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Hattet ihr Gotteserfahrungen?


mirfälltnichtsein

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Das Gespräch mit der Frau war schlichtweg schön, hat sie aufgebaut, hat mich motiviert. Passt. Win-win-Situation. Gelebter Glaube im Alltag. Das nimmt man wahr und heftet’s ab. Fertig.

 

Der verpasste Zug war ausschließlich eine banale Sache. Hat mich nicht betrübt. Hat niemandem geschadet. War halt so.

Bedeutet das, als Gotteserfahrungen kommen für Dich nur die positiven win-win-Situationen in Frage?
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Sind Gotteserfahrungen vielleicht einfach "nur" gläubig interpretierte Lebenserfahrungen?

 

Ja und nein. Was beispielsweise Mairauch beschrieben hat - darum drehte sich die letzte Diskussion - ist aus dem Glauben heraus die Interpretation (oder das Gefühl), dass in kleinen Dingen Gott eingegriffen hat. Das wird gerne als "Gotteserfahrung" bezeichnet, ich halte das für eine Banalisierung des Begriffs und zusätzlich für einen Zirkel: Wer an an einen Gott glaubt, der in das Schicksal einzelner Menschen eingreift, der kann aus diesem Glauben heraus annehmen, dass etwas, was gut verlaufen ist, auf einen solchen Eingriff zurückzuführen ist. Interessant ist, das vergleichbar negative Verläufe dabei "unter den Teppich" gekehrt werden: Genau das macht das eben nicht zu einer Erfahrung im eigentlichen Sinne, sondern nur um eine "Formel zur Selbstbestätigung seines Glaubens".

 

Es handelt sich dabei aber - speziell, wenn man die negativen Dinge ausblendet - um einen vitiösen (= bösartigen, fehlerhaften) Zirkel, einen Teufelskreislauf von Glauben -> aus diesem Glauben heraus Bestätigung des Glaubens -> usw. usf.

 

Man bezeichnet solche Zirkel nicht umsonst als "vitiös" (bösartig, fehlerhaft). Man kann sie dazu benutzen, beliebige - auch völlig falsche Annahmen - als akzeptabel erscheinen zu lassen.

 

Rohes Beispiel: Man redet jemandem ein, er sei schlecht. Fortan wird derjenige jedes Ereignis, das schlecht ausgeht, als eine Folge dieser "Schlechtigkeit" ansehen (positive Ereignisse werden nicht betrachtet). Der Glauben, er sei schlecht, wird zu einem sich selbst bestätigenden Zirkel - und nach einer Weile wird derjenige so sein, wie er glaubt.

 

Man kann das bei bestem Willen nicht als eine "Erfahrung" im engeren Sinne betrachten, vor allem, wenn nicht die ganze Erfahrung betrachtet wird, sondern nur ein Teil (bei der Gotteserfahrung meist nur die guten Dinge, diese werden als Bestätigung betrachtet). Eine echte Erfahrung setzt aber zwingend voraus, dass man auch die negativen Dinge mit in Betracht zieht, nicht nur das, was die Erfahrung bestätigt. Als Psychologe würde ich sagen: Es handelt sich nicht um eine echte Erfahrung, sondern um eine Autosuggestion. Eine Echte Erfahrung entsteht, wenn man alle relevanten Informationen berücksichtigt. Man könnte es auch als "Erfahrungszirkel" bezeichnen.

 

Gottes Güte generell ist auf einen bösartigen Erfahrungszirkel zurückzuführen: Man nimmt alle guten Ereignisse und schiebt diese Gott zu. Alle schlechten Ereignisse werden dann auf menschlichen Eingriff, Zufall, Dämonen oder was auch immer zurückgeführt. Jede "Erfahrung" wird aber falsch, wenn man aufgrund einer Vorannahme gleich die Hälfte der relevanten Information wegschmeißt - und zwar bevorzugt die Informationen, die nicht zu Vorannahme passen.

 

Jeder falsche Glauben, gleich welcher Art, gleich, wie falsch er auch sein mag, lässt sich durch diese Verfahrensweise etablieren.

 

Die Wurzel allen Aberglaubens besteht darin, die Treffer zu zählen und die Fehlschläge zu ignorieren. Für diese Art zu glauben gilt der Aphorismus von Deschner: "Das Glauben etwas anderes ist als Aberglauben ist unter allem Aberglauben der Größte". Nochmal: Jede beliebige, völlig falsche Annahme, lässt sich dadurch "bestätigen", dass man alles, was für sie spricht, akzeptiert, und alles, was gegen sie spricht, ignoriert. Probiert das mal aus - nehmt etwas, was völlig unsinnig ist - wendet das Verfahren darauf an, und schon habt Ihr eine wundervolle Bestätigung dafür.

 

Wenn man also einem Atheisten damit kommt, dieses Verfahren als "Gotteserfahrung" zu deklarieren, dann wird er den Kopf schütteln: Denn was der Gläubige damit erklärt ist, dass sein Glauben an Gott und seine angebliche "Erfahrung" nichts weiter als Aberglauben ist. Man hat dem armen Gläubigen einmal (in fast allen Fällen als Kind) eingeredet, das Gott existiert, und den Rest dem Hang der Menschen zum Aberglauben überlassen, nämlich, nur die Treffer zu zählen und widersprechende/widerlegende Erfahrungen geflissentlich zu ignorieren. Diese Art kognitive Fehlleistung ist nämlich weit verbreitet, es handelt sich um einen "belief bias", eine fehlerhafte Neigung, etwas zu glauben (die existiert unabhängig von der Intelligenz des Beobachters), gepaart mit der Tendenz, negative Erfahrungen zu verdrängen.

 

Danach kann sich der Atheist erklären, wieso der Gläubige an Gott glaubt: Der Gläubige ist Opfer einer "kognitiven Falle" geworden, und kommt nun nicht mehr da hinaus. Wenn dann der Gläubige zusätzlich noch gegenüber Argumenten "immun" ist[1], dann ist für den Atheisten der Fall klar: Der Glauben an Gott ist nichts weiter als Aberglauben, eine Sammlung kognitiver Fehlleistungen, wie aus dem Lehrbuch. Was soll der Atheist jetzt denken? Dass da jemand einen Grund hat, an Gott zu glauben, oder dass derjenige sich den Glauben an Gott bloß selbst einredet? Für einen Atheisten wie mich ist diese Art "Gotteserfahrung" keine Lebenserfahrung (weil die negativen Erfahrungen ausgeblendet wurden), sondern eine kognitive Verzerrung. Hat der Atheist nun einen Grund, an Gott zu glauben? Nein, er hat alle Gründe, dieser Art Glauben in Zukunft mit noch viel mehr Misstrauen als vorher zu betrachten.

 

Wenn mir jemand über diese Art "Gotteserfahrung" berichtet, dann reagiere ich inzwischen nur noch mit Mitleid.

 

Nein, eine richtige Gotteserfahrung sieht ganz anders aus, eher so, wie ich es geschildert habe. Das muss auch ein Atheist als Erfahrung akzeptieren - auch, wenn er die Interpretation nicht teilen mag. In aller Regel, wenn Philosophen von "Gotteserfahrung" reden, meinen sie so etwas ähnliches und nicht die zirkuläre Erfahrung, die auf kognitive Fehlleistungen deutet, aber nicht auf Gott.

 

 

--------------------------------------

[1] Es gibt eine spezielle Form des "belief bias", die noch weiter verbreitet ist: Gute Argumente gegen die eigene Position werden für falsch gehalten, schlechte Argumente für die eigene Position werden ohne Nachdenken akzeptiert.

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Sind Gotteserfahrungen vielleicht einfach "nur" gläubig interpretierte Lebenserfahrungen?

 

Ja und nein. Was beispielsweise Mairauch beschrieben hat - darum drehte sich die letzte Diskussion - ist aus dem Glauben heraus die Interpretation (oder das Gefühl), dass in kleinen Dingen Gott eingegriffen hat. Das wird gerne als "Gotteserfahrung" bezeichnet, ich halte das für eine Banalisierung des Begriffs und zusätzlich für einen Zirkel: Wer an an einen Gott glaubt, der in das Schicksal einzelner Menschen eingreift, der kann aus diesem Glauben heraus annehmen, dass etwas, was gut verlaufen ist, auf einen solchen Eingriff zurückzuführen ist. Interessant ist, das vergleichbar negative Verläufe dabei "unter den Teppich" gekehrt werden: Genau das macht das eben nicht zu einer Erfahrung im eigentlichen Sinne, sondern nur um eine "Formel zur Selbstbestätigung seines Glaubens".

 

Es handelt sich dabei aber - speziell, wenn man die negativen Dinge ausblendet - um einen vitiösen (= bösartigen, fehlerhaften) Zirkel, einen Teufelskreislauf von Glauben -> aus diesem Glauben heraus Bestätigung des Glaubens -> usw. usf.

 

Man bezeichnet solche Zirkel nicht umsonst als "vitiös" (bösartig, fehlerhaft). Man kann sie dazu benutzen, beliebige - auch völlig falsche Annahmen - als akzeptabel erscheinen zu lassen.

 

Rohes Beispiel: Man redet jemandem ein, er sei schlecht. Fortan wird derjenige jedes Ereignis, das schlecht ausgeht, als eine Folge dieser "Schlechtigkeit" ansehen (positive Ereignisse werden nicht betrachtet). Der Glauben, er sei schlecht, wird zu einem sich selbst bestätigenden Zirkel - und nach einer Weile wird derjenige so sein, wie er glaubt.

 

Man kann das bei bestem Willen nicht als eine "Erfahrung" im engeren Sinne betrachten, vor allem, wenn nicht die ganze Erfahrung betrachtet wird, sondern nur ein Teil (bei der Gotteserfahrung meist nur die guten Dinge, diese werden als Bestätigung betrachtet). Eine echte Erfahrung setzt aber zwingend voraus, dass man auch die negativen Dinge mit in Betracht zieht, nicht nur das, was die Erfahrung bestätigt. Als Psychologe würde ich sagen: Es handelt sich nicht um eine echte Erfahrung, sondern um eine Autosuggestion. Eine Echte Erfahrung entsteht, wenn man alle relevanten Informationen berücksichtigt. Man könnte es auch als "Erfahrungszirkel" bezeichnen.

