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Denkt mal drüber nach!


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Leben

 

Es wird dir als Geschenk und als Chance gegeben,

es ist schwer und schön, und kein anderer kann es für dich leben.

 

Das ist zwar leicht gesagt,

doch sicher hast auch du dich schon gefragt,

wozu wurdest du geboren,

wenn dir so war, als hätte sich die ganze Welt gegen dich verschworen.

 

Im Leben zu bestehen das ist nicht immer leicht,

und mancher musste gehen, bevor er sein Ziel erreicht´.

 

(Sabine Neesse, 7. Juni 1982, überarbeitet im August 1998)

 

Quelle:

http://members.nbci.com/Sabi125ne/texte.html

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       Am Herzen der Welt

 

Im Talmud heisst es:>>Wer über vier Dinge Betrachtungen anstellt, für den wäre es besser gewesen, er wäre nicht auf die Welt gekommen, nämlich darüber was oben , was unten ist , was vorher gewesen ist und was nachher sein wird. >> Ich möchte lieber sagen:betrachte alle Mysterein, aber in Einem Menschen, der Dein ist, und Du liegst am Herzen der Welt. Denn alles ist in Jedem und nur die Liebe kann es heben.

 

Martin Buber

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Zitat von heppi am 21:56 - 26.August.2001

Leben

 

Es wird dir als Geschenk und als Chance gegeben,

es ist schwer und schön, und kein anderer kann es für dich leben.

 

Das ist zwar leicht gesagt,

doch sicher hast auch du dich schon gefragt,

wozu wurdest du geboren,

wenn dir so war, als hätte sich die ganze Welt gegen dich verschworen.

 

Im Leben zu bestehen das ist nicht immer leicht,

und mancher musste gehen, bevor er sein Ziel erreicht´.

 

(Sabine Neesse, 7. Juni 1982, überarbeitet im August 1998)

 

Quelle:


 

 

Die Überarbeitung hat nichts genützt. Brigitte-Leserinnen-Poesie!

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"Nichts haben, alles besitzen", so läßt sich die Haltung von Weisen aus allen Religionen, zu allen Zeiten, beschreiben. Nur wer sein Herz an nichts Geschaffenes hängt, wer loslassen kann, woran andere hängen, der ist wirklich frei. Gelassenheit war für die Mystiker des Mittelalters ein wichtiges Wort. Vor allem Meister Ekkehart spricht immer wieder von der Gelassenheit. Gelassen ist ein Mensch, der sein Ego losgelassen und sich in Gott hinein ergeben hat, der ruhig geworden ist in seinem Herzen, weil er sich in den göttlichen Grund hinein hat fallen lassen. Gelassenheit meint in der Mystik die Befreiung des Menschen von seinem eigenen Ich, das Leerwerden von allen Sorgen und Ängsten um sich selbst, damit Gott in unserem Herzen geboren werden kann, damit wir in unserem Innersten unser wahres Wesen erkennen, den unverfälschten Personkern. Gelassenheit als Haltung innerer Freiheit, innerer Ruhe, als gesunde Distanz zu dem, was von außen auf mich einströmt, was mich zu "besetzen" und in Besitz zu nehmen droht, das ist nicht einfach eine Charakterhaltung. Sie kann auch eingeübt werden. Um zur Gelassenheit zu gelangen, muß ich vieles lassen.

 

Anselm Grün

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Ökumenischer Minderheiten-Knigge

 

Wir wollen aus dem Evangelium Jesu Christi gemeinsam leben und handeln

 

In der ökumenischen Bewegung begegnen sich kleinere und größere Kirchen. Dabei treten gelegentlich Schwierigkeiten auf: daß kleinere Gemeinden den berechtigtenoder vermeintlichen Eindruck erhalten, von der jeweiligen Mehrheit nicht ernst genommen zu werden. Eine solche Situation bringt Mißverständnisse mit sich und behindert das gemeinsame Zeugnis des Glaubens. Deshalb regt die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Baden Württemberg (mit Stimme der Vertreter der katholischen Bistümer) an für das Zusammenleben von kleineren und größeren Gemeinden darauf zu achten, daß wir:

 

uns gegenseitig zur Kenntnis nehmen.

 

nicht unsere Ängste, der eigenen Tradition entwurzelt zu werden, zum Ausgangspunkt unserer gegenseitigen Beziehungen zu machen: als Mehrheit sollen wir nicht fürchten, den kleineren Partner aufzuwerten und eine "Konkurrenz heranzuzüchten". Als Minderheit sollen wir nicht fürchten, an die Wand gedrückt zu werden.

 

in partnerschaftlichem Geist miteinander umgehen. Partnerschaft im Geist des Evangeliums Jesu Christi kann nicht von Zahlenverhältnissen abhängen.

 

einander auf der Straße grüßen und Zeit haben für ein kleines Gespräch.

 

uns gegenseitig einladen und besuchen.

