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Was Joe Biden mit Abtreibung ...


Gerhard Ingold

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Am 5.5.2022 um 08:18 schrieb Shubashi:

Alitos Argument halte ich für unsinnig, weil erstens der SC sich ja fünfzig Jahre ganz offensichtlich das Recht „anmaßte“ solche Dinge zu enzscheiden,

Non-sequitur. Nur weil jemand 50 Jahre lang etwas falsche gegtan hat, macht dies es nicht richtig.

Am 5.5.2022 um 08:18 schrieb Shubashi:

 

zum anderen der schwerwiegende Grundsatz der „stare decisis“ solche willkürlichen Widersprüche in der stehenden Rechtsauslegung vermeiden sollte.

 

 

Es gibts nicht Willkürliches daran, ein Präjudiz zu kassieren, wenn man dabei den bereits entwickelten Grundsätzen zur Kassierung von Präjudizien folgt. Interessant aber, wie Du fortfährst:

Zitat

 

Auch wenn Alito eine lange Liste von Urteilen aufweist, in der das Gericht von diesem Grundsatz abwich - die Entscheidungspraxis zum Abtreibungsrecht umzuwerfen ist der heilige Gral einer fundamentalistischen „christlichen“ Minderheit in den USA, mit der sie gegen den „verhaßten“ Liberalismus seit der Aufhebung der Rassentrennung zu Felde zog.

[...]


Ich habe heute einen interessanten Aufsatz in „Foreign Affairs“ gelesen, in die massive ideologische Polarisierung der USA inzwischen als eines der gravierendsten Risiken für den Westen im Neuen Kalten Krieg beschrieben wird. Sollte das Urteil des SC wie im Leak skizziert ausfallen, dürfte eine neue Phase der sozialen Spaltung in den USA erreicht werden. Hoffen wir, dass dieses Urteil dann nicht ein Meilenstein der politischen Teilung des Landes werden wird, den Europa ist als Champion einer demokratischen Weltordnung viel zu schwach.

 

Also geht es letzlich um Politik. Ich halte daran fest, dass Alito rein rechtlich recht hat; ob es (sozial-/rechts)politisch gut wäre, Roe und Casey zu kassieren, darüber kann man sicher viel eher streiten.

bearbeitet von Domingo
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vor 16 Stunden schrieb phyllis:

1954 erklärte der Supreme-Court die Rassentrennung als verfassungswidrig. Aufgrund einer Einzelklage. Nicht viel anders lief es bei Roe-vs-Wade.

 

Die Rassentrennung widerspricht den Grundsätzen, die schon in der Unabhängigkeitserklärung dargelegt werden (sie ist zwar kein Rechtstext per se, stellt aber zumindest dem Ideal nach den "Geist" dar, dem die USA zu folgen vorgeben). Sie widerpsricht zudem dem 14. Verfassungszusatz, der ja ausdrücklich erschaffen wurde , um Schwarzen gleiche Rechte zu gewähren. Du darfst dreimal raten, worum es beim 14. Amendment nicht geht? genau: um Abtreibung. Doch tut Roe so, als ob das Abtreibungsrecht gerade daraus abgeleitet werden könnte. Das ist zumindest recht zweifelhaft.

 

In D hätte das Bundesverfassugsgericht (das eine deutsche Eigentümlichkeit darstellt) von der Abwägung geredet zw. dem Recht auf körperliche Selbstbestimmung und dem Recht des Nasciturus, nicht einfah so getötet zu werden. Da wäre es wohl zu dem Schluss gekommen, dass eine 3-Monate-Fristenlösung wohl der beste Kompromiss wäre, mit welchem alle leben könnten (was selbst in den USA weitgehende Unterstützung bekommen würde). Genau das hat Roe (und Casey) aber nicht getan.

 

Ich weiß ganz genau, dass der SC jetzt politisch agiert. Das habe ich sogar geschrieben: Das Affentheater bei der Bestätigung der Richter seit der Obama-Ära zeug davon in eindrücklicher Weise. So auf die Gefahr hin, mich zu widerholen: ich halte das gelekate Urteil für rein rechtlich korrekt; politisch kann man da geteilte Meinung sein.

