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Die Krise der Kirche ist eine Krise der Theologie ist ...


nannyogg57

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Ich habe das sowieso nicht ernst gemeint. Ich gehe nicht von Religion als Ausfluss soziologischer Prozesse aus, sondern teile mit z. B. C. G. Jung (der hier allerdings nur Tertullian abwandelt) die Ansicht, dass der Mensch eine anima naturaliter religiosa besitzt. Religion ist tief im Menschen verwurzelt und eben nicht die Folge, sondern die Voraussetzung für Zivilisation. Religion war über die längste Zeit der Menschheitsgeschichte der primäre Motor für Entwicklung und Kultur. Wohin eine Welt geht, die diesen Antrieb verloren hat, kann man an unserer Zeit ablesen. Die Wolkenkratzer schießen in den Himmel - aber ohne Ziel. Der Mensch konstruiert Raketen, die in den Orbit fliegen, aber ohne Hoffnung dort etwas außer dem schwarzen All und kalten Sternen vorzufinden. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 5 Minuten schrieb Studiosus:

Religion war über die längste Zeit der Menschheitsgeschichte der primäre Motor für Entwicklung und Kultur. Wohin eine Welt geht, die diesen Antrieb verloren hat, kann man an unserer Zeit ablesen. Die Wolkenkratzer schießen in den Himmel - aber ohne Ziel. 

 

Die ersten (und sinnfreiesten) Wolkenkratzer haben gerade die religiösesten Kulturen gebaut. 

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vor 1 Minute schrieb Marcellinus:

 

Die ersten (und sinnfreiesten) Wolkenkratzer haben gerade die religiösesten Kulturen gebaut. 

 

Das ist ja genau meine These nicht. 

 

Natürlich mögen Kultbauten keinen Sinn erfüllen, der über die Religion hinaus geht, aber sie sind Glanzstücke des menschlichen Geistes und Witzes, den sauertöpfische Aufklärer oder resignierte Agnostiker sicher nicht zustande gebracht hätten (falls es diese damals schon gegeben hätte). Die Historie des Menschengeschlechts hat keine Hochkultur gesehen, die nicht auf die eine oder andere Weise religiös geprägt gewesen wäre. 

 

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vor 4 Minuten schrieb Studiosus:

Natürlich mögen Kultbauten keinen Sinn erfüllen, der über die Religion hinaus geht, aber sie sind Glanzstücke des menschlichen Geistes und Witzes, den sauertöpfische Aufklärer oder resignierte Agnostiker sicher nicht zustande gebracht hätten (falls es diese damals schon gegeben hätte). Die Historie des Menschengeschlechts hat keine Hochkultur gesehen, die nicht auf die eine oder andere Weise religiös geprägt gewesen wäre. 

 

Entschuldige, aber das ist eine Ausrede, und eine schlechte noch dazu. Weder definierst du "religiös" noch "Hochkultur", und "auf die eine oder andere Weise" ist endgültig eine Gummiformulierung. Schließlich aber sind alle diese Hochkulturen etwas, was die ersten Anhänger deiner Religion als von Teufel und Aberglauben besessen bezeichnet haben, die sie zerstört haben, wo immer sie ihrer habhaft wurden. Aber wenn es darum geht, dem Niedergang deiner Religion nachträglich noch etwas falschen Glanz zu verleihen, dann sind sie auf einmal Teil der "Familie". 

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Also ich muss dem Studi hier schon teilweise beipflichten. Definieren wir Religionen einfach mal auf einen Glauben an Götter. Viele der ältesten erhaltenen Bauten, wie zb Göbekli Tepe oder Stonehenge, haben einfach keinen funktionalen Sinn. Da muss also Religion im Spiel gewesen sein. :evil: Und mw hat jede Zivilisation, auch die Indigenen im Amazonas, die wir ja nicht gerade zur Hochkultur zählen, eine religiöse Phase durchlaufen oder tut es immer noch.

 

Auch was in Europa so entstanden ist an Bauten, Bildern und Musik ist doch grösstenteils von religiös motivierten Künstlern geschaffen worden. zt ist dies auch hinterlegt. Ein Vergleich mit Nordamerika bestärkt dies. HIer gibts nur wenig vergleichbares, und niemals in dem Ausmass. Religionsgemeinschaften hatten hier nie viel zu husten. Kirchen und Tempel mussten privat finanziert werden und dazu gabs ein Budget.

