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Jeanne d'Arc


Mecky

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Mecky,

Sehr gut erzählt aber hast du all die Details aus dem Film? Ich hab ihn vor ein paar Monaten gesehen (auf englisch). Irgendwie oberflächlich, wie die meisten Filme, u.a sind zB im Buch zu Jurassic Park oder dem Exorzist viele wichtige/sinnvolle Details zur Story, die im Film dann untergehen. :angry:

 

Gibt’s ein Buch zu dem Film? Und wie ist der 100-jährige Krieg überhaupt ausgegangen? Wurden am Schluß nicht noch Teile von Deutschland und die Schweiz mit hineingezogen?

 

Gruß

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doch kein Mecky, Mecky :angry:

 

obwohl ich die Geschichte eigentlich fast auswendig kenne :blink: , ist sie immer wieder beeindruckend.

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Mut vor dem Hexengericht

Jeanne wird in Ketten hereingeführt, und sofort beginnt Cauchon, in sie einzudringen.

 

„Wie ist Deine Gemütsverfassung?“

 

„Sie wäre besser, wenn ich in kirchlichem Gewahrsam wäre, wie es mir zusteht, und frei von diesen Ketten. Man hat mir einen Advokaten verweigert. Ich bin die einzige Zeugin zu meiner Verteidigung.“

 

Es fällt Cauchon nicht schwer, hier gerecht zu erkennen, dass dies stimmt. Gerne bietet er ihr an, aus den Reihen der anwesenden (englischen) Kleriker einen Verteidiger auszuwählen. Der würde ihn nicht bei seinem eigentlichen Anliegen stören.

 

Doch Jeanne ist nicht das verängstigte Opfer eines Hexenprozesses, das verzweifelt um sein Leben ringt.

 

„Ihr gewährt mir einen Verteidiger als Schutz? So, wie Ihr einem Lamm anbieten würdet, Zuflucht bei einem Wolf zu suchen?“

 

Ein Raunen geht durch die Menge. Sie hat Mut. Aber nicht genug damit. Als Cauchon sie auffordert, sich niederzuknien und zu schwören, dass sie vor Gericht alle Fragen, die ihr gestellt werden, wahrheitsgemäß beantworten werde, erwidert sie schlicht:

 

„NEIN!“

 

Wieder wird es laut im Gerichtssaal. Unerhört! Doch sie fährt fort.

 

„Ich weiß ja nicht, was ihr mich fragen werdet. Vielleicht sind Dinge darunter, die ich nicht verraten darf. Ich will gern auf alles antworten, Bischof, ausgenommen, was die Offenbarung an meinen König angeht.“

 

Jetzt muss Cauchon einsehen, dass er kein leichtes Spiel haben wird. Gerade über die Dinge, die ihn am meisten interessieren, will sie schweigen. Erst auf das Zuraten des Inquisitors lässt er Jeanne den Wahrheitseid so schwören, wie sie ihn für vertretbar hält.

 

(Sowohl die Weigerung, einen Advokaten anzunehmen, als auch die Weigerung, auf alle Fragen zu antworten sind übrigens geschichtlich. Die Prozessakten des Hexenprozesses sind bis heute erhalten.)

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Cauchon umkreist Jeanne

Nun übernimmt de Maitre die Initiative – vorerst durch den Gerichtsassessor, einen schmierigen, jungen Mönche, dem der Ehrgeiz ins Gesicht geschrieben steht. Seine Taktik besteht darin, Jeanne anhand einer an sich belanglosen Frage der Kirchenuntreue zu überführen.

 

„Hat Gott euch befohlen, Männerkleider anzulegen?“

 

„Meine Kleidung ist eine geringfügige Sache, das sollte an letzter Stelle stehen. Aber es geschah, weil der Herr es geboten hat.“

 

„Würdet Ihr Frauenkleider tragen, wenn wir sie Euch gäben?“

 

Er testet ihren Stolz. Doch Jeanne ist schlagfertiger, als er gedacht hat.

 

„Schickt mich heim zu meiner Mutter, und ich trage alles, was Ihr wollt!“

 

Gelächter im Raum. Sie hat die Lacher auf ihrer Seite.

 

Es ist eine gute Gelegenheit für Cauchon, nun selbst vorzudringen und zum Thema seines Interesses zu wechseln.

 

„Wann hat das mit den Stimmen angefangen?

Wer sprach zu Dir?“

 

„Die heilige Katharina und die heilige Margarita.“

 

„Woher weißt du das?“

 

Sie haben es mir gesagt.

 

„Wer sprach noch zu dir?“

 

„Der heilige Michael“.

 

„Sind sie dabei erschienen?“

 

„Ja, sie sind mir erschienen.“

 

„Was sagen sie Euch?“

 

Jeanne ist genervt. All diese Fragen hat sie schon längst beantwortet. Cauchon kennt den Bericht der Inquisition in Poitiers. Die Kirche hat bereits ihren Segen dazu gegeben.

 

Jeanne erhebt sich: „Sie sagen mir, dass, noch bevor sieben Jahre um sind, Unheil über die Engländer kommen wird und dass England seine Gebiete in Frankreich verliert.“

 

Sollte jemand gedacht haben, dass Jeanne versucht, das Publikum auf ihre Seite zu bekommen, so sieht er sich nun enttäuscht. Diese Vorhersage ist für alle anwesenden Engländer eine Provokation. Wieder wird es laut im Saal, diesmal aber aus Wut gegenüber Jeanne.

 

Cauchon umkreist nun Jeanne, die auf einem niedrigen Hocker sitzt, wie ein Geier seine Beute und stellt eine Frage nach der nächsten. Und Jeanne scheint keine Nerven zu kennen. So schnell, wie er fragt, gibt sie die Antworten.

