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Wie viel Einfühlungsvermögen tut politischem Handeln gut?(UMT)


Die Angelika

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Wenn ich mich richtig erinnere hat Machiavelli einem Fürsten, der ein Territorium erobert hat, geraten, dieses besonders rabiat zu unterdrücken und möglichst auch den Regierungssitz dorthin zu verlegen, wenn es vorher eine eher freiheitliche Regierungsform hatte. Bei einem Volk, das Unterdrückung gewohnt ist, sei das nicht unbedingt erforderlich. Hat Machiavelli damit Empathie gezeigt (Einfühlungsvermögen bezüglich des Verlusts der Freiheit und der möglichen Konsequenzen)?

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11 minutes ago, Merkur said:

Wenn ich mich richtig erinnere hat Machiavelli einem Fürsten, der ein Territorium erobert hat, geraten, dieses besonders rabiat zu unterdrücken und möglichst auch den Regierungssitz dorthin zu verlegen, wenn es vorher eine eher freiheitliche Regierungsform hatte. Bei einem Volk, das Unterdrückung gewohnt ist, sei das nicht unbedingt erforderlich. Hat Machiavelli damit Empathie gezeigt (Einfühlungsvermögen bezüglich des Verlusts der Freiheit und der möglichen Konsequenzen)?

 

Machiavelli beschreibt die Situation schon als komplizierter; er klammert z.B. zuerst einmal die Republiken aus, weil diese Freiheiten zu sehr gewöhnt sind. Der Umzug der Residenz soll v.a. erfolgen, weil der Fürst näher dran ist und Missstände eher kurieren kann, beauftragte Regenten machen da eher Probleme (sind zu hart, melden Probleme nicht weiter etc)

Im großen und ganzen ist er schon „empathisch“, aber eben nur soweit, dass kein unnötiger Widerstand entsteht. Wo „Empathie“ nichts nützt, z.B. bei der bisherigen Fürstenfamilie, plädiert er für konsequente Ausrottung, weil von denen eh nichts Gutes zu erwarten ist.

Da wir keine „Fürstenherrschaft“ mehr haben, sind solche Ratschläge eher wenig hilfreich - für die innerparteiliche Herrschaft konnte Frau Merkel den alten Niccolo aber sicher mit Gewinn lesen (hat sie ja vielleicht auch?)

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vor 57 Minuten schrieb Shubashi:

 

Das mag zwar wünschenswert sein, ist aber in der Realität nicht immer möglich, weil z.B. Mittel fehlen oder Häuser außerhalb der neuen Deichlinie liegen. In einer unserer Nachbarstädte gibt es genau dieses Problem: trotz verschiedener ...

 

Dass die Priorität nicht beim Hochwasserschutz lag,ist dann aber nicht der "Empathie "anzulasten.

Es wäre ja möglich gewesen,die Polder und Deiche zu bauen.

 

Hier scheinen einige Empathie mit "Wir machen nix "zu verwechseln. 

Aber das trifft es nicht.

Man kann empathisch sein und gleichzeitig klare Prinzipien haben,kommunikative Fähigkeiten haben und erfolgreich Krisen managen. Das ist kein Widerspruch. 

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19 minutes ago, mn1217 said:

 

Dass die Priorität nicht beim Hochwasserschutz lag,ist dann aber nicht der "Empathie "anzulasten.

Es wäre ja möglich gewesen,die Polder und Deiche zu bauen.

 

Hier scheinen einige Empathie mit "Wir machen nix "zu verwechseln. 

Aber das trifft es nicht.

Man kann empathisch sein und gleichzeitig klare Prinzipien haben,kommunikative Fähigkeiten haben und erfolgreich Krisen managen. Das ist kein Widerspruch. 

 

Einfache Frage: 

Wenn Du Mittel hast entweder die Menschen für ihre Verluste zu entschädigen, oder aber den Hochwasserschutz aufzubauen, wie würdest Du entscheiden. Ein großer Teil der Leute plädiert für Entschädigung, es sind aber staatliche Mittel über deren Verwendung Du zu entscheiden hättest.