 

Zu den restlichen Argumenten viell später.

bearbeitet von Domingo
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Frage an die Juristen: Ist die Beha, dass in den USA das Recht auf Abtreibung zur Disposition stünde,korrekt?

Also,formal?

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 Ich bin ein "Jurist" in gewissem Sinne (habe eine rechtswissenschaftiche Ausbildung, die deutlich über die der Meisten hinausgeht), so könnte ich die Frage möglicherweise beantworten. Ich verstehe sie aber nicht. Was ist "Beha", und was bedeutet es hier genau, "zur Disposition stehen"?

bearbeitet von Domingo
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Behauptung,da hat mein Handy Mist gebaut.

 

 

Da das Zitat mit der Disposition nicht von mir stammt, muss ich mutmaßen: Dass das Recht gestrichen wird respektive diese Möglichkeit besteht.

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Es gibt kein verfassungsmässiges "Recht auf Abtreibung". Dieses angebliche Recht wurde in den 70er Jahren von einer linken Mehrheit am Supreme Court erfunden. Das war eben damals der Zeitgeist. Linke Bewegungen und Politiker wollten eine Legalisierung von Abtreibung. Und da mussten sich die installierten Richter an Supreme Court sich dann irgendein krudes "Grundrecht auf Abtreibung" ausdenken.

 

Es ist genauso absurd wie im 19. Jahrhundert das "Recht auf Sklaverei". Das Recht wird gebeugt und es wird irgendwas erfunden, weil man politisch/wirtschaftlich oder aus sonstigen Gründen gerade so oder so haben will. Heute gelten diese Urteil als Schande in der Rechtsgeschichte der USA. Und so wie es mit Roe vs. Wade auch enden. So Gott will.

 

 

bearbeitet von Guppy
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Im Grundsatz stimme ich Domingo zu: Aus Grundrechten kann man alles und das Gegenteil ableiten (z.B. in Deutschland: Aus "Die Würde des Menschen ist unantastbar" kann man ableiten, dass eine Frau nicht gezwungen werden darf, gegen ihren Willen ein Kind auszutragen und daher jede Einschränkung des Rechts auf Abtreibung unzulässig ist. Man kann aber auch ableiten, dass aufgrund des Lebensrechts des Kindes Abtreibung nur bei akuter Lebensgefahr für die werdende Mutter erlaubt werden darf.

Man kann ableiten, dass aus diesem Grundsatz sich Rassismus oder Todesstrafe verbietet - nur waren sich da die Väter und wenigen Mütter des Grundgesetzes selbst nicht so sicher, weshalb sie die entsprechenden Artikel lieber explizit formulierten.

 

Daher denke ich, dass es Sache des Gesetzgebers ist, ein Abtreibungsgesetz zu formulieren - und Sache der Gerichte höchstens ist, Eckpfeiler festzusetzen, etwa, dass weder das Lebensrecht des Kindes noch das Recht der Mutter auf Gesundheit und sexuelle Selbstbestimmung unbeachtet bleiben darf.

 

Dazu kommt in den USA (nicht erst seit Obama) das Problem, dass die Ernennung von Richtern am Supreme Court grundsätzlich ein Politikum ist: Der Präsident ernennt mit Zustimmung der einfachen Mehrheit des Senats Richter auf Lebenszeit - und je nach Position des Präsidenten wird jemand ernannt, weil er / sie eine bestimmte Position zum Thema Abtreibung vertritt. Hier halte ich die deutsche Regelung (Zweidrittelmehrheit) für besser, da dies eine allzu starke Politisierung verhindert.

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10 hours ago, Guppy said:

Es gibt kein verfassungsmässiges "Recht auf Abtreibung".