 

nicht ständig kalkulieren und nachrechnen, ob Ausgewogenheit besteht - sonst ist Ärger unvermeidlich.

 

die Minderheitenrolle nicht als Alibi benutzen, Verantwortung, Arbeit und Kosten allein der Mehrheit zu überlassen.

 

die Rolle der Mehrheit nicht dazu benutzen, die Minderheit zur Untätigkeit zu verurteilen. Um Zurücksetzungen zu vermeiden, empfiehlt es sich in größeren Städten, von den Gemeinden der großen Kirchen zu denen der kleineren Partnerschaftsbeziehungen aufzubauen und für eine Zuordnung und Gruppierung Sorge zu tragen. Bei ökumenischen Vorhaben am Ort sollen die Minoritätskirchen angefragt werden, ob sie zur Kooperation bereit sind und mit ihren Kräften und Mitteln die Aktion mittragen wollen.

 

Veranstaltungen und Besprechnungen auch in Räumen der kleineren Gemeinden halten und dadurch allen die Möglichkeit geben, Gastfreundschaft zu gewähren.

 

einander nicht mit Papierfluten überschwemmen, aber durch Weitergabe von Gemeindebriefen u.a. auf dem laufenden halten. Die gegenseitige Information über die jeweiligen Kirchengemeinden, deren Glaubensleben und Frömmigkeitsformen ist wichtig. Im Gegensatz zu den großen Konfessionen sind die kleinen Kirchen noch weithin unbekannt und werden bisweilen sogar immer noch als "Sekte" verdächtigt.

 

nicht aus Profilsucht oder Hochmut uns distanzieren von besonderen konfessionell geprägten Lebensformen und Traditionen, sondern sie als Chance zum gegenseitigen Kennenlernen und Miteinander erkennen.

 

 

Alles Liebe,

 

Ekkehard

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Im Angesicht des Todes

Sterbebegleitung ist Lebenshilfe

 

Schwerst krebskrank und von den Ärzten aufgegeben, lebt Karin E. Leiter bereits seit 10 Jahren am Rande ihres Lebens ...

 

 

Ich

sterbe

 

-

 

lasst

es

mich

erleben!

"Ist es tatsächlich am Rande? - fragt sie selbst - Oder sind diese Jahre nicht zur vollen Mitte meines Lebens geworden? Ich bin todkrank, körperlich hat der Sterbeprozess schon lange begonnen. Doch seelisch bin ich mehr und mehr gesund geworden. Ich habe in meinem Sterben das Leben mit allen Sinnen be-greifen gelernt. Von Anfang an wollte ich nicht schweigen inmitten von Ohnmacht und Sprachlosigkeit. Ich habe erfahren, dass es ein gesellschaftliches Tabu ist, über eine EIGENE unheilbare Krebserkrankung zu sprechen.

Ein zweites Tabu musste ich brechen: Sterben, MEIN Sterben. Darüber spricht "man" auch nicht. Das geschieht still und leise und todsicher, aber doch bitte intim! 100 % der Menschen müssen sterben. Trotzdem darf diese absolute Normalität für mich nicht zutreffen! Wir wollen heute nichts wissen von Grenzen und Ohnmacht."

 

 

"Es war und ist mir wichtig, meine Stimme laut sein zu lassen in meiner Krankheit und meinem Sterben. Andere Menschen trauen sich dann auch, Worte zu finden, zu reden und ihr Leid und ihre Trauer aus den vier Wänden hinauszulassen. Und wenn es "NUR" darum geht, allen Gesunden zu sagen: "Wir leben noch! Gesteht uns Leben zu!" Wir sind nicht nur auf Hilfe angewiesen. Wir haben auch zu geben! Es geht darum, ein Stück Weg GEMEINSAM zu gehen.

"Pietät ist wichtig. Die "schöne Leich" ist wichtig. Beides nicht für den Verstorbenen, sondern für die Hinterbliebenen! Für den Betreffenden selbst wäre die Lebenszeit wesentlich - sein erlebtes oder eben nicht mehr erlebtes Sterben. Ist an seinem Bett noch ein Stück Welt gestanden, ist jemand mitgegangen bis zu seinem letzten Atemzug? Das zählt. Für dieses Leben und für seine Mitwelt. Wer beizeiten Abschied-NEHMEN und los-lassen konnte, der erlebt auch Trauer nicht als Verzweiflung, sondern als den Anfang eines weiteren, eigenen Weges."

 

"Sterben macht Angst. Uns allen! Wir wollen es nicht wahrhaben. Am wenigsten das Sterben eines uns nahen Menschen. Verlust darf es nicht geben! Ohnmacht ist nicht auszuhalten. Und das eigene Sterben schon gar nicht. Angst vor Schmerzen, vor Alleinsein, Ausgeliefertsein, zur Belastung werden, ohnmächtig dahinsiechen ...  Dieses Sterben macht Angst und viel weniger der Tod an sich. Wenn wir vom Sterben reden, dann sehen wir dabei den Tod mehr als das Leben: Dabei geschieht dieses Sterben aber im LEBEN! Erst nach dem letzten Atemzug ist ein Mensch tot und keinen Augenblick früher."