 

1 hour ago, Moriz said:

Wirklich notwendig wurde Religion erst, als die Menschen anfingen, in Städten zu wohnen, die die Größe einer Sippe überstieg. Da brauchte man einen neuen 'Kitt' für das soziale Miteinander.

Nein, Religionen - wenn auch recht primitive - entstanden auch in Jàger- und Sammler-Sippen. Sei es um viele fette Wildschweine herbeizubeten oder dem Konkurrenzstamm den Teufel an den Hals zu hexen.

bearbeitet von phyllis
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vor 10 Stunden schrieb Studiosus:

 

Das ist ja genau meine These nicht. 

 

Natürlich mögen Kultbauten keinen Sinn erfüllen, der über die Religion hinaus geht, aber sie sind Glanzstücke des menschlichen Geistes und Witzes, den sauertöpfische Aufklärer oder resignierte Agnostiker sicher nicht zustande gebracht hätten (falls es diese damals schon gegeben hätte). Die Historie des Menschengeschlechts hat keine Hochkultur gesehen, die nicht auf die eine oder andere Weise religiös geprägt gewesen wäre. 

 

Du scheinst hier ein verklärtes Bild über die christliche Religion zu haben. Fakt ist: Durch die Reformation wurde die Türe der Unfreiheit, wie wir sie heute im Iran usw. beobachten können, weit aufgerissen. Ein nie gekannter Erfindergeist, ein nie gekanntes Unternehmertum und ein relativ breiter Wohlstand konnte langsam wachsen, wie mehr die Fessel der katholischen Kirche durchbrochen wurde. So haben die reformatorischen Länder der Welt bis heute am Meisten breiten Wohlstand zu verzeichnen. Und als Italien, Spanien, Portugal usw. von der Religion zu befreien begannen, nahm auch dort Wohlstand zu.

 

Bei der rasant wachsenden Bevölkerung der Welt haben wir Erfindergeist usw. dringender nötig als je. 1920 gab es ca. 2 Milliarden, 1970 ca. 4 Milliarden und jetzt sind es nahezu 8 Milliarden. Wenn der Islam und die katholische Kirche nicht zur Vernunft kommen, und weiterhin Kinder zeugen wie bisher, dann werden wir in 50 Jahren 16 Milliarden Menschen zu ernähren haben. Religionen waren und sind, wenn sie erstarrt worden sind, immer Hemmschuhe gewesen.

 

Gradmesser der Freiheit sind eigenständige neue Erfindungen. China, ist da ein Negativvorbild. China hat kopiert und geistiges Eigentum gestohlen. Zurzeit liefern sie noch die meisten neuen Patente. Aus islamischen und anderen stockreligiösen Ländern jedoch kommen nur wenige neue Erfindungen.

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vor 11 Stunden schrieb Moriz:

Wirklich notwendig wurde Religion erst, als die Menschen anfingen, in Städten zu wohnen, die die Größe einer Sippe überstieg. Da brauchte man einen neuen 'Kitt' für das soziale Miteinander.

Die Behauptung klingt nett. Aber dann dürften indigene Stämme keine religiösen Vorstellungen haben, oder?

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vor 10 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Entschuldige, aber das ist eine Ausrede, und eine schlechte noch dazu. Weder definierst du "religiös" noch "Hochkultur", und "auf die eine oder andere Weise" ist endgültig eine Gummiformulierung. Schließlich aber sind alle diese Hochkulturen etwas, was die ersten Anhänger deiner Religion als von Teufel und Aberglauben besessen bezeichnet haben, die sie zerstört haben, wo immer sie ihrer habhaft wurden. Aber wenn es darum geht, dem Niedergang deiner Religion nachträglich noch etwas falschen Glanz zu verleihen, dann sind sie auf einmal Teil der "Familie". 

Das hat nichts mit der Frage nach der allgemeinen Religiosität aller Menschen zu tun.

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@Studiosus: Du kannst nicht über die Wolkenkratzer des Kapitalismus herziehen und gleichzeitig sagen, ohne Religion gäbe es so was nicht.

 

Das ist doch unlogisch.

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vor 14 Stunden schrieb rorro:

was ist die Rolle der Theologie? Was ist demnach die Rolle eines Theologen? (Damit meine ich keinen, der Theologie studiert hat, sondern jemanden, der aktiv Theologie betreibt)

 

Irgendwie finde ich meine Frage immer noch wichtig und unbeantwortet. 