 

„Wann hast Du Deine Stimmen zuletzt gehört?“

 

„Gestern abend und heute morgen wieder.“

 

„Wie oft hörst Du sie?“

 

„Es vergeht kein Tag, an dem ich sie nicht höre.“

 

„Rufst Du sie, oder kommen sie auch, wenn Du sie nicht rufst?“

 

„Sehr oft kommen sie, ohne mein Rufen. Manchmal muss ich zu unserem Herrn beten, dass er sie schickt.“

 

„Sind sie jemals nicht gekommen?“

 

„Wenn ich sie sehr nötig habe, kommen sie immer.“

 

„Um was bittest Du Deine Stimmen?“

 

„Zur Zeit bitte ich sie um drei Dinge:

dass Gott weiterhin den Franzosen beisteht,

um meine Befreiung

und um das Heil meiner Seele.“

 

Bisher war für Cauchon noch nicht das Passende dabei. Wo ist das Geheimnis ihrer unglaublichen Sicherheit, gerade jetzt, da es um ihr Leben geht. Er wird existenzieller.

 

„Deine Stimmen haben Dir viel gesagt. Haben sie Dir auch gesagt, dass Du gerettet werden würdest? Was genau haben sie Dir gesagt?“

 

Dies gibt Jeanne die Gelegenheit, eine Botschaft anzubringen, die nicht minder existenziell ist. Sie stoppt den Rundlauf des Bischofs, indem sie aufsteht und sich im in den Weg stellt, so dass sie Gesicht gegen Gesicht voreinander stehen.

 

„Mein Ratgeber hat mir aufgetragen, Euch zu warnen. Ihr seid in großer Gefahr.“

 

Cauchons Augen weiten sich. Ganz dicht geht er an sie heran.

 

„Welcher Art ist diese große Gefahr?“

 

„Wenn Ihr mich richtet, dann werdet ihr das an Leib und Seele büßen!“

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Lieber Cüeni!

 

Die Details sind wohl alle aus dem Film - aber wie gesagt: Ich schreibe nicht einfach eine Dokumentation, sondern interpretiere. Die Personen- und Rollenerklärungen sowie die Aufschlüsselung der Dialoge stammen von mir, lehnen sich aber an den Film an.

 

Als ich den Film zum ersten mal sah, da hab ich ihn auch erst einmal ad acta gelegt. Erst, als ich in den Pfingstferien meine Videosammlung auf Vordermann gebracht habe, ist er mir noch einmal in die Hände gefallen. Ich habe gerade nach einem guten Firmprojekt gesucht, das ich vorschlagen könnte. Und dann hat es, als ich den Film noch einmal gesehen habe, sofort richtig "PENG" gemacht und ich konnte nicht verstehen, wie ich bisher an diesem Film so achtlos vorüber gehen konnte.

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Lieber Mecky,

 

ist das alles von Dir selbst formuliert und eingetippt? :angry:

Wow, das ist ja schon eine Doktorarbeit!

An dieser Stelle ein ganz dickes

 

Danke schön!

 

Ich wollte schon anfangen zu drängeln, endlich auch das Ende des Filmes bekanntzugeben, das Warten auf die Fortsetzung ist echt hart, aber wenn das so ist .... dann bringe ich doch noch etwas Geduld auf.

Und Advent ist eh die Zeit des Wartens :blink:

 

Liebe Grüße, Gabriele

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Cauchon will in das Zentrum vordringen

Immer noch ist Cauchon nicht dorthin gekommen, wo er hinkommen will. Er bräuchte eine klare, eindeutige Antwort, einen Beweis, eine Bezeugbarkeit für ihre Stimmen. Er ist jetzt weiter davon entfernt, als je zu vor.

Jeannes Worte klingen doch allzu sehr nach einer leeren Drohung, die ihn einschüchtern soll. Cauchon schluckt trotzdem. Er WEIß ja noch nicht, ob diese Stimmen von Gott sind, oder vom Verwirrer der Seelen, dem Satan.

 

Cauchon stockt, und wieder ergreift der junge Gerichtsassessor die Initiative; diesmal ganz im Sinne Cauchons. Er zielt mit seiner Frage dorthin, wo es konkreter werden kann.

 

„Welches Zeichen habt Ihr dem Dauphin gegeben?“

 

„Fragt Charles!“, gibt sie zurück und sofort dringt Cauchon wieder in sie ein.

 

„Ich frage Dich!“, gibt Cauchon direkt zurück. Sein Gesicht ist angespannt. Hier, ja hier, könnte etwas sein.

 

„Ich darf es Euch nicht sagen! Vielleicht irgendwann.“

 

Fehlanzeige. Cauchon ist enttäuscht. Genau an das, was er wissen will, lässt sie ihn nicht heran. Das macht ihn so wütend, dass er die Beherrschung verliert. „In die Folterkammer mit ihr!“

Er packt Jeanne und zerrt sie in richtung der Folterkammer. Sein Zorn ist allen im Gerichtssaal ein Rätsel. Aber sie hat ihn am wunden Punkt erwischt: Sie hat ihm den Zugang zu ihrem Geheimnis versperrt.

Roh wird sie von den Folterknechten gegen die Räderbank gepresst.

 

„Du wirst alles enthüllen,“ schreit er sie dort an, „oder Bruder de Maitre wird es aus Dir herauspressen auf seine Weise!“

 

„Wenn ihr mich foltert werde ich vor Schmerzen reden. Aber hinterher werde ich alles leugnen!“

 

Flehentlich schaut sie ihn an – und plötzlich stehen sich wieder Vater und Tochter gegenüber.

 

„Warum bestraft ihr mich, dass ich mit Gott rede? Warum?“

 

Und ein erstes Mal in diesem Prozess ist Cauchon über sich selbst erschüttert. Was wollte er gerade tun? Er wollte Jeanne gnadenlos foltern lassen. Er wollte ihr Inneres körperlich aus ihr herauspressen und sich an ihrem Geheimnis weiden, so wie ein Vergewaltiger sich an der Verzweiflung seines Opfers weidet. Entsetzt über sich selbst wendet er sich ab und stöhnt nur noch halblaut:

 

„Zurück in den Kerker mit ihr!“

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Cauchon kommt unter Druck

De Maitre hat natürlich bemerkt, dass hier etwas nicht stimmt. Der Bischof hat völlig überreagiert. Als Jeanne abgeführt und die Verhandlung unterbrochen wird, tritt er scheinheilig besorgt und doch triumphierend neben Cauchon: „Diese Verhandlung scheint Euch über Gebühr nahe zu gehen, Bruder Cauchon!“

Cauchon hat nun auch noch selbst seine Position unterminiert. Nur wenig, und Bruder De Maitre kann ihm Befangenheit vorwerfen.

