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Walzer

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Wenn jemand in der gleichen Situation eine Abtreibung haben will: Bitte schoen - solange das mit dem Gewissen dieser Person zu vereinbaren ist (obwohl ich davon abraten wuerde, aber im Gegensatz zur kirchlichen Position mache ich keinen Psychoterror daraus).

Hmmmm, also ich weiß nicht, ob ich guten Gewissens einer Frau zu so einem Experiment raten könnte, die noch nicht weiß, was eine Schwangerschaft und Geburt bedeutet. Ein Kind, das man ausgetragen hat wegzugeben, halte ich für äußerst problematisch. Wenn es das nicht wäre, spräche ja nichts dagegen, daß Frauen, die eigentlich keine Kinder wollen, ab und an mal eines austragen, für die vielen kinderlosen Paare, die auf eine Adoption warten.

 

Ich würde eigentlich immer nur dann von einer Abtreibung abraten, wenn ich entweder Möglichkeiten sehen würde, das Behalten des Kindes doch noch irgendwie möglich zu machen oder wenn ich wüßte, daß jemand eine Abtreibung wirklich nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann.

 

Ich persönlich weiß, daß ich ein Kind niemals ohne ein gravierendes und dauerhaftes Trauma weggeben könnte.

Da hast Du sicher recht. Ein Kind zur Adoption weggeben ist sicher psychisch auch sehr hart.

 

Wenn eine Frau sich ungewollterweise schwanger findet (*), dann hat sie eigentlich nur ganz schlechte Optionen: Abtreiben (mit den psychischen und physiologischen Risiken), Austragen und zur Adoption geben (mit den psychischen und physiologischen Risiken, und dem Aufwand, wobei ich nicht den finanziellen meine), und Austragen, Behalten und Aufziehen (was, je nach Situation der Mutter oder Eltern, auch mit schweren Risiken, vor allem fuer das Kind, und einem riesigen Aufwand verbunden ist).

 

Daher meine Schlussfolgerung: verhueten, verhueten, verhueten. Ich muss wirklich mal die "Cantata de la planificacion familiar" von Les Luthiers ins Netz stellen - eine wunderbar humorvolle Aufforderung zur Familienplanung, in Gesangform. Leider in Spanisch.

 

(*) Dieser Satz ist ein huebscher Anglizismus, ist es nicht.

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Am schlimmsten ist, dass die Kirche nicht mal den Mut hat, die Gewalt selber anzuwenden. Wenn sie offen hingehen wuerde, und sagen: "Wenn Du abtreibst, dann musst Du zur Strafe der katholischen Gemeinde so und so viele Euros geben, oder wir sperren Dich fuer ein halbes Jahr in den Keller unter der Orgelempore, egal ob Du nun katholisch bist oder nicht", dann waere sie zumindest ehrlich. Stattdessen versteckt sie sich hinter dem Gewaltmonopol des Staates.

Unwissen ....

 

Abtreibung zieht als Tatstrafe die Exkommunikation nach sich. Das bedarf keiner Erklärung von irgendwem - der/diejenige ist "automatisch" von den Sakramenten ausgeschlossen. Für eine Wiederzulassung bedarf es einer päpstlichen (oder auch bischöflichen) ???Dispens??? *weiß der Himmel wie das heißt*.

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Am schlimmsten ist, dass die Kirche nicht mal den Mut hat, die Gewalt selber anzuwenden.  Wenn sie offen hingehen wuerde, und sagen: "Wenn Du abtreibst, dann musst Du zur Strafe der katholischen Gemeinde so und so viele Euros geben, oder wir sperren Dich fuer ein halbes Jahr in den Keller unter der Orgelempore, egal ob Du nun katholisch bist oder nicht", dann waere sie zumindest ehrlich.  Stattdessen versteckt sie sich hinter dem Gewaltmonopol des Staates.

Unwissen ....

 

Abtreibung zieht als Tatstrafe die Exkommunikation nach sich. Das bedarf keiner Erklärung von irgendwem - der/diejenige ist "automatisch" von den Sakramenten ausgeschlossen. Für eine Wiederzulassung bedarf es einer päpstlichen (oder auch bischöflichen) ???Dispens??? *weiß der Himmel wie das heißt*.

Nein, das meine ich nicht. Das sind kirchen-interne Strafen, mit denen ich keinerlei Problem habe. Was genau die Details dieser Kirchen-internen Strafen sind interessiert mich (als nicht-katholiken) nur in einem akademischen Sinn. Das ist sogar sehr vernuenftig: Wenn die katholische Kirche sagt "Du sollst nicht X", und eines ihrer Mitglieder tut X dann doch, dann hat sie durchaus das Recht und sogar die moralische Pflicht, innerhalb ihres Machtbereichs die Konsequenzen zu ziehen. Und ihr Machtbereich ist begrenzt, weil halt der Staat ein Gewaltmonopol hat.