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vor 16 Stunden schrieb Studiosus:

Ach, ich weiß schon, was katholisch bedeutet. Übrigens im Griechischen. 

Und ich weiß auch, was es bedeutet hat, als die alte Kirche diesen Begriff ins Credo aufgenommen hat.

Was die römische Kirche später daraus gemacht hat, ist im Grunde schon eine handfeste Häresie

 

Werner

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Am 16.3.2023 um 20:17 schrieb Studiosus:

Man muss den Tatsachen ins Auge sehen: Die verbindliche Theologie macht das Lehramt. Sie kommt von oben.

Nein. Das Lehramt setzt die Grenzen der Theologie. Und dazwischen sollte möglichst viel (katholischer) Platz bleiben.

 

Am 16.3.2023 um 22:09 schrieb Studiosus:

Aber das sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass auch hier die Hierarchie das letzte Wort hatte. Zumindest in Sachen der faktischen Lehrverkündigung. 

Und dieses Mittel wird (mehr oder weniger) angemessen selten genutzt.

Solange der Papst bzw. die Bischöfe nicht eingreifen, ist vielleicht nicht alles gut, aber man darf erstmal davon ausgehen, daß es im weiten Rahmen des katholischen bleibt.

 

Ich habe den Eindruck, daß du hier manchmal päpstlicher bist als der Papst. Das sei dir unbenommen, auch dafür ist in der römisch-katholischen Kirche Platz. Aber das ist und bleibt nur eine Facette der Katholika.

 

Am 16.3.2023 um 22:32 schrieb Studiosus:

von der vetula bis zum Kardinal.

...was auch immer eine vetula ist. Früher wechselten die Autoren ins Lateinische, wenn sie was versautes schrieben...

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vor 3 Minuten schrieb Moriz:

...was auch immer eine vetula ist.

Eingedeutscht: Vettel

Eine alte Frau

 

Werner

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vor 1 Stunde schrieb rorro:

 

Irgendwie finde ich meine Frage immer noch wichtig und unbeantwortet. 

Das, was Hochschullehrer in den Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften und anderen Wissenchaftszweigen auch tun: Die Lehre am Leben erhalten und den Erfordernissen der Zeit anpassen oder zumindest sich in den Diskurs darüber einbringen.

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@rorro

 

Bei wikipedia wird man fündig

 

Oder im Klexikon

 

Aber ich vermute, du willst eine frei formulierte Antwort.

 

Theologie übersetzt und befähigt zum Übersetzen. Wenn ich in einer ersten Klasse die Passion Jesu präsentiere, dann brauche ich durchaus mein Wissen über das, was man über die Entstehung der Passionserzählungen weiß, um die Geschichte so runterzubrechen, dass sie nicht ins Antisemitische kippt (Hier die Bösen, da die Guten). Kann man machen, Bibel wörtlich nehmen und so, aber dazu braucht man keine Theologie, das kann dann jeder und jede, die lesen kann.

 

Theologie ist auch Religionswissenschaft, @Marcellinus brachte hier (mal wieder) die Intoleranz des Christentums ein. Theologie selber ist ziemlich eindimensional (siehe @Studiosus), wenn sie nicht neugierig ist auf das, was vor dem Christentum oder neben dem Christentum so existierte. Ist vielleicht ein Grund, warum Hardliner und Leute, die es gerne einfach und überschaubar haben, es nicht so mit der Theologie haben.

 

Theologie schaut, was in der Vergangenheit war und reflektiert das kritisch. So hat man die Apostolin Junia rehabilitiert oder die diskrete Anfrage gestellt, ob Jesus im Abendmahlssaal tatsächlich eine Weihesakrament stiften wollte oder nicht eher ein Gedächtnismahl, das keinerlei Vorgaben in Bezug auf das Geschlecht des Vorstehers oder der Vorsteherin dieser Feier beinhaltet. Das wirft natürlich die Fraktion "Hamma scho immer so gmacht" etwas aus der Bahn, welche zwischen Tradition und Irrweg nicht zu unterscheiden vermögen oder wollen, und Vieles dergleichen mehr.