 

Gottes Güte generell ist auf einen bösartigen Erfahrungszirkel zurückzuführen: Man nimmt alle guten Ereignisse und schiebt diese Gott zu. Alle schlechten Ereignisse werden dann auf menschlichen Eingriff, Zufall, Dämonen oder was auch immer zurückgeführt. Jede "Erfahrung" wird aber falsch, wenn man aufgrund einer Vorannahme gleich die Hälfte der relevanten Information wegschmeißt - und zwar bevorzugt die Informationen, die nicht zu Vorannahme passen.

 

Jeder falsche Glauben, gleich welcher Art, gleich, wie falsch er auch sein mag, lässt sich durch diese Verfahrensweise etablieren.

 

Die Wurzel allen Aberglaubens besteht darin, die Treffer zu zählen und die Fehlschläge zu ignorieren. Für diese Art zu glauben gilt der Aphorismus von Deschner: "Das Glauben etwas anderes ist als Aberglauben ist unter allem Aberglauben der Größte". Nochmal: Jede beliebige, völlig falsche Annahme, lässt sich dadurch "bestätigen", dass man alles, was für sie spricht, akzeptiert, und alles, was gegen sie spricht, ignoriert. Probiert das mal aus - nehmt etwas, was völlig unsinnig ist - wendet das Verfahren darauf an, und schon habt Ihr eine wundervolle Bestätigung dafür.

 

Wenn man also einem Atheisten damit kommt, dieses Verfahren als "Gotteserfahrung" zu deklarieren, dann wird er den Kopf schütteln: Denn was der Gläubige damit erklärt ist, dass sein Glauben an Gott und seine angebliche "Erfahrung" nichts weiter als Aberglauben ist. Man hat dem armen Gläubigen einmal (in fast allen Fällen als Kind) eingeredet, das Gott existiert, und den Rest dem Hang der Menschen zum Aberglauben überlassen, nämlich, nur die Treffer zu zählen und widersprechende/widerlegende Erfahrungen geflissentlich zu ignorieren. Diese Art kognitive Fehlleistung ist nämlich weit verbreitet, es handelt sich um einen "belief bias", eine fehlerhafte Neigung, etwas zu glauben (die existiert unabhängig von der Intelligenz des Beobachters), gepaart mit der Tendenz, negative Erfahrungen zu verdrängen.

 

Danach kann sich der Atheist erklären, wieso der Gläubige an Gott glaubt: Der Gläubige ist Opfer einer "kognitiven Falle" geworden, und kommt nun nicht mehr da hinaus. Wenn dann der Gläubige zusätzlich noch gegenüber Argumenten "immun" ist[1], dann ist für den Atheisten der Fall klar: Der Glauben an Gott ist nichts weiter als Aberglauben, eine Sammlung kognitiver Fehlleistungen, wie aus dem Lehrbuch. Was soll der Atheist jetzt denken? Dass da jemand einen Grund hat, an Gott zu glauben, oder dass derjenige sich den Glauben an Gott bloß selbst einredet? Für einen Atheisten wie mich ist diese Art "Gotteserfahrung" keine Lebenserfahrung (weil die negativen Erfahrungen ausgeblendet wurden), sondern eine kognitive Verzerrung. Hat der Atheist nun einen Grund, an Gott zu glauben? Nein, er hat alle Gründe, dieser Art Glauben in Zukunft mit noch viel mehr Misstrauen als vorher zu betrachten.

 

Wenn mir jemand über diese Art "Gotteserfahrung" berichtet, dann reagiere ich inzwischen nur noch mit Mitleid.

 

Nein, eine richtige Gotteserfahrung sieht ganz anders aus, eher so, wie ich es geschildert habe. Das muss auch ein Atheist als Erfahrung akzeptieren - auch, wenn er die Interpretation nicht teilen mag. In aller Regel, wenn Philosophen von "Gotteserfahrung" reden, meinen sie so etwas ähnliches und nicht die zirkuläre Erfahrung, die auf kognitive Fehlleistungen deutet, aber nicht auf Gott.

 

 

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Ein selten wirres und selbstgefälliges Gewäsch.

 

Es gibt eine spezielle Form des "belief bias", die noch weiter verbreitet ist: Gute Argumente gegen die eigene Position werden für falsch gehalten, schlechte Argumente für die eigene Position werden ohne Nachdenken akzeptiert.

 

Diese Methode ist mancherorts auch als "Volkermethode" bekannt geworden.

bearbeitet von wolfgang E.
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Ein selten wirres und selbstgefälliges Gewäsch.

"Das Glauben etwas anderes ist als Aberglauben ist unter allem Aberglauben der Größte"

Deschner, Karlheinz

 

 

 

Übrigens kenne ich noch einen...

 

mfg

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Ein selten wirres und selbstgefälliges Gewäsch.

"Das Glauben etwas anderes ist als Aberglauben ist unter allem Aberglauben der Größte"

Deschner, Karlheinz

 

 

 

Übrigens kenne ich noch einen...

 

mfg

Na wenn der Heilige Deschner´es sagt und Papst Volker I, (allgemein auch der Geschwätzige genannt), ihn zitiert, dann erzittert die Welt und keiner hat mehr Widerspruch zu wagen.

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"Das Glauben etwas anderes ist als Aberglauben ist unter allem Aberglauben der Größte"

Deschner, Karlheinz

 

 

 

Übrigens kenne ich noch einen...

 

mfg

Na wenn der Heilige Deschner´es sagt und Papst Volker I, (allgemein auch der Geschwätzige genannt), ihn zitiert, dann erzittert die Welt und keiner hat mehr Widerspruch zu wagen.

 

Bittest Du jetzt um Kirchenasyl, oder was soll das? ;)

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Insofern ist auch der Alltag maßgeblich von Gotteserfahrungen geprägt

Auch Gott wäre an die natürlichen Vorbedingungen unserer Möglichkeit und Fähigkeit, Erfahrungen zu machen, gebunden, da wir sonst von ihm schlicht nichts wissen könnten: Außerhalb unserer Erfahrung kein Gott. Umgekehrt bedeutet das, dass auch "Gotteserfahrungen" ganz grundsätzlich den Bedingungen unserer Erfahrungsfähigkeit ausgesetzt wären, ihnen also gehorchen müssten.

 

Daher können "Gotteserfahrungen" keine grundsätzlich anderen Eigenschaften haben als alle anderen Erfahrungen auch, sonst wären sie überhaupt keine Erfahrungen. Damit ist gesagt, dass "Gotteserfahrungen" nicht irgendwie "übernatürlich" sein können, da auch sie durch die natürlichen Bedingungen unserer Fähigkeit zur Erfahrung konstituiert sind. Daher sind "übernatürliche" Eigenschaften oder Gehalte, die wir mit "Gotteserfahrungen" verbinden, in ganz natürliche Erfahrungen hinein interpretierte (Be-)Deutungen, die wir (!) diesen Erfahrungen beimessen.

 

Erfahrung ist ganz grundsätzlich immer schon interpretierte Wahrnehmung, da macht Gotteserfahrung keinen Unterschied. So wenig es sonst "neutrale Warnehmung" gibt, so wenig gibt es "neutrale Gotteswahrnehmung" (conditio humana!). In der Übertragung auf religiöse Erfahrungen folgt daraus: "Gotteserfahrungen" sind religiös gedeutete natürliche Wahrnehmungen; genauso gut wäre auch eine areligiose Deutung derselben Wahrnehmung im Sinne einer Alltagserfahrung möglich.

 

Dass eine Alltagserfahrung als Gotteserfahrung gedeutet wird, ist demnach entweder willkürlich oder beruht auf vorbewussten subjektiven Konditionierungen. In modernen Theologien wird aber nun gerne – nicht zuletzt in Abwehr einer Ideolisierung von Offenbarung – gerade auf die Notwendigkeit der Glaubwürdigkeit des Glaubens hingewiesen, mit anderen Worten: Der Glaube müsse rational verantwortbar sein.

 

Da der Glaube auf Offenbarung zurückgeführt wird (letztlich beruft man sich kirchlicherseits ja stets auf Offenbarung, selbst das Dogma wäre ohne Gründung auf dem Offenbarungsgeschehen leer), Offenbarung ihrerseits immer an Menschen ergeht, und zwar dergestalt, dass sie bestimmte "Gotteserfahrungen" machen (die dann später institutionell verwaltet und "enthistorisiert" werden, um ihre zeitlose Gültigkeit herzustellen) – gründet sich die gesamte Religion auf dem Phänomen der sog. "Gotteserfahrung". Da sie aber wie gesagt nicht "neutral" sein kann, sondern selbst immer schon eine Deutung ist, die entweder willkürlich (beliebig) oder durch Prägung (unfreiwillig) erfolgt, sehe ich weit und breit keine Möglichkeit, den Glauben auch nur ansatzweise "rational zu verantworten". Eine rationale Verantwortung des Glaubens bedeutet, seine Rationalität zu begründen. Ein Glaube, der entweder auf Willkür oder auf Unfreiheit beruht, ist aber nicht rational und daher auch nicht rational begründbar.

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Insofern ist auch der Alltag maßgeblich von Gotteserfahrungen geprägt

Auch Gott wäre an die natürlichen Vorbedingungen unserer Möglichkeit und Fähigkeit, Erfahrungen zu machen, gebunden, da wir sonst von ihm schlicht nichts wissen könnten: Außerhalb unserer Erfahrung kein Gott. Umgekehrt bedeutet das, dass auch "Gotteserfahrungen" ganz grundsätzlich den Bedingungen unserer Erfahrungsfähigkeit ausgesetzt wären, ihnen also gehorchen müssten.