Falsch. Es ist Aufgabe des Verfassungsgerichts (SCOTUS), die Verfassung auszulegen und zu interpretieren. In den 70er Jahren hat dieses Gericht die Verfassung so ausgelegt, dass aus dem 14. Anhang sich ein Recht auf Abtreibung herleiten lässt. Eine der Aufgaben des SCOTUS ist halt die Auslegung der Verfassung, und seit dem "Marbury v. Madison" Fall wird das nicht mehr bestritten. Ergo gibt es in den USA im Moment (noch ein paar Wochen lang) ein verfassungsmässiges "Recht auf Abtreibung".

 

Das Gericht kann seine Meinung ändern. Das passierte zum Beispiel bei der Sklaverei: der Dred Scott Fall gilt heute als falsch entschieden. Und anscheinend wird das verfassungsmässiges "Recht auf Abtreibung" in ein paar Wochen wieder verschwinden.

 

10 hours ago, Guppy said:

 

Dieses angebliche Recht wurde in den 70er Jahren von einer linken Mehrheit am Supreme Court erfunden. Das war eben damals der Zeitgeist. Linke Bewegungen und Politiker wollten eine Legalisierung von Abtreibung. Und da mussten sich die installierten Richter an Supreme Court sich dann irgendein krudes "Grundrecht auf Abtreibung" ausdenken.

Auch falsch. Die Mehrheit der Richter, die in den 70-er Jahren bei Roe zugestimmt hatten, waren rechts-konservativ und religiös.

 

10 hours ago, MartinO said:

Daher denke ich, dass es Sache des Gesetzgebers ist, ein Abtreibungsgesetz zu formulieren - und Sache der Gerichte höchstens ist, Eckpfeiler festzusetzen, etwa, dass weder das Lebensrecht des Kindes noch das Recht der Mutter auf Gesundheit und sexuelle Selbstbestimmung unbeachtet bleiben darf.

Nur ist das in den USA gar nicht einfach. Erstens: In den USA ist die Zentralregierung in ihrer Kompetenz hochgradig beschränkt. Sie darf sich eigentlich nur mit Landesverteidigung, Aussenpolitik, und Kontrolle des Handels zwischen den Bundesstaaten befassen. Der Bundes-Kongress kann allgemein gültige Gesetze nur dann erlassen, wenn er nachweisen kann, das diese Auswirkungen auf den Handel zwischen Staaten haben. Das Paradebeispiel ist die Kontrolle der Landwirtschaft: Die Bundesregierung kann den Anbau und die Besteuerung von Viehfutter auf einer Farm per Gesetz steuern, weil der Landwirt, wenn er sein Futter selbst anbaut, deswegen weniger Futter aus anderen Staaten einkaufen wird. Ergo hat der eigene Anbau von Viehfutter einen bundesweiten Effekt, ergo ist er Thema der Bundesgesetzgebung. Die offene Frage ist, wie man ein Argument konstruieren kann, dass Abtreibung im Staat A den Handel mit Staat B beeinflusst. Wenn das möglich ist, kann ein Bundesgesetz Abtreibung entweder generell erlauben oder verbieten. Aber dieses Bundesgesetz würde sich dann wahrscheinlich alle paar Jahre ändern, mit den Mehrheiten.

 

Zweitens: Die US Verfassung hat so gut wie gar keine kodifizierten Grundrechte. Das war halt vor 240 Jahren noch nicht Mode. Das erste Grundrecht ist die Rede-, Presse- und Religionsfreiheit, das zweite Grundrecht ist die Bewaffnung, und so weiter mit Kasuistik. Es gibt in der US-Verfassung kein Grundrecht auf Leben, keins auf Gesundheit, und Dinge wie Geschlecht, Sex oder Erziehung werden in der gesamten Verfassung nicht mal erwähnt. Also müssen diese Rechte von Gerichten irgendwie konstruiert werden. Und im Fall von Abtreibung ist das halt schwierig, weil eine Abwägung nötig ist, ergo kann das Gericht da seine Meinung alle paar Jahrzehnte wechseln.