Was würdest Du tun?

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4 hours ago, Marcellinus said:

 

Das ist schon mal ein Irrtum: Wir nehmen sie nicht wahr, wir bilden uns das nur ein. Was wir wahrnehmen, ist also gewissermaßen unsere eigene Einbildung.

 

Ist es aber nicht bei jeder Form von Wahrnehmung so? Alles ist im Grunde ein Bild, das unser Gehirn aufgrund von Reizen konstruiert, die durch die Sinne zu ihm kommen.

 

Edit: Ich sehe, dass @Ennasus schon auf Dein Posting geantwortet hat, und auch Soulman. Ich gehe aber eher in die entgegengesetze Richtung: Nicht "Wahrnehmung ist keine Einbildung", sondern "alle Wahrnehmung ist Einbildung" - wenngleich eine, die meistens zutrifft.

bearbeitet von Domingo
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vor 2 Stunden schrieb Shubashi:

Mal eine kurze Verständnisfrage:

Ist „Empathie“ überhaupt relevant für die eingänglich gestellte Frage, oder führt uns der Begriff nicht eher auf einen Holzweg?

Empathieverständnis mag wichtig sein für die politische Pyschologie, allerdings vermögen wir damit keinerlei politische Sachfragen zu lösen. Empathie gibt uns keinerlei Auskunft darüber, welche Politik in einer Pandemie sachlich erforderlich ist, nur darüber, warum manche Personen, evtl. auch Gruppen, sich in der Pandemie so oder so verhalten.

Das kann aber niemals der Maßstab sein, welche Sachpolitik ich gegenüber einem Problem verfolge, es sei denn, ich verfolge eine rein populistische Politik des Machterhalts, bei der mir die Folgen meiner Politik erstmal egal sind.

Um mal ein konstruiertes Beispiel zu nehmen:

1. Wenn es ein Hochwasser gibt, kann ich ganz viel Empathie zeigen, die Menschen trösten und entschädigen, ihnen aber gleichzeitig die „hard facts“ ersparen, die es braucht künftige Hochwasser zu vermeiden.

2. Oder aber ich weise ganz emotionslos auf den unterlassenen Hochwasserschutz hin und beauftrage Experten, bessere Polder und Deiche zu errichten.

Ich halte für gute Politik den zweiten Punkt für erheblich wichtiger, auch wenn der erste eine erheblich populärere Politik ermöglicht, die auch wesentlich einfacher umzusetzen ist. Nur führt sie mittel- und langfristig zu weiteren Katastrophen und Opfern.


Die Frage, wieviel Einfühlungsvermögen der Politik gut tut, ist doch genau das Threadthema?

Mir kommt nicht vor (und der Threadverlauf und der verlinkte Artikel, auf den ich eingegangen bin, zeigt es meines Erachtens auch), dass man das sinnvoll diskutieren kann, wenn nicht zuerst geklärt wird, was überhaupt darunter verstanden wird.

Man kann natürlich, wie du es hier tust, einfach das Einfühlungsvermögen für irrelevant für eine gute Sachpolitik erklären. Dann muss man nicht mehr drüber reden, und das Threadthema ist mit "gar keins" beantwortet und die Diskussion beendet.

Meine Meinung ist eine andere. Ich halte nichts von diesem Entweder/Oder, das du in deinem Beispiel skizzierst.
Es wird den Menschen nicht gerecht, und es reduziert menschliche Vernunft auf einen Teil ihrer Möglichkeiten. Wenn du das konsequent durchziehen würdest, könnte man auch einen Roboter Politik machen lassen. Der würde vielleicht lange rechnen und dann entscheiden, dass sich der Aufwand, Deiche und Bolder zu bauen sowieso nicht rentiert. Man könnte ihn wohl auch anders programmieren, aber dann müsste man sofort wieder menschliche Gefühle und Bedürfnisse mit denken. 