 

Sondern: Die Kirche treibt aktiv dazu an, den Paragraphen 218 wieder zu verschaerfen (genau so wie Ratzinger in seinem viel diskutierten Homo-Ehen Papier dazu antreibt, dass die ELP wieder verschwindet oder gar nicht zur Existenz kommt). Das ist genau mein Sagen: Wenn die Kirche ihre Wuensche erfuellt bekommen wuerde, dann wuerde bei der Abtreibung einer der Teilnehmer (ob die Frau oder der Arzt sei im Moment wieder dahingestellt) vom Staat hinter Gitter gesperrt. Und genau damit habe ich ein Problem: Meiner Meinung sollte das gesetzliche Recht zur Abtreibung (innerhalb von vernuenftigen Grenzen) weiterhin existieren - nicht weil ich Abtreibungen befuerworte (ganz im Gegenteil), sondern weil ich das Recht Erwachsener auf Selbstbestimmung befuerworte.

 

Und die Unehrlichkeit liegt darin, dass die Kirche nicht bereit ist, diese Gewalt selbst auszueben, sondern sich dazu eines Handlangers bedient. Wenn die Kirche folgendes propagieren wuerde: "Wenn eine Abtreibung vornimmt, egal ob Katholik oder nicht, dann muss er sich freiwillig fuer X Monate in das freiwillige Gefaengnis, dass die katholische Kirche in ihrem Keller betreibt, begeben" - dann haette ich keinerlei Probleme damit, weil dir Kirche hierbei keine Gewalt anwendet.

 

Die ist keine Diskussion um die Meinung einer Mehrheit oder einer Minderheit. Es ist mir komplett egal, ob die Befuerworter einer Verschaerfung des Paragraphen 218 mehr oder weniger als 50% der Bevoelkerung sind (ich vermute ganz schwer, dass es viel weniger als 50% sind, aber das ist ja egal). Daher koennen wir auch nicht einfach Franz Xaver's und meine sich widersprechenden Meinungen gegeneinander abwaegen und dann auszaehlen. Sondern worum es hier geht ist das Prinzip, dass die Rechte des Einzelnen (in diesem Fall der schwangeren Frau auf eine Abtreibung) nur dann beschnitten werden duerfen, wenn ein weitgehender Konsens besteht, dass ein anderes Recht Vorrang nimmt. Und das ist genau hier nicht der Fall.

 

Ein Vergleichsbeispiel: Eine ganz kleine Minderheit aller Leute haben Kettensaegen zu Hause (ich habe zwei). Das bedeutet noch lange nicht, dass die Mehrheit (die keine Kettensaege haben) das Recht haben, den Besitz von Kettensaegen einzuschraenken. Sie koennen das erst tun, wenn sie damit andere Rechte (z.B. die Rechte der Baeume auf Unversehrtheit des Stammes) schuetzen wollen. Im Fall der Kettensaege ist diese Bemerkung natuerlich hauptsaehclich humoristisch. Im Fall von Schusswaffen hat die Deutsche Gesellschaft da anders geurteilt (der Besitz von Schusswaffen, vor allem Handfeuerwaffen, ist in Deutschland schwierig, selten, und an ganz enge Auflagen gebunden). Interessanterweise ist das in den USA anders (wir haben, komplett legal, eine Schrotflinte zu Hause, der legale Papierkram dafuer war kaum ein Problem, und wir koennten uns auch ein paar Pistolen kaufen, sehen aber im Moment keine Notwendigkeit). Dies ist ein Fall, in dem die Gesellschaft, aus guten Gruenden, die Rechte des einzelnen auf Waffenbesitz eingeschraenkt hat, weil das Risiko des Missbrauchs und die moeglichen Schaeden zu hoch sind. (Persoenliche Bemerkung: Ich halte die Waffen-Gesetzgebung in den USA fuer zu laessig, und wuerde bessere Kontrollen fuer sinnvoll halten, aber das ist ein ganz anderes Thema.)

 

Natuerlich ist meine Argumentationsweise fundamental an die folgende Ueberzeugung gebunden: Ich bin der Meinung, dass ein Foetus im allerersten Teil der Schwangerschaft noch kein Mensch ist, keine Seele und kein Bewusstsein hat, und daher kein selbststaendig schutzwuerdiges Wesen ist (sondern als Teil der Mutter oder der Eltern anzusehen ist). Wo genau die Grenze zur eigenstaendigen Person mit eigenen Rechten liegt: Weiss ich nicht, aber es ist irgendwo zwischen der 8ten und 32ten Woche (was ein EXTREM weiter Bereich ist).

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Und die Unehrlichkeit liegt darin, dass die Kirche nicht bereit ist, diese Gewalt selbst auszueben, sondern sich dazu eines Handlangers bedient. Wenn die Kirche folgendes propagieren wuerde: "Wenn eine Abtreibung vornimmt, egal ob Katholik oder nicht, dann muss er sich freiwillig fuer X Monate in das freiwillige Gefaengnis, dass die katholische Kirche in ihrem Keller betreibt, begeben" - dann haette ich keinerlei Probleme damit, weil dir Kirche hierbei keine Gewalt anwendet.