 

Theologie setzt sich auseinander mit anderen Weltanschauungen und tritt mit diesen in einen kritischen Dialog und/oder einen fruchtbaren Austausch. Man stellt Gemeinsamkeiten mit A&As fest, was natürlich irritierend wirkt auf Leute, die sich über festbetonierte Feindbilder zu definieren pflegen. So kann man als Theologin die Ideen von TP würdigen und auch, in meinem Fall, schätzen.

 

Theologie reflektiert das eigene Glaubensgut und macht es fruchtbar für die pastorale Situation. Um bei dem oft bemühten Theologumenon von der Jungfrauengeburt zu bleiben: Geht es hier um Sexfeindlichkeit oder geht es nicht darum, eine Aussage über Jesus zu treffen?  Ein Beispiel: "etwas neues vom geist gottes ein kind vom heiligen geist neues leben nicht von meinem geist neues leben nicht von josefs geist neues leben nicht vom geist meinesvolkes neues leben nicht gezeugt aus dieser logik": aus dem Musical "Ave Eva" von P. Janssens, 1974. Natürlich regen sich die Konservativen über so was auf, warum, das verstehe ich leider nicht und habe ich nie verstanden.

 

Theologie forscht, entdeckt, reflektiert und kommuniziert.

 

Das nervt natürlich, weil es auch mal ungemütlich werden kann für die Insider und die Leute, die es sich bequem gemacht haben oder deren althergebrachte Machtansprüche plötzlich in Frage gestellt werden. Deshalb ist es doch sinnvoll, der Theologie einen Maulkorb zu verpassen, zu behaupten, Theologie würde den Unglauben fördern, würde lügen und betrügen, das Glaubensgut verwässern und sei überhaupt unnötig.

 

Die Krise der Religionen ist eine Krise der Kirche ist eine Krise der Theologie ist eine ...

 

 

 

 

bearbeitet von nannyogg57
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vor 1 Stunde schrieb nannyogg57:

Das hat nichts mit der Frage nach der allgemeinen Religiosität aller Menschen zu tun.

 

Ich denke, daß es so etwas wie eine "allgemeine Religiosität" nicht gibt, wobei ich unter Religion verstehe:

 

1. der Glaube an übernatürliche Akteure, von denen die Menschen sich Hilfe und Schutz versprechen, und die der Welt eine Ordnung geben, und

2. Normen und Werte, die aus dieser Ordnung und aus Willen, Absichten und Zielen dieser übernatürlichen Akteure zwingend folgen.

 

Einen großen Teil unserer Geschichte (300-400.000 Jahre) haben Menschen in kleinen Familiengruppen gelebt, in denen es weder Zeit noch Notwendigkeit existiere, über eine abstrakte Ordnung des Universums nachzudenken und daher auch kein Bedarf an abstrakten Normen und Werten bestand. Das Verhalten der einzelnen richtete sich nach seinen Beziehung in der Gruppe, die emotionalen Bedürfnisse fanden eine direkte Antwort von den anderen oder auch nicht, und die mächtigsten Wesen waren Höhlenbären, die man besser um nichts bat. Für alles andere wäre auch kein Platz gewesen. 

 

Religionen entstehen erst, wenn die Gruppen, in denen die Menschen leben, eine bestimmte Größe überschreiten, ganz konkret: wenn man nicht mehr jeden kennt. Es gibt unterschiedliche Vorstellungen darüber, wann die ersten Gruppen dieser Art entstanden sind, aber länger als 20.000 Jahre ist es sicherlich nicht her. 

 

Meine Meinung dazu: das was du "allgemeine Religiosität" nennst, sind einfach emotionale, zwischenmenschliche Bedürfnisse, die in den wachsenden Gesellschaften zunehmend entfremdet sich "übermenschliche" Ziele suchen. Noch heute findest du in eigentlich allen Religionen religiöse Bedürfnisse mit Wörtern beschrieben, die ursprünglich zwischenmenschliche Beziehungen meinten, wie sie für Familienverbände typisch sind, Liebe, Gehorsam, Zuneigung, Unterordnung, Geborgenheit, Vater, Mutter, Kinder, Geschwister. Alles, was Religionen ausmacht, stammt eigentlich aus Familien, projiziert auf große Gemeinschaften. 

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Gerade eben schrieb Marcellinus:

 

Ich denke, daß es so etwas wie eine "allgemeine Religiosität" nicht gibt, wobei ich unter Religion verstehe:

 

1. der Glaube an übernatürliche Akteure, von denen die Menschen sich Hilfe und Schutz versprechen, und die der Welt eine Ordnung geben, und

2. Normen und Werte, die aus dieser Ordnung und aus Willen, Absichten und Zielen dieser übernatürlichen Akteure zwingend folgen.

