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Gläubigenschwund


gouvernante

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Bischofssynode gegen Gläubigenschwund

 

Daraus:

Der "Mechanismus der Glaubensvermittlung" funktioniere in vielen Gegenden der Welt nicht mehr. Aus den Antworten der Bischofskonferenzen auf ein erstes Vorbereitungsdokument gehe hervor, dass dieses Problem nicht nur Länder des säkularisierten Westens betreffe. Eterovic sprach von einem überraschenden Befund.
[Hervorhebung von mir]

 

Warum überrascht es mich nicht, daß die Kurie davon überrascht ist?

Oder andersherum: was wären heute geeignete Weisen der Glaubensvermittlung (in unseren Gefilden)?

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Och, ich würde mich freuen, wenn in diesem thread viele eigene Ideen kommen, ....

 

 

Hast Recht!

Entschuldige bitte!

Es ist eigentlich nicht meine Art, einen Thread so zu zerstören .... jedenfalls nicht gleich am Anfang.

 

Also etwas konstruktiver:

 

Ich glaube NICHT, dass die Brechstange sinnvoll ist.

Damit meine ich: auf Biegen und Brechen bei jeder passenden und bei jeder unpassenden Gelegenheit aktiv immer wieder Glaubensthemen zu provozieren.

 

Vielmehr denke ich, wir sollten "einfach" versuchen im Sinne des Evangeliums zu leben.

Der Versuch eines solchen Lebens ist in meinen Augen die Grundlage.

Dadurch kommt im Idealfall alles andere von selbst.

Denn es werden sich automatisch auch Gespräche ergeben.

Zum Beispielsweise wird man vielleicht gefragt: warum hifst Du hier eigentlich (konkret einem Menschen, bei einem sozialen Projekt oder sonstwo)?

Dann sollte man - finde ich - durchaus auch seine christliche Motivation mit ins Feld führen.

 

Zusätzlich kann man Akzente setzen.

- SchokoladenNIKOLÄUSE verschenken statt lila Weihnachtsmänner

- Osterlämmer statt Osterhasen

- Oster-, Pfingst-, Advents- und/oder Weihnachtspost versenden (muss garnichts frommes sein, aber trotzdem mit Bezug auf das Fest als Anlass für die Post)

- Kugelschreiber, Tassen, Schlüsselanhänger oder sonstige Utensilien mit religiösen Motiven verwenden

- Ein Kreuz nicht (nur) "versteckt," sondern auch für Gäste sichtbar im Haus aufhängen

- ...

- ...

 

All das sind Zeichen, die dazu führen können, dass man mit Menschen auch über seinen Glauben ins Gespräch kommt, dass man von den Menschen darauf angesprochen wird.

Das halte ich für schön und für sinnvoll und man ist nicht derjenige, der es in einem unangemessenen Moment selbst provoziert.

 

Man sollte sich auch selbst auf Gespräche und auf Fragen sowie Kritik vorbereiten.

Wenn ich sage: ich helfe hier aus meiner christlichen Motivation heraus mit ... dann kommt es nicht gut, wenn ich keine Antwort mehr weiß, wenn zB gefragt wird: Was heißt christlicher Glaube für Dich konkret?

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Ich habe den vagen Verdacht, bevor wir nicht wirklich gründlich verstehen, wodurch die Abbrüche in der Weitergabe verursacht wurden/werden, wird es schwierig, Antworten darauf zu finden, wie dem begegnet werden könnte.

Mir sind aber auf religionssoziologischer Seite da keine Forschungen bekannt (oder habe ich etwas total übersehen?).

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Ich habe den vagen Verdacht, bevor wir nicht wirklich gründlich verstehen, wodurch die Abbrüche in der Weitergabe verursacht wurden/werden, wird es schwierig, Antworten darauf zu finden, wie dem begegnet werden könnte.

Mir sind aber auf religionssoziologischer Seite da keine Forschungen bekannt (oder habe ich etwas total übersehen?).

