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Die Krise der Kirche ist eine Krise der Theologie ist ...


nannyogg57

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Also um der Genauigkeit willen: Als Ursünde wird die Sünde von Adam und Eva bezeichnet,davon erzählt Gen3. Die Erbsünde ist die Lehre, von der Weitergabe der Folgen der Ursünde durch Vererbung.

Auch  der Römerbrief geht davon aus, dass der Tod kam, weil alle gesündigt haben (steht so in den neueren Übersetzungen).

Meines Wissens kennen die Orthoxen Kirchen die Erbsündenlehre nicht.

bearbeitet von Elima
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vor 2 Minuten schrieb Flo77:

Die Erbsünde ist keine persönliche Sünde oder Schuld. .

 

Da muss ich Dir zustimmen und wenn ich persönlich geschrieben habe (ich glaube ich schrieb mit Absicht personal), dann würde ich das zurück nehmen. 

 

Was ich damit meinte ist, dass die Erbsünde jedem Individuum, also jedem Einzelnen, anhaftet. Das habe ich, vielleicht unscharf, mit personal zu umschreiben versucht. 

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Da hier schon die theologischen Stichwortgeber offengelegt wurden (bei rorro die franziskanische Schule in der Spur des Duns Scotus), dann will ich das auch tun. Wie unschwer zu erkennen, beziehen sich meine Überlegungen zum Großteil auf Anselm von Canterbury und seine Schrift Cur Deus homo

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vor 51 Minuten schrieb Mecky:

Ich glaube nicht, dass es sich hier um eine einheitliche mosaische Sichtweise handelt,
sondern um ein globales Phänomen der damaligen Zeit.

 

Die "diabolischen" Auswüchse waren bereits gesellschaftlicher Usus, als noch nicht einmal vom Kupfer oder von Bronze die Rede war: Steinzeit.

Es handelt sich um sehr archaische Sichtweisen.

Durch die Erfindung der Schrift haben sich diese alten Vorstellungen dann verewigt und man hat dann systematisiert.

 

In sehr vielen Fällen waren die biblischen Fassungen sogar ein echter Fortschritt.

Zum Beispiel: Man sollte "störrische" Söhne vor die Gemeinde zerren, verurteilen lassen und dann töten.

Mit "störrisch" war wohl eher "rebellisch" gemeint. Söhne, die ihren Vater bedrohten. Wie später dann Abschalom bei David.

Laut Bibeltext sollten nun die Söhne zumindest ein Gerichtsverfahren bekommen. Also nicht einfach nach Vaterslaune getötet werden.

Ein unbestreitbarer Fortschritt.

 

Aber Achtung: Das schreibe ich aus heutiger Kenntnis heraus. Im Bibeltext steht nicht dieser Fortschritt, sondern lediglich das Verurteilen und Töten.

Und man darf auch nicht verschweigen: In sehr vielen Fällen war das so. Sehr viele sind aber keineswegs alle.

 

Die Bibeltexte (leider nicht der Fortschritt) erhielt sich. Und noch schlimmer: Er wurde sakrosankt. Und er wird bis heute verteidigt - bis hin zum Perversesten und Diabolischsten. Was für ein verfehlter Zugang! Und (worauf ich in diesem Thread abziele: ) Es zählt das geschriebene Dokument. Es zählt nicht der Blick auf die Welt, auf Gerechtigkeit und auf Gott. Deshalb nenne ich gerne einen solchen Zugang "gottlos". Brutale und sogar perverse Sichtweisen wurden durch eine solche Verengung auf "es zählt einzig das, was im Dokument zählt", für die Zukunft erhalten. Verteidigt. Und noch schlimmer: Praktiziert. Dadurch kam es zu fortgesetzter Brutalität und Perversität. 

 

Das ist der Hintergrund, wenn Nannyogg Vorwürfe an die vorgeblich wörtlichen Ausleger richtet.