 

Aber Cauchon wird auch noch von anderer Seite unter Druck gesetzt. Nach einigen wenigen Gerichtstagen kommt der englische Regent, um den Fortschritt des Verfahrens zu inspizieren.

 

„Warum zieht sich das so lange hin? Ich habt genug Beweise um zehn Ketzer zu verbrennen!“

 

„Der Kirche ist wenig gelegen an den englischen Interessen – nur daran, Jeannes Seele zu erretten!“

 

„Ich habe einen hohen Preis für diese Hexe bezahlt, und ich will ihren Tod. Wenn die Kirche sie davonkommen lässt…“

 

doch diese Worte treffen Cauchon auf der völlig falschen Seite.

 

„Wenn die Kirche sie davonkommen lässt!“, äfft er nach. „Gott gnade jedem, der ihr auch nur ein Haar krümmt.“

 

Augenscheinlich toben in Bischof Cauchon wilde Kämpfe. Wütend wendet er sich vom Regenten ab und geht. Kirchliche Gerechtigkeit, die Suche nach der Wahrheit, die Suche nach dem Geheimnis der Stimmen und der Sicherheit Jeannes und schließlich auch seine Vaterinstinkte drohen den alten Mann innerlich zu zerreißen.

 

Nicht so Bruder de Maitre, der zunächst unbeteiligt bei diesem Wortwechsel dabei steht. „Bruder Cauchon hat einen erschöpfenden, doch aussichtslosen Kampf um die Seele des Mädchens geführt. Ihr werdet bald bekommen, was ihr wünscht,“ versichert er dem Engländer.

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Alle Ketzer glauben, sie sagen die Wahrheit

Von nun an wird die Verhandlung hinter verschlossenen Türen geführt. Das Volk war zu beeindruckt vom Mute Jeannes, von ihrer Schlagfertigkeit, von der Sicherheit, die sie angesichts des drohenden Scheiterhaufens ausstrahlte. Dies entspräche nicht dem Interesse des englischen Herrschers.

 

Im Gerichtssaal übernimmt nun Bruder de Maitre die Initiative.

 

„Ihr habt gesagt, Eure Stimmen würden Euch niemals trügen. Und doch, sagt Ihr, hätten sie euch angewiesen, Männerkleidung zu tragen? Würdet ihr uns erklären, wieso unser Herr Euer Leben gefährden sollte durch die Anweisung, Euer Geschlecht zu verleugnen?“

 

„ICH WEIß ES NICHT,“ bekennt sie deutlich und fügt hinzu

„Aber ich habe es oft erlebt – auf dem Schlachtfeld und hier im Kerker … Ich bin ständig mit Soldaten zusammen …. dass meine Kleidung nicht mein Leben gefährdet. Sie dient eher meiner Rettung.“

 

Doch das interessiert de Maitre leidlich wenig. Er will auf etwas ganz anderes heraus: Die Kirche will eine klare Geschlechtertrennung. Und er will Jeanne dazu verleiten, sich offen gegen die Kirche zu stellen. Er will, dass sie einen Glauben bekennt, der nicht mehr auf die Weisungen der Kirche Rücksicht nimmt. Das wäre genug Grund, um sie als Ketzerin zu verurteilen und brennen zu lassen.

 

„Willst Du Dich dem Urteil der Kirche unterwerfen, der Stimme Gottes auf Erden?“, fragt er sogleich ganz direkt.

 

Jeanne überlegt kurz, dann sagt sie „Ja.“

 

Aber auch dieses „Ja“ ist ein Erfolg im Sinne de Maitres. Nun hat er, als Vertreter der Inquisition, die volle Macht über sie. Sie hat sich ja dem Urteil der Kirche – also im konkreten Fall: Seinem Urteil – unterworfen. Sie ist in seiner Hand. Mit Genugtuung wendet er sich ab und geht zu seinem Richterstuhl zurück. Doch da erklingt noch einmal Jeannes Stimme:

 

„Wenn unser Herr zuerst kommt!“

 

Er zuckt zusammen. Dann also Plan B: Sie stellt sich über die Kirche. Sie macht so, als ob sie besser als die Kirche wüsste, was der Herr will und was nicht.

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Cauchon dringt in Jeanne ein und gelangt an sein Ziel

Cauchon nutzt sofort die entstehende Pause und das Gemurmel der anwesenden Kleriker, um zum Zentrum vorzudringen.

 

„Wenden wir uns dem Zeichen zu, das Du Charles gegeben hast. War es von …“ Cauchon lässt eine kurze Pause und betont das nächste Wort. „Gott?“

 

Jeanne schließt die Augen. Wie oft hat sie schon betont, dass sie über dieses Zeichen nicht sprechen darf? Aber nun wird sie zum wiederholten Male gefragt. Sie kann nicht mehr schweigen.

 

„Vom Heiligen Michael.“

 

Die Gesichtszüge Cauchons spannen sich. Der ganze Mensch Cauchon spannt sich. Nie war er näher am Ziel.

 

„Nur weiter!“, drängt er, äußerlich ruhig in der Stimme, aber jede Faser seines Körpers spannt sich dem Munde Jeannes entgegen. Jeanne hat immer noch die Augen geschlossen, als ob ihre Seele nach außen gepresst würde.

Nicht nur Cauchon, sondern der ganze Gerichtssaal wird mucksmäuschen still.

 

„Er war es, der mich begleitet hat nach Chinon. Keiner sonst sah ihn.

Und Er war es, der mir Charles, der sich versteckte zeigte.