 

Vermutlich nicht genau, was Du suchst, aber empfehlenswert und z.T. auch für Deine Fragestellung ergiebig: Hans Joas, Glaube als Option, Zukunftsmöglichkeiten des Christentums, Freiburg 2012.

 

Braucht der Mensch Religion? vom selben Autor kennst Du vermutlich?!

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Braucht der Mensch Religion? vom selben Autor kennst Du vermutlich?!

Ja, das kenne ich. "Glaube als Option" noch nicht - *notier*

Hast Du es gelesen?

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Braucht der Mensch Religion? vom selben Autor kennst Du vermutlich?!

Ja, das kenne ich. "Glaube als Option" noch nicht - *notier*

Hast Du es gelesen?

Ja. Joas räumt mit zwei klassischen Irrtümern auf, die einerseits (eher) von Ungläubigen, andererseits von Gläubigen vertreten wurden und werden: 1. dass die Modernisierung notwendig mit Säkularisierung einher geht, 2. dass Unglaube zum Moralverfall führt. Indem beide Seiten von ihren Irrtümern abrücken, hofft er, eine Basis zu schaffen, auf der Gläubige und Ungläubige ins Gespräch kommen können, ausgehend von den von allen Menschen geteilten Erfahrungen der Selbsttranszendenz (kennst Du aus "Braucht der Mensch Religion?"). Als Zeitdiagnose schlägt er vor, vom Zeitalter der Kontingenz zu sprechen. Kontingenz ist dadurch charakterisiert, dass wir heute die Wahl zwischen einer Unzahl von Optionen haben, nicht nur im religiösen Bereich. Dass Glaube zur Option geworden ist, stellt das Christentum vor neue Herausforderungen; er nennt hier drei soziologische und vier intellektuelle Herausforderungen. -- Ultraknapp zusammengefasst.

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Ich habe den vagen Verdacht, bevor wir nicht wirklich gründlich verstehen, wodurch die Abbrüche in der Weitergabe verursacht wurden/werden, wird es schwierig, Antworten darauf zu finden, wie dem begegnet werden könnte.

Mir sind aber auf religionssoziologischer Seite da keine Forschungen bekannt (oder habe ich etwas total übersehen?).

Diesen Verdacht hege ich schon lange. Und ich befürchte sogar, dass selbst die gründlichste religionssoziologische Studie kein wirkliches Verstehen bewirkt - auch wenn gewiss dazu hilfreich ist.

Diejenigen, die mit Glaube, Religion und Kirche nichts anfangen können (oder sogar vehement dagegen sind), werden uns auch nicht weiter helfen können. Sie benennen uns natürlich einige Punkte, die sie abschrecken. Aber wären die Kritikpunkte aus dem Weg geräumt, könnten sie zum größten Teil auch nichts mit Glaube, Religion und Kirche anfangen. Am ehesten noch mit Kirche - aus sozialen Gründen.

 

Die Auswertung von Aussagen greift zu kurz. Es bedarf eines umfassenden Verstehensprozesses, der von einem wirklichen Verstehensinteresse getragen sein muss. Und dies auch noch auf ganz vielen Ebenen - auf soziologischer, spiritueller, liturgischer, logischer und theologischer, ethischer, philosophischer, lebenskundlicher, psychologischer Ebene. Jetzt hab ich von der organisatorischen, rechtlichen, kommunikationstheoretischen Ebene noch gar nicht gesprochen, aber die gehören auch dazu.

 

Das beste Ergebnis, das die Bischofssynode meiner Meinung nach erbringen kann, wäre Erkennen, Erschrecken und Bereitschaft zum Wahrnehmen und Nachdenken. Aber wahrscheinlich wird man sich stattdessen lieber auf Programme einigen - Programme eines Blinden, der zwar nicht weiß, wohin er rennen soll, aber ganz schnell losrennt, damit er geschwinder am Ziel ankommt.

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Und ich befürchte sogar, dass selbst die gründlichste religionssoziologische Studie kein wirkliches Verstehen bewirkt - auch wenn gewiss dazu hilfreich ist.