 

Diese brutal-pervers-archaische Sichtweise wird gerne deshalb mit der mosaischen Sichtweise verwechselt, weil das Material der Mosebücher sehr, sehr alt ist: Da hat sich die Steinzeit tradiert. Oder genauer gesagt: Lediglich ein Aspekt von Steinzeitlichkeit hat sich erhalten - sowohl im Bibeltext, wie auch in dessen Leseweise.

 

Momentan ist viel die Rede von Reformen. Tja, da hätte man mal mit Reformen ansetzen können, und zwar schon lange in der vorchristlichen Zeit.

Und dann in der christlichen Zeit hätte man Anlass gehabt, diese Reformen weiter zu treiben. Jesus hat dies punktuell schon getan. 

Das hat die Kirche aber nur sehr, sehr schwach übernommen.

 

 

Als Agnostiker teile ich weitgehend Deine Sicht. Nur um @Studiosuszu nennen: Der 1:1 Glaube an die Bibel ist noch vorhanden. 

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vor 2 Minuten schrieb Gerhard Ingold:

Nur um @Studiosuszu nennen: Der 1:1 Glaube an die Bibel ist noch vorhanden. 

 

Da verkennst Du mich und meine Position aber vollkommen. Ich könnte nicht weiter davon entfernt sein, 1 zu 1 an die Bibel zu glauben.

 

Wenn ich eines nicht bin, dann ein Bibelfundamentalist oder Sola Scriptura-Adept.

bearbeitet von Studiosus
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Also ich finde das Ganze furchtbar wirr und total widersprüchlich 

 

Wegen der Erbsünde musste Christus die Menschheit mit Gott versöhnen.

Hat er getan, aber die Erbsünde ist immer noch da. Warum eigentlich?

 

Die Erbsünde geht zurück auf die Ursünde von Adam und Eva. Wie nachtragend ist der angeblich liebende Gott eigentlich?

 

Wegen der Erbsünde ist das Böse in der Welt. Gott will das Böse nicht. Gott kann (siehe Immaculata) die Erbsünde per Fingerschnips verschwinden lassen. Warum tut er das nicht? Dann hätte er auch seinen Sohn nicht opfern müssen.

 

Irgendwie ergibt das alles keinen Sinn

 

Werner

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vor 32 Minuten schrieb Werner001:

Wegen der Erbsünde musste Christus die Menschheit mit Gott versöhnen.

Hat er getan, aber die Erbsünde ist immer noch da. Warum eigentlich?

 

 

 

Sie ist noch da, wird allerdings durch das Sakrament der Taufe getilgt. Was tatsächlich bleibt ist das, was Augustinus Konkupiszenz nennt. Eine Altlast der Erbsünde, wenn man so will. Aber auch hierfür hält die Kirche Gegenmittel vor.

 

Das wäre übrigens schon der nächste Punkt: Das Sakrament der Taufe macht eigentlich nur dann Sinn, wenn man den Fokus auf ihre sünden- genauerhin erbsündenvergebende Wirkung legt. Der ekklesiologische Aspekt der Eingliederung in die Kirche/die Gemeinde hat diese andere Bedeutung heute fast vollständig überlagert. Ich zumindest kenne kein junges Paar, das auf die Frage nach der Taufe ihrer Kinder mit dem Argument "Befreiung von der Erbsünde" antworten würde. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 38 Minuten schrieb Studiosus:

Hier und auch andernorts kam die Diskussion über die Erbsünde auf. Diese Glaubenswahrheit wird wie fast keine zweite angefochten: sei es, dass sie rundheraus abgelehnt oder durch ein Verstreichen auf eine allgemeine, nicht personale, aber strukturelle Sünde verunklart wird. 