 

Einen großen Teil unserer Geschichte (300-400.000 Jahre) haben Menschen in kleinen Familiengruppen gelebt, in denen es weder Zeit noch Notwendigkeit existiere, über eine abstrakte Ordnung des Universums nachzudenken und daher auch kein Bedarf an abstrakten Normen und Werten bestand. Das Verhalten der einzelnen richtete sich nach seinen Beziehung in der Gruppe, die emotionalen Bedürfnisse fanden eine direkte Antwort von den anderen oder auch nicht, und die mächtigsten Wesen waren Höhlenbären, die man besser um nichts bat. Für alles andere wäre auch kein Platz gewesen. 

 

Religionen entstehen erst, wenn die Gruppen, in denen die Menschen leben, eine bestimmte Größe überschreiten, ganz konkret: wenn man nicht mehr jeden kennt. Es gibt unterschiedliche Vorstellungen darüber, wann die ersten Gruppen dieser Art entstanden sind, aber länger als 20.000 Jahre ist es sicherlich nicht her. 

 

Meine Meinung dazu: das was du "allgemeine Religiosität" nennst, sind einfach emotionale, zwischenmenschliche Bedürfnisse, die in den wachsenden Gesellschaften zunehmend entfremdet sich "übermenschliche" Ziele suchen. Noch heute findest du in eigentlich allen Religionen religiöse Bedürfnisse mit Wörtern beschrieben, die ursprünglich zwischenmenschliche Beziehungen meinten, wie sie für Familienverbände typisch sind, Liebe, Gehorsam, Zuneigung, Unterordnung, Geborgenheit, Vater, Mutter, Kinder, Geschwister. Alles, was Religionen ausmacht, stammt eigentlich aus Familien, projiziert auf große Gemeinschaften. 

Dann dürften indigene Stämme unserer Zeit keine religiösen Vorstellungen haben und müssten Atheisten sein.

 

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vor einer Stunde schrieb nannyogg57:

Einen großen Teil unserer Geschichte (300-400.000 Jahre) haben Menschen in kleinen Familiengruppen gelebt, in denen es weder Zeit noch Notwendigkeit existiere, über eine abstrakte Ordnung des Universums nachzudenken und daher auch kein Bedarf an abstrakten Normen und Werten bestand. Das Verhalten der einzelnen richtete sich nach seinen Beziehung in der Gruppe, die emotionalen Bedürfnisse fanden eine direkte Antwort von den anderen oder auch nicht, und die mächtigsten Wesen waren Höhlenbären, die man besser um nichts bat. Für alles andere wäre auch kein Platz gewesen. 

@Marcellinus  Entschuldige, aber eine derartige Arroganz und Missachtung der geistigen Fähigkeiten unserer Vorfahren hätte ich Dir nun wirklich nicht zugetraut.

 

Im dem Moment, in dem jemand mit dem Tod konfrontiert wird und/oder ein Bewusstsein für Historie und Zukunft hat, ist der Grundstein für die Abstraktion gelegt.

 

 

bearbeitet von Flo77
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vor 2 Stunden schrieb rorro:

 

Irgendwie finde ich meine Frage immer noch wichtig und unbeantwortet. 

 

Du stellst die richtigen Fragen: Was ist Aufgabe der Theologie oder konkret des Theologen? 

 

Darüber könnte man sehr viel schreiben, ich würde mich auf zwei Aspekte beschränken, die das Dilemma, in dem die Hochschultheologie meiner Anschauung nach steckt, illustrieren. In Deutschland, aber nicht nur dort. 

 

Da gibt es einerseits die Idee, der Theologe sei dafür da, den Glauben und die Lehre der Kirche als Multiplikator nach außen zu tragen und - nach den Regeln des Faches - wissenschaftlich zu plausibilisieren. Das heißt nicht, dass eigene Ansätze in Forschung und Lehre ausgeschlossen wären, aber die Kirchenlehre steht als unverhandelbares Fundament im Hintergrund dieser Art, Theologie zu betreiben. Sie ist, wenn man so will, eine Theologie im Dienst der Kirche und an der Kirche. Etwas ganz ähnliches hat Kardinal Ratzinger/der Glaubenskongregation wohl vorgeschwebt als sie mit Professor Curran befasst waren (vgl. das hier verlinkte Schreiben, das auch niemanden interessiert). 