Menschliche Vernunft zeichnet sich dadurch aus, dass wir eben das Denken u n d das Fühlen haben, um sinnvolle, nachhaltige, möglichst zur Situation, ihren Notwendigkeiten und Bedürfnissen passende Entscheidungen zu treffen.
Es geht nicht darum, e n t w e d e r Mitgefühl und Verständnis zu zeigen und so gut wie möglich trösten zu wollen o d e r einen für die Zukunft tauglichen Hochwasserschutz zu bauen. Sondern es braucht beides - immer im Dialog miteinander. Politik muss sich in Menschen einfühlen können, deren Land verloren zu gehen droht u n d sie muss wissen, was sachlich möglich ist. Und aus dem Hin- und Her zwischen: "Wie geht es den Menschen, für die gerade eine Entscheidung getroffen werden soll? Wie fühlt es sich für mich an, das oder jenes zu initiieren? usw" und "Was wissen wir über mögliche Handlungsspielräume, welche Ressourcen haben wir, wie wirkt es sich auf andere Bevölkerungsgruppen aus ....?"  muss über die passende Reaktion geurteilt werden.
 

bearbeitet von Ennasus
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vor 11 Minuten schrieb Domingo:

 

Ist es aber nicht bei jeder Form von Wahrnehmung so? Alles ist im Grunde ein Bild, das unser Gehirn aufgrund von Reizen konstruiert, die durch die Sinne zu ihm kommen.

 

Edit: Ich sehe, dass @Ennasus schon auf Dein Posting geantwortet hat, und auch Soulman. Ich gehe aber eher in die entgegengesetze Richtung: Nicht "Wahrnehmung ist keine Einbildung", sondern "alle Wahrnehmung ist Einbildung" - wenngleich eine, die meistens zutrifft.


Fragt sich, was du unter Einbildung verstehst.
Wenn du damit meinst, dass es um den permanenten konstruktiven Einarbeitungsprozess der empfangenen Reize in das bereits Vorhandene geht, d'ac­cord. Insofern ist es ja wirklich eine Ein-Bildung. Es wird etwas aus der Außen (oder Innenwelt) in das neuronale Netzwerk "hinein gebildet". Sehr subjektiv, sehr geprägt von dem, was schon da ist.
Aber das bedeutet nicht, dass es völlig willkürlich ist und nichts mit der äußeren Realität zu tun hat im Sinn von Halluzinationen oder reinem Fantasiegebilde. Dieses Ein-Bilden erfolgt durchaus nach bestimmten Organisationsprinzipien und bildet die Wirklichkeit auch ab. Halt subjektiv verzerrt und interpretiert und bewertet.



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13 minutes ago, Ennasus said:


Fragt sich, was du unter Einbildung verstehst.
Wenn du damit meinst, dass es um den permanenten konstruktiven Einarbeitungsprozess der empfangenen Reize in das bereits Vorhandene geht, d'ac­cord. Insofern ist es ja wirklich eine Ein-Bildung. Es wird etwas aus der Außen (oder Innenwelt) in das neuronale Netzwerk "hinein gebildet". Sehr subjektiv, sehr geprägt von dem, was schon da ist.
Aber das bedeutet nicht, dass es völlig willkürlich ist und nichts mit der äußeren Realität zu tun hat im Sinn von Halluzinationen oder reinem Fantasiegebilde. Dieses Ein-Bilden erfolgt durchaus nach bestimmten Organisationsprinzipien und bildet die Wirklichkeit auch ab. Halt subjektiv verzerrt und interpretiert und bewertet.


 

 Gewiss.

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29 minutes ago, Ennasus said:

....Menschliche Vernunft zeichnet sich dadurch aus, dass wir eben das Denken u n d das Fühlen haben, um sinnvolle, nachhaltige, möglichst zur Situation, ihren Notwendigkeiten und Bedürfnissen passende Entscheidungen zu treffen.

....

 

Ich widerspreche nicht, wenn Empathie gefordert ist, sich in die menschlichen Motivlagen im Sinne einer politischen Psychologie einzufühlen. Nur darf das Gefühl nicht den Blick für das sachlich Notwendige verschleiern, sonst landen wir eben beim puren Populismus.
Im Moment ist für meinen Geschmack nicht zu wenig Gefühl in der Politik sondern viel zu viel.