 

Das Argument ist besser, als es sich anhört. Was wir als Wahrnehmung bezeichnen - und neben unserer genetischen Ausstattung die Grundlage aller Erfahrungen ist - ist nämlich ein kausaler, logischer Rückschluss vom Ende einer Kausalkette auf den Anfang. Das setzt physikalische Kausalität voraus, ohne diese gibt es keine Wahrnehmung und keine Erfahrung: Wenn ich ein Wasserglas sehe, dann passiert Folgendes: Das Glas reflektiert Photonen, die in mein Auge fallen und eine chemische Reaktion in de Sehzellen verursachen. Dies löst elektrochemische Impulse aus, die von Nervenzellen an die Neuronen im Gehirn gemeldet werden, die für das Sehen zuständig sind. Also schließe ich logisch: Dort steht ein Wasserglas. Das setzt eine ununterbrochen Kausalkette voraus (mit dieser Annahme werden wir geboren) und eine funktionierende Logik. Dieser Prozess kann an allen möglichen Stellen gestört werden, inklusive eines Fehlschlusses. Was wir dann sehen, ist etwas anderes. Was wir nicht sehen ist das Glas selbst. Das Ganze ist natürlich extrem vereinfacht und in Wahrheit noch komplizierter, weil es sich um einen statistischen Rückschluss handelt, der auf dem Prinzip von Bayes Theorem über Statistik beruht, sowie auf einem komplexen System von Mustervergleichen. Benutzt man die falschen Muster zum Vergleich, ist eine Täuschung (beispielsweise eine optische Täuschung) die unausweichliche Folge.

 

Das bedeutet, dass jede Wahrnehmung - und damit jede Erfahrung - physikalische Kausalität und Logik voraussetzt, um einen statistischen Schluss zu erzielen. Würde dieses "System von Annahmen" durch übernatürliche Ereignisse "gestört" oder "beeinflusst", so wäre eine falsche Wahrnehmung, eine Täuschung, die unmittelbare Folge.

 

Wenn man eine "richtige" Gotteserfahrung nimmt - also das Erleben eines Kontaktes zu einer fremden Wesenheit, wie ich es in meiner eigenen "Gotteserfahrung" geschildert habe - so kann daran nichts übernatürlich sein, denn selbst wenn man mal davon ausgeht, dass es einen "übernatürlichen Einfluss" gleich welcher Art geben könnte, so wäre dieser Kontakt eine Täuschung: Man kann dann nicht auf Gott zurückschließen. Und schon überhaupt kann man nicht wissen, ob das Wesen, mit dem man Kontakt hatte, genau der Gott ist, der das Universum geschaffen hat und allmächtig, allwissend etc. ist, weil dieses nicht zu unserer "Welt der möglichen Erfahrung" gehört. Damit ist der Rückschluss auf Gott in jedem Fall eine Täuschung.

 

Das gilt auch für alle diese Ereignisse, in denen auf Gott zurückgeschlossen wird: Dieser Rückschluss ist schlicht ein non sequitur. Eine Erfahrung ist umso mehr von Fehlschlüssen bedroht, je mehr das Wahrgenommene sich von der Alltagserfahrung unserer Vorfahren entfernt, und die ist nur darauf optimiert, etwas dem Überleben dienliches etwas besser zu erkennen als die unmittelbaren Konkurrenten. Die ungeheure Fülle an optischen Täuschungen macht deutlich, wie empfindlich das ganze Verfahren auf etwas reagiert, was ungewöhnlich ist und nicht in die Alltagserfahrung fällt - und selbst die ist schon anfällig für Täuschungen aller Art.

 

Daher können "Gotteserfahrungen" keine grundsätzlich anderen Eigenschaften haben als alle anderen Erfahrungen auch, sonst wären sie überhaupt keine Erfahrungen. Damit ist gesagt, dass "Gotteserfahrungen" nicht irgendwie "übernatürlich" sein können, da auch sie durch die natürlichen Bedingungen unserer Fähigkeit zur Erfahrung konstituiert sind. Daher sind "übernatürliche" Eigenschaften oder Gehalte, die wir mit "Gotteserfahrungen" verbinden, in ganz natürliche Erfahrungen hinein interpretierte (Be-)Deutungen, die wir (!) diesen Erfahrungen beimessen.

 

Exakt. Man könnte natürlich einwenden, dass wir auch "übernatürliche" Erfahrungen machen können, nur müsste man dann den Begriff "übernatürlich" erst einmal so definieren, dass er nicht in sich widersprüchlich ist (sonst hat man als Basis für den logischen Rückschluss einen Widerspruch, der bekanntlich zu allem führen kann).

 

Erfahrung ist ganz grundsätzlich immer schon interpretierte Wahrnehmung, da macht Gotteserfahrung keinen Unterschied. So wenig es sonst "neutrale Warnehmung" gibt, so wenig gibt es "neutrale Gotteswahrnehmung" (conditio humana!). In der Übertragung auf religiöse Erfahrungen folgt daraus: "Gotteserfahrungen" sind religiös gedeutete natürliche Wahrnehmungen; genauso gut wäre auch eine areligiose Deutung derselben Wahrnehmung im Sinne einer Alltagserfahrung möglich.

 

Ja, und man muss zusätzlich beachten, auf welche Weise diese Interpretation vonstatten geht. Interessant ist ja, dass eine Täuschung von vornherein ausgeschlossen wird, nur widerspricht das kolossal unserer Erfahrung - und alleine wegen dieser Möglichkeit kann man sich nicht auf eine individuelle, singuläre Erfahrung stützen. Ein Beispiel: Ich sehe ein Wasserglas auf dem Tisch (d. h., ich mach einen logischen Rückschluss, das am Beginn der Kausalkette meiner Wahrnehmung ein Wasserglas die Ursache für meine Wahrnehmung ist). Ich hege aber den Verdacht, dass es sich um eine Sinnestäuschung handelt, aufgrund etwa von übermäßigem Alkoholismus - was kann ich tun? Nun, ich kann andere fragen, ob sie das auch sehen, oder ich kann danach greifen, also mehrere Sinneskanäle einsetzen - ohne diese Möglichkeiten kann ich nicht ausschließen, dass es sich um eine Täuschung handelt. Nun funktioniert unsere alltägliche Erfahrung noch relativ zuverlässig, es sei denn, ich bin gerade in einer Zaubershow (da kann man sich auf nichts verlassen). Aber bei einer ungewöhnlichen Erfahrung versagt der Mechanismus leicht - und eine Gotteserfahrung ist nicht, was alltäglich ist. Folglich ist man voreilig, wenn man eine Täuschung per se und kategorisch ausschließt. Und dieser Fehler wird meist gemacht!

 

Dass eine Alltagserfahrung als Gotteserfahrung gedeutet wird, ist demnach entweder willkürlich oder beruht auf vorbewussten subjektiven Konditionierungen. In modernen Theologien wird aber nun gerne – nicht zuletzt in Abwehr einer Ideolisierung von Offenbarung – gerade auf die Notwendigkeit der Glaubwürdigkeit des Glaubens hingewiesen, mit anderen Worten: Der Glaube müsse rational verantwortbar sein.

 

Das vertritt übrigens nur eine sehr kleine Minderheit. Die meisten Gläubigen machen sich keine Gedanken darüber, ob ihr Glauben rational verantwortbar ist - sie zweifeln lieber an der Logik und der Rationalität. Das erste, was einem Logiker und Rationalisten in einem Diskussionsforum entgegenschlägt, ist auch gleich die pure Ablehnung dieser Idee. Man muss nur mit Argumenten kommen, um diese Abwehrhaltung quasi sofort und automatisch zu triggern: Es gibt so etwas wie einen automatischen religiösen Beißreflex gegen rationale Schlussfolgerungen, individuell unterschiedlich ist nur, wo er einsetzt.

 

Die zentrale Idee des Mainstream-Christentums, das Gott sich selbst als seinen eigenen Sohn auf die Erde schickt, um durch Selbstopferung die Menschen mit sich selbst zu versöhnen (in dem er die Menschen tun lässt, was als zweitschlimmster Akt auch unter Menschen gilt, nämlich einen Unschuldigen grausam zu töten - noch schlimmer ist nur, wenn es sich dabei um ein Kind handelt), ist nämlich durch keinen Umstand rational zu rechtfertigen, und wer nur anfängt, das rational zu durchdenken, der hat sich schon halb vom Christentum gelöst.

 

Da der Glaube auf Offenbarung zurückgeführt wird (letztlich beruft man sich kirchlicherseits ja stets auf Offenbarung, selbst das Dogma wäre ohne Gründung auf dem Offenbarungsgeschehen leer), Offenbarung ihrerseits immer an Menschen ergeht, und zwar dergestalt, dass sie bestimmte "Gotteserfahrungen" machen (die dann später institutionell verwaltet und "enthistorisiert" werden, um ihre zeitlose Gültigkeit herzustellen) – gründet sich die gesamte Religion auf dem Phänomen der sog. "Gotteserfahrung". Da sie aber wie gesagt nicht "neutral" sein kann, sondern selbst immer schon eine Deutung ist, die entweder willkürlich (beliebig) oder durch Prägung (unfreiwillig) erfolgt, sehe ich weit und breit keine Möglichkeit, den Glauben auch nur ansatzweise "rational zu verantworten". Eine rationale Verantwortung des Glaubens bedeutet, seine Rationalität zu begründen. Ein Glaube, der entweder auf Willkür oder auf Unfreiheit beruht, ist aber nicht rational und daher auch nicht rational begründbar.

 

Es wird sogar noch schlimmer, wenn man das Begründungsdenken durch "permanente kritische Prüfung" ersetzt. Glauben ist ein Konstrukt, das schon quasi per Definition der kritischen Prüfung entzogen wird. Gotteserfahrungen sind meist ein Beispiel für die unkritische Übernahme von dubiosen Annahmen. Mein Weg zum Atheismus begann mit dieser Erkenntnis - deswegen bin ich Atheist, trotz einer "harten" Gotteserfahrung. Man muss nur die Alternativen erwägen - was ja meist unterbleibt - und das Kartenhaus der Erfahrung bricht zusammen.