 

10 hours ago, MartinO said:

 

Dazu kommt in den USA (nicht erst seit Obama) das Problem, dass die Ernennung von Richtern am Supreme Court grundsätzlich ein Politikum ist: Der Präsident ernennt mit Zustimmung der einfachen Mehrheit des Senats Richter auf Lebenszeit - und je nach Position des Präsidenten wird jemand ernannt, weil er / sie eine bestimmte Position zum Thema Abtreibung vertritt. Hier halte ich die deutsche Regelung (Zweidrittelmehrheit) für besser, da dies eine allzu starke Politisierung verhindert.

Diese Politisierung ist schon sehr sehr alt. Das war schon am Anfang des 20ten Jahrhunderts der Fall, als mit Louis Brandeis der erste nicht-Christ ernannt wurde; 50 Jahre später (in den 60er Jahren) Thurgood Marshall als der erste Schwarze, und in den 80er Jahren die erste Frau. All dies waren damals Skandale. Nur ist diese Politisierung seit ungefähr 1990 schlimmer geworden. Der erste Richter, der von einer erheblichen Minderheit als unqualifiziert eingestuft wurde, aber vom Präsidenten als Politikum ernannt wurde, war Clarence Thomas; seitdem werden die Richter immer mehr aus extremistischen Flügeln geholt. Die wirkliche Änderung ist, das bis einschliesslich Reagan die ernannten Richter aus dem Zentrum der Rechtstheorie kamen (etwas mehr liberal oder konservativ, aber immer ziemlich in der Mitte). Unter Bush fing dann der Extremismus an.

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vor 3 Minuten schrieb Sucuarana:

Falsch. Es ist Aufgabe des Verfassungsgerichts (SCOTUS), die Verfassung auszulegen und zu interpretieren. In den 70er Jahren hat dieses Gericht die Verfassung so ausgelegt, dass aus dem 14. Anhang sich ein Recht auf Abtreibung herleiten lässt. Eine der Aufgaben des SCOTUS ist halt die Auslegung der Verfassung, und seit dem "Marbury v. Madison" Fall wird das nicht mehr bestritten. Ergo gibt es in den USA im Moment (noch ein paar Wochen lang) ein verfassungsmässiges "Recht auf Abtreibung".

 

Das Gericht kann seine Meinung ändern. Das passierte zum Beispiel bei der Sklaverei: der Dred Scott Fall gilt heute als falsch entschieden. Und anscheinend wird das verfassungsmässiges "Recht auf Abtreibung" in ein paar Wochen wieder verschwinden.

 

Auch falsch. Die Mehrheit der Richter, die in den 70-er Jahren bei Roe zugestimmt hatten, waren rechts-konservativ und religiös.

 

Nur ist das in den USA gar nicht einfach. Erstens: In den USA ist die Zentralregierung in ihrer Kompetenz hochgradig beschränkt. Sie darf sich eigentlich nur mit Landesverteidigung, Aussenpolitik, und Kontrolle des Handels zwischen den Bundesstaaten befassen. Der Bundes-Kongress kann allgemein gültige Gesetze nur dann erlassen, wenn er nachweisen kann, das diese Auswirkungen auf den Handel zwischen Staaten haben. Das Paradebeispiel ist die Kontrolle der Landwirtschaft: Die Bundesregierung kann den Anbau und die Besteuerung von Viehfutter auf einer Farm per Gesetz steuern, weil der Landwirt, wenn er sein Futter selbst anbaut, deswegen weniger Futter aus anderen Staaten einkaufen wird. Ergo hat der eigene Anbau von Viehfutter einen bundesweiten Effekt, ergo ist er Thema der Bundesgesetzgebung. Die offene Frage ist, wie man ein Argument konstruieren kann, dass Abtreibung im Staat A den Handel mit Staat B beeinflusst. Wenn das möglich ist, kann ein Bundesgesetz Abtreibung entweder generell erlauben oder verbieten. Aber dieses Bundesgesetz würde sich dann wahrscheinlich alle paar Jahre ändern, mit den Mehrheiten.