Empathie ist okay, wenn das sachlich Notwendige getan wird, aber nicht mehr, wenn das Notwendige deswegen unterbleibt, weil es unbequem, unangenehm oder sonstwie emotional unzuträglich erscheint.

 

Wie wir allerdings letzte Ziele in einer pluralistischen Gesellschaft definieren, darüber darf, kann und muss wieder mit Empathie und Leidenschaft gestritten werden. Nur sollte eine liberale Demokratie diese letzten Ziele nicht unbedingt zu politischen Zielen erheben, weil diese oft widersprüchlich sind und daher kaum alle realisierbar. Sie sollte nur die Rahmenbedingungen stellen, dass möglichst viele Menschen, sich freiheitlich, friedlich und und möglichst wenig Schaden für einander um diese Ziele bemühen können.

 

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vor 31 Minuten schrieb Shubashi:

Empathie ist okay, wenn das sachlich Notwendige getan wird, aber nicht mehr, wenn das Notwendige deswegen unterbleibt, weil es unbequem, unangenehm oder sonstwie emotional unzuträglich erscheint.

Ich sag mal plakativ, das berühmte „freundliche Gesicht“ ist schön und gut, aber es ist nicht geeignet, um danach die Politik auszurichten.

 

Werner

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vor einer Stunde schrieb Ennasus:

Dieses Ein-Bilden erfolgt durchaus nach bestimmten Organisationsprinzipien und bildet die Wirklichkeit auch ab. Halt subjektiv verzerrt und interpretiert und bewertet.

 

Nein, es bildet die Wirklichkeit nicht ab. Unser Gehirn konstruiert ein Modell der Wirklichkeit, eines, daß sich in Jahrmillionen entwickelt hat mit dem Ziel des Überlebens, nicht der Erkenntnis. 

 

Das gilt für alle unsere Sinne, Sehen, Hören, Tasten, Schmecken. Alles das hat sich so entwickelt, daß wir möglichst wahrscheinlich überleben. Dafür nimmt unser Gehirn optische und akustische Täuschungen in Kauf, die zwar nicht der Wirklichkeit entsprechen, aber unserem Überleben dienen. 

 

Was uns darüber hinaus angeboren ist, ist, daß uns ziemlich wenig angeboren ist. Wir sind vielmehr darauf angewiesen, die wichtigsten Wahrnehmungen erst von Erwachsenen zu erlernen, bei denen wir aufwachsen. So sind die allermeisten Weltbilder, die Menschen im Laufe ihrer Entwicklung verwendet hat, aus unsere Sicht schlicht falsch, unrealistisch. 

 

So erwartet heute niemand mehr, daß es nach einem bestimmten Tanz anfängt zu regnen. Aber das hat lange Zeit funktioniert, jedenfalls, wenn man in einer Gegend siedelt, in der es am Ende eigentlich auch von ganz allein genug regnet. Lange Zeit haben die Menschen gedacht, Krankheiten verbreiteten sich mit schlechten Gerüchen. Ein Irrtum, aber ein jahrhundertelang geglaubter, einer der wie alle anderen unserer Irrtümer erst verschwindet, wenn wir mit der Nase auf unsere Fehler gestoßen werden. 

 

Die Geschichte ist voll von solchen Irrtümern, und besonders schwer sind sie zu erkennen, wenn die sozialen Bedingungen ihre Tradierung begünstigen. Denn Wissen und Erkenntnis sind soziale Kategorien, also korrigieren wir sie erst dann, wenn die Mehrheit ihren Fehler einsieht. Und immer wieder werden richtige Einsichten durch kollektive Fehler ersetzt. 