 

Schön, unsere verschiedenen Überzeugungen in puncto Existenz Gottes können wir nicht zusammenführen. Das seh ich ein. Würde mich aber rein interessehalber mal intressieren, welche Theorie Du in Sachen Weltallentstehung vertrittst. Ich werd es auch nicht weiter kommentieren :P

 

Aber was das obige betrifft: Das kann ich ehrlich gesagt gar nicht nachvollziehen. Da der Staat nun mal das Gewaltmonopol hat (und das ist gut so), dürfte doch die Kirche solche Strafen gar nicht verhängen. Hör ich da einen Hauch Anarchie heraus?. Genausowenig wie ich sagen kann. Wer bei mir daheim einbricht, kommt erstmal für 4 Wochen in einen leeren Weintank in meinem Keller, dafür verzichte ich auf eine Anzeige bei der Polizei. So wie jeder Mensch und jede Institution seine Wünsche nur durch Argumentation und Diskussion durchzusetzen versuchen muß,muß das auch die Kirche tun.

 

Und übrigens: Ich bin für regelmäßige staatliche Kettensägenkontrollen und sofortige Festnahme des Eigentümers bei der geringsten Blutspur :blink::lol::lol:

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Schön, unsere verschiedenen Überzeugungen in puncto Existenz Gottes können wir nicht zusammenführen. Das seh ich ein. Würde mich aber rein interessehalber mal intressieren, welche Theorie Du in Sachen Weltallentstehung vertrittst. Ich werd es auch nicht weiter kommentieren :blink:

Ich bin von der Ausbildung her Teilchen- und Astrophysiker (praktiziere es aber nicht mehr). Meine Ehefrau ist aktive Astrophysikerin. Das ist also fuer mich eine ziemlich langweilige Frage. Ich wuerde heutzutage mindestens einen Kasten Bier auf das normale Urknall/Inflations Modell wetten. Sicher koennen wir uns nicht sein - in der Wissenschaft ist niemals irgendetwas komplett sicher. Schliesslich koennte Gott morgen zum Abendessen kommen, und nach ein paar Glaesern Wein gestehen, dass er das Universum an einem langweiligen Nachmittag mal so zum Spass geschaffen hat (die interessante Frage waere dann, wie es ihm denn gefaellt, und was er naechstes Mal anders machen wuerde).

 

Dann kommt natuerlich sofort die Gegenfrage: "Was war vor dem Urknall? Wo ist die ganze Energie fuer den Urknall hergekommen?". Gute Frage. Eine richtig gute und simple Antwort haben wir nicht. Die beste Version ist moeglicherweise diese: Vor dem Urknall hat ueberhaupt nichts existiert. Es gab noch nicht mal sowas wie eine Zeitachse oder Zeitrechnung (fuer Details, siehe "Vom Sein zum Werden" von Ilya Prigogine, ohne Entropiezuwachs kann man die Zeitachse nicht definieren). Vor allem hat kein Beobachter existiert, der haette nachpruefen koennen, ob irgendwas existiert. Und selbst wenn ein Beobachter existiert haette, und sich den Zustand vor dem Urknall auf einem Zettel aufgeschrieben haette, dann haette der Urknall den Beobachter, den Zettel, und saemtliche Information zerstoert. Daher ist es total egal, ob und was vor dem Urknall existierte. Es ist reine Zeitverschwendung, darueber zu reden. Wir koennen den Zustand vor dem Urknall einfach "nichts" nennen, oder wir koennen ihn "X" nennen, oder wir koennen ihn "glorpfl" nennen, es kommt auf das gleiche raus.

 

Aber was das obige betrifft: Das kann ich ehrlich gesagt gar nicht nachvollziehen. Da der Staat nun mal das Gewaltmonopol hat (und das ist gut so), dürfte doch die Kirche solche Strafen gar nicht verhängen. Hör ich da einen Hauch Anarchie heraus?. Genausowenig wie ich sagen kann. Wer bei mir daheim einbricht, kommt erstmal für 4 Wochen in einen leeren Weintank in meinem Keller, dafür verzichte ich auf eine Anzeige bei der Polizei. So wie jeder Mensch und jede Institution seine Wünsche nur durch Argumentation und Diskussion durchzusetzen versuchen muß,muß das auch die Kirche tun.

 

Du hast Recht, mein Beispiel ist ziemlich konfus.

 

Wenn die Kirche sagt: "Unsere Mitglieder sollen nicht abtreiben. Wenn sie es trotzdem tun, dann schliessen wir sie (vielleicht teilweise) aus unserer der Gemeinschaft aus, oder legen ihnen gewisse Strafen auf, die sie freiwillig durchfuehren muessen (freiwillig in dem Sinne, dass die Kirche keine Gewalt anwendet). Wenn ein nicht-Katholik abtreibt, dann finden wir das zwar nicht gut, tun aber nichts dagegen." - dann finde ich das zumutbar. Sogar wenn es so weit geht, dass die Kirche sagt "Wer abtreibt sollte sich freiwillig fuer 6 Monate ins spezielle katholische Gefaengnis begeben, aber wir haben keine Gewaltmittel um die Leute, die da nicht mitspielen wollen, und koennen die Leute weder ins Gefaengnis zerren, noch sie drinhalten."