 

Ich stelle als Überlegung einmal die Frage in den Raum, ob Christentum ohne Erbsünde in klassischer Vorstellung überhaupt sinnvoll gedacht werden kann. Diese Frage hängt eng mit der Sichtweise auf Jesus Christus und sein Wirken zusammen. Wenn es keine Erbsünde im klassischen Sinne gibt, warum musste die Welt dann mit Gott versöhnt werden? Durch das Ganzopfer seines eingeborenen Sohnes, den er in die Welt gesandt hat, um Sühne zu leisten? Oder, wie es bei Paulus anklingt, um zu korrigieren, was durch die Übertretung des ersten Menschen verloren gegangen ist (vgl. 1 Kor 5, 12-21)? Warum besingt die Kirche die Sünde Adams alljährlich zu Ostern als felix culpa, die den Erlöser erst auf den Plan gerufen hat? 

Widerspruchsfrei kann ich nichts erklären. Dazu bin ich zu wenig gebildet und zu wenig intelligent. Das merkte ich bei den Verkaufszahlen meiner Jugendromane. Die Verkaufszahlen zeigen uns kleinen Hobby-Schriftstellern, dass wir nie zu den Großen gehören werden. Das ist ernüchternd aber schadet nichts.

Aber Überlegungen habe ich auf meiner Reise "vom freikirchlichen Fundamentalisten zum agnostischen Bibelkritiker" viele gemacht. Das waren Etappen um Etappen. Zuerst mal begann bei mir 1987 das Dogma der fehlerlosen und irrtumslosen Inspiration zu fallen, wie es im Lausanner Verpflichtung 1974 ausformuliert worden war. https://lausanne.org/wp-content/uploads/2011/06/55.pdf

 

vor 38 Minuten schrieb Studiosus:

Wenn die Welt, in die Christus gekommen ist, so beschaffen war, dass sie keines Erlösers mehr bedurfte, wozu dann Inkarnation, Passion und Auferstehung? 

Hosea und Jesus haben beide formuliert: "Ich freue mich nicht an Opfer sondern an der Liebe/Barmherzigkeit" (Hos.6,6 und Mt. 9,13). Das ist die Kurzform, wie Jesus den Propheten zitiert hat.

 

Ein Gott, der ca. 70 Trilliarden von Sternen erschafft haben soll, benötigt keine Opfer und schon gar kein Menschenopfer. Der Opfergedanken ist typisches Menschenwerk. Hebräer 10,8 formuliert richtig: "Opfer und Gaben, Brandopfer und Sündopfer hast du nicht gewollt, sie gefallen dir auch nicht." Der Schreiber aber zog daraus nicht die richtigen Folgerungen.

 

Wenn Jesus Dreieiniger Gott ist, wem wäre Jesus geopfert worden?

 

Schon ein Psalm-Dichter sah einen Gott, der keine Opfer nötig hat: "Du kennst meine Gedanken von Ferne.... Du siehst mein Herz und weißt wie ich es meine" (Ps. 139).

 

vor 38 Minuten schrieb Studiosus:

Kann das jemand widerspruchsfrei erklären? Und ohne eine Suada an verklausulierten, windenden Wortgebilden? So dass ein einfach gestrickter Mensch wie ich das nachvollziehen kann. 

 

Warum stieg Christus dann herab? Um eine Lehre zu verkünden und diese mit seinem Leben zu besiegeln, wie die Menschen gut  - und damit sicher auch gottgefällig - miteinander auskommen können? Um seine Einsichten über Gott und ethisches Handeln zu predigen? Das hieße die Person Christi und seine Mission auf eine Ebene mit der anderer Religionsstifter und Weisen der Menschheitsgeschichte zu stellen. Ist es das, was den Kern des Christentums ausmacht? 

"Warum stieg Christus dann herab?" 