Gnade setzt die Natur voraus, deshalb denke ich, es lohnt, zunächst bei den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen in dieser Fragestellung anzufangen. Wenn wir da gründlich geschaut haben, dann können wir vermutlich auch besser fragen, was wohl theologische Gründe des Weitergabeabbruchs sein könnten.

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Ich halte eine solche Analyse ja auch für sinnvoll und hilfreich. Aber ich habe da meine Befürchtungen.

 

Eine Studie ergibt z.B. dass homosexuelle Priester häufiger Kinder missbrauchen - eine nüchterne statistische Beobachtung.

 

Der eine fragt weiter und kommt darauf, dass Homosexuelle in der Kirche größere Probleme mit der Identitätsfindung haben und man dagegen etwas machen muss.

Der andere konstruiert daraus, dass man stärker kontrollieren muss, dass Priesteramtskandidaten nicht homosexuell sind.

 

Zu welchem der beiden (sehr gegensätzlichen) Schlüsse würde wohl eine Bischofssynode kommen?

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Ich halte eine solche Analyse ja auch für sinnvoll und hilfreich. Aber ich habe da meine Befürchtungen.

 

Eine Studie ergibt z.B. dass homosexuelle Priester häufiger Kinder missbrauchen - eine nüchterne statistische Beobachtung.

 

Der eine fragt weiter und kommt darauf, dass Homosexuelle in der Kirche größere Probleme mit der Identitätsfindung haben und man dagegen etwas machen muss.

Der andere konstruiert daraus, dass man stärker kontrollieren muss, dass Priesteramtskandidaten nicht homosexuell sind.

 

Zu welchem der beiden (sehr gegensätzlichen) Schlüsse würde wohl eine Bischofssynode kommen?

Ich denke, Du bist gerade OT. Die Frage lautet doch, warum es zu den Abbrüchen in der Glaubensweitergabe kommt.

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Naja, das Ganze beginnt mit einem Link zur Bischofssynode, und der Vorschlag mit der Studie kommt von Dir. Aber heute Abend habe ich etwas Zeit. Vielleicht schreibe ich dann mal was zum Abbrechen der Glaubensweitergabe.

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Ich halte eine solche Analyse ja auch für sinnvoll und hilfreich. Aber ich habe da meine Befürchtungen.

 

Eine Studie ergibt z.B. dass homosexuelle Priester häufiger Kinder missbrauchen - eine nüchterne statistische Beobachtung.

 

Der eine fragt weiter und kommt darauf, dass Homosexuelle in der Kirche größere Probleme mit der Identitätsfindung haben und man dagegen etwas machen muss.

Der andere konstruiert daraus, dass man stärker kontrollieren muss, dass Priesteramtskandidaten nicht homosexuell sind.

 

Zu welchem der beiden (sehr gegensätzlichen) Schlüsse würde wohl eine Bischofssynode kommen?

Ich glaube nicht, dass es irgendein Patentrezept gibt.

Die Welt sieht nicht mehr aus wie vor 500 Jahren, aber die Organisation der Kirche ist immer noch auf das Europa von vor 500 Jahren ausgerichtet. Das sieht sicher ganz unten in der Gemeinde etwas anders aus, aber im Großen und Ganzen stimmt es. Das größte Problem dabei ist, dass die heutige globale Welt nicht so einheitlich ist wie das Europa das 16. Jahrhunderts.

Die heutige Welt ist sehr vielfältig, und was hier passt, ist dort genau falsch. Ich bin zum Beispiel ein großer Anhänger unserer demokratischen Ordnung, aber bin inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass es andere Weltgegenden gibt, in denen unser System einfach nicht passt. Anderes Beispiel aus dem Glaubenssektor: In manchen Teilen der Erde haben streng dogmatische Glaubensauslegungen große Attraktivität, in Europa wirkt das auf die große Mehrheit eher abschreckend. Die Menschen haben einfach untershiedliche Bedürfnisse.

Die Kirche orientiert sich aber immmer noch am Europa des 16. Jahrhunderts und glaubt, diese Form müsse zwingend überall passen.