 

-----

 

Karin E. Leiter, geb. 1956, weiß seit 1988 um ihre schwere Krebserkrankung. Sie ist diplomierte Krankenschwester, ausgebildet in theologischer Erwachsenenbildung, tätig als freie Referentin und Schriftstellerin und vor allem als (alt)katholische Priesterin und Seelsorgerin von schwerstkranken und sterbenden Menschen.

 

http://www.oasis.at/reli/projekt/3/k-leiter.htm

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Die Ethik der Leistung will die Menschen darin einüben, sich an der Pflicht, nicht am glücklichen Zufall zu orientieren. Leistung ist unentbehrlich. Die deutsche Sprache enthält nun einen Hinweis darauf, daß auch solche Leistung ein Moment einschließt, das mit dem Wort "Glück" bezeichnet werden kann. Denn wenn ein Werk gelingt, pflegen wir zu sagen, es sei "geglückt". Sollte am Ende in dieser Redewendung eine Erfahrung ausgedrückt sein, welche lehrt, daß auch die Leistung nicht wohlgeraten kann, wenn sie sich dem Glück verweigert? Wann "glückt" ein Werk? Um darauf zu antworten, sei zunächst ein sehr schlichter Hinweis gegeben. Das Wirken, daß auf das Werk abzielt, vollendet sich erst dann, wenn das Werk aus der Tätigkeit des Wirkenden "entspringt". Der Wirkende kommt nicht zum Werk, wenn er das Gewirkte nicht zuletzt "sein lässt", es loslässt in seinen selbständigen Eigenstand. In diesem Loslassen vollendet sich das Wirken; und wer nicht loslassen kann, wer an seinem Werk endlos weiter gestaltet und - vermeintlich oder wirklich - weiter "verbessert", der kommt in all seinem Wirken nicht zum Werk. So ist die Erkenntnis, die wir mit vieler Mühe erringen, zwar das Ergebnis unserer Mühen, aber doch stets zugleich der "gute Gedanke", der uns "gekommen" ist, wie ein guter Freund uns zur rechten Stunde ins Haus kommt. Und wenn aus dem Wirken des Lehrers die eigenständige Einsicht eines Schülers "entspringt", dann hat er sie zwar durch sein didaktisches Geschick "hervorgerufen", aber die Einsicht des Schülers ist, um ihrer Eigenständigkeit willen, doch stets mehr als das bloße Produkt, das aus der Anstrengung des Lehrers hinlänglich erklärbar wäre: was er "hervorgerufen" hat, das antwortet ihm so, wie uns in glücklicher Stunde ein vertrauter Mensch antwortet, dem wir zugerufen haben.

 

Richard Schaeffler

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Günstige Gelegenheit

 

Ein junger Mann beschrieb voller Begeisterung, was man für die Menschen in der Dritten oder Vierten Welt, auch für die Menschen in der eigenen Umgebung alles tun könnte. Er wurde nicht müde, alle seine guten Ideen vor den Anderen auszubreiten. Ein Zuhörer unterbrach seinen Enthusiasmus und fragte: "Und wann willst du alle deine schönen Pläne verwirklichen?" "Sobald dazu die günstige Gelegenheit kommt!" "Die günstige Gelegenheit kommt nie", meinte der Andere: "Sie ist bereits da!"

Mit der günstigen Gelegenheit ist es wie mit dem großen Glück. Wer darauf wartet, der versäumt nur die eher bescheidenen Möglichkeiten oder das kleine Glück, das ihm zugedacht waren und seine Hände bleiben leer. Das Warten auf die günstige Gelegenheit ist meist nichts anderes als eine Entschuldigung für Bequemlichkeit und Nichtstun, ein Verschieben auf den "Sankt Nimmerleinstag". In Lateinamerika habe ich gelernt, dass "manana", also morgen, alles Mögliche heißen kann: "Vielleicht", "später" oder auch "nie". Von Jesus habe ich gelernt, dass das Heute entscheidend ist, das Jetzt. Deswegen singt ein modernes Lied: "Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde, heute wird getan oder auch vertan, worauf es ankommt, wenn er kommt." Manchmal, vor einer Entscheidung, soll ich oder soll ich nicht, ertappe ich mich dabei, dass ich diese Melodie summe, und dann fällt es mir ganz leicht zu sagen: Jetzt!

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Der Wert der Verbundenheit

 

Wenn man mit anderen lebt

und durch ein Gefühl von Zuneigung

mit ihnen verbunden ist,

dann ist man sich dessen bewußt,

daß man eine Daseinsberechtigung hat,

daß man nicht ganz und gar wertlos

und überflüssig sein kann,

sondern vielleicht für das eine oder andere taugt,

weil man einander nötig hat

und als Reisegefährten dieselbe Reise macht.