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Ok, da sich die meisten darum drücken, ihre eigenen Gotteserlebnisse zu beschreiben, will ich mal meine eigenen Gotteserfahrungen schildern.

 

Es gibt - das habe ich erst später begriffen - zwei grundsätzlich verschiedene Arten von Gotteserlebnissen. Die erste Art würde ich als Gottesinterpretation bezeichnen: Man erlebt etwas und interpretiert dies im Nachhinein als eine Erfahrung Gottes. Simples Beispiel ist das Erlebnis mit dem Auto, dem man knapp entgeht. Die zweite Art sind Visionen, Stimmen o. ä., das man hört, man erfährt sozusagen die "reale Präsenz Gottes". Meine Erlebnisse sind von der zweiten Art.

 

Die erste Erfahrung ist mir immer noch sehr präsent: Ich war in einem katholischen Gottesdienst und dachte ziemlich intensiv an Gott. Plötzlich änderte sich meine Wahrnehmung komplett: Alle Farben wurden leuchtender, intensiver, stärker, alle Geräusche (Kirchenmusik) wurde intensiver, gleichzeitig spürte ich mich selbst intensiver. Und dann war da das absolut reale Gefühl einen starken geistigen Präsenz, ein Geist, der die gesamte Kirche ausfüllte, ein Geist von großer Friedfertigkeit und Liebe. Und so aufgeregt ich auch war, als ich zunächst die Änderung meiner kompletten Wahrnehmung spürte, so schnell übertrug sich die Friedfertigkeit auf mich, alle Anspannung ließ nach, und meine Stimmung wurde sehr gehoben. Wie lange dies dauerte kann ich allerdings nicht sagen, es kam mir wie Minuten vor (was aber nicht sein kann). Dann dehnte sich meine Wahrnehmung weiter aus, bis ich das Gefühl hatte, alles auf einmal erfassen zu können, das Erlebnis war ähnlich dem späteren Alleinheits-Erlebnis, aber das war anderthalb Jahrzehnte später und nicht ganz so intensiv wie das Alleinheits-Erlebnis. Aber wegen der Erweiterung und Stärkung meiner Wahrnehmung war dies sozusagen realer und intensiver als jedes reale Erlebnis. Ich sehe übrigens die Sprache nicht wirklich als ein Problem an, um diese Erfahrung zu schildern, eher schon die Glaubwürdigkeit solcher Erfahrungen.

 

Das Hochgefühl hielt noch Stunden später an, und es hat meinen Glauben ungeheuer angetrieben.

 

Ich hatte dieses Erlebnis mehrfach, zunächst nur in einer Messe. Später hatte ich es auch anderswo, vor allem in freier Natur.

 

Inzwischen weiß ich das Erlebnis natürlich sehr viel besser einzuordnen als früher - da war ich noch ein Kind. Und bevor nun einer von den Neulingen hier zu falschen Schlussfolgerungen kommt: Ich bin inzwischen Hardcore-Atheist. Daran ist die Gotteserfahrung nicht ganz unschuldig...

 

Ich hatte schon mal gefragt, inwiefern diese Gotteserfahrung mitbeiteiligt an Deiner jetzigen atheistischen Einstellung ist. Willst Du es nicht mal verraten?

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Ich hatte schon mal gefragt, inwiefern diese Gotteserfahrung mitbeiteiligt an Deiner jetzigen atheistischen Einstellung ist. Willst Du es nicht mal verraten?

 

Im Grunde genommen habe ich das in meinem letzten Posting bereits erzählt. Hier in Kürze:

 

Ausgehend von der Prämisse, dass man seinen Glauben einerseits rational verantworten können muss - nichts im Glauben kann oder sollte der Vernunft widersprechen, das ist die absolut grundlegende Forderung, jenseits der die Beliebigkeit beginnt (das Gegenteil von Vernunft ist Beliebigkeit) habe ich meine Erfahrung exploriert. Die zweite, stärkere Forderung ist die, dass man seinen Glauben auch rational begründen können muss: Aber diese Forderung ist unsinnig, weil sie mit Sicherheit ins Trilemma führt. Die Lösung dieses Problems ist eine ganz andere Forderung, nämlich, dass man seinen Glauben kritisch prüfen können muss.

 

Die kritische Prüfung führt dazu, das die Annahme, ich hätte Gott (einen bestimmten Gott zudem) erlebt auf einem logischen Zirkel beruht: Ich setze voraus, dass eine solche Erfahrung eine Gotteserfahrung ist, und dann entnehme ich der Erfahrung, dass ich Gott begegnet bin - das ist schlechterdings unmöglich.

 

Was aber wirklich irritierend war ist, dass ich nach einiger Zeit meine Fähigkeit entdeckt habe, dieselbe Gotteserfahrung nach Belieben hervorzurufen: Ich muss mich nur konzentrieren, in einen bestimmten Zustand versetzen, und schon - Zack! - ist Gott da bzw. ich habe dieselbe Erfahrung. Unterbreche ich meine Konzentration, dann ist er sofort weg. Gott ist so etwas wie eine Marionette: Ich hole ihn hervor, ich packe ihn wieder weg, ganz nach Belieben.

 

Inzwischen weiß ich natürlich, dass ich mich in einen Trance-Zustand versetze, der mir diese Erfahrung ermöglicht (das funktioniert übrigens auch heute noch). Ebenso weiß ich, dass eine katholische Messe ein Trance-induzierender Vorgang ist - deswegen ist es damals auch das erste Mal in einer Messe aufgetreten. Ich habe damals gelernt, diesen Trance-Zustand wieder abzurufen - und das bedeutet: Die Erfahrung ist eine Folge meines Trance-Zustands. Der Geist, den ich erlebe, ist mein eigener Geist.

 

Was mir möglich ist, ist anderen natürlich auch möglich - man muss nicht wissen, wie "es" funktioniert, man muss es auch nicht willentlich machen. Wenn man diese Erfahrung verifizieren wollte - das geht mit allen objektiven Erfahrungen, und da die minimale Voraussetzung für Gott ist, dass er objektiv existiert - müsste man sich etwas anderes ausdenken, die Berufung auf Subjektivität im Falle der Gotteserfahrung ist absolut sinnlos. Rein subjektive Erfahrungen lassen sich nämlich nicht von Täuschungen unterscheiden, das gilt besonders für Trance-Zustände, und da ich ein Experte bin für menschliche Täuschungen, weiß ich, wie viele Wege die Menschen entdeckt haben, sich darüber zu täuschen.

 

Die Idee, dass rein subjektive Erfahrungen ganz besonders leicht zu Täuschungen führen, ist den meisten Menschen weder bekannt noch bewusst. Zum einen sind diese Erfahrungen sehr intensiv, und normalerweise messen wir die Realität einer Erfahrung an ihrer Intensität. Zum anderen fehlt bei den meisten subjektiven Erfahrungen der Vergleichsmaßstab: Bei objektiv verifizierbaren Erfahrungen können wir Täuschungen entdecken (und wir wissen, dass unsere Sinne nicht so ganz zuverlässig sind), aber bei subjektiven Erfahrungen fehlt - wenn sie subjektiv bleiben - jedes äußere Kriterium für eine Täuschung, folglich werden Täuschungen so gut wie nie entdeckt, und daraus schließt man fälschlicherweise, dass sie sehr zuverlässig sind.

 

Letzteres wird mit dem Fischernetz-Beispiel sehr gut erklärt: Wissenschaftler werfen ein Fischernetz in einen See, dessen Maschen 5cm auseinander liegen. Sie fangen also nur Fische, die größer sind als 5cm. Nur würde ein Wissenschaftler nie daraus schließen, dass es im See keine Fische gibt, die kleiner sind als 5cm. Aber wir machen das mit unserer subjektiven Erfahrung: Das Netz, mit dem wir die Täuschungen herausfischen könnten, ist sehr, sehr grobmaschig. Da wir damit kaum Täuschungen herausfinden, schließen wir fälschlicherweise, dass diese subjektiven Erfahrungen sehr zuverlässig ist - wäre sie es nicht, würden wir ja mehr Täuschungen finden! Dass uns die Täuschungen durch die Maschen schlüpfen, das bemerken wir kaum.

 

Der Fehlschluss ist eigentlich offensichtlich, vor allem, wenn man bedenkt, dass jede optische Täuschung (beispielsweise) immer auch eine subjektive Täuschung sein muss!

 

Der andere Grund, warum wir so sehr auf subjektive Erfahrung setzen - und diese für geradezu "sakrosankt" halten - ist der Umstand, dass wir einen privilegierten, unmittelbaren Zugang dazu haben, den uns niemand streitig machen kann. Auch das scheint Täuschung auszuschließen, ist aber derselbe Fehlschluss.

 

In der Religion (wie in der Esoterik) zieht man sich natürlich deswegen so gerne auf subjektive Erfahrung zurück, weil man da eine kritikimmune Bastion zu haben glaubt. Ich kann nämlich an Deinen subjektiven Erfahrungen nicht zweifeln (was bedeutet, dass Du mir auch jeden Scheiß erzählen kannst, weil ich es nicht widerlegen kann). Ich kann aber an der Übereinstimmung Deiner subjektiven Erfahrung mit der Realität zweifeln!

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Das gilt auch für alle diese Ereignisse, in denen auf Gott zurückgeschlossen wird: Dieser Rückschluss ist schlicht ein non sequitur. ... Glauben ist ein Konstrukt, das schon quasi per Definition der kritischen Prüfung entzogen wird.