Das tut sie aber nicht. Und je mehr sich die Basis den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen anpasst, dest unglaubwürdiger wird die Kirche als Ganzes. Je weniger die Kirche an der Basis sich anpasst, desto mehr Leute laufen davon. Das ist eine Zwickmühle.

Dabei müsste es gar nicht so sein. Jahrhundertelang war es anders. Die Kirche in Irland sah anders aus als die in Frankreich, die in Konstantinopel anders als die in Antiochia, aber alle sahen sich gegenseitig als Teil der ganzen Kirche an.

Damit kein Missverständnis aufkommt: Ich glaube nicht, dass heutige Probleme damit zu lösen sind, dass man wieder wie vor 1500 Jahren wird. Aber die Situation vor 1500 Jahren zeigt, dass die heutige Form keineswegs ewig, gottgewollt und gemäß dem Auftrag Christi ist bzw. sein muss.

Wenn die Kirche es nicht schafft, sich der Welt anzupassen (*), wird sie weiter an Gläubigenschwund leiden, und übrig wird der weltweite Rest bleiben, der - nein, nicht der besonders rechtgläubig ist, sondern der, das Europa des 16. Jahrhunderts als ideale Gesellschaft ansieht.

 

Werner

(*) das heisst eben nicht, den Glauben aufzugeben. Das heisst erstens, den Glauben von Überflüssigem zu befreien und zweitens, sich in der Glaubensvermittlung und inneren Ordnung an die Menschen anzupassen.

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Denkt Ihr zu komliziert oder ich zu einfach? ... oder ergänzt sich das eine mit dem anderen?

Eure Herangehensweise (religionssoziologische Studie ...) ist wohl keine verkehrte ...

aber: nehmt Ihr damit die noch immer relativ breite Basis auch mit ins Boot?

Oder ist das eine Vorgehensweise für eine "Glaubenselite?"

Kann diese quantitativ vergleichsweise kleine Gruppe der "Glaubenselite" ohne die breite Basis viel bewegen?

Denken die etwas "entfernteren" nicht bei Gem-Refs, Pfarrern, Diakonen ... "Klar, dass der uns eh wieder was von seinem Glauben erzählen will?"

Ist dadurch ein Glaubenszeugnis von "normalen Alltagschristen" nicht um so wertvoller (vielleicht WEIL überraschender und erstaunlicher für entferntere)?

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aber: nehmt Ihr damit die noch immer relativ breite Basis auch mit ins Boot?

Das finde ich ja gerade eine spannende Frage. Seit eh' und je geht "Kirche" davon aus, daß religiöse Sozialisation in der Familie geschieht und daß diese Prägung für den Rest des Lebens "ausreicht" (aktives "Nacharbeiten" ab Pubertät ist natürlich erforderlich, wenn der Glaube nicht in den Kinderschuhen steckenbleiben soll). Und über lange Zeit scheint dies Modell ja auch funktioniert zu haben.

Mittlerweile gibt es aber zunehmend die Erfahrung, daß es Eltern eben nicht mehr gelingt, ihren Glauben so an die nachfolgende Generation weiterzugeben, daß dieser dann auch praktiziert wird (und ich spreche hier von Eltern, die nicht mit Zwang sondern mit Freude und Engagement weitergeben).

Aus dem Grund finde ich die Frage nach den "Umweltfaktoren" so wichtig, denn ich mag nicht glauben, daß die letzten zwei Elterngenerationen zur Glaubensweitergabe per se soviel unfähiger sind als die 20 Generationen davor.

Und ich bin eben bei der Synode stutzig geworden, weil mir da durchzuklingen scheint, daß man den "bösen, relativitischen, säkularen Westen" für dieses Phänomen im Verdacht hat und jetzt erstaunt feststellt, daß es in anderen gesellschaftlichen Kontexten auch abbricht. Daher auch mein Interesse an den Auslösern. Wenn es nicht der hierarchieseits immer wieder gern verdächtigte Relativismus, Konsumismus (oder welcher -ismus auch immer) ist, was dann?