 

Also, das Gefühl eines geziemenden Eigenwertes

kann sehr abhängig sein

von den Beziehungen zu anderen.

 

Vincent van Gogh

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Ein freier Tag ist eine solche Kostbarkeit, dass man an ihm nicht nur "in den Tag hineinleben" sollte. Wenn ja, ist auf dem Blatt ein weißer Fleck, eine ganz unbeschriebene Stelle auf dem Plan?

Die unbeschriebene Stelle ist so wichtig wie nur jede beschriebene. Was soll sie bedeuten? Nun: nichts. Sie soll besagen: Pause, Pause aller Instrumente. Sie wissen, man hat die Formel "Schöpferische Pause" geprägt, und sie sagt etwas Richtiges. Hier möchte ich sie aber nicht verwenden. Mir ist an etwas viel Einfacherem Gelegen: ermuntern, von Zeit zu Zeit sich einmal dem seligen Nichtstun zu überlassen - dolce far niente, sagen die Italiener, und sie verstehen sich darauf, wir Deutsche verstehen uns gar nicht darauf. Dem seligen Nichtstun - das will sagen: Es muss eine Zeit geben, in der wir nicht nach der Uhr, nicht nach dem Programm leben, sondern "nur so". In der wir vor uns hintrödeln, hinsummen, hinträumen. In der wir in vergangenen Zeiten sind oder in kommenden, in der wir Briefe im Geist schreiben, die wir, leider oder zum Glück, in Wirklichkeit nie schreiben werden. Oder: in der wir Briefe, die wir längst beantwortet haben, noch einmal, und nun besser, beantworten, im Geist.

Eine Zeit, in der wir nicht so ganz ernst nehmen, was zu anderer Zeit wohl ernst genommen werden muss: die Schulzeugnisse der Kinder, die kommende Bürgermeister-wahl und der Verlust eines schönen Drehbleistiftes …

Eine Uhr schlägt - wir fahren erschrocken auf: oh, wie lange habe ich gar nichts getan. Doch - wir haben etwas getan. Wir haben Abstand gewonnen. Einiges Große erscheint nicht mehr ganz so groß, einiges Bedrückende nicht ganz ohne Heilkraft aus sich selbst heraus. Nicht erzürnen wegen der vertanen Zeit. Die Pause war gut. Ein Musikant, der die Pausen nicht einhält, wird nicht gelobt.

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Die höchtse Lebensqualität ist nicht erreicht, wenn man es am bequemsten hat, sondern wenn man sich am besten entfalten kann.

 

Ernst Reinhardt

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Ein sehr weiser Satz.

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Man sollte alle Tage wenigstens

ein kleines Lied hören.

ein gutes Gedicht lesen,

ein treffliches Gemälde sehen und,

wenn es möglich zu machen wäre,

einige vernünftige Worte sprechen.

 

Johann Wolfgang von Goethe

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In diesen Tagen startet das erste Kontingent deutscher Soldaten nach Afganistan. Nach dem Weihnachtsfest und dem Jahreswechsel begann für viele von uns wieder der Alltag - und damit holen uns auch die Themen und Herausforderungen des vergangenen Jahres wieder ein. Afganistan und der weltweite Terrorismus gehören nach wie vor dazu. Die Truppenentsendung im Auftrag der Vereinten Nationen zu friedenserhaltenden Überwachungsaufgaben ist zwar getragen von einer alles in allem zustimmenden Haltung in der Bevölkerung - allein, es bleibt Skepsis, ob mit den bisher verabschiedeten Massnahmen wirklich etwas bewirkt werden könnte.

Verwirrt, manchmal auch verärgert, reagieren dagegen weite Teile der Öffentlichkeit (und auch der Medien) über die unterschiedlichen Töne aus dem kirchlichen, zumal christlichen Lager. Das zeigen die zahlreichen Leserbriefe bei den Zeitungen aber auch einige Kommentare von Journalisten: Wo stehen die Christen in dieser Frage? - als Antwort kommen viele unterschiedliche Stimmen mit sehr divergierenden Schwerpunkten.

Um es klar zu bekennen: Ich bin froh, dass es so ist! Zeigt doch die Vielstimmigkeit, dass es in der Christenheit insgesamt und auch in der katholischen Kirche im besonderen mittlerweile eine dialogische Struktur, eine Diskussionskultur gibt. Es wird eben nicht einfachhin "verordnet". Mag sein: Manch einer sehnt sich da vielleicht zurück nach Zeiten, wo alles ganz einfach war. Ein Mann - ein Wort. Gott sei Dank ist diese Phase längst vorbei (wenn es sie denn überhaupt je gegeben hat..).

