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Gläubigenschwund


gouvernante

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Das halte ich auch für ein Schlüsselproblem.Weder Moral noch Gleichberechtigung sind Kernkompetenzen der Kirche. Wenn sie da schief liegt, wird das nicht so intensiv wahrgenommen. Wenn die Kirche aber in Glaubensdingen Unsinn verkündet, ist das fatal. Das kann den gesamten Glauben eines Menschen zu Fall bringen.

 

Nachdem ich hier nun schon länger mitlese, mag ich nun auch mal was schreiben.

 

Ich glaube, dass die Glaubensdinge für die Leute, die ohnehin schon "drin" sind, entscheidender sind als Moral und Gleichberechtigung, eben weil man letztere ohnehin nicht als Kernkompetenzen ansieht und im Zweifel in diesen Bereichen tut, was man selbst für richtig hält. Aber Fernstehende kommen oft erst gar nicht an den Punkt, sich mit den Glaubensdingen auseinanderzusetzen, weil sie von den für sie erst mal sichtbareren Hürden schon abgeschreckt werden und sich mit dem, was dieser rückständige Verein womöglich von seiner Kernkompetenz her zu bieten hat, gar nicht mehr beschäftigen mögen.

 

Ich denke auch, dass praktisch alle hier genannten Punkte zutreffen: ein vielfältigeres Angebot, gerade auch im weltanschaulichen Bereich, der wahrgenommene Kontrast zu naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, die fehlende soziale Selbstverständlichkeit und Einbettung (in meiner Kindheit war man evangelisch oder katholisch, etwas anderes stand gar nicht zur Debatte, wer sich da nicht einordnen konnte, hatte schon ein Problem).

 

Der soziale Kitt fällt weg, die Botschaft wirkt altbacken und überholt, die Institution verkrustet und ewiggestrig. Wo soll man da anfangen? Vielleicht wirklich am ehesten noch jeder ganz bei sich selbst, weil man da immerhin anfangen kann. Und man kann vielleicht auch hoffen, dass viele kleine Anfänge allmählich zusammenwachsen. Analysen gibt es m.E. schon viel zu viele, aber wenn man sich fragt, was man nun daraus ableiten soll, kommen immer dieselbe Patentrezepte, die schon seit Jahrzehnten nicht richtig funktionieren.

 

Viele Grüße,

 

Avila

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... Weder Moral noch Gleichberechtigung sind Kernkompetenzen der Kirche. Wenn sie da schief liegt, wird das nicht so intensiv wahrgenommen.

...

 

Ich glaube schon, dass auch das wahrgenommen wird.

Es ist aber um so bedenklicher, wenn es resignativ wahrgenommen wird.

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Man muß einfach davon ausgehen, daß bis zur letzten Generation viele dabei waren, die nicht wirklich wußten warum. Die hat nur Tradition und Konvention bei der Stange gehalten. Die sehen unter heutigen gesellschaftlichen Bedingungen natürlich keine Notwendigkeit mehr, etwas weiterzugeben. Ich finde es für viele ausgesprochen schade, wenn sie ohne Katholizismus leben müssen, dem Katholizismus als solchem schadet es aber keinesegs, wenn nur 5 % der Bevölkerung dazugehören. Überzeugte Christen, die daraus Kraft und Lebensfreude schöpfen und dies ausstrahlen führen automatisch zu Interesse und dann auch zu Bekehrungen. Alles andere ist Mumpitz.

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Interessant: Soziologe: Klöster krisenfester als andere Teile der Kirche"

Vielleicht steckt da ein Antwort-Puzzleteil, ähnlich wie Kirisiyana beschreibt...

Das ist einleuchtend, die Angebote der Klöster sind m.E. stimmiger als das, was die Weltkirche ihren Gläubigen anbietet. Am wenigsten Reformbedarf besteht wahrscheinlich bei den Kartäusern.