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Und ich bin eben bei der Synode stutzig geworden, weil mir da durchzuklingen scheint, daß man den "bösen, relativitischen, säkularen Westen" für dieses Phänomen im Verdacht hat und jetzt erstaunt feststellt, daß es in anderen gesellschaftlichen Kontexten auch abbricht. Daher auch mein Interesse an den Auslösern. Wenn es nicht der hierarchieseits immer wieder gern verdächtigte Relativismus, Konsumismus (oder welcher -ismus auch immer) ist, was dann?

Meine Wahrnehmung: Die Ansprüche der Gläubigen sind gewachsen (auch durch die Verfügbarkeit anderweitiger Angebote) und die Qualität der Religionsvermittlung ist gesunken. Zunehmendes Desinteresse ist da eine erwartbare Folge.

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Meine Wahrnehmung: Die Ansprüche der Gläubigen sind gewachsen ...

Was ich gut finde.

 

 

... und die Qualität der Religionsvermittlung ist gesunken.
Kann man das an irgendetwas festmachen? Wie bemißt sich Qualität?

 

Meine These wäre, daß dies damit zusammenhängt, daß Vermittlung in immer komplexeren Kontexten natürlich sehr viel mehr Mühe/Kreativität/Hirnschmalz erfordert, was nicht jeder Vermittler in der Lage oder willens ist, aufzubringen.

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Meine These wäre, daß dies damit zusammenhängt, daß Vermittlung in immer komplexeren Kontexten natürlich sehr viel mehr Mühe/Kreativität/Hirnschmalz erfordert, was nicht jeder Vermittler in der Lage oder willens ist, aufzubringen.

Da ist etwas dran, allerdings gibt es ja viele gutgemeinte Versuche, sich den veränderten Kontexten anzupassen. Auf mich wirken sie nur häufig nicht überzeugend, weil zu oberflächlich. Die Prioritäten der Vermittler sind anscheinend andere als diejenigen derer, denen die Religion vermittelt werden soll.

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Meine Wahrnehmung: Die Ansprüche der Gläubigen sind gewachsen ...

Was ich gut finde.
... und die Qualität der Religionsvermittlung ist gesunken.
Kann man das an irgendetwas festmachen? Wie bemißt sich Qualität?

Meine These wäre, daß dies damit zusammenhängt, daß Vermittlung in immer komplexeren Kontexten natürlich sehr viel mehr Mühe/Kreativität/Hirnschmalz erfordert, was nicht jeder Vermittler in der Lage oder willens ist, aufzubringen.

Ja, es muss bei wachsenden Ansprüchen der Gläubigen nicht unbedingt ein Sinken der Qualität auf Vermittlerseite bestehen - wenn die gleich bleibt, ist das schon schlecht.

 

Ich bin ja ein Kind vom Lande. Und da waren gewisse Qualitätsansprüche ab Jugendalter von der Pfarrei nicht mehr befriedigt worden. Das betrifft nicht nur das Wort, die Predigt zum Beispiel, sondern auch die Musik. Ja, Kirche war langweilig, erstarrt in einem gewissen Stadium, ich entwuchs dem.

 

Ein glücklicher Umstand war, dass es in der Nähe ein Kloster der Herz-Jesu-Priester gab. Eben dort ging ich zur Schule, es gab einmal pro Woche einen auf Schüler meines Alters zugeschnittenen Gottesdienst, es gab charismatische Patres. Vor allem Orden bilden spirituelle Zentren, die das religiöse Leben der Menschen "anheizen". Das ist auch hier in Hamburg so, wo ich seit Jahrzehnten lebe. Ich denke, es lohnt sich, zu schauen, was verschiedene Orden so machen, um daraus abzuleiten, was auch in "normalen" Pfarreien möglich wäre.

 

Wenn allerdings in einem Bistum die Stimmung so ist, dass ein einzelner Pfarrer sich kaum trauen kann, Ungewöhnliches, das von mir oben genannte Ketzerische, die tatsächlich offene Diskussion etc. zuzulassen, dann wundert es nicht, wenn die Jugend der Kirche wegen offenbarer Irrelevanz den Rücken zukehrt.