 

Zweitens: Die US Verfassung hat so gut wie gar keine kodifizierten Grundrechte. Das war halt vor 240 Jahren noch nicht Mode. Das erste Grundrecht ist die Rede-, Presse- und Religionsfreiheit, das zweite Grundrecht ist die Bewaffnung, und so weiter mit Kasuistik. Es gibt in der US-Verfassung kein Grundrecht auf Leben, keins auf Gesundheit, und Dinge wie Geschlecht, Sex oder Erziehung werden in der gesamten Verfassung nicht mal erwähnt. Also müssen diese Rechte von Gerichten irgendwie konstruiert werden. Und im Fall von Abtreibung ist das halt schwierig, weil eine Abwägung nötig ist, ergo kann das Gericht da seine Meinung alle paar Jahrzehnte wechseln.

 

Diese Politisierung ist schon sehr sehr alt. Das war schon am Anfang des 20ten Jahrhunderts der Fall, als mit Louis Brandeis der erste nicht-Christ ernannt wurde; 50 Jahre später (in den 60er Jahren) Thurgood Marshall als der erste Schwarze, und in den 80er Jahren die erste Frau. All dies waren damals Skandale. Nur ist diese Politisierung seit ungefähr 1990 schlimmer geworden. Der erste Richter, der von einer erheblichen Minderheit als unqualifiziert eingestuft wurde, aber vom Präsidenten als Politikum ernannt wurde, war Clarence Thomas; seitdem werden die Richter immer mehr aus extremistischen Flügeln geholt. Die wirkliche Änderung ist, das bis einschliesslich Reagan die ernannten Richter aus dem Zentrum der Rechtstheorie kamen (etwas mehr liberal oder konservativ, aber immer ziemlich in der Mitte). Unter Bush fing dann der Extremismus an.

@Guppy hat doch nur nachgeplappert was religiöse Kritiker sagen und hat wahrscheinlich keinerlei Ahnung über die Ansichten der Richter von damals

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vor 18 Stunden schrieb mn1217:

Da das Zitat mit der Disposition nicht von mir stammt, muss ich mutmaßen: Dass das Recht gestrichen wird respektive diese Möglichkeit besteht.

Wenn Roe und Casey kassiert werden, kann jeder Bundesstaat Abtreibung regulieren oder ganz verbieten zumindest so lange, bis eine neue bundeseinheitliche Regelug kommt.. So könnte theoretisch Alabama Abtreibung von der Empfängnis an verbieten und die Todfesstrafe darauf setzen - wovor viele Angst haben. Meistens wird sie wohl bis zur 8. Woche oder der 12. oder der 15. erlaubt sein, aber ein paar bibeltreue Staaten könnten mit völlig extremen regelungen kommen.

bearbeitet von Domingo
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5 hours ago, Sucuarana said:

Die offene Frage ist, wie man ein Argument konstruieren kann, dass Abtreibung im Staat A den Handel mit Staat B beeinflusst. Wenn das möglich ist, kann ein Bundesgesetz Abtreibung entweder generell erlauben oder verbieten. Aber dieses Bundesgesetz würde sich dann wahrscheinlich alle paar Jahre ändern, mit den Mehrheiten.


In der „Times“ steht heute ein Artikel, nachdem große US-Firmen ihren Mitarbeiterinnen bei Bedarf Abtreibungen in liberalen Bundesstaaten finanzieren wollen, inkl. Reisekosten. Republikanische Staatsregierungen wollen diese Firmen dafür wiederum wirtschaftlich sanktionieren. Das Fehlen des bundeseinheitlichen Abtreibungsrecht wird also insofern wirtschaftliche Auswirkungen haben, dass gut qualifizierte Frauen weniger in rückständigen Schnüffelstaaten ohne Privatsphäre arbeiten wollen, was wiederum das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen armen und verblödenden GOP-Staaten und entwickelten, liberalen Staaten verschärft.