Und als ich dann später mit Charles allein war, erschien er ihm ebenso und er brachte ihm eine prachtvolle goldene Krone, und er sagte, Charles solle sie entgegen nehmen und König werden. Dann verbeugte er sich und verschwand.“

 

Der Gerichtsassessor nimmt Cauchon die nahe liegende Frage ab:

„Wie sah der heilige Michael aus?“

 

„Der heilige Michael war von hoher Gestalt. Sein Haar war lang und dunkel. Er hatte sanfte, blaue Augen. Und auf dem Haupt trug er eine Krone mit sechs Zacken.“

 

War Cauchon bisher nur gespannt, so reißt er nun weit die Augen auf, als könne er durch die aufgerissenen Augen selbst sehen, was Jeanne schildert. Es durchwogt ihn aber noch mehr, als man von außen sehen kann. Cauchon kennt diese Beschreibung: Sie steht in den Büchern des Vatikan, die unter Verschluss gehalten werden, und die Jeanne nicht kennen kann.

Nun ist er direkt dran. Gott erscheint tatsächlich Menschen durch seine Engel und Heiligen. Und vor ihm sitzt eine Zeugin der Gegen wart Gottes in dieser Welt. Sie hat tun dürfen, was er nur als Zeugnis entgegennehmen kann: Die Finger in die Wunden und die Hand in die Seite des Herrn legen. Sie ist nicht angewiesen auf fremder Leute Zeugnis. Sie lebt in direktem Kontakt.

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Vernichtende Lebensrettung

Cauchon ist an sein Ziel gelangt. Er kann aufhören, den Judas zu spielen und Jeanne auszutesten. Jetzt kann er wieder ihr Vater sein. Doch es ist leichter, die dreißig Silberlinge der Hohenpriester für einen Verrat entgegenzunehmen, als sie hinterher wieder loszuwerden.

 

De Maitre ist völlig unbeeindruckt von der Schilderung Jeannes.

 

„Sie ist eine verstockte Ketzerin, und sie wird brennen. Und Ihr, Bruder Cauchon, mögt um Eure eigene Rettung besorgt sein!“, droht er.

 

Ihn interessiert weiterhin nur, ob Jeanne sich der Kirche unterwirft. Er treibt sie in die Enge.

 

„Wollt Ihr, Jeanne d’Arc aus Domremy, Euch weigern, jetzt und immerdar dem Willen der streitbaren Kirche zu unterwerfen, der Stellvertreterin Gottes auf Erden?“

 

Cauchon hat verstanden, dass Jeanne auf diese bedrängende Frage immer sagen muss: Ich werde tun, was Gott mir befiehlt. Und er sieht, dass ihr Bruder de Maitre daraus endgültig den Strick drehen kann.

 

„Jeanne!“, ruft er ihr zu, „antworte nicht zu schnell! Deine Worte könnten bedeuten, dass Du brennen wirst!“ – und genau das will er nicht.

 

„Selbst, wenn der Scheiterhaufen schon errichtet und angezündet wäre,

würde ich meinen Glauben an Gott nicht verlieren.

Gott wird mich erretten.“

 

Jetzt hat er keine Wahl mehr. Sie ist genau dorthin geführt worden, wo de Maitre sie haben wollte. Keine Antwort der Unterwerfung ist auch eine Antwort. Auffordernd schaut er Cauchon an, dem keine Ausflucht mehr bleibt. Der erschöpfende Kampf findet ein Ende.

 

„Kind! Der Scheiterhaufen ist errichtet.

Du wirst brennen.

Führt sie hinaus!“

 

Jetzt hat Cauchon nur noch ein letztes, verzweifeltes Eisen im Feuer, um Jeanne vor dem Tod zu bewahren.

 

Soldaten packen Jeanne und zerren sie nach draußen, wo der Scheiterhaufen schon aufgeschichtet ist.

 

„Schau hin!“, befiehlt er ihr.

 

Und plötzlich und unvermutet wird Jeanne schwach und verlassen:

 

„Das kann nicht sein! Das kann nicht sein! Die heilige Katharina hat’s versprochen!“, ruft sie.

 

Und Cauchon, der verzweifelt mit ansehen musste wie Jeanne, die er wie eine Tochter liebt, abgeführt wird, ergreift seine letzte Chance. Er reißt einem Soldaten die Fackel aus der Hand und verbrennt damit Jeannes gefesselte Hände, bis sie schreit.

 

„Das ist nichts gegen das, was Dich erwartet!“

 

Und vor Angst und Hektik verzieht sich das Gesicht des Bischofs zu einer furchtbaren, dämonischen Fratze.

 

„Gott wird Dich nicht bewahren und Charles wird nichts zu Deiner Rettung tun. Dein Schicksal liegt allein in Deiner Hand.“

 

Ist Cauchons Gesicht dämonisch, so spiegelt sich im Gesicht de Maitres nun der Leibhaftige persönlich. Er will nicht nur ihren Leib, sondern noch mehr ihren Ruf zerstören – und noch mehr.

 

„Seht Ihr nicht, dass ihr durch die Macht des Bösen getäuscht wurdet? Schwört ab!“

 

Sie soll abschwören und erklären, dass all ihre Visionen vom Bösen stammen, dass sie getäuscht wurde vom Satan. Sie selbst soll ihren eigenen Ruft zertreten.

 

 

Auf den Abschwur hat – allerdings aus ganz anderen Gründen – auch Cauchon gehofft.

 

„Jeanne, LEBE, schwöre ab! Schwöre ab!!“

 

Er will, dass sie lebt. Und er will nicht Judas und Henker in einer Person sein.

 

Und im Angesicht des unvermuteten Scheiterhaufens, von dem Jeanne gedacht hatte, dass er nicht auf sie zukommen könne, weil die heilige Katharina ihr Rettung verheißen habe, schwört ab.

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Der Griff nach der Seele

Doch dies genügt de Maitre nicht. Nachdem sie abgeschworen hat, will er die vollständige Vernichtung von allem, was Jeanne bedeutet – körperlich wie als Symbol.

 

Als Jeanne wieder im Kerker ist, lässt er sie zum Zeichen ihres neuen Status Frauenkleider anziehen. In allem soll sie gehorsam der Kirche sein. Er hofft, dass sie das nicht aushält. Doch er wartet nicht auf einen Zufall. Er provoziert, dass sie wieder Männerkleider – ihren bisherigen, gottgegebenen Schutz – anzieht.