 

Nur in Ordenskirchen habe ich bspw. erlebt, dass auch mal Frauen predigten. Scheint amtskirchenseits ein großes Ding zu sein, was mich sehr wundert. Offiziell geht es wohl GAR nicht, vor allem nicht, wenn ein geweihter zur Verfügung stünde. Also können sich sowas vor allem Ordensgmeinschaften leisten, entweder weil sie dem Ortsbischof nicht direkt unterstellt sind, oder weil der Ortsbischof ein dufter Typ ist, der weiß, worum es im christlichen Glauben wirklich geht.

 

Die Kirche, also amtlicherseits oder auch Klein-Gläubigenseits (es gibt doch immer wieder Petznasen), tut viel für den Erhalt einer muffigen Atmosphäre, und dennoch tun viele in ihr sehr viel für frischen Wind, Begeisterung und Wahrhaftigkeit. Für letzteres muss man nicht mal ständig gegen die Vorschriften agieren. Was für ein riesenweiter Raum die Kirche ist! Langer Rede kurzer Sinn: Glaubensweitergeber, wachst mit den Ansprüchen der Glaubenden! (Da braucht es meiner Meinung nach keine trockenen Analysen, um Stellschrauben herauszufinden und zu drehen, eine solche Herangehensweise erscheint auch mir etwas zu akademisch/managermäßig. Im Sinne der Begeisterungsfähigkeit und Angstlosigkeit und Freiheit und Unnachgiebigkeit scheint es mir tatsächlich vor allem eine Sache des Heiligen Geistes zu sein, auf den man freilich nicht mit Händen im Schoß warten sollte.)

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Daher auch mein Interesse an den Auslösern. Wenn es nicht der hierarchieseits immer wieder gern verdächtigte Relativismus, Konsumismus (oder welcher -ismus auch immer) ist, was dann?

Ich wiederhole noch mal das, was Soki gesagt hat. Ich denke das nämlich auch:

 

"Glaubensweisheiten, die elementaren Erkenntnissen der Wissenschaft offensichtlich widersprechen" (oder bei denen es nicht gelingt, sie so zu vermitteln oder zu übersetzen, dass deutlich wird, dass sie elementaren Erkenntnissen der Wissenschaft nicht widersprechen), sind einer der wesentlichsten Gründe dafür, dass "der Mechanismus der Glaubensvermittlung nicht mehr funktioniert."

Die, denen die Kompatibilität ihres Glaubens mit dem inzwischen vorhandenen Wissen wurscht ist und die auf Selberdenken verzichten, die wenden sich oft lieber evangelikalen oder anderen Gruppierungen zu, die direktiver vorgeben, was "man glauben muss" (oder sonst konservativer und damit haltgebender sind).

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Meine These wäre, daß dies damit zusammenhängt, daß Vermittlung in immer komplexeren Kontexten natürlich sehr viel mehr Mühe/Kreativität/Hirnschmalz erfordert, was nicht jeder Vermittler in der Lage oder willens ist, aufzubringen.

Dazu kommt, dass nicht nur der Vermittler mehr Mühe/Kreativität und Hirnschmalz aufbringen müsste, sondern auch der, an den vermittelt werden soll.

(Von meinen vier Kindern sind drei z.B. sehr (kritisch) interessiert an Fragen, die mit Religion zusammen hängen - eins davon studiert auch Theologie. Einer der Jungs hat aber einfach kein Interesse an diesen Themen - da würde auch kein noch so bemühter, kluger Vermittler nützen.)

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M.E. sollte man noch etwas nicht übersehen:

 

Auch Jugendliche die an Glaubensdingen sehr wohl Interesse haben, werden von einer die Wirklichkeit auch nicht einmal mehr im Ansatz widerspiegelnden Moral völlig abgeschreckt. Da geht es natürlich um das strikte Verbot von vorehelichen sexuellen Beziehungen, das gilt für den ganzen Bereich der Empfängnisverhütung der von einem Nebenschauplatz zu einem Znetralthema hochgeschaukelt wurde, das gilt aber auch für den Bereich der Reproduktionsmedizin wo immer noch und immer wieder gegen IVF gewettert wird, mit teilweise mehr als fadenscheinigen Argumenten.