Wenn man den biblischen Legenden 1:1 glaubt, glaubt man alles wörtlich. Dann ist Deine Frage logisch. Wenn aber das Dogma der fehlerlosen und irrtumslosen Inspiration zusammenbricht, erkennt man in der Bibel eine Buch des Glaubens der Vorfahren. Dann stellt sich die Frage nicht mehr.

vor 38 Minuten schrieb Studiosus:

Ich finde an dieser Stelle wird sehr gut deutlich, dass die Auseinandersetzung mit der theologischen Vorstellung der Erbsünde eben kein irrelevanter Nebenkriegschauplatz ist, sondern mithin ein tragendes Element in der Architektur der christlichen Glaubenslehre. Ich habe das Bild schon öfter gebracht und gebrauche es wieder: An diesen basalen Voraussetzungen in der gezeigten Weise herumzuexegetisieren ist gleichbedeutend mit einem Spiel Mikado. Oben und an den Seiten kann man sicherlich gefahrlos einige Stäbchen abnehmen, wenn man allerdings unten anfängt und sich an die tragende Struktur macht, dann ist es schnell passiert, dass das Türmchen in sich zusammen bricht. Man kann dann mit der modernen Philosophie, mit Evolution und Psychologie daher kommen und sehr kunstvoll versuchen, die Ruine als neue Ganzheit zu verkaufen. Dass man vor einem Haufen unzusammmenhängenden Schutts steht, kann man damit jedenfalls nicht kaschieren. 

Das Spiel Mikado oder das Kartenhaus fallen in sich zusammen, wenn man das Dogma der irrtums- und fehlerlosen Inspiration als eine unhaltbare Behauptung und damit unhaltbaren Irrtum erkennt.

 

Fallen damit die Grundgedanken Jesus der Nächstenliebe, der Barmherzigkeit, der Versöhnlichkeit, des Gewaltverzichts, der Feindesliebe, des Schwächstenschutzes und der Armutsüberwindung zusammen? Ich behaupte, diese Grundgedanken sind gut. Gut, weil diese Grundgedanken zum Du und damit zu den Werken eines möglichen Gottes hinführen.

Als Agnostiker schließe ich eben einen möglichen Gott nicht einfach aus. Ich zweifle einfach daran. Und sollte Jesus auch sonst richtige Gedanken gesagt haben, dann entscheidet sich unser Heil nicht "allein durch Gnade, allein durch Glauben und allein durch die Schrift" sondern allein durch unser Tun und Lassen im Alltag: "Ich war nackt und ihr habt mich (nicht) gekleidet...."(Matthäus 25,31ff). Glauben an Jesus, heißt seine Grundgedanken leben. Und wenn das Christentum die Grundgedanken Jesus gelebt hätte, wäre in Erfüllung gegangen, was er angeblich nach Joh. 10,10 gesagt haben könnte: "Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben."

 

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vor 45 Minuten schrieb Studiosus:

 

Da verkennst Du mich und meine Position aber vollkommen. Ich könnte nicht weiter davon entfernt sein, 1 zu 1 an die Bibel zu glauben.

 

Wenn ich eines nicht bin, dann ein Bibelfundamentalist oder Sola Scriptura-Adept.

Dass Du 1:1 an die Bibel glaubst, hast Du meines Wissen mal so formuliert. Aber ich kann mich natürlich irren und es stammt von jemandem anderen hier. Dann entschuldige ich mich für die Unterstellung.

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vor 5 Minuten schrieb Gerhard Ingold:

Dass Du 1:1 an die Bibel glaubst, hast Du meines Wissen mal so formuliert. Aber ich kann mich natürlich irren und es stammt von jemandem anderen hier. Dann entschuldige ich mich für die Unterstellung.

 

Musst Du nicht. Das war natürlich eine kleine Finte meinerseits. 

 

Ich wollte lediglich darauf hinaus, dass ich nicht die Bibel für sich stehen lasse und mir einbilde, was ich darin lese, wäre der Glaube der Kirche. Für mich muss zur Heiligen Schrift zwingend ihre authentische Auslegung durch die hierarchische Kirche und ihre Komplementierung durch die Tradition hinzu treten. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 2 Minuten schrieb Studiosus:

 

Musst Du nicht. Das war natürlich eine kleine Finte meinerseits. 