 

Ich finde diese Haltung der Kirche zur Abtreibung zwar immer noch falsch, aber die katholische Kirche hat das Recht, ihren eigenen Moralkodex zu haben, und sich ihre Mitglieder auszusuchen, und ihren freiwilligen Mitgliedern Verhaltensmassregeln anzuordnen. Schliesslich muss ja keiner Mitglied in der Kirche sein; wenn jemandem diese Regeln nicht gefallen, kann man ja austreten.

 

Mal ganz gehaessig gesagt: Wer Monopoly spielen will, muss halt manchmal eine Runde aussetzen und nicht ueber Los gehen, oder ins Gefaengnis. Das gehoert zu den Spielregeln. Wer die Regeln nicht mag soll das mitspielen halt bleiben lassen. Nein, dies ist nicht als Beleidigung gedacht: Ich weiss durchaus, dass die Kirche und die Religion groesser und wichtiger als ein Brettspiel sind.

 

Der Trick ist hier, dass die Kirche nur eine Handhabe hat: Wenn jemand nicht nach ihren Spielregeln handelt, kann sie die Person ausschliessen. Diese Form der Strafe ist keine Gewalt, und akzeptabel.

 

Wenn die Kirche sagen wuerde "Niemand soll abtreiben. Wenn jemand es trotzdem tut, dann wenden wir selber Gewalt an, z.B. durch Freiheitsentzug, Verletzung, u.s.w." - dass waere komplett untragbar. Natuerlich ist die katholische Kirche nicht dumm (oder unmoralisch) genug, so was zu versuchen. In den USA ist Gewalt gegen Abtreibungs-Kliniken und Aerzte, die Abtreibungen vornehmen, uebrigens gang und gaebe (bis einschliesslich Mord durch Gewehrschuss an Aerzten, letztens mal wieder passiert), und ein grosser Teil dieser Gewalt wird von radikalen Christlichen Gruppen angestiftet und ausgeuebt, und da sind sicher auch ein paar fundamentalistische Katholiken dabei (der Grossteil sind wahrscheinlich Protestanten). Dafuer ist die Kirche aber nicht direkt verantwortlich, also lassen wir dieses Thema mal ruhen. (Wobei, als Nebenbemerkung, die katholische Kirche mit ihrer Anti-Abtreibungs-Propaganda natuerlich solchen gewalttaetigen Extremisten den Naehrboden duengt, ob nun absichtlich oder nicht, und dadurch zumindest durch ihre Fahrlaessigkeit teilweise dafuer verantwortlich ist, aber das scheint unsere Gesellschaft zu tolerieren.)

 

Was die Kirche aber tut ist zu sagen: "Wir wollen, dass der Staat diejenigen bestraft, die abtreiben, egal ob sie nun Katholiken sind". Und genau hier raste ich aus: Ich sehe keinen Grund, warum die Kirche anderen Leuten ihre Rechte beschneiden darf, auch nicht indem sie fuer die eigentliche Ausfuehrung der Gewalt sich der Hilfe des Staates bedient.

 

Und übrigens: Ich bin für regelmäßige staatliche Kettensägenkontrollen und sofortige Festnahme des Eigentümers  bei der geringsten Blutspur

 

Das ist leider nicht nur ein Witz. Ist einem Nachbarn von uns mal passiert: Beim Faellen eines Baumes kam ploetzlich graues Fell und Blut mit den Saegespaenen raus. Kurz danach stellte sich raus, dass im Stamm ein Rattennest war, und er gerade versehentlich eine Ratte zersaegt hatte. Er hat die Saege hingeworfen, erst mal in den Wald gekotzt, und ist dann nach Hause gegangen (und hat wahrscheinlich gleich einen starken Schnaps getrunken). Am naechsten Tag hat er dann die Unfallstelle mit einem Schlauch gereinigt, bevor er weitergearbeit hat.

 

Ich habe auch mal eine kleine Eidechse versehentlich zersaegt. Die ist, wohl durch den Laerm erschreckt, den Stamm hochgelaufen, und kam gerade dann an der falschen Stelle vorbei als das Saegeblatt auf der anderen Seite des Astes durchkam. Die Eidechse flog an einer Seite des Astes weg, und ihr Schwanz auf der anderen Seite. Ich hoffe immer, dass sie einfach ihren Schwanz abgeworfen hat und ueberlebt, aber ich fuerchte, dass ich sie auf dem Gewissen haben koennte. Armes kleines Ding.

 

Mir ist mal eine Eidechse in die Kettenabdeckung reingekrochen, als ich die Saege eben mal fuer ein paar Minuten hingelegt hatte. Normalerweise mache ich danach die Saege gleich wieder an. Dieses Mal war aber das Ritzel irgendwie locker, also habe ich die Abdeckung abgenommen, um alles wieder festzuschrauben. Als ich darunter, direkt um die Saegekette gewickelt, eine Eidechse fand, bin ich vor Schreck ein paar Meter weit gesprungen. Sobalt mein Herz wieder auf einem normalen Rhythmus schlug, habe ich die Eidechse ganz vorsichtig rausgeschuettelt, und sie ist weggelaufen. Wenn ich stattdessen einfach den Motor gestartet haette, dann waere feingehackte Eidechse aus der Kettenabdeckung rausgekommen. Dies ist mit Sicherheit die gluecklichste Eidechse in diesem Wald.