 

Und dass junge Frauen angesichts der Haltung der Kirche zur Frauenweihe zwar oft Interesse am Glauben haben, aber keines mehr an der verfassten Kirche kann ich gut verstehen.

Dazu kommt dass man dank einer umfassenden Informationsgesellschaft jeden Tag Fakten über Ereignisse lesen oder hören kann, die aufzeigen wie weit weg die Amtkirche von ihren ständig beschworenen Idealen ist...der Vatikan bietet das Bild eines üblen Intrigantenstadels, sodass das Wort des Tertullian ..."seht wie sie einander lieben" einen höhnischen lachkrampf auslöst.

Bei solchen Hindernissen kann ein verkündigender Priester oder Laie ein Wunderwuzzi sein, er wird schwerlich junge Menschen in die Kirche locken, die von ihnen angesichts vieler Haltungen nicht zu Unrecht als Glaubenspferch empfunden wird.

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Soweit ich mit kirchlich engagierten Jugendlichen beiderlei Geschlechts zu tun habe, scheinen mir denen die Fragen der kirchlichen Sexualmoral am A**** vorbei zu gehen. In der Regel regt man sich darüber schon alleine deshalb nicht mehr auf, weil man die Aussagen einerseits nicht kennt und andererseits den Papst und die Kirche in ähnlicher Weise für die eigene Sexualität zuständig hält wie für die Frage der Hausaufgabenerledigung.

 

Und auch in der Frage der Frauenordination erlebe ich eher eine andere Tendenz: Es ist ihnen egal, ob da ein Pastoralreferent, eine Pastoralreferentin, ein Kaplan oder ein Pfarrer steht, der Unterschied wird oft kaum noch wahr genommen.

 

Eine Beobachtung meiner Frau dazu: Vor 10 Jahren kam es bei Beerdigungen (damals in Nürnberg) noch ab und an vor, dass die Familie bemerkte, ihnen wäre ein Priester doch lieber gewesen. In Bamberg heute hat sie das noch nicht erlebt.

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Wenn manche Christen ein Umfeld suchen, das sie trägt, können sie Schwierigkeiten haben, es zu finden, auch wenn einige ihrer Bekannten praktizierende Christen sind. Denn zu oft sind diese in der Öffentlichkeit nicht als solche erkennbar, weil sie sich für eine Minderheit halten. Dadurch marginalisieren die Christen sich selbst weiter.

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OneAndOnlySon

Daher auch mein Interesse an den Auslösern. Wenn es nicht der hierarchieseits immer wieder gern verdächtigte Relativismus, Konsumismus (oder welcher -ismus auch immer) ist, was dann?

Ich wiederhole noch mal das, was Soki gesagt hat. Ich denke das nämlich auch:

 

"Glaubensweisheiten, die elementaren Erkenntnissen der Wissenschaft offensichtlich widersprechen" (oder bei denen es nicht gelingt, sie so zu vermitteln oder zu übersetzen, dass deutlich wird, dass sie elementaren Erkenntnissen der Wissenschaft nicht widersprechen), sind einer der wesentlichsten Gründe dafür, dass "der Mechanismus der Glaubensvermittlung nicht mehr funktioniert."

Die, denen die Kompatibilität ihres Glaubens mit dem inzwischen vorhandenen Wissen wurscht ist und die auf Selberdenken verzichten, die wenden sich oft lieber evangelikalen oder anderen Gruppierungen zu, die direktiver vorgeben, was "man glauben muss" (oder sonst konservativer und damit haltgebender sind).

Das halte ich auch für ein Schlüsselproblem.Weder Moral noch Gleichberechtigung sind Kernkompetenzen der Kirche. Wenn sie da schief liegt, wird das nicht so intensiv wahrgenommen. Wenn die Kirche aber in Glaubensdingen Unsinn verkündet, ist das fatal. Das kann den gesamten Glauben eines Menschen zu Fall bringen.

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