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Am wenigsten Reformbedarf besteht wahrscheinlich bei den Kartäusern.

Die allerdings auch keine Angebote machen.

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Am wenigsten Reformbedarf besteht wahrscheinlich bei den Kartäusern.

Die allerdings auch keine Angebote machen.

Doch, man kann dort eintreten, sofern man ein Mann und nicht älter als 45 ist.

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Die haben sogar einen weiblichen Ordenszweig - solche Revoluzzer sind das. :rolleyes:

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Am wenigsten Reformbedarf besteht wahrscheinlich bei den Kartäusern.

Die allerdings auch keine Angebote machen.

Doch, man kann dort eintreten, sofern man ein Mann und nicht älter als 45 ist.

 

Völlig OT- aber wieso ist eigentlich 45 eine Altersgrenze für alles mögliche? Was ist wenn sich eine/r mit 46 oder gar 52 berufen fühlt? Was passiert mit den Menschen ab 45. Schlägt zwangsläufig Arthrose, Demenz und Inkontinenz zu? Und wieso darf dann - im katholischen Fall - einer mit über 80 noch Chef werden.

 

Ich fühl mich auch schon ganz schlapp....

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Ich halte eine solche Analyse ja auch für sinnvoll und hilfreich. Aber ich habe da meine Befürchtungen.

 

Eine Studie ergibt z.B. dass homosexuelle Priester häufiger Kinder missbrauchen - eine nüchterne statistische Beobachtung.

 

Der eine fragt weiter und kommt darauf, dass Homosexuelle in der Kirche größere Probleme mit der Identitätsfindung haben und man dagegen etwas machen muss.

Der andere konstruiert daraus, dass man stärker kontrollieren muss, dass Priesteramtskandidaten nicht homosexuell sind.

 

Zu welchem der beiden (sehr gegensätzlichen) Schlüsse würde wohl eine Bischofssynode kommen?

Ich denke, Du bist gerade OT. Die Frage lautet doch, warum es zu den Abbrüchen in der Glaubensweitergabe kommt.

 

Hmm, wild spekuliert:

Weil es schwierig ist, Glauben weiterzugeben. Denn das heißt ja, ihn zu begründen. Früher oder später, und meistens früher, wirst du mit dem Warum konfrontiert. Aber Glaube ist, zumindest bei mir, etwas tief Inneres, eine Entscheidung, die ich getroffen habe, und eher emotional als rational.

 

Natürlich gibt es auch die Fraktion: man geht zur Kirche, weil man das eben so macht. Vielleicht haben die es einfacher.

Vielleicht reicht da der Kirchgang und Gebete zu hause wirklich für den Glauben.

 

Es ist nicht mehr selbstverständlich, etwas zu Glauben, schon gar nicht, an Gott zu glauben. Glaube stößt also auf Widerstände. Wenn man sich dann selbst nicht ganzz sicher ist- und wer ist das schon?- hält man vielleicht liebr den Mund. Immerhin will man ja auch nicht als intolerant gegenüber anders- oder nichtgläubigen da stehen.

 

 

Und letztendlich ist Glauben etwas, ds jede für sich entscheiden muss. Ohne eigene a-ha Erlebnisse bringen die besten Weitergeber nichts.

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Hmm, wild spekuliert:

Weil es schwierig ist, Glauben weiterzugeben. Denn das heißt ja, ihn zu begründen. Früher oder später, und meistens früher, wirst du mit dem Warum konfrontiert. Aber Glaube ist, zumindest bei mir, etwas tief Inneres, eine Entscheidung, die ich getroffen habe, und eher emotional als rational.

Glauben kann man ohnehin kaum weitergeben. Glauben muss man selbst erwerben. Man kann aber viele Dinge, die zu einer Religion gehören weitergeben. Dazu braucht man glaubwürdige Vermittler. Vermitteln heißt für mich nicht begründen, sondern authentisch vorleben.