Ich möchte noch folgendes anfügen:

 

Vom Auslöser der optischen Erfahrung "Wasserglas", nämlich der Refelxion von Photonen durch "irgendetwas da draußen", über ihre Aufnahme mit dem Auge, durch die der externe Input in ein internes neuronales Signal encodiert wird, bis hin zur Weiterleitung dieses Signals in Form eines Zusammenspiels aus elektromagnetischen Impulsen und chemischen Botenstoffen zwischen Neuronen und letztlich dessen Interpretation in darauf spezialisierten Hirnarealen, die dem Ganzen dann die Bedeutung "Ich sehe ein Wasserglas" zuordnen, haben so viele Zwischenstationen und Transformationen des ursprünglichen Inputs stattgefunden, dass der letzte Schritt, die Deutung "Ich sehe ein Wasserglas", nichts mehr mit dem auslösenden Ereignis in der "externen Wirklichkeit" zu tun hat, außer eben, dass er durch sie veranlasst wurde. So mag man eine Kausalkette im Sinne einer umgekehrten Induktion annehmen, doch gewonnen ist damit nichts, sobald wir nach zuverlässigem Wissen streben.

 

Selbst die Aussage über die Reflexion von Photonen ist nicht die Realität an sich, sondern gibt ein Erklärungsmuster wieder, das unser Gehirn aufgrund der ihm verfügbaren Inputs (Wahrnehmung), der bereits in ihm gespeicherten und vernetzten Informationen (Gedächtnis) und deren jeweiliger aktueller Arrangements zur Etablierung einer Zuordnung zur schon vorhandenen Information (Interpretation) herstellt. Dieses Deutungsmuster ist im allgemeinen Wortsinn intentional, d.h. es verfolgt das Ziel, neue Inputs zu bereits abgespeicherten Informationen so in Beziehung zu setzen, dass wir uns in unserer Umwelt zurechtfinden. Es geht also nicht um voraussetzungslose Verarbeitung externer Eindrücke, die uns zuverlässiges, "objektives" Wissen garantiert; das gesamte Prozedere hat den höchst pragmatischen Zweck, Orientierung zu stiften.

 

Alles, was wir wahrnehmen, ist diesem Zweck untergeordnet. Das Gehirn arbeitet interessengesteuert, und die Interessen, die es dabei verfolgt, dienen zunächst der Selbst- und letztlich der Arterhaltung. Insofern erreicht uns von der Wirklichkeit "da draußen" nur das, was diesem Ziel dient, und auch nur auf die Art und Weise, die diesem Ziel dient. Wir erleben uns selbst und die Welt durch die "Brille" unserer evolutiv bedingten genetischen Vorgaben. Da es sich hierbei um eine grundlegende und unhintergehbare Konstitution unserer Möglichkeit handelt, das zu erleben, was wir gemeinhin "Erfahrung" nennen, müssen wir auch die sog. religiösen bzw. spirituellen Erfahrungen in dieser Weise betrachten, denn sie durchlaufen dieselben Stationen wie alle übrigen Erfahrungen auch. Was für alltägliche Prozesse wie die Wahrnehmung und Verarbeitung sog. "natürlicher" Auslöser gilt (Wasserglas), das gilt ebenso für sog. "übernatürliche" (Gott).

 

Wir mögen das, was wir "Transzendenz" nennen, hören, sehen, schmecken, fühlen, riechen, berühren, träumen usw.. All das sind Wahrnehmungen, die auf physiologischen Reaktionen beruhen, die durch neuronale Prozesse hervorgerufen werden. Selbst für die Transzendenz gilt, dass sie überhaupt "wahrnehmbar" sein muss, und zwar ganz konkret wahrnehmbar für uns! Es nützte uns nichts, wenn sich Gott nur den Fledermäusen erfahrbar machen würde, die ihn mit ihrem Echolot orten, weil wir über dergleichen nicht verfügen. Es reicht also nicht aus, wenn zu der uns bekannten Welt Transzendentes immanent wird, um einmal diese Ausdrücke zu bemühen, es muss sich innerhalb dieser Immanenz auch noch weiterhin so einschränken, dass es unserer menschlichen Aufmerksamkeit nicht entgeht. Beziehen wir daher erkenntnistheoretisch die Begriffe der Immanenz und Transzendenz nicht auf die uns umgebende Welt, sondern sozusagen "intern" auf unsere menschliche Erfahrungsmöglichkeit, also darauf, dass etwas zu unserer Erfahrung Transzendentes eben dieser Erfahrung immanent werden muss, dann gilt der im obigen Beitrag geäußerte Schluss: Außerhalb unserer Erfahrung kein Gott. (Als Kant in der Swedenborg-Auseinandersetzung über die "Träumereien eines Geistersehers" spottete, hatte er genau diesen Sachverhalt vor Augen: Ob es eine jenseits unserer Erfahrungsmöglichkeiten liegende Transzendenz gibt, wird ewig unbeantwortbar bleiben, weil wir niemals etwas darüber wissen können. Wir erkennen nur, was dem menschlichen Erfahrungsvermögen zugänglich ist. Was es "übersteigt", hat uns insofern nichts anzugehen, da es sich um sinnleere Spekulationen handelt, eben "Träumereien". Hier bliebe dann nur, einen Unsinn durch einen anderen Unsinn zu "erklären", was er mit dem Titelzusatz "... erläutert durch Träume der Metaphysik" sarkastisch verdeutlicht.)

 

Wir kommen wie in einer Schleife immer wieder darauf zurück, dass auch ein "übersinnlicher" Gott sich "sinnlich" darstellen muss, um erfahrbar zu sein. Das bedeutet aber auch, dass dann tatsächlich eine Art "sinnlicher" Gotteserfahrung die konstitutive Basis für das ist, was wir "Glauben" nennen. Daraus folgt zweierlei: Erstens ist jede mögliche "Gotteserfahrung", insofern sie ja Erfahrung ist, anthropomorph. Zweitens reicht es dann nicht aus, sich bloß auf die Erfahrungen anderer zu verlassen. Das wäre höchstens ein Fürwahrhalten von Überlieferungen, zu dem ich mich aus Gründen entschieden habe, die jedenfalls nicht in meiner eigenen unmittelbaren Erfahrung liegen.

 

Ein möglicher Einwand wäre folgender: Wenn wir subjektive religiöse Erfahrungen überhaupt für möglich halten und wenn wir weiterhin den Gegenstand solcher Erfahrungen in dem sehen, was im allgemeinen als das Göttliche bezeichnet wird, wobei "göttlich" auch heißen soll, dass es die natürlichen Konstitutionen des wahrnehmbaren Universums - uns eingeschlossen - "sprengt", leitet sich dann aus dieser Logik nicht folgerichtig und zwangsläufig eine Universalität des Göttlichen ab, die ihrerseits die Universalität und damit doch wieder "objektive" Verbindlichkeit spiritueller Erfahrungen begründet?

 

Das hängt erstens davon ab, ob wir die grundsätzliche Möglichkeit einer Erfahrung konzedieren wollen, die die Grenzen der Erkenntnis sprengt, um dennoch zu Erkenntnis zu führen. Das wäre die epistemologische Rückfrage. Und zweitens bliebe zu erläutern, was in diesem Zusammenhang die Prädikation "objektive Verbindlichkeit" bedeuten soll, wenn, wie bereits angeklungen, jedwede Erfahrung eo ipso subjektiv ist. Das ist die Rückfrage nach der Geltung, hinter der Kants Postulat steckt, empirische Erkenntnis sei stets a posteriori und könne uns nie Notwendigkeit und strenge Allgemeinheit vermitteln.

 

Ein findiger Geist könnte nun sagen, Gott sei als Schöpfer nicht an die Regeln der Schöpfung gebunden, er könne also auch die Beschränkungen umgehen, die unserer menschlichen Natur und ihrer Wahrnehmungs- und Erkenntnisfähigkeit gesetzt sind und uns zu Erfahrungen verhelfen, die jenseits dieser Restriktionen liegen. Dieses Argument liegt auf derselben Wellenlänge wie das soeben angeklungene, Gott ermögliche Erfahrungen, die die natürliche Konstitution des wahrnehmbaren Universums sprengen, und mag ebenso wie dieses im ersten Moment überzeugend klingen. Bei näherer Betrachtung entpuppt es sich jedoch als Betise.

 

Aus dem weiter oben Gesagten folgte, dass es nichts gibt, das uns erreicht, ohne unseren Wahrnehmungskanal und die mit ihm einhergehenden Umcodierungen zu passieren. Das gilt insofern auch für spirituelle Erfahrungen. In theologischer Sprache ist es das "inkarnatorische Prinzip", demzufolge Gott die Schöpfung so angelegt habe, dass sie nur um ihn wissen könne, wenn er ihr innerhalb ihrer Bedingungen begegne, die er ihr ja selbst gesetzt habe und an die er sich insofern auch als Schöpfer halten müsse. Dasselbe Prinzip steckt hinter der Vorstellung von Gottes Menschwerdung: Hier begegnet der Schöpfer seinem Geschöpf auf Augenhöhe, damit dieses ihn und seine Absichten erkennt. Diesen Vorgang nennt die Religion "Offenbarung". Ich habe hier das Beispiel des christlichen Monotheismus gewählt. Grundsätzlich ist der Verweis auf göttliche Offenbarung aber menschheitsumfassend, denn, nur mit anderen Variablen ausgestattet, er begegnet uns in allen Religionen.