 

Ein anderes Selbstverständnis der Theologie ist dort zu beobachten, wo diese sich als eigenwirksames Korrektiv zur offiziellen Lehre der Kirche versteht. Stichwort auch Parallellehramt neben dem hierarchischen Lehramt der Kirche. Hier geht es dann erfahrungsgemäß weniger um die wissenschaftlich fundierte Weitergabe der Glaubenslehre, sondern oftmals nicht nur um deren Reflexion (was gut und wichtig ist), sondern um ihre Dekonstruktion und Relativierung. Der Theologe schlüpft hier ganz in die Rolle des Kritikers. Anstelle eines Versuchs, die Lehre der Kirche den Hörenden plausibel zu machen, herrscht hier meiner Beobachtung nach die Auffassung vor, der römische Standpunkt wäre jenseits jeder Rettung unzeitgemäß und hinter dem Stand der theologischen Forschung zurück. In dieses selbst geschaffene Vakuum (durch die Abwertung des positiven kirchenamtlichen Standpunkts) stoßen dann alle möglichen eigenen Thesen, mit denen sich Theologen profilieren (und die oft nur Begriffe mit der Lehrposition der Kirche teilen, ansonsten aber etwas grundlegend anderes entwerfen). Es gibt, auch so mein persönlicher Eindruck, innerhalb dieser Spielart der Theologie ganze Schulen, insbesondere der Exegeten und Kirchenhistoriker, die ihre Nischen darin gefunden zu haben scheinen, die Lehre der Kirche anhand ihrer bibelwissenschaftlichen und historischen Forschung als defizitär, anachronistisch oder unterkomplex zu diskreditieren. Ohne dabei allerdings zu begreifen, dass eigentlich sie es sind, die an der Vergangenheit kleben. 

bearbeitet von Studiosus
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Die Apostelin Junia, die musste ja kommen. Ein Musterbeispiel wie Theologie hinter ihren eigenen wissenschaftlichen Standards zurückbleibt und vollends zur zeitgeistigen Ideologiemaschinerie verkommt. Wenn das die großen Würfe der katholischen Theologie sind, dann gute Nacht. 

 

Rehabilitiert die Junia mal schön, deshalb wird trotzdem keine einzige Frau zur Diakonin, geschweige denn Priesterin geweiht. Das ist vielleicht auch eine gute Erinnerung daran, wo die Grenzen der akademischen Theologie liegen, wenn es um tatsächliche Veränderungen im Leben der Kirche geht. 

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vor 9 Minuten schrieb Studiosus:

Das heißt nicht, dass eigene Ansätze in Forschung und Lehre ausgeschlossen wären, aber die Kirchenlehre steht als unverhandelbares Fundament im Hintergrund dieser Art, Theologie zu betreiben.

Wo ist dann der Unterschied zu Ideologien?

Wenn ich dich richtig verstehe - aber ich lass mich gerne korrigieren, wenn nicht - läuft das auf ein "Die Partei, die Partei,  die hat immer Recht" raus. Bitte verzeih die Polemik, aber wenn Theologie als Wissenschaft bedeutet das sie mit wissenschaftlichen Mitteln bestätigen darf was das Lehramt vorgibt und nur das darf, dann braucht es sie nicht.

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vor 20 Minuten schrieb Flo77:

Entschuldige, aber eine derartige Arroganz und Missachtung der geistigen Fähigkeiten unserer Vorfahren hätte ich Dir nun wirklich nicht zugetraut.

 

Im dem Moment, in dem jemand mit dem Tod konfrontiert wird und/oder ein Bewusstsein für Historie und Zukunft hat, ist der Grundstein für die Abstraktion gelegt.

Ich bin unschuldig.

 

Das war @Marcellinus.

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vor 8 Minuten schrieb Frank:

Wo ist dann der Unterschied zu Ideologien?

Wenn ich dich richtig verstehe - aber ich lass mich gerne korrigieren, wenn nicht - läuft das auf ein "Die Partei, die Partei,  die hat immer Recht" raus. Bitte verzeih die Polemik, aber wenn Theologie als Wissenschaft bedeutet das sie mit wissenschaftlichen Mitteln bestätigen darf was das Lehramt vorgibt und nur das darf, dann braucht es sie nicht.