 

Es ist also nicht nur die nachträgliche Bewertung unserer Beobachtungen oftmals falsch, sondern oft schon die Beobachtung selbst. Ein realistischeres Bild von unserer Welt bekommen wir vermutlich erst dann, wenn wir uns klar machen, wie fundamental unrealistisch es bisher ist. 

bearbeitet von Marcellinus
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vor 1 Stunde schrieb Shubashi:

 

Einfache Frage: 

Wenn Du Mittel hast entweder die Menschen für ihre Verluste zu entschädigen, oder aber den Hochwasserschutz aufzubauen, wie würdest Du entscheiden. Ein großer Teil der Leute plädiert für Entschädigung, es sind aber staatliche Mittel über deren Verwendung Du zu entscheiden hättest.

Was würdest Du tun?

Vermutlich aufteilen.

Einen Anteil der Mittel in die Entschädigung und einen Teil in den Hochwasserschutz.

 

 

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vor 38 Minuten schrieb Shubashi:

Wie wir allerdings letzte Ziele in einer pluralistischen Gesellschaft definieren, darüber darf, kann und muss wieder mit Empathie und Leidenschaft gestritten werden. Nur sollte eine liberale Demokratie diese letzten Ziele nicht unbedingt zu politischen Zielen erheben, weil diese oft widersprüchlich sind und daher kaum alle realisierbar. Sie sollte nur die Rahmenbedingungen stellen, dass möglichst viele Menschen, sich freiheitlich, friedlich und und möglichst wenig Schaden für einander um diese Ziele bemühen können.

 

Und wir sollten uns vor allem klar machen, daß die allermeisten Menschen mit Freude über die allermeisten anderen Menschen herfallen, wenn sie sich einen Vorteil davon versprechen. Dieses Friede-Freude-Eierkuchen-Weltbild ist an Weltfremdheit kaum zu übertreffen.

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vor 18 Minuten schrieb Werner001:

Ich sag mal plakativ, das berühmte „freundliche Gesicht“ ist schön und gut, aber es ist nicht geeignet, um danach die Politik auszurichten.

 

Werner

 

Freundlichkeit ist nicht gleich Empathie,schadet aber auch nicht.

 

Frau Arden ist zB meist freundlich und hat ( nicht nur) in Christchurch sehr  empathisch reagiert , macht gleichzeitig klare und auch durchaus knallharte Politik.

 

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10 minutes ago, Marcellinus said:

 

Und wir sollten uns vor allem klar machen, daß die allermeisten Menschen mit Freude über die allermeisten anderen Menschen herfallen, wenn sie sich einen Vorteil davon versprechen. Dieses Friede-Freude-Eierkuchen-Weltbild ist an Weltfremdheit kaum zu übertreffen.

 

Ich denke, das ist es ja, was wir gerade sehen: mit dem Aufkommen des Internets, also auch der möglichst freien direkten und ungefilterten Beteiligung möglichst aller Menschen am politischen Prozess, wurde uns quasi auch der massenhafte Sturz der autoritären Regime versprochen.

Leider war das ein fataler Irrtum - die Menschen pumpen soviele ihrer Emotionen, Vorurteile und Eitelkeiten in die Öffentlichkeit, dass Freiheit und Demokratie nicht als politisches Ideal verstanden werden, sondern als Lizenz zur ungefilterten Egomanie und Selbstdarstellung.

Nicht war so viel Gefühl im öffentlichen Raum - aber etabliert es wirklich eine bessere Gesellschaft?

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7 minutes ago, mn1217 said:

 

Freundlichkeit ist nicht gleich Empathie,schadet aber auch nicht.

 

Frau Arden ist zB meist freundlich und hat ( nicht nur) in Christchurch sehr  empathisch reagiert , macht gleichzeitig klare und auch durchaus knallharte Politik.

 

 

Das ist sicher richtig - nur: wäre ihre Politik schlechter, wenn sie weniger gekonnt auf der Klaviatur sozialer Medien spielen würde?

Und was ist mit Politikern wie Bolsonaro und Trump, die die gleichen Methoden und Medien genutzt haben, um ungefiltert „empathisch“ an die Gefühle von Rassisten und Hau-drauf-Populisten appelliert haben? 