 

Über historische und kulturelle Grenzen hinweg finden wir immer dasselbe vor: die Kunde von der Begegnung mit dem Göttlichen. Allein schon dadurch, dass sie Kunde davon ist, also Überlieferung, wird deutlich, dass das Unvorstellbare in Vorstellungen, das Unsagbare in Begriffe gefasst wurde - es hat sich "inkarniert", ist menschlichem Wesen und Wissen zugänglich geworden, nicht unmittelbar, sondern in der Weise, die Menschen entspricht (conditio humana). Und eben darin liegt der Irrtum des Arguments, Gott sei in seinen Offenbarungen nicht an die Vorbedingungen unserer Wahrnehmungsfähigkeit gebunden, er könne diese also "sprengen". Das mag wohl sein, doch wenn er sie "sprengt", also umgeht bzw. außer Kraft setzt, dann kriegen wir ihn auch nicht mit. Selbst Halluzinationen und Synästhesien sprechen die Wahrnehmung über die fünf Sinne an. Erfahrungen, "die jenseits dieser Restriktionen liegen", wie es oben hieß, sind begriffliche Schimären. Paulus sah den "siebten Himmel"; der Zen-Meister taucht ein in das "Nichts"; der Prophet hat "Gesichte"; der Schizophrene hört "Stimmen"; der Heroinabhängige fühlt sich "schwerelos", etc.. Auch bei sog. bewusstseinserweiternden Erfahrungen werden stets die Wahrnehmungskanäle angesprochen. Und wieder sehen wir: Außerhalb unserer Erfahrung kein Gott.

 

Was wird also nun aus der Behauptung, das Göttliche "sprenge" die natürlichen Konstitutionen unserer Welt? Und was aus der daraus abgeleiteten und für den Geltungsanspruch der Religion essenziellen Behauptung, die religiöse Erfahrung vermittle ewige Wahrheit?

 

Was das Erste betrifft, so mag es zutreffen oder auch nicht - wir können es weder erfahren noch wissen. Ich könnte ebenso gut behaupten, jenseits des uns bekannten Universums gäbe es transdimensionale intelligente Käfer - es hätte keinerlei Bedeutung für uns, weil wir niemals entscheiden und daher niemals wissen könnten, ob es sie tatsächlich gibt oder nicht. Selbst wenn sie in irgendeiner Weise auf unsere Welt und uns selbst einwirkten, wir aber niemals in der Lage wären, dieses Einwirken auch bewusst wahrzunehmen und auf sie zurückzuführen, da uns ihre Existenz ja grundsätzlich verborgen bliebe, müsste es uns gleichgültig sein.

 

Da nun, was das Zweite betrifft, das Postulat ewiger Wahrheit auf der Spekulation einer unsere Erfahrungsfähigkeit "sprengenden" Entität namens "Gott" beruht - insofern hierbei eine gänzlich unkritische Assoziation zwischen "Erfahrung sprengend", "objektiv gültig" und "ewiger Wahrheit" hergestellt wird -, bleibt auch das Diktum ewiger Wahrheit, das aus dem Diktum einer zu eben dieser Erfahrung transzendenten Wirklichkeit abgeleitet wird, reine Fiktion. Eine ewige Wahrheit, die jenseits ihrer Erfahrbarkeit angenommen wird, geht uns ebenso wenig an wie eine nicht erfahrbare Wirklichkeit. Ob Gott die Regeln unserer Welt und unserer conditio humana "sprengt" oder nicht, ist eine müßige Erörterung. Nur insofern Gott sich auf uns Menschen zugängliche Art erfahrbar macht, geht er uns etwas an. Dann aber sind alle Vorstellungen und Bilder vom Göttlichen unweigerlich anthropomorph und damit alles andere als "voraussetzungslos", "objektiv gültig" und "ewig wahr".

 

Einige Entwürfe der akademischen Theologie haben nicht von ungefähr den Weg der Historisierung und Existenzialisierung des ihr zugrundeliegenden sog. Kerygmas eingeschlagen: Die metaphysisch-absolute Wahrheit einer ewigen, überweltlichen Gottheit wurde in die narrativ-existenziale Geschichte des Glaubens an einen ausschließlich in seiner Kondeszendenz erfahrbaren Gott transponiert. Allerdings haben sie sich dabei des inversiv-induktiven Trugschlusses schuldig gemacht, aus der "existenzialen Imagination" einer schützenden Gottheit auf deren "transexistenziale Realität" zu schließen. Ob solche existenzialen Erfahrungen auf einen Gott zurückgeführt werden müssen oder auch ganz "natürlich" erklärt werden können, bleibt individuelle Interpretationssache, die von persönlichen Neigungen abhängt, die durch Kultur, Bildung, Elternhaus, genetische Disposition, eigene Lebenserfahrungen usw. geprägt wurden. Mit einem Wort: Sie ist kontextuell. Wenn sie kontextuell ist, kann sie nicht universal sein. Und wenn sie nicht universal ist, kann sie weder zeitlos noch unbegrenzt gültig sein.

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Das gilt auch für alle diese Ereignisse, in denen auf Gott zurückgeschlossen wird: Dieser Rückschluss ist schlicht ein non sequitur. ... Glauben ist ein Konstrukt, das schon quasi per Definition der kritischen Prüfung entzogen wird.

Ich möchte noch folgendes anfügen:

 

Vom Auslöser der optischen Erfahrung "Wasserglas", nämlich der Refelxion von Photonen durch "irgendetwas da draußen", über ihre Aufnahme mit dem Auge, durch die der externe Input in ein internes neuronales Signal encodiert wird, bis hin zur Weiterleitung dieses Signals in Form eines Zusammenspiels aus elektromagnetischen Impulsen und chemischen Botenstoffen zwischen Neuronen und letztlich dessen Interpretation in darauf spezialisierten Hirnarealen, die dem Ganzen dann die Bedeutung "Ich sehe ein Wasserglas" zuordnen, haben so viele Zwischenstationen und Transformationen des ursprünglichen Inputs stattgefunden, dass der letzte Schritt, die Deutung "Ich sehe ein Wasserglas", nichts mehr mit dem auslösenden Ereignis in der "externen Wirklichkeit" zu tun hat, außer eben, dass er durch sie veranlasst wurde. So mag man eine Kausalkette im Sinne einer umgekehrten Induktion annehmen, doch gewonnen ist damit nichts, sobald wir nach zuverlässigem Wissen streben.

 

Selbst die Aussage über die Reflexion von Photonen ist nicht die Realität an sich, sondern gibt ein Erklärungsmuster wieder, das unser Gehirn aufgrund der ihm verfügbaren Inputs (Wahrnehmung), der bereits in ihm gespeicherten und vernetzten Informationen (Gedächtnis) und deren jeweiliger aktueller Arrangements zur Etablierung einer Zuordnung zur schon vorhandenen Information (Interpretation) herstellt. Dieses Deutungsmuster ist im allgemeinen Wortsinn intentional, d.h. es verfolgt das Ziel, neue Inputs zu bereits abgespeicherten Informationen so in Beziehung zu setzen, dass wir uns in unserer Umwelt zurechtfinden. Es geht also nicht um voraussetzungslose Verarbeitung externer Eindrücke, die uns zuverlässiges, "objektives" Wissen garantiert; das gesamte Prozedere hat den höchst pragmatischen Zweck, Orientierung zu stiften.

 

Alles, was wir wahrnehmen, ist diesem Zweck untergeordnet. Das Gehirn arbeitet interessengesteuert, und die Interessen, die es dabei verfolgt, dienen zunächst der Selbst- und letztlich der Arterhaltung. Insofern erreicht uns von der Wirklichkeit "da draußen" nur das, was diesem Ziel dient, und auch nur auf die Art und Weise, die diesem Ziel dient. Wir erleben uns selbst und die Welt durch die "Brille" unserer evolutiv bedingten genetischen Vorgaben. Da es sich hierbei um eine grundlegende und unhintergehbare Konstitution unserer Möglichkeit handelt, das zu erleben, was wir gemeinhin "Erfahrung" nennen, müssen wir auch die sog. religiösen bzw. spirituellen Erfahrungen in dieser Weise betrachten, denn sie durchlaufen dieselben Stationen wie alle übrigen Erfahrungen auch. Was für alltägliche Prozesse wie die Wahrnehmung und Verarbeitung sog. "natürlicher" Auslöser gilt (Wasserglas), das gilt ebenso für sog. "übernatürliche" (Gott).

 

Wir mögen das, was wir "Transzendenz" nennen, hören, sehen, schmecken, fühlen, riechen, berühren, träumen usw.. All das sind Wahrnehmungen, die auf physiologischen Reaktionen beruhen, die durch neuronale Prozesse hervorgerufen werden. Selbst für die Transzendenz gilt, dass sie überhaupt "wahrnehmbar" sein muss, und zwar ganz konkret wahrnehmbar für uns! Es nützte uns nichts, wenn sich Gott nur den Fledermäusen erfahrbar machen würde, die ihn mit ihrem Echolot orten, weil wir über dergleichen nicht verfügen. Es reicht also nicht aus, wenn zu der uns bekannten Welt Transzendentes immanent wird, um einmal diese Ausdrücke zu bemühen, es muss sich innerhalb dieser Immanenz auch noch weiterhin so einschränken, dass es unserer menschlichen Aufmerksamkeit nicht entgeht. Beziehen wir daher erkenntnistheoretisch die Begriffe der Immanenz und Transzendenz nicht auf die uns umgebende Welt, sondern sozusagen "intern" auf unsere menschliche Erfahrungsmöglichkeit, also darauf, dass etwas zu unserer Erfahrung Transzendentes eben dieser Erfahrung immanent werden muss, dann gilt der im obigen Beitrag geäußerte Schluss: Außerhalb unserer Erfahrung kein Gott. (Als Kant in der Swedenborg-Auseinandersetzung über die "Träumereien eines Geistersehers" spottete, hatte er genau diesen Sachverhalt vor Augen: Ob es eine jenseits unserer Erfahrungsmöglichkeiten liegende Transzendenz gibt, wird ewig unbeantwortbar bleiben, weil wir niemals etwas darüber wissen können. Wir erkennen nur, was dem menschlichen Erfahrungsvermögen zugänglich ist. Was es "übersteigt", hat uns insofern nichts anzugehen, da es sich um sinnleere Spekulationen handelt, eben "Träumereien". Hier bliebe dann nur, einen Unsinn durch einen anderen Unsinn zu "erklären", was er mit dem Titelzusatz "... erläutert durch Träume der Metaphysik" sarkastisch verdeutlicht.)