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Bravo! Bravo! Bravo! :daumenhoch:

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weil ich's kann! ;-)

 

sprich: weil ich's gelernt hab, weil die weitergabe der sprache "katholisch" bei mir genau so funktioniert hat, wie es die weitergabe meiner vier anderen sprachen tat: durch erleben. darum hab ich "katholisch" gelernt, weil ich sah, wie andere menschen im katholischen leben, wie es andere zu anderen menschen, zur welt und zu sich selbst bringt. und weil ich erfahren hab, wie es mich zu anderen menschen, zur welt und zu mich selbst bringt. und wegen dieser schönheit!!! (französisch hab ich z.b. trotz mehrerer anläufte nicht gelernt, weil es mir nicht gelingt, von dieser sprache fasziniert zu sein, ich ihre schönheit nicht wirklich sehe.) ich will jetzt nicht versuchen, einen theologischen terminus technicus für die schönheit im katholischen zu finden. ich laß die stelle mal unbenannt; hauptsache, daß sie da ist.

 

Finde ich sehr schön beschrieben!

 

Wenn das mal auf mich übertrage, dann ist Katholisch eine Sprache, die zwar noch an mich weitergegeben wurde, die aber in meinem Umfeld aktiv kaum noch gesprochen wurde. Trotzdem habe ich sie gelernt. Und meine eigenen Glaubenserfahrungen konnte und kann ich in dieser Sprache ausdrücken. Würde mir die Sprache nicht zur Verfügung stehen, hätte ich dieselben oder ähnliche Erfahrungen vielleicht trotzdem gemacht, vielleicht keine adäquate Ausdrucksform dafür gehabt und vermutlich auch niemanden, mit dem ich mich in einer gemeinsamen Sprache darüber austauschen könnte.

 

Auf der anderen Seite, hätte ich diese Sprache gelernt, ohne jemals Erfahrungen zu machen, die man in dieser Sprache ausdrücken könnte, dann wüsste ich wohl nicht mehr, wozu ich diese Sprache bräuchte. Ähnlich wie Latein: hab ich mal gelernt, ist in Rudimenten auch noch vorhanden, wird nicht gebraucht aber auch nicht als vollkommen nutzlos betrachtet. Eine aktive Sprache ist das für mich aber nicht und nie gewesen.

 

Gruß,

 

Avila

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In dem Sinne weiß ich gar nicht, ob ich katholisch "kann". Ich bin halt damit aufgewachsen und habe mich dann bewusst dafür entschieden, dabei zu bleiben.

Kann ich mit gar keiner Sprache vergleichen, denn zu deutsch gibts es ja für mich keine Alternativen. Außer wenn ich mich im Ausland befinde.

 

 

Aber ich erlebe, gerade hier im forum, sehr stark, immer wieder begründen zu müssen,warm ich glaube. Und das geht nur bis zu einem gewissen Punkt.ile:

 

Ordensgemeinschaften haben Vorteile: Die Gemeinschaft hat nur religiöse Mitglieder. Diese haben einen strukturierten Tagesablauf,der sie immer wieder mit dem Glauben konfrontiert resp. diesen einfordert. Sie haben Zeit, sich mit Glauben und dessen Ausleben zu befassn.

 

Das haben andere Leute so nicht immer unbedingt...

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Ordensgemeinschaften haben Vorteile: Die Gemeinschaft hat nur religiöse Mitglieder. Diese haben einen strukturierten Tagesablauf,der sie immer wieder mit dem Glauben konfrontiert resp. diesen einfordert. Sie haben Zeit, sich mit Glauben und dessen Ausleben zu befassn.

 

Das haben andere Leute so nicht immer unbedingt...

Wobei ich diesen Gedanken eigentlich sehr tröstlich finde.

 

Im Kloster wird in die Tiefe gegangen, in sich gegangen, die Quelle gepflegt - das entbindet mich gefühlt von der Verantwortung es selbst tun zu müssen. Kein Mönch zu sein heißt für mich, sich auf das praktisch durchführbare beschränken zu dürfen.