 

Wobei die Schizophrenie hier natuerlich ueberall rauskommt. Ich schaeme mich dessen, moeglicherweise versehentlich eine Eidechse verletzt oder getoetet zu haben, und freue mich, einer anderen Eidechse das Leben gerettet zu haben. Andererseits schiesse ich mit einer Schrotflinte auf Klapperschlangen die zu nah am Haus sind (ein Reptil, genau wie die Eidechse). Noch andererseits, wenn ich eine ungiftige Schlange finde (hier heissen die "gopher snake", also Wuehlmaus-Schlange, und die Dinger sind eine ganze Ecke groesser als Klapperschlangen), dann sorgen wir dafuer, dass ihnen nichts passiert, und versuchen sich ganz vorsichtig wieder in den offenen Wald zurueckzuscheuchen (weil so nahe am Haus ist es zu gefaehrlich, da koennten sie mit dem Auto oder Rasenmaeher in Schwierigkeiten kommen, oder uns dauernd erschrecken, sie aehneln naemlich Klapperschlangen). Und ich lege massenhaft Rattengift aus (innerhalb der letzten Woche haben mir die Ratten drei Kartons Rattengift weggefressen). Wenn eine Maus im Keller ist, versuche ich immer erst, sie wieder ins freie zu scheuchen (ich habe mal einen halben Tag lang Kisten und Brennholz aus dem Keller rausgeschleppt, weil irgendwo dadrin eine Maus versteckt sass), und lege Fallen erst aus, wenn ich sie nicht rauskriege. Ganz schoen konfus, wa? Das ist halt das Problem mit ethischen Entscheidungen (einschliesslich Abtreibung und Sterbehilfe): Es hat alles mehrere Seiten, und jede Entscheidung muss ein Kompromiss sein.

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Ich bin von der Ausbildung her Teilchen- und Astrophysiker (praktiziere es aber nicht mehr).  Meine Ehefrau ist aktive Astrophysikerin.  Das ist also fuer mich eine ziemlich langweilige Frage.  Ich wuerde heutzutage mindestens einen Kasten Bier auf das normale Urknall/Inflations Modell wetten.  Sicher koennen wir uns nicht sein - in der Wissenschaft ist niemals irgendetwas komplett sicher.

und warum nicht auf das ekpyrotische modell (mit dem PR-namen "zyklisches universum")?

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Ich bin von der Ausbildung her Teilchen- und Astrophysiker (praktiziere es aber nicht mehr).  Meine Ehefrau ist aktive Astrophysikerin.  Das ist also fuer mich eine ziemlich langweilige Frage.  Ich wuerde heutzutage mindestens einen Kasten Bier auf das normale Urknall/Inflations Modell wetten.  Sicher koennen wir uns nicht sein - in der Wissenschaft ist niemals irgendetwas komplett sicher.

und warum nicht auf das ekpyrotische modell (mit dem PR-namen "zyklisches universum")?

Hmmmmm.

 

Die normale Inflations-Kosmologie basiert auf QFT (quantum field theory), welche ungefaehr 25 oder 30 Jahre alt ist, exzellent durchdacht, und in vielen Dingen experimentell geprueft. Das im folgenden Sinne: QFT hat erst Vorhersagen gemacht (W, Z Boson, top-quark, drei Neutrino-Generationen), die dann experimentell verifiziert worden sind.

 

Natuerlich hat die inflationaere Kosmologie Probleme (die Gleichmaessigkeit des Universums, die genaue Mischung der Dark Matter), aber da sie schon viele andere Probleme geloest hat, scheint es mir durchaus wahrscheinlich, dass sie diese auch noch loesen kann.

 

Das zyklische Universum (zumindest die Version von den Leuten aus Princeton) ist zwar nicht mit der QFT im Widerspruch, basiert aber auf String Theory, und zwar genauer gesagt auf M-Theorie (branes und solche Dinge in einem 4-dimensionalen Raum, in dem unser 3-dimensionaler Raum eingebettet ist). String Theorie ist komplett ungetestet, und in vielen Dingen unvollstaendig und nicht komplett durchdacht (the strings have loose ends). All dies finde ich nicht besonders komfortabel. Oder auf Englisch: Hier fehlt das "warm fuzzy feeling".

 

Wobei die Vertreter des zyklischen Universums immer wieder darauf hinweisen, dass ihre Theorie im Grunde nur eine Verfeinerung der Inflations-Theorie ist (obwohl sie intern zur Inflations-Zeit ganz anders funktioniert, sind die Ergebnisse beinahe die selben). Die einzige im Prinzip (aber nicht in der vorhersehbaren Zukunft) pruefbare Vorhersage des zyklischen Modells ist glaube ich das Energiespektrum (oder war es das Multipol-Spektrum?) der Gravitations-Strahlung, welches indirekt den 3K Hintergrund beeinflusst. Wir werden auf die Antwort also noch sehr lange warten muessen.

 

Bitte beachten: Ich habe nirgendwo gesagt, dass ein Modell garantiert falsch oder wahr ist. Nur dass ich ungefaehr einen Kasten Bier wetten wuerde. Die meisten obigen Argumente haben was mit dem besseren Gefuehl zu tun, nicht mit genauen Messungen oder Vorhersagen. Wir wissen es halt noch nicht genau.