 

Ich wollte lediglich darauf hinaus, dass ich nicht die Bibel für sich stehen lasse und mir einbilde, was ich darin lese, wäre der Glaube der Kirche. Für mich muss zur Heiligen Schrift zwingend ihre Auslegung durch die hierarchische Kirche und ihre Komplementierung durch die Tradition hinzu treten. 

Ist der zweite Abschnitt auch eine Finte? Grins

Wieso sollte die "hierarchische Kirche und ihrer Komplementierung durch die Tradition" irrtumslos- und fehlerloser als die Bibel sein?

 

Ich benötige eine Leiter. Das ist mir zu hoch.

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vor 18 Minuten schrieb Gerhard Ingold:

Ist der zweite Abschnitt auch eine Finte? Grins

Wieso sollte die "hierarchische Kirche und ihrer Komplementierung durch die Tradition" irrtumslos- und fehlerloser als die Bibel sein?

 

Ich benötige eine Leiter. Das ist mir zu hoch.

 

Weil die Heilige Schrift ein auslegungsbedürftiges Werk ist. Und das überlasse ich lieber dem kirchlichen Lehramt im Rückgriff auf die rechtgläubige Tradition als - sagen wir - universitären Bibelwissenschaftlern. Diese leisten in den Grenzen ihrer eigenen Methoden auch gute Arbeit, aber können keine authentischen Interpretationen in dem Sinne vorlegen, der für den Glauben relevant wäre. Die Bibelwissenschaft extrahiert aus dem Zeugnis der Heiligen Schrift in seiner Vielstimmigkeit der Autoren und den unterschiedlichen Schichten seiner Bearbeitung verschiedene Theologien. Das ist interessant, aber nicht zielführend. Die Kirche hingegen legt auf Grundlage der Schrift in Zusammenschau mit der authentischen Überlieferung eine konsistente Lehre vor. 

bearbeitet von Studiosus
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Gerade eben schrieb Studiosus:

Die Kirche hingegen legt auf Grundlage der Schrift in Zusammenschau mit der Überlieferung eine konsistente Lehre. 

Und behält diese aber dann für sich.

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vor 3 Minuten schrieb Flo77:

Und behält diese aber dann für sich.

 

Und legt diese vor. Du kannst Dich zu jedem Bereich der Lehre aus den kircheneigenen Quellen informieren und findest dort den lehramtlichen Standpunkt dargelegt. 

 

Entgegen des Titels einer bekannten Reformgruppe bin ich nicht "Kirche", sodass meine Unfähigkeit, Dir eine Dich befriedigende Antwort etwa auf den Begriff der "Natur" zu liefern, nicht die Schuld der Kirche ist.

bearbeitet von Studiosus
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vor 13 Minuten schrieb Studiosus:

 

Weil die Heilige Schrift ein auslegungsbedürftiges Werk ist. Und das überlasse ich lieber dem kirchlichen Lehramt im Rückgriff auf die rechtgläubige Tradition als - sagen wir - universitären Bibelwissenschaftlern. Diese leisten in den Grenzen ihrer eigenen Methoden auch gute Arbeit, aber können keine authentischen Interpretationen in dem Sinne vorlegen, der für den Glauben relevant wäre. Die Bibelwissenschaf extrahiert aus dem Zeugnis der Heiligen Schrift in seiner Vielstimmigkeit der Autoren und den unterschiedlichen Schichten ihrer Bearbeitung verschiedene Theologien. Das ist interessant, aber nicht zielführend. Die Kirche hingegen legt auf Grundlage der Schrift in Zusammenschau mit der authentischen Überlieferung eine konsistente Lehre. 

Das kann man so sehen. Ähnlich unbeweglich sind auch Freikirchen, orthodoxe Juden und mehrheitlich der Islam.

 

So aber ist Brückenbau nicht möglich. 

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vor 39 Minuten schrieb Flo77:

Und behält diese aber dann für sich.