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Wieder geöffnet!

bearbeitet von Monika
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Wieder geöffnet!

 

Yippieh! *kanndasdannnochloswerden*

 

Wir sollten m.E. beim Thema Glaubensvermittlung nicht reflexhaft die Kirchen- oder Religionsvermittlung im Blickfeld haben.

 

Ich gehöre zu den verloren gegangen und wiedergefundenen Schafen. Und ich kann jetzt, da ich weiß, dass ich in die katholische Kirche gehöre, warum ich dahin gehöre und dass ich da bleiben will, klar sagen: Glauben weitergeben und Tradition weitergeben ist nicht nur voneinander verschieden, sondern es hat vielleicht sogar nichts miteinander zu tun. Wir (also da, wo ich lebte) haben früher (in den 60er/70er Jahren) vonseiten der Religionslehrer und Pastoren vor allem Tradition vermittelt bekommen. Wie man's machen muss, wer wo zu sitzen hat, in welcher Reihenfolge man was zu antworten hat, bla, bla. Das fand ich als Kind noch nett, weil ich dachte, das ist nur der Anfang, und wenn ich groß bin, kommt noch mehr. Als dann aber nicht mehr viel kam, fand ich's dann doch langweilig.

 

Ganz anders die Glaubensvermittlung durch meine Eltern. Das haben die mir jeden Tag vorgelebt, live und in Farbe - und die sind nicht dauernd in die Kirche gegangen - und ich bin sicher, davon werde ich mein Leben lang zehren und satt werden. Und das hat mich schließlich auch über die Zeit als verlorenes Schaf (immerhin habe ich mich 19 Jahre "da draußen" ausgetobt) gerettet. Es hat mich die ganze Zeit tief im Inneren wissen lassen: Du bist nicht allein, Gott ist da. Gut, vielleicht heißt er nicht "Gott", vielleicht ist es eine Sie, oder ein Es, oder vielleicht ist es ein großer Seelensee, in dem wir alle zusammen schwimmen, oder vielleicht, vielleicht, vielleicht... Und dann, als der Moment gekommen war, dann war es Jesus, der mich zurückgeholt hat. Keine Eltern, kein Priester, kein Gemeindereferent, der zum tatsächlichen Zeitpunkt das entscheidende Wort hätte sagen müssen.

 

Also ist meine Meinung, dass wir Glaubenden unseren Glauben ausschließlich durch ein Leben aus dem Glauben heraus an andere, seien es Kinder oder Erwachsene, weitergeben können. Die Würde des Menschen respektieren heißt auch, davon auszugehen, dass er seinen spirituellen Weg selbst finden kann. Und an Gott glauben heißt auch, darauf zu VERTRAUEN, dass ER im entscheidenden Moment da sein wird, mit "einem Angebot, das derjenige nicht ablehnen kann". Ich muss ihm, dem Menschen neben mir, dessen spirituelle Entwicklung ich fördern möchte, Appetit machen auf eine solche, aber ich darf ihm keine klaren Vorgaben machen.

 

Alles Liebe,

Adelgunde.

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... Wir (also da, wo ich lebte) haben früher (in den 60er/70er Jahren) vonseiten der Religionslehrer und Pastoren vor allem Tradition vermittelt bekommen. Wie man's machen muss, wer wo zu sitzen hat, in welcher Reihenfolge man was zu antworten hat, bla, bla. Das fand ich als Kind noch nett, weil ich dachte, das ist nur der Anfang, und wenn ich groß bin, kommt noch mehr. Als dann aber nicht mehr viel kam, fand ich's dann doch langweilig.

Das kommt mir auch bekannt vor. Die Mitnahme der Tradition in das Erwachsenenleben ist heute schwerer als früher. Das ist sicherlich auch ein Grund für den Gläubigenschwund.