Ich kenne jetzt Frau Ardern und die neuseeländischen Verhältnisse nicht genug, um zu beurteilen, ob sie auch ohne die sozialen Medien an die Macht gekommen wäre - meines Wissens ist sie die typische sozialdemokratische Ochsentour durch die Parteigremien von Labour, Ämter und politische Behörden gegangen, bevor sie an die Spitze der Partei gewählt wurde.

Radikale Außenseiter wie Trump und Bolsonaro wären ohne den direkten „empathischen“ und emphatischen Appell an ihre Wähler jedenfalls niemals an die Macht gelangt. Als Wähler, die dachten „der versteht mich“.

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Weder Trump noch Bolsanaro sind sonderlich empathisch.

Ich denke,da wird wirklich oft etwas verwechselt.

Gefuehle- leider oft genug Pseudogefuehle- in der Öffentlichkeit ist nicht gleich Empathie.

Ich habe auf meinem Laptop noch was dazu, vielleicht kopiere ich das morgen mal hier rein.

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vor 43 Minuten schrieb Shubashi:

Radikale Außenseiter wie Trump und Bolsonaro wären ohne den direkten „empathischen“ und emphatischen Appell an ihre Wähler jedenfalls niemals an die Macht gelangt. Als Wähler, die dachten „der versteht mich“.

Ja, und nicht ohne die Fähigkeit, zu verstehen, wie die anderen „ticken“. 

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49 minutes ago, mn1217 said:

Weder Trump noch Bolsanaro sind sonderlich empathisch.

Ich denke,da wird wirklich oft etwas verwechselt.

Gefuehle- leider oft genug Pseudogefuehle- in der Öffentlichkeit ist nicht gleich Empathie.

Ich habe auf meinem Laptop noch was dazu, vielleicht kopiere ich das morgen mal hier rein.

 

Empathie ist für mich erstmal nur die Fähigkeiten, Gefühle von Personen oder Gruppen nachvollziehen zu können. Notwendigerweise identifizieren muss man sich damit nicht, kann es aber. Dann aber mit freundlichen oder weniger freundlichen gleichermaßen.

Über die psychologischen Fähigkeiten Herrn Bolsonaros weiss ich tatsächlich nicht sehr viel, über Mr Trump gibt es aber durchaus Aussagen wie diese:

Quote

....Actually, Trump is a master of empathy. Most people confuse empathy with sympathy and don’t understand the nature – or power – of empathy. There is nothing necessarily nice about empathy, which is essentially the ability to imagine and intuit how other people think and feel. 

....

https://www.theguardian.com/commentisfree/2017/sep/30/what-if-trump-is-actually-a-master-of-empathy

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Huchz! Ich wollte etwas Input, jetzt habe ich Input, habe mehr als "etwas".  

Danke an alle. Sorry, dass ich noch nicht inhaltlich antworte, diese Beiträge muss ich erstmal alle durchlesen. 🙂

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vor 14 Minuten schrieb Shubashi:

 

Empathie ist für mich erstmal nur die Fähigkeiten, Gefühle von Personen oder Gruppen nachvollziehen zu können. Notwendigerweise identifizieren muss man sich damit nicht, kann es aber. Dann aber mit freundlichen oder weniger freundlichen gleichermaßen.

Über die psychologischen Fähigkeiten Herrn Bolsonaros weiss ich tatsächlich nicht sehr viel, über Mr Trump gibt es aber durchaus Aussagen wie diese:

https://www.theguardian.com/commentisfree/2017/sep/30/what-if-trump-is-actually-a-master-of-empathy

 

 

Er kann gut auf bestimmten Klaviaturen spielen.

 

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Also, nach wiederholter Lektüre der Beiträge habe ich den Eindruck, dass es nichts weiter bringt, wenn wir über eine Abgrenzung der Begrifflichkeiten diskutieren.

Können wir bis jetzt Folgendes als Grundlage festhalten?

- Menschen sind als soziale Wesen darauf angewiesen, sich in andere hineinversetzen und einfühlen zu können.