 

Ich habe das an anderer Stelle (hier im Faden) schon einmal geschrieben: Die katholische Theologie an Universitäten fällt aus dem Konzert der anderen Disziplinen insofern heraus, als für sie nicht im selben Umfang und mit den selben Konsequenzen das gilt, was man gemeinhin als Forschungs- und Lehrfreiheit bezeichnet. 

 

Heißt das, dass nur ein automatisiertes Nachbeten des Katechismus möglich ist? Nein, heißt es natürlich nicht. Aber es bedeutet, dass es rote Linien gibt, die andere Fachgruppen jenseits ihrer innerwissenschaftlichen Mindeststandards, nicht beachten müssen. Wo diese Linien jeweils verlaufen haben die prominenten Verfahren der letzten Jahrzehnte aufgezeigt als es zum Konfliktfall kam. Weitere sind denkbar. 

 

Ich will in diesem Zusammenhang nochmal an die Causa Curran und Ratzingers Darlegungen dazu erinnern. Auch das hatte ich hier verlinkt. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 18 Minuten schrieb Studiosus:

 

Du stellst die richtigen Fragen: Was ist Aufgabe der Theologie oder konkret des Theologen? 

 

Darüber könnte man sehr viel schreiben, ich würde mich auf zwei Aspekte beschränken, die das Dilemma, in dem die Hochschultheologie meiner Anschauung nach steckt, illustrieren. In Deutschland, aber nicht nur dort. 

 

Da gibt es einerseits die Idee, der Theologe sei dafür da, den Glauben und die Lehre der Kirche als Multiplikator nach außen zu tragen und - nach den Regeln des Faches - wissenschaftlich zu plausibilisieren. Das heißt nicht, dass eigene Ansätze in Forschung und Lehre ausgeschlossen wären, aber die Kirchenlehre steht als unverhandelbares Fundament im Hintergrund dieser Art, Theologie zu betreiben. Sie ist, wenn man so will, eine Theologie im Dienst der Kirche und an der Kirche. Etwas ganz ähnliches hat Kardinal Ratzinger/der Glaubenskongregation wohl vorgeschwebt als sie mit Professor Curran befasst waren (vgl. das hier verlinkte Schreiben, das auch niemanden interessiert). 

 

Ein anderes Selbstverständnis der Theologie ist dort zu beobachten, wo diese sich als eigenwirksames Korrektiv zur offiziellen Lehre der Kirche versteht. Stichwort auch Parallellehramt neben dem hierarchischen Lehramt der Kirche. Hier geht es dann erfahrungsgemäß weniger um die wissenschaftlich fundierte Weitergabe der Glaubenslehre, sondern oftmals nicht nur um deren Reflexion (was gut und wichtig ist), sondern um ihre Dekonstruktion und Relativierung. Der Theologe schlüpft hier ganz in die Rolle des Kritikers. Anstelle eines Versuchs, die Lehre der Kirche den Hörenden plausibel zu machen, herrscht hier meiner Beobachtung nach die Auffassung vor, der römische Standpunkt wäre jenseits jeder Rettung unzeitgemäß und hinter dem Stand der theologischen Forschung zurück. In dieses selbst geschaffene Vakuum (durch die Abwertung des positiven kirchenamtlichen Standpunkts) stoßen dann alle möglichen eigenen Thesen, mit denen sich Theologen profilieren (und die oft nur Begriffe mit der Lehrposition der Kirche teilen, ansonsten aber etwas grundlegend anderes entwerfen). Es gibt, auch so mein persönlicher Eindruck, innerhalb dieser Spielart der Theologie ganze Schulen, insbesondere der Exegeten und Kirchenhistoriker, die ihre Nischen darin gefunden zu haben scheinen, die Lehre der Kirche anhand ihrer bibelwissenschaftlichen und historischen Forschung als defizitär, anachronistisch oder unterkomplex zu diskreditieren. Ohne dabei allerdings zu begreifen, dass eigentlich sie es sind, die an der Vergangenheit kleben. 

Das ist, mit Verlaub, ein Zerrbild dessen, was Theolog*innen machen. Ich gestehe dir zu, dass ein geringer Bruchteil dieser Personengruppe eventuell so motiviert sein könnte.

 

In deiner Polemik reduzierst du die ganze Wissenschaft auf sie.

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