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Bitte beachten: Ich habe nirgendwo gesagt, dass ein Modell garantiert falsch oder wahr ist. Nur dass ich ungefaehr einen Kasten Bier wetten wuerde. Die meisten obigen Argumente haben was mit dem besseren Gefuehl zu tun, nicht mit genauen Messungen oder Vorhersagen. Wir wissen es halt noch nicht genau.

 

Tja da spricht also der reine Wissenschaftler ok....durch damit

 

Dann hab ich jetzt verstanden, um was es Dir geht: Es stört Dich also, wenn die Kirche mit Hilfe des Staates ihre Ansichten durchzusetzen versucht. Ich muß aber dabei bleiben: Es geht eben nur über diesen Weg. Und einen Mangel an Konsequenz der Kirche kann ich auch nur bedingt erkennen: Das interne Strafenregister wird ziemlich streng angewandt, es sei denn, es würde ziemlich viel auseinanderfliegen, dann ist der Bestand des Friedens halt höher zu bewerten.

Du hattest radikale Protestanten erwähnt. Paradebeispiel eines radikalen Protestanten ist dieser nordirische Pastor Ian Paceley. Ich glaub nicht das der oder andere sich einen Nährboden ausgerechnet vom Papst legen lassen. Den legen die sich schon selber.

Und Deine Kettensägenabenteuer, das ist halt, so hart das klingen mag, Berufsrisiko, das so wie ich das sehe, im Interesse der Natur zu Lasten des einzelnen Tieres in Kauf genommen werden muß. Ich glaube, Du hast am Beispiel der Schlangen Deine Tierliebe deutlich gemacht.

 

So das soll uns erst mal einer nachmachen, von der Einrichtung eines Single-Forums über Abtreibung, Entstehung unserer Welt und Sterbehilfe zu Kettensägenabenteuern zu kommen hm? :blink:

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Ich bin von der Ausbildung her Teilchen- und Astrophysiker (praktiziere es aber nicht mehr).  Meine Ehefrau ist aktive Astrophysikerin.  Das ist also fuer mich eine ziemlich langweilige Frage.  Ich wuerde heutzutage mindestens einen Kasten Bier auf das normale Urknall/Inflations Modell wetten.  Sicher koennen wir uns nicht sein - in der Wissenschaft ist niemals irgendetwas komplett sicher.

und warum nicht auf das ekpyrotische modell (mit dem PR-namen "zyklisches universum")?

Hmmmmm.

 

Die normale Inflations-Kosmologie basiert auf QFT (quantum field theory), welche ungefaehr 25 oder 30 Jahre alt ist, exzellent durchdacht, und in vielen Dingen experimentell geprueft. Das im folgenden Sinne: QFT hat erst Vorhersagen gemacht (W, Z Boson, top-quark, drei Neutrino-Generationen), die dann experimentell verifiziert worden sind.

 

gegen die QFT habe ich keine einwände, wohl aber gegen den deus ex machina "inflation". die inflation ergibt sich nicht aus einer theorie, sondern wurde der alten standardkosmologie aufgepfropft, um das grauen abzuwenden, was sich bei der kollision einer schönen theorie mit ein paar häßlichen beobachtungsdaten einstellt.

 

Natuerlich hat die inflationaere Kosmologie Probleme (die Gleichmaessigkeit des Universums, die genaue Mischung der Dark Matter), aber da sie schon viele andere Probleme geloest hat, scheint es mir durchaus wahrscheinlich, dass sie diese auch noch loesen kann.

die dark matter ist m.e. noch das geringste übel, weil sie zu keinerlei geistigen verrenkungen nötigt. irgendwas ist halt da draußen, und zwar nicht zu knapp, was uns bisher noch nicht über den weg gelaufen ist.

 

schlimmer ist dagegen der mathematisch saubere, aber physikalisch monströse begriff "singularität". "unendliche dichte", "unendliche temperatur" haben in der physik genausowenig zu suchen wie kobolde und elfen. und das sind nicht die einzigen "pickel" auf der haut der standardkosmologie.

 

Das zyklische Universum (zumindest die Version von den Leuten aus Princeton) ist zwar nicht mit der QFT im Widerspruch, basiert aber auf String Theory, und zwar genauer gesagt auf M-Theorie (branes und solche Dinge in einem 4-dimensionalen Raum, in dem unser 3-dimensionaler Raum eingebettet ist).  String Theorie ist komplett ungetestet, und in vielen Dingen unvollstaendig und nicht komplett durchdacht (the strings have loose ends).  All dies finde ich nicht besonders komfortabel.  Oder auf Englisch: Hier fehlt das "warm fuzzy feeling".

 

wie alt sind M-theorie und ekpyrotisches modell?

ist es nicht einfach ein psychologisches phänomen, daß ein warm fuzzy feeling sich nach jahrzehnten intensiver beschäftigung auch dann einstellt, wenn das objekt der beschäftigung unter nicht-therapierbaren, aber geschickt verdeckten hautkrankheiten leidet?

könnte nicht nach vergleichbar intensiver und langwieriger beschäftigung mit der "jungen" theorie diese sich noch heimeliger anfühlen als die "alte", insbesondere aufgrund einer pickelfreien haut?