 

Er gibt ihre Männerkleider in die Hand eines Wachsoldaten:

 

„Bring das ihr. Nimm sie Dir!“

 

Der Soldat tut, wie ihm befohlen. Er geht zu Jeanne, und man hört die Schreie der Vergewaltigten durch den Kerker hallen. Die einst so stolze Jungfrau schreit ihre Würde aus sich heraus. Es ist das Ende der Jungfrau.

 

Charles im fernen Reims erfährt von ihrem Prozess und ihrem Abschwur. Für ihn ist sie nicht nur politisch wertlos geworden, sondern er bemitleidet ihre Lebensunfähigkeit.

 

„Arme Jeanne! Sie verstand nie, was der Schlüssel zum Überleben ist:

Manipulation,

Kompromiss

Und gedrechselte Phrasen!

Aber eines muss ich ihr lassen:

Sie war ein exzellenter Königsmacher.

Und ich werde mich als exzellenter König erweisen“

 

Ein Berater, dem die aalglatte Arroganz des Königs aufstößt, wagt zu sagen:

„Ihr redet von Jeanne in der Vergangenheit. Noch könnt ihr sie retten!“

 

„Retten?“ Völliges Unverständnis bei Charles.

„Retten – eine Ketzerin?“ So ein Blödsinn: Das würde politische Probleme bringen – und ihn mit der Kirche entzweien. Und verächtlich fügt er hinzu: „So? Meint ihr?“

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Jeannes Getsemani

John war ihr treuester Freund und er gibt nicht auf. Er erringt durch Cauchon eine kurze Besuchserlaubnis im Kerker und ist entsetzt. Keine Spur mehr von der Jungfrau, die er kannte. Geduckt wie ein verletztes Tier, in Ketten, ohne Glanz in den Augen kauert sie im Kerker und lässt aus kopfloser Angst ihn kaum an sich heran.

Geduldig tastet sich John an sie. Er erzählt ihr, dass sie ein Heer aufgestellt haben, dass La Hire mit ihnen kämpft, dass sie Rouen angreifen werden.

 

„Wir haben tausende Soldaten, die für das, an das sie glauben, ihr Leben einsetzen.“

 

„Für die Jungfrau“, meint sie matt. „Die gibt es nicht mehr.“

 

Und nach einer kurzen Stille offenbart sie, was in ihr vorgeht:

„Ich hab abgeschworen, John!“

 

Vor lauter Willen zu trösten erfasst John nicht, was das bedeutet. Seine Worte: „Du bist noch am Leben!“, sind fast ein Hohn in den Ohren Jeannes.

 

„Ich hab alles getötet, woran ich glaubte.“

 

Er redet weiter von Soldaten, von Freiheit, von Leben, doch Jeanne bekommt dies nicht mehr mit. Durch dieses kurze Gespräch hat sie erfasst, dass die Freiheit und das Leben ihr nicht zurückbringen könnten, was sie verloren hat. Mit was denn wollte sie leben? Ohne ihren Glauben? Als jemand, der wie ein Zombie noch umherwandelt, nachdem das eigentliche Leben entschwunden ist?

Sie wäre keine Hilfe mehr für Frankreich. Schlimmer: Sie wäre ein Anti-Symbol. Die gefallene Jungfrau, die aus Angst um ihr Leben ihre Ideale in den Schmutz wirft.

 

Und noch mehr: Wie wollte sie vor Gott weiterleben? Ihr Auftrag? Wie dankt sie die Führung Gottes durch die Heiligen?

 

Nein!

 

John tröstet mit Engelszungen. Und jetzt wagt er, was er nie gewagt hat. Er drückt körperlich aus, was er empfindet. Zärtlich streicht er über ihre tränennasse Wange. Die einzige Zärtlichkeit, die er sich ihr gegenüber je erlaubt hat, wird zugleich ihre letzte körperliche Berührung.

 

Und sie erkennt mit einem Male die wahre Bedeutung der Weissagung Katharinens: „Du wirst gerettet werden!“

 

Jetzt liegt die Entscheidung bei ihr. Wie Jesus in Getsemani nicht nach Norden flüchten konnte, um das Kreuz zu vermeiden, genau so kann sie den Scheiterhaufen nicht vermeiden, wenn sie retten will, was sie ihr Leben lang gewesen ist. Sie muss nun ihr Kreuz auf sich nehmen, muss ihre Wohlfahrt verleugnen und Jesus nachfolgen in die Freiheit, die allein der Glaube schenken kann. Und sie wird, dreißig, sechzig und tausendfach zurückbekommen, was sie hingibt: Das Leben in Frankreich, den Frieden in Gerechtigkeit, das Ende der englischen Unterdrückung.

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Cauchons Sturz in den Abgrund

Ich habe den Film bestimmt schon über dreißig Male angeschaut. Bei der folgenden Szene läuft es mir immer noch heiß und kalt den Buckel runter.

 

Jeanne steht da. Barfuß in Fußketten, aber wieder in Männerkleidern, wie Gott es ihr befohlen hat. Sie zittert am ganzen Leib. De Maitre steht schon vor ihr, Cauchon hastet entsetzt hinzu.

 

Außer sich vor Entsetzen stammelt er:

 

„Was hast Du getan?

Oh Gott!!!

Was hast Du getan?“

 

All seine Pläne, all seine Liebe zu Jeanne sind vernichtet. Sie selbst hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht.

 

Bebend und zitternd, im Bewusstsein des Grauens, das ihr nun bevorsteht spricht sie stockend und dennoch mit klarer, entschlossener Stimme.

 

„Was ich bekannt habe,

geschah nur aus Furcht vor dem Feuer

und jedes Wort war Lüge.

Ich widerrufe mein Abschwören

für alle Zeit.“

 

Bischof Cauchon kann es nicht fassen.

 

„Du bist des Todes durch Deine eigenen Worte…“

 

Doch Jeanne schneidet ihm das Wort mit klarer Stimme und noch klareren Worten ab:

 

„Nein,“ sagt sie. Und jedes Wort, das sie nun spricht, hat eigene Bedeutung.

„Guter Bischof,

Durch EUCH bin ich des Todes.“

 

Hilflos und im Wissen, dass Jeanne die Wahrheit gesagt hat, wendet sich Cauchon ein erstes Mal ab. Seine Zeit des Handelns ist vorüber. Jetzt ist er machtlos seiner Schuld ausgeliefert. Man sollte denken, er könne nicht noch tiefer fallen.