Doch in den Köpfen wirkt dieses Klischee immer noch sehr stark "Euer Papst ist doch unfehlbar", beschrieb es ein Elekronik-Student, der bei der kgi um Infos über die Kirche nachsuchte. Dagegen trägt heute in vielen ethischen Fragen ein gemeinsamer Grund - der in Details dann sehr wohl unterschiedliche Akzente verträgt. In der Bewertung der Friedensethik heißt das für Katholiken (und viele andere auch):

1. Gegengewalt darf nur als allerletzte Möglichkeit in Betracht gezogen werden und bleibt doch dabei ein schwerwiegendes Übel, das zu einer Eigendynamik tendiert und dessen Opfer zumeist Zivilisten sind.

2. In jedem Fall ist vor und bei jeder Gewaltanwendung größtmögliche Sorgfalt in der Prüfung der Folgen notwendig - nie darf die Verhältnismäßigkeit der Mittel verlassen werden.

3. Muß zumindest hinreichend wahrscheinlich sein, dass das Ziel einer solchen Aktion überhaupt erreicht werden kann.

Da diese "Grammatik" für jeden einzelnen gilt und jeder einzelne diese Prinzipien nach seinem Gewissen überprüfen muss - das ist das Einfache im Glauben - dann kann die konkrete Tat oder Meinung, die daraus erwächst durchaus "individuell", höchst persönlich ausfallen. Wenn sich Kirche und Glaube heute so verhalten, dann ist dies auch ein gutes Zeichen dafür, dass beide auf der Höhe der Zeit sind: Menschen begreifen sich heutzutage sehr stark als selbstbestimmt und unabhängig - Zeitgeist-Beobachter und Kulturkritiker sprechen von einer starken "Atomisierung der Gesellschaft" - es wäre gar nicht mehr vermittelbar, wenn in solchen wichtigen Fragen nur eine einzige Stimme Geltung hätte.

Gleichwohl darf umgekehrt die Vielfalt von Akzenten das Fundament, die gemeinsame Basis auf dem alle Christen stehen, untergraben oder unkenntlich machen. Das ist eine schwierige Aufgabe, insbesondere auch gerade in Medien-Zeiten, in denen eine ganze Haltung nur noch in zwei kurzen Sätzen (zwischen zwei Werbeblöcken) gesendet werden. Die Glaubwürdigkeit von Christen indes ist umso höher, je klarer das persönliche Zeugnis zutage tritt: Gemeinsames Fundament plus persönliches Zeugnis - diese im Grunde ganz einfache Formel des Glaubens muss sich eben täglich neu überall bewahrheiten - eben im Schnellballsystem des christlichen Komm & Sieh.

 

Michael Belzer im "glaubensinfo aktuell"

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Hinrichtung

 

Der Meister kam mit einigen seiner Jünger auf der Wanderung vom Gebirge herab gegen die Ebene und näherte sich den Mauern einer großen Stadt, vor deren Tore eine große Menge Volkes versammelt war. Da sie näher kamen, sahen sie ein Blutgerüst errichtet und die Henker an der Arbeit, einen von Gefängnis und Folter geschwächten Menschen vom Schindkarren zu zerren und zum Richtbock zu schleppen. Die Volksmenge aber drängte sich um das Schauspiel, verhöhnte und bespie den Verurteilten und sah seiner Enthauptung mit lärmender Freude und Begierde entgegen. „Wer ist dieser“, fragten die Jünger untereinander, „und was hat er wohl getan, dass die Menge seinen Tod so wild begehrt? Wir sehen keinen, der Mitleid hätte oder weinte.“

 

„Ich glaube“, sprach der Meister traurig, „es ist ein Häretiker.“ Sie gingen weiter, und da sie an die Volksmenge stießen, erkundigten sich die Jünger teilnahmsvoll bei den Leuten nach dem Namen und Verbrechen dessen, den sie soeben am Block niederknien sahen.

 

„Es ist ein Ketzer“, riefen die Leute zornig, „hallo, da senkt er den verfluchten Kopf! Nieder mit ihm! Wahrlich, der Hund hat uns lehren wollen, die Stadt des Paradieses habe nur zwei Tore, und wir wissen doch, dass es zwölfe sind!“

 

Verwundert wendeten sich die Jünger zum Meister und fragten: „Wie hast du dies erraten können, Meister?“

Er lächelte und ging weiter.

 

„Es war nicht schwer“, sagte er leise. „Wäre es ein Mörder gewesen oder ein Dieb oder ein Verbrecher irgendeiner Art, so hätten wir beim Volk Mitleid und Teilnahme gefunden. Viele hätten geweint, manche seine Unschuld beteuert. – Wer aber einen eigenen Glauben hat, den sieht das Volk ohne Mitleid schlachten, und sein Leichnam wird vor die Hunde geworfen.“

 

Hermann Hesse (ca. 1908)

 

 

 

(Geändert von DJT um 22:44 - 11.Januar.2002)

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Ohne das Gute,

ohne die Kraft des Lebens und des Seins,

kann nichts leben und nichts werden.