 

Nö, die Lehre ist alles andere als geheim. Die Erklärungen dieser Lehre mögen nicht für alle Menschen zufriedenstellend sein und auch hier und da noch verbesserungswürdig, doch das ändert nichts an dem Inhalt dessen, das sie erklären wollen.

bearbeitet von rorro
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vor 23 Stunden schrieb Marcellinus:

Ich habe aber nicht von Naturwissenschaften gesprochen (womit die meisten dann auch noch Physik verstehen), sondern von theoretisch-empirischen Wissenschaften. Das ist etwas anderes. Es meint einfach nur, daß man theoretische Modelle erstellt, wie beobachtbare Tatsachen nachprüfbar zusammenhängen. 

 

Dann reden wir womöglich aneinander vorbei, denn ich anerkenne durchaus, dass die Psychologie - zumindest im Prinzip - leistet, was Du hier forderst (wie "fortgeschritten" oder primitiv die Psychologie nun auch immer sein mag). Mein Punkt war einfach, dass eine "physikalische" Weltbeschreibung hier an ein Ende gelangt, obwohl wir beim Psychischen reale und wichtige Bestandteile der Wirklichkeit vor uns haben.

 

vor 23 Stunden schrieb Marcellinus:

Atome und Moleküle werden genauso wenig von "Gesetzen" gesteuert wie Stichlinge, Planeten oder Galaxien.

 

Natürlich werden sie nicht im Wortsinne von Gesetzen gesteuert oder regiert. Aber sie verhalten sich so, dass man dieses Verhalten in "Gesetzen" formulieren kann, diese Gesetze erlauben es zu beschreiben, wie Atome, Moleküle, Planeten und Galaxien sich verhalten, wenn man genug über diese weiß. Es überrascht uns nicht, wenn beispielsweise Galaxien, die sich nahekommen, gegenseitig bestimmte "Verwirbelungen" erzeugen. Man kann dies bei genügend Rechenkapazität an einem Computer simulieren.

 

vor 23 Stunden schrieb Marcellinus:

Sie alle haben einfach Eigenschaften, und die wechselwirken miteinander. Diese einzelnen Objekte bilden gelegentlich miteinander Strukturen, die Eigenschaften haben, die deren Bestandteile nicht haben. Nimm ein Rad aus welchem Material du willst. Sie alle haben gemeinsam, daß sie rollen können, eine Eigenschaft, die ihre Bestandteile nicht haben. So entsteht Neues, und das Stichwort dazu heißt Emergenz. Das ist der Grund, weshalb Reduktion nicht funktioniert.

 

Ich darf hieraufn mit einem Zitat aus dem von mir schon zuletzt verlinkten Artikel von Peter Bieri antworten (Hintergrund ist das Gedankenexperiment, dass man ein Gehirn enorm vergrößern und in ihm umhergehen könnte - und doch nicht verstünde, wie das Bewusstsein zustandekommt. Dieses Gedankenexperiment dient allerdings nur der Illustration und ist für die eigentliche Argumentation nicht essentiell).

 

"Es ist ein vertrautes Phänomen, sagen wir uns, daß ein System als Ganzes Eigenschaften hat, die sich an keinem seiner Teile finden. Man denke etwa an die Härte und Durchsichtigkeit von Edelsteinen. Ist das vielleicht der Schlüssel? Sind wir vielleicht deshalb verwirrt, weil wir, in der Nervenfabrik umhergehend, immer nur Teile sehen und das Ganze aus den Augen verloren haben? Hätten wir nicht ein ähnliches Problem, wenn wir in einem vergrößerten Diamanten umherliefen?
Nein, sagen wir uns nach einer Weile mit Entschiedenheit. Eben gerade nicht. Wir sähen dann die Gitterstruktur der Kohlenstoffatome, wir kennten die energetischen Verhältnisse und vieles mehr und könnten uns genau ausrechnen, daß das Ganze sich bei Druck und Licht so und nicht anders verhalten muß.