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Hm, bei der Frage, wie man (wieder) mehr Leute zum (christlichen) Glauben, bzw. mehr Leute in die Kirche bringt etc. bin ich irgendwie immer etwas zwiegespalten. Einerseits würd ich mir ganz einfach wünschen, dass "meine" Kirche Zulauf hat, dass die Leute gerne kommen, dass sich Glauben ausbreitet. Und ich möchte auch versuchen, mit dem was ich lebe, ein positives Bild von Glauben nach außen zu vermitteln. (Scheitere dabei meist leider kläglich. :blush: ) Aber andererseits frag ich mich immer wieder, warum den Leuten etwas einreden, was sie vielleicht gar nicht brauchen? Worum geht es eigentlich, wenn man sich "mehr Glauben" wünscht? Vielleicht schließe ich zu sehr von mir auf andere, aber ich hab den Eindruck, dass es bei den meisten Menschen der (eigentlich egoistische) Wunsch ist, dass eben die eigene Kirche wächst. Ich bin aber im Grunde der Meinung, wenn die Kirche versucht, Menschen für sich zu begeistern, sollte das eigentlich nur aus dem Wunsch heraus passieren, für sie das Beste zu wollen. (Wenn man natürlich davon ausgeht, dass es "kein Heil außerhalb der Kirche" gibt, ist mein Denkansatz eher sinnlos. Deshalb möchte ich diese fundamentalistische Position mal außen vor lassen.)

 

Wenn es tatsächlich nur um das "Heil" der Menschen geht, und man anerkennt, dass es das auch außerhalb der Kirche gibt, muss man doch als allererstes einfach mal schauen, was die Menschen brauchen und suchen. Ich glaube schon, dass die Kirche da auch inhaltlich viel zu bieten hätte, das kriegt nur leider kaum noch jemand mit. Ordensgemeinschaften wurden glaub ich schon angesprochen. (Oder war das ein anderer Thread?) Da denke ich, kann jeder, der irgendwie auf der Suche ist, etwas Passendes finden. Nur leider suchen wohl viele da einfach gar nicht, weil das Bild, das sie von Kirche haben, kein bisschen den Gedanken fördert, dass das überhaupt was für sie sein könnte.

 

Die Frage denke ich, ist auch immer wieder, in wieweit kann und soll sich die Kirche an die Bedürfnisse der heutigen Menschen anpassen? Manchmal hab ich das Gefühl, es soll mit äußerem Anstrich versucht werden, so zu tun, als könne man die Bedürfnisse befriedigen, aber substanziell tut man nichts dafür. Der richtige Anstrich ist wichtig, damit die Leute überhaupt erstmal hinschauen. Aber dann muss es tiefer gehen. Die Menschen müssen spüren, da gibt es etwas, das mir gut tut, die haben was, wonach ich mich sehne... Und dabei helfen keine Programme oder Aktionen. Dafür braucht es Charisma und Authentizität.

 

