all das ist völlig irrelevant.

 

Pfürtner hingegen hat Menschen unter Einsatz seines Lebens Menschen gerettet - aber das ist ebenfalls irrelevant, wenn es um Sympathie oder Antipathie für seine Person geht. Relevant ist offenbar nur, dass er eine andere Meinung hatte als die Kirche. Und dass er daraus ehrlicherweise die Konsequenzen gezogen hat und trotz allem ein gläubiger Katholik bliebt, hilft ihm auch nicht weiter.

bearbeitet von iskander
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vor 6 Minuten schrieb Studiosus:

Entweder dachte Thomas vernunftwidrig und Du vernunftgemäß oder umgekehrt. Oder, was wahrscheinlicher ist, ihr füllt den Begriff der Vernunft unterschiedlich. 

 

Das glaube ich nicht. Wir hätten vermutlich sogar einen relativ ähnlichen Vernunft-Begriff; nur, was aus der Anwendung der Vernunft konkret folgt, da würden wir uns vermutlich ziemlich unterscheiden.

 

Trotzdem habe ich beispielsweise kaum Zweifel, dass Thomas es akzeptiert hätte, wenn man ihm detailliert dargelegt hätte, dass bestimmte Konklusionen einfach nicht aus bestimmten Prämissen folgen. Denn hätte zweifellos die (aristotelische) Logik nicht in Zweifel gezogen. (Die "Denkgesetze" dürften sich auch - oder insbesondere - auf die logischen Gesetze beziehen.) Er hätte gesehen, dass bestimmte Prämissen fehlen.

 

Ich nehme stark an, dass er dann versucht hätte, die fehlenden Prämissen zu ergänzen und irgendwie zu begründen. Wie er das gemacht hätte, wäre spannend geworden.

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vor einer Stunde schrieb Guppy:

Beim Nightfever möchte ich auch gerne mal sein. Dazu müsste ich aber genauso weit fahren. Habe mir schonmal eine Liste mit Städten angesehen, wo es Nightfever gibt. Die von mir aus am nächsten gelegene Städt wäre dieselbe, wo ich auch für die tridentinische Messe hingefahren bin.

 

Dann gehst du Samstag Abend zum Nightfever, übernachtest irgendwo und gehst dann Sonntag in die Tridentinische Messe. Dann hat sich der Weg auf jeden Fall gelohnt 😉.

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vor 28 Minuten schrieb iskander:

Wir hätten vermutlich sogar einen relativ ähnlichen Vernunft-Begriff; nur, was aus der Anwendung der Vernunft konkret folgt, da würden wir uns vermutlich ziemlich unterscheiden

 

Ich glaube das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wenn nicht der entscheidende.

 

Wenn Du konzedierst, dass man unter Anwendung derselben Vernunft zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen gelangen kann, wie kannst Du dann sagen, dass die Lehre der Kirche irrational ist? Wegen der universalen "Denkgesetze", der Logik? 

 

vor 28 Minuten schrieb iskander:

Ich nehme stark an, dass er dann versucht hätte, die fehlenden Prämissen zu ergänzen und irgendwie zu begründen.

 

Wenn Du das dem historischen Thomas zubilligen würdest, warum räumst Du das nicht auch dem kirchlichen Lehramt ein? Vielleicht gibt es auch dort fehlende Prämissen oder zu präzisierende Sachverhalte, die wir hier aufgrund der Komplexität einerseits und der teilweise nicht vollständig und tiefschürfend ausgeführten Argumentationsgänge der kirchenamtlichen Dokumente gar nicht alle überblicken können? Das würde vielleicht deinen bisher gewonnenen Eindruck, die Lehre der Kirche sei irrational oder logikwidrig, korrigieren oder relativieren. 

 

bearbeitet von Studiosus
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vor 2 Stunden schrieb Studiosus:

 

Ich glaube das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wenn nicht der entscheidende.

 

Wenn Du konzedierst, dass man unter Anwendung derselben Vernunft zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen gelangen kann, wie kannst Du dann sagen, dass die Lehre der Kirche irrational ist? Wegen der universalen "Denkgesetze", der Logik? 

 

 

Wenn Du das dem historischen Thomas zubilligen würdest, warum räumst Du das nicht auch dem kirchlichen Lehramt ein? Vielleicht gibt es auch dort fehlende Prämissen oder zu präzisierende Sachverhalte, die wir hier aufgrund der Komplexität einerseits und der teilweise nicht vollständig und tiefschürfend ausgeführten Argumentationsgänge der kirchenamtlichen Dokumente gar nicht alle überblicken können? Das würde vielleicht deinen bisher gewonnenen Eindruck, die Lehre der Kirche sei irrational oder logikwidrig, korrigieren oder relativieren. 