 

Wer aber voll ist des Guten:

Der sieht überall Kraft, Leben, Sein.

Der sieht die wunderschöne, übergute Welt Gottes.

 

Wer aber nur wenig vom Guten erfüllt ist:

Der sieht nur sich selbst

und um sich den Tod und das Nichts.

 

Er blickt in die eigene Leere,

statt harmonisch hineinzuschwingen

in die unendliche Schönheit.

 

Er ist wie eine Blüte, die sich wehrt,

wenn eine Biene kommt, um Honig zu trinken.

Er will alles für sich behalten,

und verfehlt darum seinen eigenen Sinn.

 

So entsteht das Böse.

Es ist nichts als der Mangel an Gutem.

 

Dionysius Areopagita (um 500 n. Chr.)

 

 

(ist halt etwas für Metaphysiker und Ontologen... :-)

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Ein Maler hatte ein „Haus des Friedens“ gemalt: Groß und stabil, fest wie eine Arche. Die Farben freundlich und harmonisch. Eine friedliche Stimmung lag in dem Bild.

 

Ein kleiner Junge betrachtete das Bild ganz aufmerksam. Plötzlich fragte er: „Vater, auf diesem Bild fehlt etwas. Es fehlt die Klinke an der Haustür. Wie soll denn da Friede ins Haus kommen?“

 

Der Vater, nicht wenig erstaunt, antwortete: „Die Türklinke hat der Maler bestimmt nicht vergessen, er hat sie einfach weggelassen. Der Friede kann nur ins Haus kommen, wenn wir ihm von innen die Tür öffnen und ihn bei uns wohnen lassen. Die Türklinke ist innen.“

 

(aus: Frieden, Steyler Verlag“)

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Stacheldraht zwischen

dir und mir. Lass uns

ihn endlich niederreißen.

Unsere Hände werden

bluten. Aber lieber

blutende Hände,

als Stacheldraht

zwischen dir und mir.

 

Josephine Hirsch

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Wir haben es nicht gewußt

 

Wir haben es nicht gewußt,

daß es ihm so schlecht ging,

daß er so krank war,

daß er so schwere Depressionen hatte,

daß er so viel trank,

daß er so allein war,

daß er nicht mehr weiter wußte,

daß er keinen Ausweg mehr sah,

daß er Tabletten sammelte . . .

 

Aus: Hermann Josef Coenen, Und dennoch bleibe ich. Patmos Verlag, Düsseldorf 1993

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Die anderen

 

Sie essen neben uns,

sie reden neben uns,

sie schweigen neben uns,

sie feiern neben uns,

sie trauern neben uns,

sie verbittern neben uns,

sie verzweifeln neben uns.

 

Wie anders sind sie wirklich?

Sie haben andere Ansichten

über Politik und Religion,

über Fußball und Musik.

Sie machen andere Witze,

sie tragen andere Kleider,

sie richten ihre Häuser anders ein.

 

Weil sie äußerlich anders sind,

sind sie uns fremd.

 

Im Grunde sind sie uns ähnlich.

Alle haben Sehnsucht nach Liebe.

 

Doch so gründlich denkt man nicht.

Noch immer quält uns

das ererbte Vorurteil

wie eine Erbschuld.

 

Aus: Martin Gutl, Loblied vor der Klagemaur. Styria Verlag, Graz Wien Köln 1978

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Bitte eines Depressiven

 

gott-vater-mutter, sag

weshalb ist meine sonne dunkler

mein kreislauf langsamer,

mein atem kürzer

mein gewicht schwerer

als normal

 

warum wird aus jedem hügel schnell ein berg

endet jeder film bei mir tragisch

gibt jede bewegung einen unfall

sehen meine augen nur die flecken

ist alles sofort alt

 

woher die bomben krebsgeschwüre

unfalltoten umweltverseuchten

wände handschellen pulsadernschnitte

drogentoten durchgefallenen arbeitslosen

die sich alle in meinen fasern tummeln

 

ich möchte einmal springen können, tanzen

ganz im gleichgewicht

aufstehn voller freude, echter

an die zukunft glauben

Gott-vater-mutter sagen können

 

gott-vater-mutter

wo bist du

tritt heraus aus meinem schweigen

sei nicht immun gegen meinen angriff

bleib nicht formlos wie mein bild

 

mach du das werk komplett

hol mich raus aus dieser leier

jag den bösen geist hinaus

schüttle diese müden knocken!

sei mein gegenteil

 

spann erneut den regenbogen ein

zeig mir deine schönsten dias

tröste mich mit deiner eigenen musik

sag mir was unbekanntes, eine nachricht,

was wirklich neues

erklär mir auferstehung bis ich amen sagen kann

 

 

Aus: Iris Mandl-Schmidt. Schaff meinen Gedanken einen Weg. Gebete ins Konkrete. Grünewald Verlag, Mainz 2001

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Danken im Schweren

 