Die Frage ist halt, ob der Supreme Court das eben als „Handelsfrage“ ansieht (oder eben seine Rolle mehr in Richtung eines Obersten Inquisitionsgerichtes verschiebt, dass vor allem die Ausweitung religiös-christlicher Privilegien als Aufgabe ansieht.)

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vor 6 Stunden schrieb Sucuarana:

Nur ist das in den USA gar nicht einfach. Erstens: In den USA ist die Zentralregierung in ihrer Kompetenz hochgradig beschränkt. Sie darf sich eigentlich nur mit Landesverteidigung, Aussenpolitik, und Kontrolle des Handels zwischen den Bundesstaaten befassen.

Das steht in Kapitel 1 der US-Verfassung: Der Kongress darf nur zu Themen Gesetze erlassen, die da explizit aufgelistet werden (weil die Idee ist, dass die Staaten möglichst unabhängig sind und nur dann zu gemeinsamem Handel und gemeinsamer Geseztgebung gezwungen werden dürfen, wenn das ein bundeseinheitlihes Interesse tangiert).

 

Nur sieht es für mich so aus, dass die "commerce clause" praktisch diese Bestimmung ausgehölt hat und der Kongress praktisch über alles und jedes Gesetze geben kann. Doch was Abtreibung angeht, scheint kein Ausmaß an "Interpretation" die Anwenung dieser clause zu rechtfertigen. Ich kann da aber total falsch liegen.

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vor 17 Stunden schrieb MartinO:

Dazu kommt in den USA (nicht erst seit Obama) das Problem, dass die Ernennung von Richtern am Supreme Court grundsätzlich ein Politikum ist

 

zur Klarstellung: Was ich meinte ist, dass vor Obama der Senat SC-Kandidaten meistens wirklich auf ihre Eignung prüfte und basta. Heutzutage ist es dazu gekommen, dass Demokraten für einen linken Kandidaten stimmen und Republikaner ihn/sie/es einfach ablehnen, weil er/sie/es ein Linker ist, und zum Teufel damit, ob er qualifiziert ist oder nicht. (Und umgekehrt, wenn der Kandidat techts liegt.)

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vor 14 Stunden schrieb Sucuarana:

Falsch. Es ist Aufgabe des Verfassungsgerichts (SCOTUS), die Verfassung auszulegen und zu interpretieren. In den 70er Jahren hat dieses Gericht die Verfassung so ausgelegt, dass aus dem 14. Anhang sich ein Recht auf Abtreibung herleiten lässt. Eine der Aufgaben des SCOTUS ist halt die Auslegung der Verfassung, und seit dem "Marbury v. Madison" Fall wird das nicht mehr bestritten. Ergo gibt es in den USA im Moment (noch ein paar Wochen lang) ein verfassungsmässiges "Recht auf Abtreibung".

 

Das Gericht kann seine Meinung ändern. Das passierte zum Beispiel bei der Sklaverei: der Dred Scott Fall gilt heute als falsch entschieden. Und anscheinend wird das verfassungsmässiges "Recht auf Abtreibung" in ein paar Wochen wieder verschwinden.

 

Dann kann man wohl alles mögliche in die Verfassung hineininterpretieren. Recht auf Sklaverei, Recht auf Abtreibung, Recht auf Vergewaltigung etc.? Es braucht halt nur den politischen Willen dazu etwas bestimmtes legalisieren zu wollen. Dann denkt man sich irgendeine absurde juristische Begründung aus und fertig ist das neue "Grundrecht".

 

Tja, so könnten dann schon morgen du oder ich auf der Abschussliste stehen, weil irgendeiner sich ein Grundrecht auf Tötung von bestimmten Menschengruppen ausgedacht hat.

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vor 8 Stunden schrieb Shubashi:

In der „Times“ steht heute ein Artikel, nachdem große US-Firmen ihren Mitarbeiterinnen bei Bedarf Abtreibungen in liberalen Bundesstaaten finanzieren wollen, inkl. Reisekosten.