 

 

Ich würde Dir in zweierlei Hinsicht "entgegenkommen":

 

- Falls bestimmte Argumente der Kirche für eine bestimmte Lehre der Kirche falsch sein sollten, könnte die Lehre immer noch richtig sein.

 

- Die kirchliche Argumentation setzt, damit sie gültig ist, bestimmte implizite (unausgesprochene) Prämissen voraus. Diese Prämissen expliziert die Kirche nicht und sie begründet sie auch nicht (soweit ich den Überblick habe). Ich wüsste persönlich auch nicht, wie sie begründbar wären; allerdings könnte es natürlich in der Tat sein, dass es durchaus Begründungen für diese impliziten Prämissen gibt, und dass ich sie einfach übersehe. Dazu gleich mehr.

 

Vielleicht noch diese kurze Vorbemerkung: Jedes beliebige Argument, jede Beweisgang und auch jede alltägliche Überlegung, bei der man von dem einen das andere ableitet, ist logisch gesehen einfach ein "Schluss" und kann daher auch logisch im Hinblick auf Prämissen und Konklusion analysiert werden.

 

Die Sache klingt vielleicht "technisch", ist aber eigentlich einfach und lässt sich auch im vorliegenden Fall eigentlich sehr gut darstellen. Die kirchliche Argumentation zur "Naturwidrigkeit" sieht im Kern m.E. nämlich wie folgt aus oder ist effektiv mehr oder weniger äquivalent zu folgender Formulierung:

 

1) Gott will, dass der Mensch die Sexualität [zu bestimmten Zeiten, unter bestimmten Bedingungen] so gebraucht, dass Kinder entstehen (könnten).

4) Also will Gott, dass der Mensch die Sexualität NUR so gebraucht, dass Kinder entstehen (könnten).

 

[ 4) wäre hier die Konklusion.  2) und 3) gibt es hier bewusst noch nicht.]

 

Auf dieses obige Schema läuft es m.E hinaus. Wenn es beispielsweise heißt, dass der "Zweck" der Sexualität die Fortpflanzung sei, dann ist das ja nur relevant, weil aus dem Zweck wiederum Gottes Willen erkennbar ist und sich ein Satz wie 1) daraus ableiten lässt.

 

Nun ist das obige Schema für sich genommen kein gültiger Schluss. Denn aus der Aussage "A will, dass X geschieht" folgt für sich allein genommen erkennbar noch kein "A will, dass NUR X geschieht".

 

Ein (formal) gültiger Schluss, bei dem man mögliche implizite Prämissen explizit macht, könnte nun beispielsweise so aussehen:

 

1) Gott will, dass der Mensch die Sexualität so gebraucht, dass Kinder entstehen (könnten).

2) Wenn Gott dem Menschen eine Gabe gibt, will er, dass der Mensch sie NUR so gebraucht, dass jedes mit dieser Gabe verbundene Gut verwirklicht wird (werden könnte).

3) Die Sexualität ist solch eine Gabe, die Gott dem Menschen gegeben hat, und das Entstehen von Kindern ist ein mit dieser Gabe verbundenes Gut.

4) Also will Gott, dass der Mensch die Sexualität NUR so gebraucht, dass Kinder entstehen (könnten).

 

2) und 3) wären hier sozusagen "implizite Prämissen" - wobei 3) allerdings aus christlicher Sicht so selbstverständlich sein dürfte, dass man sie legitimerweise auch unausgesprochen lassen kann. (Damit der Schluss formal korrekt ist, habe ich es hier dennoch expliziert.)

 

Der Schluss ist in diesem Sinne gültig: Falls 1), 2) und 3) alle wahr sind, ist auch 4) wahr.

 

Die Frage, die sich sofort stellt, lautet aber natürlich: Ist 2) wahr? Wie will man 2) begründen?

 

Es wäre natürlich auch möglich, nur bezogen auf die Sexualität zu argumentieren, so als sei diese ein Spezialfall. Ein formal gültiger Schluss könnte dann so aussehen:

 

1) Gott will, dass der Mensch die Sexualität so gebraucht, dass Kinder entstehen (könnten).

2") Wenn Gott will, dass der Mensch die Sexualität so gebraucht, dass Kinder entstehen (könnten), dann will er auch, dass der Mensch die Sexualität NUR so gebraucht, dass Kinder entstehen (könnten).