 

Jetzt ist die Zeit des gewissenlosen de Maitre.

 

„Jeanne d’Arc aus Domremy!

Durch Eure Verworfenheit seid ihr eine Bedrohung und eine Gefahr für Heiligkeit der Kirche.

Unsere Mutter Kirche kann Euch nicht länger beschützen.

Ihr werdet der weltlichen Gerichtsbarkeit überstellt,

die Euch den Henkern übergeben wird.“

 

Jedes einzelne Wort eine Sauerei und eine Verfälschung. Nichts an diesen Worten stimmt, nur das eine: Der Tod.

Aber de Maitre ist noch nicht am Ende seiner Verlogenheit angelangt. Er kann noch eins draufsetzen, was die ganze dreckige Verlogenheit dieses Mistkerls erstrahlen lässt.

 

Er schlägt das Kreuzzeichen über sie und – ach so erbarmend-väterlich – sagt er:

„Gehet hin in Frieden!“

 

Man könnte denken, dass nun alles gesagt ist. Aber nein. De Maitre holt die Henkersknechte, Jeanne steht allein mit Bischof Cauchon.

 

„Bischof!“, flüstert sie mit gebrochener Stimme. Eine Wahrheit bleibt noch zu berichtigen.

 

Der gebeugte Mann, der Cauchon in Sekunden geworden ist, dreht sich zu ihr, nicht wissend, dass sie ihm nun den Boden unter den Füßen wegziehen wird.

 

„Das Zeichen für den Dauphin, das ich Euch verriet – auch das war Lüge!“

 

Und damit steht er vor dem Nichts. Das Hochgefühl, an dem Geheimnis Jeannes dran zu sein, war Illusion! Sie hat ihm eine Revolverstory vorgespielt. Und jetzt, im Angesicht ihres nahenden Todes, spricht sie die Wahrheit.

All seine Bemühungen, inklusive des Opferns des Lebens seines „Kindes“, all das war völlig vergebens. Kein Gewinn ergibt sich für ihn.

 

„Wieso?“, stammelt er.

 

Als ob ihn Jeanne nicht schon tief genug gestoßen hätte, es kommt noch schlimmer.

 

„Ihr habt von mir verlangt, meinen Eid vor Gott zu brechen. Ich habe uns BEIDE gerettet.“

 

Sich gerettet, indem sie den Schwur gehalten hat. Ihn gerettet, indem er nicht an einem Schwurbruch gegenüber Gott schuldig wurde.

Wer von beiden gehört eigentlich auf den Scheiterhaufen, er oder sie?

Die innere Antwort des weisen Cauchon, der ein tiefes Rechtsbewusstsein hat, ist klar. Aber er ist schwach. Sie hat ihn, den Grund ihres Todes, vor Gott gerettet.

 

Entsetzt vor sich selbst, entsetzt von der Stärke dieser jungen Frau, die den anderen, den tödlichen Weg wählt, wendet er sich ab. Nun ist er dort, wo Jeanne war, bevor sie sich für den Scheiterhaufen entscheiden konnte. Was soll er noch von Gerechtigkeit predigen? Er kann sich selbst nicht mehr glauben.

Gebeugt und gebrochen geht er. Wie sagte noch Jeanne?

„Wenn Ihr mich richtet, dann werdet Ihr das an Leib und Seele büßen.“

bearbeitet von Mecky
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Und ich hatte auf Nachtarbeit vor dir gehofft, Mecky. Darauf, dass ich deinen Bericht bis zum Ende lesen kann. Puh, machst du das spannend. Geduld, Geduld, Geduld, ... . Ich habe gaaaanz viel Geduld. :blink:

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Ich mach ja schon. Hier der Rest:

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Jede Rettung kommt zu spät – sie ist schon da

Die Nachricht, dass Jeanne auf der Stelle verbrannt werden soll, verbreitet sich wie ein Lauffeuer in Rouen. Draußen stehen La Hire und John. Was tun? La Hire will den Angriff schon jetzt starten, John will helfen, will irgend etwas tun. Doch La Hire ist nicht nur der bessere Soldat und Stratege. Er ist John in vielem überlegen. Er ahnt bereits, dass jeder Angriff zu spät kommt und dass nun ganz andere Dinge wichtig sind.

 

„Nein! Du bleibst! Sie soll Dich sehen. Gib ihr Hoffnung!“

 

Jeanne wird durch die Volksmassen zum Scheiterhaufen gezerrt. Nackter Füße schiebt man sie auf das noch nicht brennende Holz, löst ihre Handketten, damit man sie, die Hände nach hinten um einen Pfahl geschlungen, dort festketten kann.

Jeanne ist gar nicht recht bei der Sache, willig lässt sie alles geschehen. Nur noch einen Wunsch hat sie an den Henker.

 

„Könnte mir jemand ein Kruzifix vor die Augen halten?“

 

In ihrem Leiden das Leiden Christi vor Augen will sie sterben.

 

Doch der Henker nimmt sie nicht ernst. „Sei still!“

 

Aber Jeanne ist keine kleine Göre, die sich religiöse Wünsche von einem älteren Mann einfach verbieten kann.

 

„KÖNNTE MIR JEMAND EIN KRUZIFIX VOR DIE AUGEN HALTEN?!“, schreit sie mit lauter Stimme über den Marktplatz von Rouen.

 

Es ist das letzte, das allerletzte, was John noch tun kann, und sei es auch noch so verzweifelt. Er marschiert schnurstracks zum nächsten geistlichen Würdenträger, der mit einem Vortragekreuz in der Hand herumsteht und darauf wartet, dass es endlich brennt, reißt ihm das Kruzifix aus der Hand und verschwindet in der Menge.

Erst direkt vor dem Scheiterhaufen taucht er wieder auf und hebt das Kreuz hoch vor Jeannes Gesicht. Sie erkennt ihren Freund. Da ist er. Er kann nichts ändern, nur bei ihr sein in dieser qualvollen Stunde.