 

Wir kommen wie in einer Schleife immer wieder darauf zurück, dass auch ein "übersinnlicher" Gott sich "sinnlich" darstellen muss, um erfahrbar zu sein. Das bedeutet aber auch, dass dann tatsächlich eine Art "sinnlicher" Gotteserfahrung die konstitutive Basis für das ist, was wir "Glauben" nennen. Daraus folgt zweierlei: Erstens ist jede mögliche "Gotteserfahrung", insofern sie ja Erfahrung ist, anthropomorph. Zweitens reicht es dann nicht aus, sich bloß auf die Erfahrungen anderer zu verlassen. Das wäre höchstens ein Fürwahrhalten von Überlieferungen, zu dem ich mich aus Gründen entschieden habe, die jedenfalls nicht in meiner eigenen unmittelbaren Erfahrung liegen.

 

Ein möglicher Einwand wäre folgender: Wenn wir subjektive religiöse Erfahrungen überhaupt für möglich halten und wenn wir weiterhin den Gegenstand solcher Erfahrungen in dem sehen, was im allgemeinen als das Göttliche bezeichnet wird, wobei "göttlich" auch heißen soll, dass es die natürlichen Konstitutionen des wahrnehmbaren Universums - uns eingeschlossen - "sprengt", leitet sich dann aus dieser Logik nicht folgerichtig und zwangsläufig eine Universalität des Göttlichen ab, die ihrerseits die Universalität und damit doch wieder "objektive" Verbindlichkeit spiritueller Erfahrungen begründet?

 

Das hängt erstens davon ab, ob wir die grundsätzliche Möglichkeit einer Erfahrung konzedieren wollen, die die Grenzen der Erkenntnis sprengt, um dennoch zu Erkenntnis zu führen. Das wäre die epistemologische Rückfrage. Und zweitens bliebe zu erläutern, was in diesem Zusammenhang die Prädikation "objektive Verbindlichkeit" bedeuten soll, wenn, wie bereits angeklungen, jedwede Erfahrung eo ipso subjektiv ist. Das ist die Rückfrage nach der Geltung, hinter der Kants Postulat steckt, empirische Erkenntnis sei stets a posteriori und könne uns nie Notwendigkeit und strenge Allgemeinheit vermitteln.

 

Ein findiger Geist könnte nun sagen, Gott sei als Schöpfer nicht an die Regeln der Schöpfung gebunden, er könne also auch die Beschränkungen umgehen, die unserer menschlichen Natur und ihrer Wahrnehmungs- und Erkenntnisfähigkeit gesetzt sind und uns zu Erfahrungen verhelfen, die jenseits dieser Restriktionen liegen. Dieses Argument liegt auf derselben Wellenlänge wie das soeben angeklungene, Gott ermögliche Erfahrungen, die die natürliche Konstitution des wahrnehmbaren Universums sprengen, und mag ebenso wie dieses im ersten Moment überzeugend klingen. Bei näherer Betrachtung entpuppt es sich jedoch als Betise.

 

Aus dem weiter oben Gesagten folgte, dass es nichts gibt, das uns erreicht, ohne unseren Wahrnehmungskanal und die mit ihm einhergehenden Umcodierungen zu passieren. Das gilt insofern auch für spirituelle Erfahrungen. In theologischer Sprache ist es das "inkarnatorische Prinzip", demzufolge Gott die Schöpfung so angelegt habe, dass sie nur um ihn wissen könne, wenn er ihr innerhalb ihrer Bedingungen begegne, die er ihr ja selbst gesetzt habe und an die er sich insofern auch als Schöpfer halten müsse. Dasselbe Prinzip steckt hinter der Vorstellung von Gottes Menschwerdung: Hier begegnet der Schöpfer seinem Geschöpf auf Augenhöhe, damit dieses ihn und seine Absichten erkennt. Diesen Vorgang nennt die Religion "Offenbarung". Ich habe hier das Beispiel des christlichen Monotheismus gewählt. Grundsätzlich ist der Verweis auf göttliche Offenbarung aber menschheitsumfassend, denn, nur mit anderen Variablen ausgestattet, er begegnet uns in allen Religionen.

 

Über historische und kulturelle Grenzen hinweg finden wir immer dasselbe vor: die Kunde von der Begegnung mit dem Göttlichen. Allein schon dadurch, dass sie Kunde davon ist, also Überlieferung, wird deutlich, dass das Unvorstellbare in Vorstellungen, das Unsagbare in Begriffe gefasst wurde - es hat sich "inkarniert", ist menschlichem Wesen und Wissen zugänglich geworden, nicht unmittelbar, sondern in der Weise, die Menschen entspricht (conditio humana). Und eben darin liegt der Irrtum des Arguments, Gott sei in seinen Offenbarungen nicht an die Vorbedingungen unserer Wahrnehmungsfähigkeit gebunden, er könne diese also "sprengen". Das mag wohl sein, doch wenn er sie "sprengt", also umgeht bzw. außer Kraft setzt, dann kriegen wir ihn auch nicht mit. Selbst Halluzinationen und Synästhesien sprechen die Wahrnehmung über die fünf Sinne an. Erfahrungen, "die jenseits dieser Restriktionen liegen", wie es oben hieß, sind begriffliche Schimären. Paulus sah den "siebten Himmel"; der Zen-Meister taucht ein in das "Nichts"; der Prophet hat "Gesichte"; der Schizophrene hört "Stimmen"; der Heroinabhängige fühlt sich "schwerelos", etc.. Auch bei sog. bewusstseinserweiternden Erfahrungen werden stets die Wahrnehmungskanäle angesprochen. Und wieder sehen wir: Außerhalb unserer Erfahrung kein Gott.

 

Was wird also nun aus der Behauptung, das Göttliche "sprenge" die natürlichen Konstitutionen unserer Welt? Und was aus der daraus abgeleiteten und für den Geltungsanspruch der Religion essenziellen Behauptung, die religiöse Erfahrung vermittle ewige Wahrheit?

 

Was das Erste betrifft, so mag es zutreffen oder auch nicht - wir können es weder erfahren noch wissen. Ich könnte ebenso gut behaupten, jenseits des uns bekannten Universums gäbe es transdimensionale intelligente Käfer - es hätte keinerlei Bedeutung für uns, weil wir niemals entscheiden und daher niemals wissen könnten, ob es sie tatsächlich gibt oder nicht. Selbst wenn sie in irgendeiner Weise auf unsere Welt und uns selbst einwirkten, wir aber niemals in der Lage wären, dieses Einwirken auch bewusst wahrzunehmen und auf sie zurückzuführen, da uns ihre Existenz ja grundsätzlich verborgen bliebe, müsste es uns gleichgültig sein.

 

Da nun, was das Zweite betrifft, das Postulat ewiger Wahrheit auf der Spekulation einer unsere Erfahrungsfähigkeit "sprengenden" Entität namens "Gott" beruht - insofern hierbei eine gänzlich unkritische Assoziation zwischen "Erfahrung sprengend", "objektiv gültig" und "ewiger Wahrheit" hergestellt wird -, bleibt auch das Diktum ewiger Wahrheit, das aus dem Diktum einer zu eben dieser Erfahrung transzendenten Wirklichkeit abgeleitet wird, reine Fiktion. Eine ewige Wahrheit, die jenseits ihrer Erfahrbarkeit angenommen wird, geht uns ebenso wenig an wie eine nicht erfahrbare Wirklichkeit. Ob Gott die Regeln unserer Welt und unserer conditio humana "sprengt" oder nicht, ist eine müßige Erörterung. Nur insofern Gott sich auf uns Menschen zugängliche Art erfahrbar macht, geht er uns etwas an. Dann aber sind alle Vorstellungen und Bilder vom Göttlichen unweigerlich anthropomorph und damit alles andere als "voraussetzungslos", "objektiv gültig" und "ewig wahr".

 

Einige Entwürfe der akademischen Theologie haben nicht von ungefähr den Weg der Historisierung und Existenzialisierung des ihr zugrundeliegenden sog. Kerygmas eingeschlagen: Die metaphysisch-absolute Wahrheit einer ewigen, überweltlichen Gottheit wurde in die narrativ-existenziale Geschichte des Glaubens an einen ausschließlich in seiner Kondeszendenz erfahrbaren Gott transponiert. Allerdings haben sie sich dabei des inversiv-induktiven Trugschlusses schuldig gemacht, aus der "existenzialen Imagination" einer schützenden Gottheit auf deren "transexistenziale Realität" zu schließen. Ob solche existenzialen Erfahrungen auf einen Gott zurückgeführt werden müssen oder auch ganz "natürlich" erklärt werden können, bleibt individuelle Interpretationssache, die von persönlichen Neigungen abhängt, die durch Kultur, Bildung, Elternhaus, genetische Disposition, eigene Lebenserfahrungen usw. geprägt wurden. Mit einem Wort: Sie ist kontextuell. Wenn sie kontextuell ist, kann sie nicht universal sein. Und wenn sie nicht universal ist, kann sie weder zeitlos noch unbegrenzt gültig sein.

 

 

Meine Herrn, soviel Beitrag nur um zu zeigen, dass Glauben Kokolores ist. Respekt. ;)

 

über alle Maßen beeindruckt seiend...............tribald

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Überzeugenderes als "Glauben ist Kokolores" haben Atheisten tatsächlich nicht zu bieten.

*duck und weg*

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Überzeugenderes als "Glauben ist Kokolores" haben Atheisten tatsächlich nicht zu bieten.

*duck und weg*

Und das versuchen manche durch die länge ihrer Beiträge auszugleichen. Quantität ersetzt Qualität.

bearbeitet von wolfgang E.
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Überzeugenderes als "Glauben ist Kokolores" haben Atheisten tatsächlich nicht zu bieten.

*duck und weg*

 

 

Bleib ruhig. ;) Ich bin nicht übelnehmerisch. Ich gebs zu, mehr ist da wirklich nicht dazu zu sagen. So, und jetzt noch als Vorlage: ich bin wohl zu einfältig gestrickt, mehr Worte dafür zu finden. ;) Na??