3) [leer]

4) Also will Gott, dass der Mensch die Sexualität NUR so gebraucht, dass Kinder entstehen können.

 

Aber dann fragt man sich natürlich, wieso 2") wahr sein soll. Wieso gilt das entsprechend Prinzip dann offenbar allein im Bereich der Sexualität und nicht bezogen auf andere Güter?

 

(Wie man sieht, sind solche simplen, "semi-formalen" logischen Analysen ziemlich einfach und basal, um nicht zu sagen: banal.)

 

Im Hinblick auf die kritischen Prämissen 2) und 2") könnte ich formulieren, was ich in einem anderen Beitrag - dort findet sich auch eine ausführlichere Analyse - so ausgedrückt habe:

 

"Aber wie sollte die Begründung für diese Behauptung aussehen? Es scheint keine zu geben. Im Gegenteil ist es doch unplausibel, einem 'guten Gott' eine solch restriktive Haltung zu unterstellen. Schon wir als Menschen würden es normalerweise ja auch als kleinlich, wenn nicht sogar als schikanös betrachten, jemandem ein Geschenk zu machen und ihm dann ohne besonderen Grund vorzuschreiben, dass er es nur auf eine ganz bestimmte Weise benutzen darf. Wenn ich jemandem ein Buch gebe, und sei es zu dem einzigen Zweck, dass er es liest, verbiete ich ihm doch nicht, dass er es zum Beispiel auch mal als Schreibunterlage benutzt, wenn das sinnvoll ist. (Dasselbe gilt nicht nur für Geschenke, sondern auch für Leihgaben.)

Ein entsprechendes göttliches Verbot einer Benutzung der Sexualität für Akte, die keine Zeugung ermöglichen, aber auch niemandem schaden und niemandem ein Unrecht zufügen, hätte keinerlei erkennbaren Sinn und Nutzen."

 

Man könnte sich natürlich unmittelbar auf die Autorität der kirchl. Lehre berufen - aber dann braucht man eh kein Argument wie das obige, sondern kann gleich zum Ergebnis kommen. Außerdem wäre das dann auch kein Argument mehr, das jeder Mensch guten Willens selbständig einsehen könnte.

 

Es kann natürlich sein, dass ich etwas Entscheidende übersehe; aber falls das so ist, finde ich es schade, dass die Kirche dieses "Entscheidende" nirgendwo darlegt. Die "impliziten" Prämissen sind hier nämlich gerade das, worauf es ankäme. Die Begründung dieser Prämissen müsste m.E. eigentlich das Herzstück der kirchlichen Beweisführung Beweises sein, denn alle anderen Prämissen sind aus kath. Sicht wohl eh mehr oder weniger offensichtlich und unstrittig. Und doch finde ich diese impliziten Prämissen wie gesagt nirgendwo begründet oder auch nur genannt.

 

Das wird m.E. auch durch die vermeintliche "Komplexität" der Sachverhalte nicht gerechtfertigt. Erstens scheinen mir die Sachverhalte wie dargelegt gar nicht so komplex zu sein. Zudem macht das Weglassen des Nervus probandi, des entscheidenden Beweisstückes, die Sache nach meiner Überzeugung dunkel und sogar noch komplizierter, denn nun weiß man nicht, wie man den Beweis rekonstruieren sollte und kann höchstens spekulieren - wenn einem denn überhaupt Spekulationen in den Sinn kommen.

 

Es kann natürlich auch sein, dass ich bereits bei der Zusammenfassung der kirchlichen Argumentation einen Fehler gemacht habe - wobei ich diese allerdings auch anderswo mehr im Detail analysiert habe, zum Teil auch anhand des Wortlautes entsprechender Dokumente (siehe etwa den Thread zum oben verlinkten Beitrag).

 

Falls jedenfalls jemand einen Fehler bei mir findet oder mir sagen kann, welche impliziten Prämissen die Kirche genau setzt, und wie diese begründet werden. Hier bin ich! ^_^

 

(Eine denkbare Alternativ-Erklärung für meine hier dargelegten Schwierigkeiten wäre allerdings, dass meine Zusammenfassung der kirchl. Argumentation im Kern schon korrekt ist und dass es einfach gar keine ungenannten/impliziten Prämissen gibt - dann würde die kirchl. Argumentation aber eindeutig einen Fehlschluss darstellen.)