- Bereits Babys können im Gegenüber ablesen, welche Gefühle es hat (Angst, Freude, Trauer)

Die Fähigkeit, sich in andere einfühlen, hineinversetzen zu können, ist ambivalent, d.h. sie kann zum Wohle eines guten Miteinanders, aber auch pur eogistisch oder gar zum Schaden eines Miteinanders genutzt werden.

 

Gut gefallen haben mir Shubashis konkrete Beispiele, die das Dilemma aufzeigen, das meines Erachtens nicht einfach damit zu lösen ist, dass man generalisierend die These vertritt "Tun was notwendig ist und dennoch nicht unterlassen, was der Blick auf den Leidenden fordert"

Denn da ist ja gerade die Frage, was dieser Blick fordert. Welche Hilfe ist auch wirklich Hilfe und dient nicht einfach nur dazu, sein eigenes Mitleid zu beruhigen?

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vor 27 Minuten schrieb Die Angelika:

Die Fähigkeit, sich in andere einfühlen, hineinversetzen zu können, ist ambivalent, d.h. sie kann zum Wohle eines guten Miteinanders, aber auch pur eogistisch oder gar zum Schaden eines Miteinanders genutzt werden.

 

Es ist noch schlimmer: diese "Fähigkeit" kann auch einfach in die Irre gehen. Liegt einfach daran, daß manche zwar so tun, als wenn Empathie eine Wahrnehmung sei, nämlich die von Gefühlen anderer. Wir können aber keine Gefühle anderer wahrnehmen, sondern nur unsere eigenen (alles andere wäre Telepathie, und die gehört in den Bereich der Esoterik oder Science Fiction). Unser Gehirn versucht einfach, die Gefühle anderer zu simulieren, und das ist es dann, was wir als die fremden Gefühle wahrnehmen. Das tut unser Gehirn nicht beliebig, sondern aufgrund von Erfahrungen, und daher paßt es auch in vielen Fällen, und zwar umso mehr, je besser wir die anderen kennen, oder je ähnlicher wir ihnen sind. Aber es bleibt eine Simulation, und letztlich ein Schließen von sich auf andere. Daß es weitgehend unbewußt abläuft, macht die Sache nicht besser.

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vor 1 Stunde schrieb Die Angelika:

.... dass man generalisierend die These vertritt "Tun was notwendig ist und dennoch nicht unterlassen, was der Blick auf den Leidenden fordert"

Denn da ist ja gerade die Frage, was dieser Blick fordert. Welche Hilfe ist auch wirklich Hilfe und dient nicht einfach nur dazu, sein eigenes Mitleid zu beruhigen?


Generalisierend scheint mir eher, ein allgemein gültiges Rezept zu erwarten. Genau das geht nicht. 
Sondern es hängt immer von der Situation ab. Und es hängt von der handelnden Person (bzw. Personengruppe) ab.

Zur Unterscheidung, ob Unterstützung nur der eigenen Beruhigung dient oder wirklich hilfreich ist, scheint mir aber auch auch wieder wichtig, dass man mit sich selbst bewusst umgehen kann und nicht die eigenen Bedürfnisse mit denen der anderen verwechselt. Und es scheint mir wichtig, nicht über die Köpfe derer, um die es gehen soll, zu entscheiden, sondern sie mit einzubeziehen. 

Und dann gäbe es da noch Werte, die als Grundlage dienen könnten/sollten. Für Christen scheint mir Mt, 25 ein guter Wegweiser zu sein.
Ignatius redet z.B. von der „je größere Not“, die Richtschnur für den Einsatz werden soll. Dafür wäre die erste Aufgabe, das Sehvermögen zu schulen.

Und wenn das Ziel aller Politik der "lebendige Mensch" wäre, dann sähe ich eigentlich keine so große Gefahr, dass Politik völlig daneben liegen könnte. Bestimmt wird es auch dann viele Fehler geben, aber ich hätte viel Vertrauen, dass der Weg insgesamt richtig wäre.

bearbeitet von Ennasus
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