 

seinen üblichen......und daher sehr friedvoll.......Nachmittagskaffee genießend...........tribald

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Sind Gotteserfahrungen vielleicht einfach "nur" gläubig interpretierte Lebenserfahrungen?

 

Ja und nein. Was beispielsweise Mairauch beschrieben hat - darum drehte sich die letzte Diskussion - ist aus dem Glauben heraus die Interpretation (oder das Gefühl), dass in kleinen Dingen Gott eingegriffen hat. Das wird gerne als "Gotteserfahrung" bezeichnet, ich halte das für eine Banalisierung des Begriffs und zusätzlich für einen Zirkel: Wer an an einen Gott glaubt, der in das Schicksal einzelner Menschen eingreift, der kann aus diesem Glauben heraus annehmen, dass etwas, was gut verlaufen ist, auf einen solchen Eingriff zurückzuführen ist. Interessant ist, das vergleichbar negative Verläufe dabei "unter den Teppich" gekehrt werden: Genau das macht das eben nicht zu einer Erfahrung im eigentlichen Sinne, sondern nur um eine "Formel zur Selbstbestätigung seines Glaubens".

 

genau so habe ich es eben nicht gemeint, sondern ich überlege, ob nicht vielleicht alle Lebenserfahrungen gläubig interpretierte Gotteserfahrungen sein könnten. Es gibt ja auch Gläubige, die negative Erfahrungen nicht unter den Teppich kehren, sondern auch Gott zuschreiben und aus dieser Zuschreibung selbst bei negativer Erfahrung Kraft zum Durchhalten schöpfen, weil sie glauben, dass Gott der Wissendere ist und im Gegensatz zu ihnen weiß, welchen Sinn solche negativen Erfahrungen für ihr Leben hat, weil Gott (für ihn) das Leben ist.

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Überzeugenderes als "Glauben ist Kokolores" haben Atheisten tatsächlich nicht zu bieten.

*duck und weg*

Und das versuchen manche durch die länge ihrer Beiträge auszugleichen. Quantität ersetzt Qualität.

 

 

insofern gleichen ihre Texte dann gewissen Texten, die wir gemeinhin als Enzykliken bezeichnen ;)

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Sind Gotteserfahrungen vielleicht einfach "nur" gläubig interpretierte Lebenserfahrungen?

 

Ja und nein. Was beispielsweise Mairauch beschrieben hat - darum drehte sich die letzte Diskussion - ist aus dem Glauben heraus die Interpretation (oder das Gefühl), dass in kleinen Dingen Gott eingegriffen hat. Das wird gerne als "Gotteserfahrung" bezeichnet, ich halte das für eine Banalisierung des Begriffs und zusätzlich für einen Zirkel: Wer an an einen Gott glaubt, der in das Schicksal einzelner Menschen eingreift, der kann aus diesem Glauben heraus annehmen, dass etwas, was gut verlaufen ist, auf einen solchen Eingriff zurückzuführen ist. Interessant ist, das vergleichbar negative Verläufe dabei "unter den Teppich" gekehrt werden: Genau das macht das eben nicht zu einer Erfahrung im eigentlichen Sinne, sondern nur um eine "Formel zur Selbstbestätigung seines Glaubens".

 

genau so habe ich es eben nicht gemeint, sondern ich überlege, ob nicht vielleicht alle Lebenserfahrungen gläubig interpretierte Gotteserfahrungen sein könnten. Es gibt ja auch Gläubige, die negative Erfahrungen nicht unter den Teppich kehren, sondern auch Gott zuschreiben und aus dieser Zuschreibung selbst bei negativer Erfahrung Kraft zum Durchhalten schöpfen, weil sie glauben, dass Gott der Wissendere ist und im Gegensatz zu ihnen weiß, welchen Sinn solche negativen Erfahrungen für ihr Leben hat, weil Gott (für ihn) das Leben ist.

Ich bin überzeugt, dass es Menschen gibt, die eben auch aus solchen scheinbar negativen Erfahrungen Glaubenskraft schöpfen, wenn sie merken, dass es sich am Ende - und nach gehöriger zeitlicher Distanz - die Sache im Ganzen zum Guten wendet. Da stimme ich dir völlig überein.

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Sind Gotteserfahrungen vielleicht einfach "nur" gläubig interpretierte Lebenserfahrungen?

 

Ja und nein. Was beispielsweise Mairauch beschrieben hat - darum drehte sich die letzte Diskussion - ist aus dem Glauben heraus die Interpretation (oder das Gefühl), dass in kleinen Dingen Gott eingegriffen hat. Das wird gerne als "Gotteserfahrung" bezeichnet, ich halte das für eine Banalisierung des Begriffs und zusätzlich für einen Zirkel: Wer an an einen Gott glaubt, der in das Schicksal einzelner Menschen eingreift, der kann aus diesem Glauben heraus annehmen, dass etwas, was gut verlaufen ist, auf einen solchen Eingriff zurückzuführen ist. Interessant ist, das vergleichbar negative Verläufe dabei "unter den Teppich" gekehrt werden: Genau das macht das eben nicht zu einer Erfahrung im eigentlichen Sinne, sondern nur um eine "Formel zur Selbstbestätigung seines Glaubens".

 

genau so habe ich es eben nicht gemeint, sondern ich überlege, ob nicht vielleicht alle Lebenserfahrungen gläubig interpretierte Gotteserfahrungen sein könnten. Es gibt ja auch Gläubige, die negative Erfahrungen nicht unter den Teppich kehren, sondern auch Gott zuschreiben und aus dieser Zuschreibung selbst bei negativer Erfahrung Kraft zum Durchhalten schöpfen, weil sie glauben, dass Gott der Wissendere ist und im Gegensatz zu ihnen weiß, welchen Sinn solche negativen Erfahrungen für ihr Leben hat, weil Gott (für ihn) das Leben ist.

Ich bin überzeugt, dass es Menschen gibt, die eben auch aus solchen scheinbar negativen Erfahrungen Glaubenskraft schöpfen, wenn sie merken, dass es sich am Ende - und nach gehöriger zeitlicher Distanz - die Sache im Ganzen zum Guten wendet. Da stimme ich dir völlig überein.

 

 

dann wäre es wieder das, was Volker behauptet.

Nein, ich meine schon, dass Gott Leben und Leben Gott ist und alles als von Gott kommend verstanden wird.

Biblisch fällt mir da jetzt Hiob ein. Dem kam nicht in den Sinn, dass das Übel nicht von Gott kommen könne, daran hatte er keinen Zweifel. Er zweifelte "nur" an der Gerechtigkeit Gottes, weil er den Tun-Ergehen-Zusammenhang glaubte.

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Überzeugenderes als "Glauben ist Kokolores" haben Atheisten tatsächlich nicht zu bieten.

*duck und weg*

 

Das reicht ja auch völlig aus, um den Atheismus zu begründen, wieso sollten wir nach mehr streben?

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Sind Gotteserfahrungen vielleicht einfach "nur" gläubig interpretierte Lebenserfahrungen?

 

Ja und nein. Was beispielsweise Mairauch beschrieben hat - darum drehte sich die letzte Diskussion - ist aus dem Glauben heraus die Interpretation (oder das Gefühl), dass in kleinen Dingen Gott eingegriffen hat. Das wird gerne als "Gotteserfahrung" bezeichnet, ich halte das für eine Banalisierung des Begriffs und zusätzlich für einen Zirkel: Wer an an einen Gott glaubt, der in das Schicksal einzelner Menschen eingreift, der kann aus diesem Glauben heraus annehmen, dass etwas, was gut verlaufen ist, auf einen solchen Eingriff zurückzuführen ist. Interessant ist, das vergleichbar negative Verläufe dabei "unter den Teppich" gekehrt werden: Genau das macht das eben nicht zu einer Erfahrung im eigentlichen Sinne, sondern nur um eine "Formel zur Selbstbestätigung seines Glaubens".

 

genau so habe ich es eben nicht gemeint, sondern ich überlege, ob nicht vielleicht alle Lebenserfahrungen gläubig interpretierte Gotteserfahrungen sein könnten. Es gibt ja auch Gläubige, die negative Erfahrungen nicht unter den Teppich kehren, sondern auch Gott zuschreiben und aus dieser Zuschreibung selbst bei negativer Erfahrung Kraft zum Durchhalten schöpfen, weil sie glauben, dass Gott der Wissendere ist und im Gegensatz zu ihnen weiß, welchen Sinn solche negativen Erfahrungen für ihr Leben hat, weil Gott (für ihn) das Leben ist.

Ich bin überzeugt, dass es Menschen gibt, die eben auch aus solchen scheinbar negativen Erfahrungen Glaubenskraft schöpfen, wenn sie merken, dass es sich am Ende - und nach gehöriger zeitlicher Distanz - die Sache im Ganzen zum Guten wendet. Da stimme ich dir völlig überein.

 

Und was ist, wenn sich die Sache eben nicht zum Guten wendet. Wenn das Folteropfer elend verreckt. Wenn Kinder verhungern, wenn Frauen vor laufender Kamera vergewaltigt und anschließend umgebracht werden, wenn die Krankheit die letzte Würde nimmt. Was dann??

 

solche Sprüche einfach nur abartig findend...............tribald

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Überzeugenderes als "Glauben ist Kokolores" haben Atheisten tatsächlich nicht zu bieten.

*duck und weg*

 

Das reicht ja auch völlig aus, um den Atheismus zu begründen, wieso sollten wir nach mehr streben?

Ausgerechnet Du. ;)

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Überzeugenderes als "Glauben ist Kokolores" haben Atheisten tatsächlich nicht zu bieten.

*duck und weg*

 

Das reicht ja auch völlig aus, um den Atheismus zu begründen, wieso sollten wir nach mehr streben?

Wenn man geistig bescheiden ist reicht es aus.

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