 

Was Thomas v. Aquin angeht, so habe ich es für extrem unwahrscheinlich, dass er abstreiten würde, dass die obige Argumentation ohne implizite Prämissen konklusiv ist. Höchstwahrscheinlich hätte er auf die Kritik vielmehr reagiert, indem er Argumente gesucht und gefunden hätte, die die Prämisse 2) oder die Prämisse 2") rechtfertigen sollen - oder ggf. andere geeignete implizite Prämissen, falls es diese geben sollte.

 

Ich habe allerdings den Verdacht, dass er entsprechende Argumente gefunden hätte, weil er sie hätte finden müssen, und dass man das der Qualität der Argumente auch angemerkt hätte - aber beweisen kann ich das natürlich nicht.

bearbeitet von iskander
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5 hours ago, Flo77 said:

eine wahrlich vertrauenswürdige Persönlichkeit

Und seit 1870 ist seine Lehre in der Form des Neo-Thomismus zur zentralen Methode der katholischen Theologie geworden. Siehe Aeterna Patris und Postquam Sanctissimus. Hundert Jahre lang hat sie alle anderen Formen des Denkens unterdrückt. Und interessanterweise wurde sie von den ziemlich konservativen Päpsten JPII und BXVI wieder in die Schublade gesteckt.

 

Die Theologie ist schon eine faszinierende Wissenschaft. Was gestern falsch (oder sogar Todsünde) war ist heute richtig. Und morgen wieder falsch. Ich fürchte, sowohl Aquinas als auch Kant rotieren in ihren Gräbern.

bearbeitet von Sucuarana
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vor 9 Stunden schrieb Guppy:

 

Es gibt auch Leute, die fahren für ganz andere Dinge quer durch Deutschland. Warum dann nicht für eine schöne, würdige, erhebende Heilige Messe?

Natürlich kann ich mir das finanziell nicht ständig leisten, aber wenn es mir möglich ist, mache ich das.

 

vor 9 Stunden schrieb Studiosus:

Aktuell fahren hunderte, wenn nicht tausende junge Menschen auch nach Wacken, um sich im Schlamm zu suhlen. Solange das zulässig ist, ist es alles andere auch. 

Von mir kein Widerspruch. 

Auch wenn ich mich frage: "🤦‍♂️Warum ausgerechnet tridentinisch?"

Nein, bitte keine Antwort darauf. Das verstehen zu wollen steht mir nicht zu.

 

Im Gegenteil! Wenn @Guppy darin ihre Gottesbegegegnung findet ist das doch wunderbar!

 

Wenn wir uns jetzt noch gegenseitig als Katholiken anerkennen, obwohl ich da anders gestrickt und auch einen von einer Frau geleiteten WGF (zumindest dann wenn er "rite-et-recte-mässig" nach dem Formular der DBK gehalten wird...) zu würdigen weiß... Ja, dann ist doch alles in Butter!

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Am 1.8.2023 um 17:52 schrieb Danny_S.:

Ich meine nein, weil Frauen ein ganz anderes Verhältnis zu Kindern haben.

Zum Beispiel weil es in von Nonnen geleiteten Kinderheimen keine Gewalt und keinen Missbrauch gab? Naiv ist noch das Netteste, was mir dazu einfällt...

 

https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/trier/kinder-im-ferienheim-im-hunsrueck-misshandelt-100.html

 

https://youtu.be/l2Smv3PspAY

 

https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/von-nonnen-missbraucht-jetzt-spricht-das-opfer-ld.2017712

 

 

 

 

 

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10 hours ago, Studiosus said:

Die Kirche hingegen hat die Autorität Christi. In dieser Autorität, dieser Vollmacht lehrt und diskutiert sie nicht. Und deshalb würde ich zu jeder Zeit des Tages der lehrenden Kirche den Vorzug vor deinen oder der anderen Genannten Darlegungen geben. 

 

Auch da wieder meine Nachfrage:

dass in einer freien, pluralistischen Gesellschaft dieser Anspruch ohne persönliche und institutionelle Glaubwürdigkeit fast bedeutungslos ist, scheint Dich und einige andere kaum (gar nicht?) zu berühren?

Für mich ist eine Kirche als quasi steriler „Wahrheitsapparat“ ziemlich unvorstellbar, und ehrlich gesagt, arbeitet sie so auch nicht.

Überall, wo sie noch in wirksamer Weise mit der Gesellschaft interagiert, stellt sie diesen Anspruch auch nicht in den Vordergrund, sondern eher infrage.

 

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vor 10 Stunden schrieb Studiosus:

Wer sagt, dass die Kritiker der kirchlichen Lehre Menschen guten Willens sind? 