 

daß die strings im moment noch mit loose ends herumflattern, sollte auch nicht schwerer zu ertragen sein als z.b. die (eigentlich) fehlenden magnetischen monopole der standardkosmologie. (die ebenfalls, wenn ich das richtig sehe, nur mittels des inflations-tricks wegerklärt werden konnten.)

 

Wobei die Vertreter des zyklischen Universums immer wieder darauf hinweisen, dass ihre Theorie im Grunde nur eine Verfeinerung der Inflations-Theorie ist (obwohl sie intern zur Inflations-Zeit ganz anders funktioniert, sind die Ergebnisse beinahe die selben).  Die einzige im Prinzip (aber nicht in der vorhersehbaren Zukunft) pruefbare Vorhersage des zyklischen Modells ist glaube ich das Energiespektrum (oder war es das Multipol-Spektrum?) der Gravitations-Strahlung, welches indirekt den 3K Hintergrund beeinflusst.  Wir werden auf die Antwort also noch sehr lange warten muessen.

wenn ich so die wachsende anzahl von zur standard-kosmologie hinzukonstruierten entities betrachte (dark energy, quintessenz), vermisse ich etwas die anwendung von occham's razor.

ich weiß nicht, welche überprüfbaren vorhersagen das ekpyrotische modell liefert, aber mir, der ich eben nicht in jahrzehnterlanger arbeit mit der standardkosmologie zu einem warm fuzzy feeling gekommen bin, erscheint das junge ding wesentlich hübscher.

 

Bitte beachten: Ich habe nirgendwo gesagt, dass ein Modell garantiert falsch oder wahr ist.  Nur dass ich ungefaehr einen Kasten Bier wetten wuerde.  Die meisten obigen Argumente haben was mit dem besseren Gefuehl zu tun, nicht mit genauen Messungen oder Vorhersagen.  Wir wissen es halt noch nicht genau.

ja. aber die zeiten sind spannend.

und ein kasten bier ist nun auch nicht gerade viel für ein komplettes universum.

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gegen die QFT habe ich keine einwände, wohl aber gegen den deus ex machina "inflation". die inflation ergibt sich nicht aus einer theorie, sondern wurde der alten standardkosmologie aufgepfropft, um das grauen abzuwenden, was sich bei der kollision einer schönen theorie mit ein paar häßlichen beobachtungsdaten einstellt.

Na und? Es werden immer wieder Theorien "kuenstlich aufgepropft". Wenn sie keinerlei pruefbaren Vorhersagen machen, dann sind sie sowieso egal. Aber interessanterweise haben wir schon mehrmals derartige "kuenstlich aufgepropfte" Theorien im Nachhinein pruefen koennen, und sie oft perfekt wahr gefunden.

 

Paradebeispiel: Das Neutrino. Wurde in der 30er Jahren kuenstlich in die Theorie eingefuehrt, damit die Erhaltung von Energie, Impuls und Spin gewahrt ist. Es wurde extra so eingerichtet, dass man es so gut wie nie beobachten kann (weil Pauli und Konsorten Angst hatten, eine zu leicht falsifizierbare Theorie aufzustellen). Das Neutrino war einfach ein Trick in der Buchhaltung, um die Tatsache zu kaschieren, dass wir den Beta-Zerfall nicht verstehen konnten. Und alle haben das belacht, und das Neutrino als die schlechte Kaschierung eines ungeloesten Problems abgetan. Aber in den 50er Jahren ist Fred Reines hingegangen, und hat mit uebermenschlichem Einsatz das Neutrino nachgewiesen. Und, Wunder ueber Wunder, seine Eigenschaften sind genau so, wie es in den 30er Jahren postuliert worden war. (Ich bin hier sicher etwas unfair; ich hatte das ausserordentliche Glueck, ein paar Jahre lang mit Fred zusammenzuarbeiten).

 

schlimmer ist dagegen der mathematisch saubere, aber physikalisch monströse begriff "singularität".  "unendliche dichte", "unendliche temperatur" haben in der physik genausowenig zu suchen wie kobolde und elfen. und das sind nicht die einzigen "pickel" auf der haut der standardkosmologie.

 

Schon wieder diese verdammte Singularitaet. Zum n-ten Mal: Ob es eine Singularitaet gibt oder nicht ist komplett egal. Es muss nicht mal eine geben; wir koennen uns immer damit rausreden, dass SAEMTLICHE uns bekannten Theorien in den ersten Augenblicken falsch sind, und eine bisher unbekannte (und wahrscheinlich noch sehr lange unbekannt bleibende) andere Theorie dort notwendig sein muss. Und selbst wenn es wirklich bei t=0 eine Singularitaet geben sollte, wissen wir trotzdem, wie man fuer alle endlichen Zeiten integrieren kann (von t=T1 bis t=T2, fuer alle T1 und T2 >0). Also mit der Singularitaet kann man wirklich nur Kinder erschrecken, sonst ist sie weder nutzbar noch problematisch. Den Beitraegen in diesem Forum nach zu Urteilen ist sie aber hervorragend zum Kinder Erschrecken geeignet.