Jeanne stöhnt leicht auf. Auch ihn muss sie seiner Wege fahren lassen. Sie schaut ihm ins Gesicht, während die Henker Fackeln an das Reisig heben.

 

Und John muss tatenlos zusehen, wie die Flammen an ihr hochzüngeln und sie vor Schmerzen schreit. Und er hört, wie sie ihre Schmerzensschrei zu den Worten „Gott“ und „Jesus“ formt.

 

La Hire kommt mit seinen Rittern zu spät. Schon von weitem sieht er den Qualm über der Stadt. Und der sonst so gelassene und nüchterne La Hire ist bis ins Tiefste erschüttert. Kein heulendes Elend, keine Träne kommt über sein Auge. Er kann nicht weinen. Aber sein Mund erbebt vor Erschütterung. Da geht sie hin, die ihm neuen Glauben gegeben hat.

 

Doch inmitten der Flammen wendet Jeanne ihr Gesicht nach oben, nach dort, wo ihre Schutzheilige erscheint. Und sie spricht ihre letzten Worte. Nicht Worte der Qual. Nicht Worte des Vorwurfs. Nicht Worte der Enttäuschung.

„Danke. Danke. Danke. Dank Dir!“

 

Es ist vollbracht. Das Kreuz vor ihren Augen ist aus Gold. Sie war gesandt. Sie hat den Willen Gottes getan und kehrt nun heim zu ihm. Nicht jedem ist es so glücklich beschieden, sein Leben lang sich so geführt zu fühlen, in Zeiten der Hochmut und der Demut.

 

Charles muss als Verräter auf ihrem Scheiterhaufen weiterregieren. Cauchon ist nicht bei der Hinrichtung zugegen, zusammengekrümmt sitzt er in einer engen Kammer und spürt den Wurm der Schuld seine Gedärme zerfressen. De Maitre hält seine Scheinheiligkeit aufrecht, bis ihn der Teufel holen wird. Jeanne sagt: „Danke.“

 

Sieben Jahre später hatten sich die Burgunder mit den restlichen Franzosen verbündet und die Engländer, wie Jeanne es (geschichtlich) vorausgesagt hatte, aus Frankreich vertrieben.

 

John de Metz hat nie geheiratet.

 

Jeannes Mutter gelang es Jahre später, dass das Hexenurteil für nichtig erklärt wurde.

 

Cauchon wurde Erzbischof von Rouen.

 

Jeanne wurde im Jahre 1907 heilig gesprochen.

 

Es mag Wahrheit, Legende, Symbol oder Selbstverständlichkeit sein:

Zeugen der Hinrichtung behaupteten, dass das Herz der Jungfrau unversehrt geblieben sei.

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mecky

 

 

welcher film ist es denn gewesen???????

 

der mit mila jovovich?...oder so ähnlich...wo peter o `tool den bischof cauchon gespielt hat??????

und dustin hoffmann ????

 

 

 

fragend und gespannt

 

romulus

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Zum Film:

Er wurde als TV-Produktion gedreht.

 

Darsteller: Leelee Sobieski (Jeanne d'Arc), Chad Willett (Jean de Metz), Jacqueline Bisset (Isabelle d'Arc), Powers Boothe (Jacques d'Arc), Maury Chaykin (Robert de Baudricourt), Olympia Dukakis (Babette), Peter O'Toole (Bischof Cauchon), Shirley MacLaine, Regie: Christian Duguay

 

Lieber Romulus,

der Film mit Mila Jovovic ist ein anderer. Der ist noch schwerer zu verstehen, es spielt dort viel in Traumbildern und in der Schwebe zwischen Illusion und Wirklichkeit. Es ist zwar ein gut gemachter, tiefsinniger Film. Religiös gesehen bringt er es aber nicht so wie der mit Sobieski, den ich geschildert habe.

 

Die älteren Verfilmungen mit Ingrid Bergmann sind eher platte Historienverfilmungen ohne größere inhaltliche Aussage. Jeanne ist prima, das Volk liebt sie, die böse Kirchenleitung und die bösen Politiker machen sie fertig. Diese Filme ermangeln m.E. an einer fruchtbaren Gegenposition zu Jeanne.

 

Diese ist in dem Film mit Mila Jovovic ganz prägnant enthalten - wie gesagt, ein prima gemachter Film: Dustin Hoffmann tritt als Vision auf. Er führt ihr ihre Verblendung vor Augen. Er rechnet ab mit ihrem selbstsüchtig-naiven Wunderglauben, bis sie schließlich demütig vor ihm, der Visionsfigur, ihr grausames und wirres Wesen beichtet, bevor sie dann stirbt.

 

Der Film, den ich beschrieben habe, gibt es unter

 

http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/B000...6763966-3147245

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Eine Rezesion, die ich gefunden habe

 

In beeindruckenden Bildern schildert "Jeanne d'Arc - Die Frau des Jahrtausends" das Leben der französischen Freiheitskämpferin. Der Fernseh-Zweiteiler besticht durch aufwendig rekonstruierte Schauplätze, spektakuläre Schlachtszenen und eine hochkarätige Besetzung. Die zur Zeit der Dreharbeiten erst 16-jährige Leelee Sobieski, die unter anderen in "Deep Impact", "Never Been Kissed" und in "Eyes Wide Shut" ihr Talent beweist, verleiht Jeanne eine bemerkenswerte Ausdruckskraft. Neben ihr glänzen Stars wie Peter O'Toole, der für die Rolle des Bischofs Cauchon den "Emmy Award" erhalten hat, sowie Shirley MacLaine, Maximilian Schell und Jacqueline Bisset. Gesamthaft wurde der Film für 13 "Emmys" und vier "Golden Globes" nominiert.

 

Ich füge hinzu:

Besonders Peter O'Toole bringt eine phänomenale Glanzleistung als Bischof Cauchon.

Das Genialste aber scheint mir die Verbindung von Drehbuch und Regie zu sein. Der Film sticht aus der kommerziellen Massenware durch tiefgründige Dialoge heraus und durch sein Bemühen, glaubwürdige Charaktere darzustellen. Alle Charaktere haben glaubwürdige Interessen. Sie handeln nicht aus platter Bosheit, von der man nicht weiß, woher sie stammt, sondern verfolgen nachvollziehbare Interessen. Fast scheint es, als könnten sie gar nicht anders sein, als sie dargestellt sind.