Nun ist es in meinem Umfeld noch absolut normal, katholisch zu sein. Und ein hoher Prozentsatz geht auch regelmäßig zum Gottesdienst, und engagiert sich in der Pfarrei. Aber ich hab schon die Befürchtung, dass das auch hier immer mehr zurückgeht. Einfach weil die Glaubensvermittlung nicht mehr so recht "funktioniert". Gründe dafür wurden ja schon einige aufgeführt. Kirisiyana schreibt, nur kein Zwang. Das kann ich natürlich nur unterstützen, obwohl das bei mir ganz anders war. Glaubensvermittlung war bei mir in erster Linie eine Vermittlung von Ritualen, auch unter Zwang. Als Kind mochte ich das sehr gerne, da war kaum Zwang nötig, als Teenager, haben meine Eltern dann aber von mir verlangt, regelmäßig mit in den Gottesdienst zu gehen. Mich hat das tierisch genervt und für mich stand zu dem Zeitpunkt fest, dass ich, wenn ich volljährig bin, nicht mehr regelmäßig gehe, sondern nur wenn ich Lust hab. (Auf Religionsmündigkeit mit 14 haben meine Eltern gepfiffen.) Dann haben wir allerdings einen neuen Pfarrer bekommen und mit ihm kam neuer Schwung ins Gemeindeleben und die Gottesdienste. Auch durch unsere katholische Jugendgruppe hat mir katholisch sein dann wieder Spaß gemacht. Erst noch später kam dann bei mir eine Zeit, wo ich angefangen hab, vieles auch mal zu hinterfragen. In meinem Umfeld gab es da aber leider keine geeigneten Ansprechpartner. Meine Eltern haben sich m. E. nie viele Gedanken über sowas gemacht und ich wär nicht auf die Idee gekommen, sie in dieser Hinsicht was zu fragen. Meine "Glaubensvertiefung" finden sie eher verwunderlich. Von daher war meine erste "Informationsquelle" für weitere Glaubensfragen, das Internet. Erst später hab ich mich dann auch mal getraut, mit unserem Pfarrer zumindest in Ansätzen über sowas zu reden. Mittlerweile gibts da zwar zum Glück ein paar mehr Leute, aber die sind alle nicht direkt aus meinem Umfeld. Ohne dass ich mich auf die Suche gemacht hätte, wäre ich kaum auf jemanden gestoßen, der so eine Art der Glaubensvermittlung drauf hat.

 

Ich glaube, es ist grad auch für junge Leute wichtig, zu spüren, dass sie sich an offiziellen Glaubensaussagen auch reiben dürfen. Ich hatte da schon so manche heftige Diskussion mit einem Franziskaner, von dem ich einfach weiß, ich darf auch total anderer Meinung sein, er lässt mich nicht fallen! Trotzdem bleibt er bei seiner Meinung und manchmal nervt mich das tierisch, weil ich meine, ihn von meiner Ansicht überzeugen zu müssen. (Wahrscheinlich gehts ihm umgekehrt auch so. ;-)) Aber eigentlich denke ich, ist grad sein fester Standpunkt auch wichtig und hilft mir, meinen zu finden.

 

Das kommt mir jetzt alles ein bisschen wirr vor, deshalb möchte ich meine Gedanken nochmal versuchen, zusammenzufassen.

 

1. Man sollte sich klar machen, ob man wirklich nur das Beste für die Menschen will. Und dann auch damit leben können, wenn sich jemand von der Kirche abwendet, weil das nichts für ihn ist und er sein "Heil" anderswo findet. Das gilt sowohl für Eltern, die ihren Kindern den Glauben vermitteln wollen, als auch für die Instituion Kirche, die allgemein Glaubensvermittlung betreiben will.

 

2. Dieser Punkt hängt eng mit dem ersten zusammen. Wenn man nur das Beste für den anderen will, muss man sich fragen, inwiefern man das anbieten kann. Was haben wir eigentlich inhaltlich zu bieten und ist das für die verschiedensten Bedürfnisse geeignet? (Meiner ganz persönlichen Meinung nach, wird die christliche Lehre oft zu sehr auf bestimmte Aspekte verengt, so dass der Eindruck entsteht, sie sei nicht geeignet.) Wir sollten uns vielleicht unserer Vielfalt und Weite mehr bewusst sein und diese auch nach außen kommunizieren.

 

3. Wo auch die größtmögliche Weite und Vielfalt nicht ausreicht, sollte man vielleicht einfach dazu stehen und nicht krampfhaft versuchen, mit irgendwelchen Äußerlichkeiten zu vertuschen, was inhaltlich nicht passt.