 

wie alt sind M-theorie und ekpyrotisches modell?

ist es nicht einfach ein psychologisches phänomen, daß ein warm fuzzy feeling sich nach jahrzehnten intensiver beschäftigung auch dann einstellt, wenn das objekt der beschäftigung unter nicht-therapierbaren, aber geschickt verdeckten hautkrankheiten leidet?

könnte nicht nach vergleichbar intensiver und langwieriger beschäftigung mit der "jungen" theorie diese sich noch heimeliger  anfühlen als die "alte", insbesondere aufgrund einer pickelfreien haut?

 

Kann durchaus passieren. Meine Meinung koennte sich in den naechsten 10 oder 20 Jahren durchaus aendern. Daher wette ich auch nur einen Kasten Bier, den kann ich zur Not ausgeben. Mein Doktorvater hat mehrmals ganze Kartons Wein spendieren muessen (der dann von den Kollegen sofort verteilt und getrunken wurde).

 

Hier ist mein Argument. Wir beschaeftigen uns seit ~20 Jahren mit der Inflations-Kosmologie. Wir haben alle lange drueber nachgedacht, wir haben viele moeglichen Probleme in ihr aufgestoebert, und sie bis jetzt alle irgendwie geloest (oder notduerftig zugeklebt). Nach soviel Pruefung funktioniert die Theorie immer noch (ob sie nun elegant ist oder nicht); daher ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass wir morgen ein riesengrosses Loch drinn finden werden.

 

Andererseits: Alles was aus Strings und M-Theorie zusammengesetzt wurde ist nur ein paar Jahre alt. Es ist viel wahrscheinlicher, dass diese neuen Theorien bald wieder zusammenbrechen werden, weil irgendein schlauer Kopf ein furchtbares Problem in ihnen erkennt. Das ist immer wieder vorgekommen. Zum Beispiel hatten wir in den 60-er Jahren den "Eightfold way", der sich schliesslich als mehr oder weniger zufaellige Annaeherung an die Gruppentheoritische Version entpuppte. Oder Anfang der 80-er Jahre, als viele der Meinung waren, dass Fadeev-Popov "Geisterfelder" oder "ghosts" alle Probleme der Eichtheorien loesen wuerden, was sich leider nicht bewahrheitet hat.

 

Wenn das ekpyrotische Modell in ein paar zig Jahren noch steht, und selbst unter der Last von ein paar Tausend Publikationen nicht umgefallen ist, dann werde ich gerne meine Meinung aendern. Was ich viel eher hoffen wuerde, ist das irgendeine der Theorien bitte mal eine experimentell (oder observationell) pruefbare Vorhersage machen wuerde, und dann koennte man (mit genuegend Geld und Geduld bewaffnet) die Frage einfacher beantworten.

 

wenn ich so die wachsende anzahl von zur standard-kosmologie hinzukonstruierten entities betrachte (dark energy, quintessenz), vermisse ich etwas die anwendung von occham's razor.

 

Das ist mit Sicherheit wahr. "So einfach wie moeglich, aber nicht einfacher". Die Standard-Kosmologie ist im Moment in ziemliches Flickwerk. Aber vielleicht wird sich das irgendwann mal legen. Beispiel: Ende des 19ten Jahrhunderts war die Physik zwar sehr vollstaendig (zumindest dachte man dass), aber sie war ein ziemliches Flickwerk, bei der Mechanik und E&M komplett getrennt waren, durch einfache phenomenologische Gesetze zusammengehalten, und die Gravitation war kuenstlich drangeklebt (ohne das irgeneiner wusste, warum die Gravitation so funktioniert). In den naechsten 20 Jahren hat Einstein dann die klassische Mechanik und Elektromagnetismus perfekt in einem Formalismus miteinander vereint, und dann sogar die Gravitation dazugefuegt. Ein Anhaenger von Occam haette seine reine Freude daran gehabt - man konnte auf einman die gesamte Physik auf die eine Gleichung "R=0" reduzieren (wobei R, der Einstein'sche Tensor, intern furchtbar kompliziert ist, aber das wollen wir im Interesse der Eleganz mal nicht erwaehnen). Leider hat die Quantenmechanik uns da einen furchtbaren Strich durch die Rechnung gemacht. Innerhalb der naechsten 50 Jahre wurden dann Mechanik, E&M und QM schoen ordentlich integriert, in der QFT (kompliziert, aber elegant), was dann schliesslich mit Glashow-Salam-Weinberg seinen Abschluss fand. Leider war da keine Gravitation dabei. Daher ist die gesamte Physik der letzten 100 Jahre ein Flickwerk, mit zwei Teilen, die beide unvollstaendig sind, und sich teilweise sogar widersprechen, aber beide sind sie wundervoll elegant. Kein Wunder, dass die Kosmologie auch ein bisschen haesslich ist.

 

Irgendwie gibt es dazu ein geniales Zitat von Dirac. Irgendwas wie "Es ist mindestens genauso wichtig, dass die Gleichungen elegent sind, wie dass die richtig sind."

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