Zur Zeit fahre ich jeden Morgen nach München, um die Kaposi-Sarkome im Mund, am Auge und am Ohr bestrahlen zu lassen. Das heißt für mich: jeden Morgen um 6.00 Uhr aufstehen und um 7.00 Uhr das Haus verlassen. Es bedeutet, jeden Tag nahezu 300 Kilometer zurückzulegen in der Hoffnung, daß die Behandlung Erfolg zeigt, und oft erfordert die tägliche Fahrt durch den Münchner Berufsverkehr eine unglaubliche Geduld. Ich habe sie nicht immer. An Tagen wie heute und insbesondere nach Nächten, wie die vergangene eine war, fällt es mir schwer, den Tag mit Dank zu beginnen und durch meine innere Zufriedenheit zu genießen.

 

Seit Monaten werde ich von Durchfällen geplagt, die mich auch nachts immer wieder aus dem Schlaf treiben. Heute nacht mußte ich zwar nur zweimal zur Toilette, aber einmal hatte ich es zu spät gemerkt. Die Flecken auf dem Laken bleiben als sichtbare Spur zurück, und die Angst, ich könnte wieder zu spät wach werden und den Durchfall nicht bemerken, ließ mich lange Zeit nicht mehr einschlafen. Mein Freund versuchte zwar, mich durch liebe Worte zu trösten, aber irgendwie schien ihm das nicht zu gelingen. Mir bleiben meine Gedanken und die Feststellung, daß ich mit 31 Jahren wie ein Säugling das Bett verschmutze. Daß ich eine zunehmende Belastung für andere bedeute, die ich, durch mein ständiges Aufstehen, auch noch an ihrem dringend benötigten Schlaf hindere. Dabei ist der Gang zur Toilette sowieso oft eine Quälerei, denn durch den ständigen Durchfall hat sich ein Ekzem am After gebildet. Die Haut ist ganz wund, und jedesmal, wenn ich mich entleere, brennt es wie Feuer. Es bereitet mir höllische Schmerzen. Obwohl ich die Stelle seit Wochen mit Salbe behandle, will es einfach nicht besser werden. Manchmal habe ich richtige Panik davor, auf die Toilette gehen zu müssen.

 

Was zu allem Obel noch dazukommt, ist die Tatsache, daß sich, durch die Bestrahlung meiner Tumore im Mund, das Zahnfleisch an den behandelten Stellen entzündet hat. Ich kann kaum richtig essen, und am Morgen bin ich erst einmal damit beschäftigt, mir das geronnene Blut der Nacht aus dem Mund zu spülen, das sich in Klumpen um die Zähne gelegt hat. Es gibt Momente, in denen ich mich bei der morgendlichen Mundpflege vor mir selbst ekle und alles andere lieber täte, als den Tag dankbar und zufrieden anzugehen.

 

Wie oft habe ich in den Zeiten vor AIDS einen launischen Tag hinter mich gebracht, der mit Dingen angefüllt war, die mich in meiner Unzufriedenheit bestätigten. Ging mir meine Arbeit nicht so von der Hand, wie ich es mir wünschte, verschlief einer meiner Angestellten in der Bäckerei oder ließ jemand gar etwas verbrennen, konnte das meine ganze Tagesstimmung beeinträchtigen. Ein falsches Wort vom Partner, ein unpassender Anruf oder ein schiefer Blick eines Kunden genügte schon, um alles Erreichte in

 

Frage zu stellen. Wenn ich heute darüber nachdenke, fällt mir auf, wie sich an solchen unzufriedenen Tagen die negativen Ereignisse häuften, bis alles schließlich im Satz mündete: »Heute wäre ich besser im Bett geblieben.« Dabei hatte ich damals doch ganz bestimmt keinen Grund zu klagen, denn ich war erfolgreich und gesund.

 

AIDS hat mich meiner inneren Zufriedenheit nähergebracht. Durch die Lungenentzündung, an der ich fast gestorben wäre, haben sich viele meiner Ansichten relativiert, Prioritäten haben sich verschoben, und ich habe gelernt, wirklich jeden neuen Tag, der mir geschenkt wird, mit Dank anzufangen, anstatt mit Klagen in einem falschen Licht zu beginnen.

 

Heute fällt mir das nicht gerade leicht, denn zu wenig Schlaf und allgemeines Unwohlsein wollen das Gefühl von innerer Zufriedenheit nicht aufkommen lassen. An Tagen wie heute merke ich, welche Macht Unzufriedenheit ist, wie sie mich beherrschen möchte und wie ich dazu neige, meinen ganzen Mißmut an andere weiterzugeben. Dabei können weder mein Freund noch andere Menschen, denen ich begegne, etwas für meine Situation.