Welche grossen Firmen sind das denn?

 

Unterstützen diese Firmen mit dem gleichen Betrag auch die Mitarbeiterinnen, die gerade ihr Kind geboren haben?

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Hier sollte man vielleicht auch die Unterschiede zwischen Deutschland und den USA beachten. In Deutschland werden die Kosten für eine Abtreibung bei jungen Frauen und bei Bedürftigen übernommen. In den USA nicht. Vor allem gibt es in den USA deutlich mehr Menschen, die im absoluten Niedriglohnsektor arbeiten. Bei uns wären sie wahrscheinlich mit den Hartz IV Aufstockern zu vergleichen. In den USA gibt es das meines Wissens nicht, sondern sie machen halt mehrere Jobs nebeneinander.

Und in D gibt es Sozialleistungen, die sicher nicht großzügig sind, die es aber ermöglichen, ein Kind aufzuziehen. Nicht im Luxus, aber es ist möglich.

 

Und wenn dann eine Firma in den USA eine schwangere Frau, die vielleicht schon 3-4-5 kleine Kinder hat, ist das für die Frau möglicherweise wirklich überlebenswichtig.

 

Ich persönlich frage mich vielmehr, wie viel Unterstützung die militanten Abtreibungsgegner für diese armen Frauen wirklich leisten. Von einer Demo der Pro-Life-Katholiken bekommt keine alleinerziehende Mutter einen dauerhaften Job und eine Wohnung. Mein Verdacht ist eher, dass die sozialen Probleme stillschweigend hingenommen werden, man sich aber als militanter Abtreibungsgegner trotzdem als moralisch überlegen fühlt.

 

PS: Wer sich für die sozialen Probleme in den USA interessiert: Auf YouTube sind hochinteressante Dokus. 

 

bearbeitet von laura
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vor 45 Minuten schrieb laura:

Ich persönlich frage mich vielmehr, wie viel Unterstützung die militanten Abtreibungsgegner für diese armen Frauen wirklich leisten. Von einer Demo der Pro-Life-Katholiken bekommt keine alleinerziehende Mutter einen dauerhaften Job und eine Wohnung. Mein Verdacht ist eher, dass die sozialen Probleme stillschweigend hingenommen werden, man sich aber als militanter Abtreibungsgegner trotzdem als moralisch überlegen fühlt.

Einer unserer selbsternannten Lebensschützer hat hier doch stolz von seinen Eltern erzählt, die ihm mit sozialem Abstutz drohten für den Fall, dass die Freundin schwanger würde. Das ist ein probates Mittel, die Unterschicht vom Sex abzuhalten, und nicht wenige sogenannte Lebensschützer sind auch sehr aktiv, darin Kenntnis über und Zugang zu Kontrazeptiva zu behindern. So hält man die Unterschicht dumm und arm.

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10 hours ago, Guppy said:

Welche grossen Firmen sind das denn?

 

Unterstützen diese Firmen mit dem gleichen Betrag auch die Mitarbeiterinnen, die gerade ihr Kind geboren haben?


Der Artikel hob namentlich die Citigroup hervor - die ihren Mitarbeiterinnen 16 Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaub gewährt, im Gegensatz zu den US Bundesgesetzen, die nur 12 Wochen unbezahlt vorsehen.

Manche Bundesstaaten haben bessere Gesetze, wie z.B. New York, aber die schlechteste Bedingungen gewähren idR republikanisch regierte Bundesstaaten.
https://www.nationalpartnership.org/our-work/resources/economic-justice/expecting-better-2016.pdf

 

Was eben belegt: es geht den Republikanern kein bisschen um staatliche Fürsorge für Mütter und ihre Kinder, es geht darum, Fragen von Schwangerschaft und Sexualität für den Machterhalt zu mobilisieren. Wer davon träumt, Frauen nach einer Abtreibung hinrichten zu können, hat eben ein sehr spezielles semantisches Verständnis davon, was die Formel „pro life“ bedeuten soll.