 

4. Im praktischen Alltag, funktioniert Glaubensvermittlung m. E. nur, wenn man authentisch ist. Irgendwas erzählen, mit dem man sich selber noch nicht recht auseinander gesetzt hat, bringt nichts. So zu tun, als hätte man da einen festen Standpunkt, obwohl man noch nie genauer drüber nachgedacht hat, ist sinnlos. Umgekehrt ist es aber genauso sinnlos, eine gefestigte Meinung nicht zu vertreten, um niemanden vor den Kopf zu stoßen. Seine Meinung zu vertreten, und trotzem offen sein, für die Argumente des anderen, ist eine Kunst, die nicht jeder beherrscht.

 

So, dabei belass ich es jetzt erstmal. Ist eh so lang geworden. :blush:

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Ohne dass ich mich auf die Suche gemacht hätte, wäre ich kaum auf jemanden gestoßen, der so eine Art der Glaubensvermittlung drauf hat.

Ich halte Deine Schilderung für symptomatisch: es fehlen die erkennbar(!) sympathisch-authentischen menschlichen Glaubens-Reibeflächen.

Nur: wo kommen die her? und: wie bekommen sie ihren Platz in den aktuellen kirchlichen Strukturen?

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Ohne dass ich mich auf die Suche gemacht hätte, wäre ich kaum auf jemanden gestoßen, der so eine Art der Glaubensvermittlung drauf hat.
Ich halte Deine Schilderung für symptomatisch: es fehlen die erkennbar(!) sympathisch-authentischen menschlichen Glaubens-Reibeflächen.

Nur: wo kommen die her? und: wie bekommen sie ihren Platz in den aktuellen kirchlichen Strukturen?

Ich finde "Glauben" und "Gemeinde" sind teilweise auch einfach nicht wirklich attraktiv.

 

Zumindest ich habe generell tiefe Schwierigkeiten mit der Harmonisierung von Anspruch und Wirklichkeit ("Wenn ich doch Gott und die Menschen liebe, dann müsste ich doch eigentlich...") und vor diesem Hintergrund fehlt es mir einfach an dem Bewusstsein, daß ich überhaupt so etwas wie einen Missionsauftrag haben könnte.

 

Und jemanden zu etwas einladen, was ich selbst nicht wirklich einladend finde (wie z.B. die Art des Gemeindelebens oder die Weise Liturgie zu feiern) macht für mich auch keinen Sinn.

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....

Und jemanden zu etwas einladen, was ich selbst nicht wirklich einladend finde (wie z.B. die Art des Gemeindelebens oder die Weise Liturgie zu feiern) macht für mich auch keinen Sinn.

 

Interessant:

Über genau dieses Gefühl haben wir ausführlich im PGR diskutiert und haben einen Beschluss gefasst.

Wir priorisieren deutlich die Dinge, an denen wir selbst Spaß haben.

Dadurch hoffen wir, dass wir automatisch auch selbst einladender wirken und leichter ein Funke überspringen kann.

Fehlt jemandem dadurch ein Angebot, kann er sich gerne selbst darum kümmern (Unterstützung wird er natürlich bekommen).

Macht er das dann auch mit entsprechender Begeisterung, tritt hoffentlich der gleiche Effekt ein.

Klar: das ist kein Allheilmittel, aber vielleicht ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.

 

Umgekehrt - tut man bestimmte Dinge in den Gremien nur aus Pflichtgefühl, ist man entsprechend getrieben, gehetzt und lustlos .... und so kommt es dann auch an.