Bei innerkirchlichen Kritikern gehe ich zunächst mal davon aus. Warum sollten sie die Kirche kritisieren (und nicht einfach verlassen), wenn sie sie nicht lieben?

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vor 10 Stunden schrieb Studiosus:

Du hast keine Autorität, die über deine eigene Nasenspitze hinaus reicht. Ebenso wie Martel, Pfürtner, Wolf, Cornwell et. al., auf die Du Dich berufst, sie nicht haben. Ich habe sie auch nicht. Die Kirche hingegen hat die Autorität Christi. In dieser Autorität, dieser Vollmacht lehrt und diskutiert sie nicht. Und deshalb würde ich zu jeder Zeit des Tages der lehrenden Kirche den Vorzug vor deinen oder der anderen Genannten Darlegungen geben. 

Autorität hat der, dem sie zugebilligt wird. Zu Zeiten des Antimodernismus mag sie eingefordert worden sein, heutzutage muß man sie durch Überzeugung gewinnen. Von daher teilen wir die notwendigen Prämissen nicht, was die Diskussion so zäh macht.

Und was die Kirchenlehre angeht: Ich weiß immer noch nicht, wo ich zuverlässig nachlesen kann, was denn die Kirche nun aktuell lehrt und was nicht (mehr).

 

vor 9 Stunden schrieb Studiosus:

Entweder dachte Thomas vernunftwidrig und Du vernunftgemäß oder umgekehrt. Oder, was wahrscheinlicher ist, ihr füllt den Begriff der Vernunft unterschiedlich. 

Weder, noch.

Ich denke, daß sich die (unausgesprochenen) Prämissen unterscheiden. Die Welt des Augustinus von Hippo ist einfach eine andere als die Welt des Iskander von Mykath. (Wobei ich, gut katholisch, behaupten würde, daß wir die 'Welt' heute einfach tiefer verstanden haben als das Augustinus damals möglich war.)

Ein weiterer Unterschied mag die unterschiedliche Bewertung von Prämissen sein. Rein formal (ohne daß ich ein Beispiel habe) mag es sein, daß von zwei sich widersprechenden Prämissen damals die eine, heute die andere bevorzugt wird.

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vor 6 Minuten schrieb Moriz:

Rein formal (ohne daß ich ein Beispiel habe) mag es sein, daß von zwei sich widersprechenden Prämissen damals die eine, heute die andere bevorzugt wird.

Ein theologisches Beispiel: damals war das Menschenbild, dass der Mensch zutiefst schlecht und böse ist, und nur durch extremste Anstrengung vielleicht gerettet werden kann. 
Heute sieht man das ja offenbar anders

 

Werner

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vor 3 Stunden schrieb Moriz:

Autorität hat der, dem sie zugebilligt wird...

Wir hatten einmal einen Lehrer über den gesagt wurde: Er war autoritär, aber keine Autorität. B)

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vor 3 Stunden schrieb Moriz:

Autorität hat der, dem sie zugebilligt wird. Zu Zeiten des Antimodernismus mag sie eingefordert worden sein, heutzutage muß man sie durch Überzeugung gewinnen.

 

Wie viele Kinder hast Du?

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vor 5 Minuten schrieb rorro:

 

Wie viele Kinder hast Du?

Stimmt, man kann sie auch durch Macht und Gewalt haben. Aber das funktioniert ja nun bei Kirchens auch nicht mehr so wie in der guten alten Zeit 

 

Werner

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vor 5 Minuten schrieb rorro:

 

Wie viele Kinder hast Du?

Drei - und spätestens seit ich sie nicht mehr übers Knie legen könnte, zählen Argumente und nicht brachiale Gewalt. Übrigens vice versa.

 

Soweit dürften unsere nicht auseinander sein, als das sich Deine noch alles  on Dir bieten lassen.

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Mein Verweis auf Autorität war übrigens eine vornehmlich theologische oder kirchenrechtliche Aussage. Im Bezugssystem "katholische Kirche" kommt in Abstufungen den verschiedenen Hierarchieebenen Autorität oder Vollmacht zu. Das ist einfach eine neutrale Beobachtung. Diese Autorität ist ihrerseits Ausfluss der von Christus der Kirche, insbesondere den Nachfolgern der Apostel, übergebenen Vollmacht. 

 

Inwieweit sich die Gläubigen dieser Autorität unterordnen oder nicht, das ist eine andere Fragestellung. Das ist eher der Bereich der Kirchensoziologie. 

bearbeitet von Studiosus
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