 

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vor 8 Minuten schrieb Shubashi:

 

Was eben belegt: es geht den Republikanern kein bisschen um staatliche Fürsorge für Mütter und ihre Kinder, es geht darum, Fragen von Schwangerschaft und Sexualität für den Machterhalt zu mobilisieren. Wer davon träumt, Frauen nach einer Abtreibung hinrichten zu können, hat eben ein sehr spezielles semantisches Verständnis davon, was die Formel „pro life“ bedeuten soll.

 

Ich ergänze: “für den Machterhalt der männlichen weißen Oberschicht”.

bearbeitet von laura
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vor 20 Stunden schrieb Shubashi:


In der „Times“ steht heute ein Artikel, nachdem große US-Firmen ihren Mitarbeiterinnen bei Bedarf Abtreibungen in liberalen Bundesstaaten finanzieren wollen, inkl. Reisekosten. Republikanische Staatsregierungen wollen diese Firmen dafür wiederum wirtschaftlich sanktionieren. Das Fehlen des bundeseinheitlichen Abtreibungsrecht wird also insofern wirtschaftliche Auswirkungen haben, dass gut qualifizierte Frauen weniger in rückständigen Schnüffelstaaten ohne Privatsphäre arbeiten wollen, was wiederum das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen armen und verblödenden GOP-Staaten 

...

Ah,wer arm und\ oder konservativ ist, ist "verblödend"?

 

Das mit der Finanzierung ist ja echt daneben, auf solche Ideen kämen deutsche Firmen wohl Gott sei Dank nicht.

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1 hour ago, laura said:

Ich ergänze: “für den Machterhalt der männlichen weißen Oberschicht


Da würde ich ergänzen wollen: ein erstaunliches Phänomen der Wahlen 2020 war der Zugewinn auch an weiblichen Stimmen für das Trump-Lager, bei sonst weitgehend unverändertern sozialen und demographischen Faktoren.

Das „weiß“ galt vielmehr besonders für die evangelikale Lager: 84% dieser protestantischen Gruppe wählten 2020 Mr Trump.

Von daher denke ich, dass die Republikaner mit ihrer Strategie nicht falsch liegen: Sexualneurotischer Hass auf Nichtweiße ist ein Gewinnerthema für ihre Partei.

https://www.pewresearch.org/politics/2021/06/30/behind-bidens-2020-victory/


Der große Trost ist: diese Art des fanatischen Christentums stirbt anscheinend aus, die Jungen wählen anders.

 

Edit PS:

Dass immer noch eine Mehrheit der weißen Katholiken für Trump stimmte, ist ebenfalls traurig, aber immerhin waren es deutlich weniger als 2016.

Und man muss auch sagen, dass das rassistische Narrativ unter Nichtgläubigen in den USA deutlich weniger zu verfangen scheint.

 

bearbeitet von Shubashi
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vor 2 Minuten schrieb mn1217:

Ah,wer arm und\ oder konservativ ist, ist "verblödend"?

 

Das mit der Finanzierung ist ja echt daneben, auf solche Ideen kämen deutsche Firmen wohl Gott sei Dank nicht.

naja die Firmen gleichen in  den USA viel aus was an Soozialstaat fehlt das ist bei und (egal ob Deutschland oder Österreich) nicht notwendig

bearbeitet von Spadafora
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Moment,da wird offensichtlich bezahlt,wenn jemand antreibt.

Das hat mMn nix mit Ausgleich des fehlenden Sozialstaates zu tun.

 

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Gerade eben schrieb mn1217:

Moment,da wird offensichtlich bezahlt,wenn jemand antreibt.

Das hat mMn nix mit Ausgleich des fehlenden Sozialstaates zu tun.

 

ist doch gut

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vor einer Stunde schrieb laura:

Ich ergänze: “für den Machterhalt der männlichen weißen Oberschicht”.

Ach so, wenn Firmen keine Abtreibung finanzieren,dann dient das dem" Machterhalt der männlichen weissen Oberschicht".

Äh.

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