 

Wie gelingt es mir heute, nach so einer zermürbenden Nacht, dem Tag etwas Positives abzugewinnen? Ich habe, als ich damals mit meiner Lungenentzündung im Krankenhaus lag, einen Kalenderspruch gelesen, der etwa folgendermaßen lautete: »Beginne Deinen Tag mit Dank, und er wird sich Dir öffnen.« Zunächst dachte ich, die haben gut reden, mit AIDS-Vollbild-Diagnose den Tag dankend zu beginnen, und verwarf diesen Gedanken. Aber - wie das mit Gedanken so ist-man kann sie nicht einfach verwerfen und abtun. Sie kommen wieder wie ein Bumerang zurück, den man so ausgeworfen hat. Kurz: irgendwann, und ich weiß nicht genau, was der ausschlaggebende Punkt dafür war, begann ich meinen Tag mit Dank. Zuerst wollte mir gar nichts einfallen, wofür ich danken könnte, aber dann, nachdem ich die ersten zögerlichen Versuche hinter mir hatte, ging es wie von selbst. Ich dankte für die Gewichtszunahme, dankte, daß ich anstatt der gestrigen fünf heute sieben Stufen steigen konnte, dankte für die Menschen an meiner Seite und machte durch das Formulieren der Dankesworte eine tolle Erfahrung: Je mehr ich dankte, um so geringer wurde die Anzahl meiner trübseligen und mißmutigen Gedanken. All das Schöne und Gute, was der Tag bringen kann, stand plötzlich im Vordergrund, und ich fühlte mich viel besser. Zwar waren die bedrückenden Aspekte und Schmerzen dadurch nicht verschwunden oder mit einer süßen Sauce überkleistert. Aber sie wurden erträglicher, und mir wurde bewußt, wie lebenswert selbst ein Leben mit AIDS sein kann. Durch das Danken, das ich mehr und mehr an Gott adressierte, schlug ich eine Schneise in die Depression; mir öffnete sich ein Weg zu innerer Zufriedenheit.

 

Danken ist keine seelische Schwärmerei, sondern oft genug harte Arbeit. Um zu danken, braucht es manchmal eine ungeheure Disziplin, denn oft bin ich, durch unruhige Nächte gereizt, dazu geneigt, den anbrechenden Tag zu verfluchen anstatt willkommen zu heißen. Heute war so ein Tag, an dem es mich Überwindung kostete, Gott für alles, was er mir schenkt, zu danken. Dennoch - ich habe es wieder getan, und so wurde die Fahrt nach München keine Belastung. Ich freute mich an dem herrlichen Sonnenaufgang, den ich unterwegs erleben konnte. In

 

der Klinik begegnete ich einem Mann, dessen Gesicht sehr stark von einem Hauttumor befallen war, und ich klagte nicht länger über meine Tumore, sondern war voller Dank darüber, daß bei mir nur eine kleine Stelle am Auge, Mund und Ohr behandelt werden muß und daß ich vor Entstellungen dieser Art bislang verschont blieb. Ich dankte, daß ich die 300 Kilometer Autofahrt unbeschädigt überstanden habe und diesen herrlichen Frühlingstag genießen kann, und auch dafür, daß mein Geist es mir erlaubt, meine Gedanken zu formulieren und niederschreiben zu können. Der Dank des heutigen Tages läßt mich alle schönen Dinge und Schätze eines Lebens mit AIDS erkennen.

 

Ich möchte es nicht zulassen, daß der Mißmut mich blind macht, und ich all die großartigen Kleinigkeiten des Lebens nicht mehr erkenne. Denn auch mein Leben mit AIDS - mit Kaposi-Sarkomen, mit Durchfällen, Ekzemen und schlecht durchschlafenen Nächten - ist es wert, daß ich dafür dankbar bin. Vielleicht lautet das Geheimnis, auf das ich früher nie gekommen wäre, einfach so: leben lernen heißt danken lernen. Oder: danken lernen heißt leben lernen.

 

So möchte ich auch weiterhin an mir arbeiten, daß ich den Tag mit Dank beginnen und schließen kann, denn das gibt mir meine innere Zufriedenheit und die Kraft, das Heute zu ertragen und mich auf das Morgen zu freuen. Könnte ich einen Wunsch äußern, so wäre es der, daß ich auch dann, wenn die Krankheit weiter fortschreiten sollte, jedem Tag soviel Gutes abgewinnen kann, daß ich am Abend ehrlich und ungeschönt danken kann.

 

 

Aus:

Markus Commerçon. Mein Gott AIDS. Pattloch Edition Spiritualität, Augsburg 1995

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verhängnis

 

christen zogen einst aus

um die völker zu lehren:

nicht heilig sind berge

nicht heilig die quellen

nicht heilig die bäume

nicht heilig die tiere

nicht heilig die menschen

nichts ist heilig auf erden

heilig nur gott im himmel

 

und also wurde

die schöpfung entheiligt

und heilloser raubgier

vorgeworfen zum frass

 

 

Aus: kurt marti, gott gerneklein.gedichte. im radius-verlag, Stuttgart 1995

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