 

Erstklassig ist auch die Kamera. Wenn ich den Film auf meinem DVD-Player schnell durchlaufen lasse, dann erscheint von jeder Filmminute immer ein Bild. Dies allein schon ist eine sehenswerte Diaschow beeindruckender Bilder.

 

Jeanne ist - obwohl sie und ihr Glaube tief eindrücklich geschildert werden - weder die alles wissende Heldin, noch das verwirrte Mädchen. Auch ihre Motivationen werden glaubwürdig dargestellt. An diesem Film ist mit Leidenschaft herumgedacht worden. In seiner Art ist er irgendwie vollkommen. Man hat nicht einfach die Kamera vor eine geschichtliche Zeittabelle gehoben, sondern den Geist ihrer Lebensaussage erfasst und weitergegeben.

 

Schwach dagegen sind manche Erscheinungsszenen der hl. Katharina. Sie sind ein kleiner Wermutstropfen im Film. Sie wirken künstlich und überdramatisch.

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Eine erste Frage, die ich mir schon die ganze Zeit nicht beantworten kann:

 

Warum sollte Gott derart auffällig in die Politik eingreifen? Was ist das Christliche an der Sendung?

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das ist eine interessante frage martin..

 

zumal sein eingreifen alles andere ist als unblutig....seine erwählte ist auch nicht gerade zimperlich bzw die feindesliebe ist da wohl etwas zu kurz gekommen...naja....schon recht interessant

 

romulus

bearbeitet von romulus
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Dass ich bislang noch nicht geantwortet habe, liegt schlichtweg daran, dass ich auch keine klare Antwort habe.

 

Einerseits: Wenn ich den Film anschaue, dann weht mir ein Stück Heiligkeit durchaus entgegen. Dieses Gefühl der Führung durch Gott, das sie bis zur letzten (zwischendrin auch vermessenen) Konsequenz durchhält. Am deutlichsten kommt es an ihren unerschrockenen Antworten vor dem Hexengericht zu Tage.

Und dann die Gelassenheit, die daraus entspringt. Gerade, als sie Charles sagt, dass sie weiß, dass er sie verraten hat, dass sie ihn aber nicht als Feind, sondern als Wegweiser sieht.

Und vor allem, als sie ihre Hochmut bekennt und um Absolution bittet.

 

Was sie tut, hat andererseits immer auch fanatische Züge - und die werden in dem Film dadurch noch einmal herausgearbeitet, dass ihr Realisten an die Seite gestellt werden, die ihren fanatischen Gedanken lebhaft und glaubwürdig widersprechen - am deutlichsten von La Hire, der sie vor Paris verlässt.

 

Jeanne ist sicherlich keine Heilige der Nächstenliebe. In gewisser Weise ist ihre Verurteilung als Hexe durchaus rechtens: "Sie ist angeklagt der Betörung von Volk und Fürsten. Sie hat Männer zum Krieg angestachelt".

 

Es bleibt, sich davon loszumachen, dass Heilige keine Sünder seien - auch das Schema "Sie waren große Sünder, die sich aber irgendwann bekehrt haben. Ab da erst waren sie wirkliche Heilige." Das passt vielleicht auf Augustinus - auf Jeanne passt es sicherlich nicht.

 

Die Heiligkeit Jeannes, die im Film herausgearbeitet wird ist, dass sie an Gottes Führung glaubt - und nicht (da hat Cauchon recht), dass sie wüsste, was Gott geschichtlich will. Ihr Glaube, dass Gott sie zum Heil führt, und die Unbeirrbarkeit dieses Glaubens ist die Heiligkeit einer wahren Hexe.

 

Sicher darf man hier auch nicht allein mit heutigen Maßstäben allein messen. Jeanne geht es um die Liebe zu den Menschen, die sie kennt: Den Franzosen. Und um Schutz der Franzosen vor dem Unheil, das durch die Engländer über sie hereinbricht. Und dies ist sehr wohl eine Form der Nächstenliebe. Und zwar bis zum letzten opfert sie sich dafür auf.

 

Natürlich zieht sie den Kreis zu klein. Gott liebt nicht nur die Franzosen, sondern auch die Engländer. Ihr Geist ist zu klein, als dass sie nicht nur Charles, sondern auch die Engländer als Wegweiser und Boten Gottes erkennt.

 

Wie gesagt: Es ist die Heiligkeit einer Hexe und einer Sünderin.

Aber liegt nicht genau darin eine tiefe Botschaft?

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Ich verstehe sehr wohl, was du sagst, was du meinst, und habe auch die Spannung im Ganzen mitvollzogen. Dennoch bin ich etwas verwirrt. Zunächst blieb ich auf einer Stufe tiefer hängen, bei dem König, dessen Verhalten nun wohl kaum (gelinde gesagt) als Vorbild für eine Lebensführung dienen kann, die man gottgefällig nennen könnte. Und der dennoch den gesamten Vorteil einstreicht. Von da aus dann auf die höhere Stufe des gesamten Geschehens.

 

Greift Gott nicht nur mit Franziskus und Mutter Teresa in die Geschichte ein? Sondern auch mit David und dem Franzosenkönig? Oder hat Gott auf den krummen Zeilen des Franzosenkönigs gerade geschrieben? War es gleichgültig, wie er war, denn ein anderer wäre nur in den wenigsten Fällen besser gewesen?

 

Wie können Menschen heilig sein, wenn sie so offenkundig nicht den Weg gehen, den Jesus gegangen ist - vom Ende mal abgesehen?

 

Ich werde mir den Film bestimmt ansehen.

bearbeitet von Martin
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Lieber Martin!

 

Im AT wird auch der Perserkönig Kyros als Werkzeug Gottes gesehen, weil er die Babylonier besiegt und damit die Rückkehr aus dem babylonischen Exil ermöglicht hat.

 

Aber schon vorher werden die Heidenvölker als Arm Gottes bezeichnet, die Israel bedrängen: Sie vollziehen Gottes Strafgericht.

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