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Hm, bei der Frage, wie man (wieder) mehr Leute zum (christlichen) Glauben, bzw. mehr Leute in die Kirche bringt etc. bin ich irgendwie immer etwas zwiegespalten. Einerseits würd ich mir ganz einfach wünschen, dass "meine" Kirche Zulauf hat, dass die Leute gerne kommen, dass sich Glauben ausbreitet. Und ich möchte auch versuchen, mit dem was ich lebe, ein positives Bild von Glauben nach außen zu vermitteln. (Scheitere dabei meist leider kläglich. :blush: ) Aber andererseits frag ich mich immer wieder, warum den Leuten etwas einreden, was sie vielleicht gar nicht brauchen? Worum geht es eigentlich, wenn man sich "mehr Glauben" wünscht? Vielleicht schließe ich zu sehr von mir auf andere, aber ich hab den Eindruck, dass es bei den meisten Menschen der (eigentlich egoistische) Wunsch ist, dass eben die eigene Kirche wächst. Ich bin aber im Grunde der Meinung, wenn die Kirche versucht, Menschen für sich zu begeistern, sollte das eigentlich nur aus dem Wunsch heraus passieren, für sie das Beste zu wollen. (Wenn man natürlich davon ausgeht, dass es "kein Heil außerhalb der Kirche" gibt, ist mein Denkansatz eher sinnlos. Deshalb möchte ich diese fundamentalistische Position mal außen vor lassen.)

 

Ja, gute Frage. Warum soll man überhaupt Leute von der Kirche überzeugen?! In meinem Umfeld und meiner Altersgruppe der um die 40jährigen, weitgehend kirchenfern, oft auch glaubensfern, beobachte ich schon eine gewisse, manchmal auch nur unterschwellig wahrnehmbare Sehnsucht nach einem tieferen Sinn, nach Glauben, nach Transzendenz. Oft sind die Leute kaum in der Lage, das in Worte zu fassen, weil ihnen die weiter oben schon erwähnt Sprache dafür fehlt. Es ist eher ein diffuses Gefühl von "es muss doch mehr als alles geben". Gesucht wir dann eher hilf- und orientierungslos hier und da, gerne auch in esoterischen Bereichen, weil die halt leichter konsumierbar sind und schnell verdauliche Antworten geben. Da frage ich mich dann schon, wie ich diesen Menschen Kirche und den christlichen Glauben nahebringen kann, ohne sie total abzuschrecken. Allzu viele Möglichkeiten fallen mir da meist leider nicht ein, weil mir bei vielem schon klar ist, dass es zu sperrig, zu erklärungsbedürftig ist. Ich nehme lieber mal jemanden mit zu Nightfever im Kölner Dom als zu einer normalen Messe, weil ich hoffe, dass die Atmosphäre vielleicht etwas zum Schwingen bringt, ohne dass man erst mal groß erklären muss, was es mit eucharistischer Anbetung auf sich hat. Einfach mal mitgehen, sich hinsetzen oder auch knien und still werden. Raum schaffen für Begegnung, für eigene Erfahrung. Und dann weitersehen. Ich glaube, ohne dieses unmittelbare Erleben, ohne die eigene Erfahrung geht es heute kaum noch. Katechese wäre dann erst der nächste Punkt.

 

Ich war Anfang des Jahres mal mit einer Freundin bei einem esoterischen Lichtfluss-Abend, einfach weil ich neugierig war. Und ich hab mich gefragt, was die vielen Teilnehmer dort finden, was sie in der Kirche nicht auch finden könnten. Es hat sich mir nicht erschlossen. Es war im Grunde vom Ablauf und Inhalt langweilig und substanzlos. Aber die Leute kommen in Scharen. Und ich denke, dahiner muss sich die Kirche mit ihrer spirituellen Tiefe wahrlich nicht verstecken. Aber sie erreicht die Menschen nicht. Und das finde ich schon bedauerlich.

 

Die Frage ist ja auch, wie kann ich mich als Kirche öffnen, ohne mich dem Zeitgeist anzubiedern? Wie kann ich meine Botschaft zeitgemäß und ansprechend verkünden, ohne sie zu verwässern? Wie kann ich begeistern, Interesse wecken, berühren? Wie kann ich für viele Milieus attraktiv sein, buntgemischt und vielfältig sein, ohne es jedem recht machen zu müssen? Eine überzeugende Antwort hab ich noch nirgendwo gefunden, leider.

 

Gruß,

 

Avila

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