Und ähnlich wäre es bei zahllosen anderen Beispielen: der Oberflächenspannung oder dem Gefrierpunkt einer Flüssigkeit, der Brennbarkeit oder der Lichtabsorption eines Materials und so weiter. Hier ist die Systemeigenschaft als notwendig herleitbar und in diesem Sinne verstehbar aus den Elementen, ihren Eigenschaften und ihrer Anordnung. Und im Prinzip verhält es sich nicht anders bei lebendigen Systemen wie etwa Pflanzen. Aus diesem Grunde sind das ehemalige Rätsel des Lebens und das Rätsel des Bewußtseins nicht miteinander vergleichbar.
Das Vertrackte an Bewußtsein ist aber gerade, daß diese ganze Betrachtungsweise hier nichts einbringt. Wenn einer zum ersten Mal einen Diamanten baute, so wäre er am Schluß nicht überrascht über seine Härte und Durchsichtigkeit. Wenn einer zum ersten Mal eine Pflanze baute, so wüßte er, daß sie am Ende atmen und sich dem Licht entgegen ranken würde. Wenn einer dagegen zum ersten Mal ein Gehirn baute, so würde es selbst ihn, den Konstrukteur, der über jede Einzelheit Bescheid wüßte, vollständig überraschen, daß er damit auch ein erlebendes Subjekt geschaffen hätte, wie er selbst eines ist."

 

 

vor 23 Stunden schrieb Marcellinus:

Genau das halte ich für einen Irrtum. Das "Psychische", wie du es so schön nennst, ist ohne das "Materielle" nicht denkbar.

 

"Denkbar" ist es streng genommen schon, aber wir kennen es nicht anders als abhängig vom Physischen. Allerdings impliziert diese Abhängigkeit des Psychischen eben nicht, dass es aus dem Physischen erklärbar wäre in der Weise, wie man in anderen Fällen aus den einzelnen Komponenten und ihren Eigenschaften ein System erklären könnte.

 

vor 23 Stunden schrieb Marcellinus:

Und um der Sache noch ein Zipfelchen aufzusetzen: Die psychischen Leistung der Menschen sind nicht erklärlich nur aus einem einzelnen Menschen heraus. "Den Menschen" gibt es nicht. Menschen kommen immer nur im Plural vor, und ihre geistigen Fähigkeiten können sich nur in der Gesellschaft von anderen Menschen entfalten.

 

Dem stimme ich prinzipiell zu, aber mir geht es hier gar nicht um die "Entstehung", sondern um den aktuellen Zustand. Denn auch wenn ein Mensch sich ohne die Gesellschaft nicht entwickelt hätte, kann man ihn doch zur Seite nehmen und untersuchen, was in diesem Moment beispielsweise in seinem Gehirn vorgeht, und ob uns das bei der Lösung des Bewusstsein-Problems hilft. Seine Vergangenheit oder ihre Auswirkungen sollten sich in seinem aktuellen Zustand niederschlagen, welchen man ja untersuchen kann.

 

vor 23 Stunden schrieb Marcellinus:

Nichts davon ist metaphysisch. Alles ist auch nicht einfach "Materialismus", sondern eine über viele Ebenen hochkomplizierte Organisation von Materie.

 

Die Frage, in welchem Verhältnis "Psyche und Materie" zueinander stehen, ist m.E. durchaus "metaphysisch". Warum? Weil sie nicht empirisch entscheidbar ist!

 

Wieso? Weil alle populären unterschiedlichen Theorien, in welchem Verhältnis Geist und Materie zueinander stehen, mit den gegenwärtigen empirischen Befunden vereinbar sind! Und auch neuere Forschungen werden daran wenig bis nichts ändern. Der Grund ist der, um es nochmals zu wiederholen, dass wir immer nur Korrelationen und Bedingungsverhältnisse haben: Wenn das Gehirn im Zustand G1 ist, ist die Psyche im Zustand P1; wenn das Gehirn sich nicht im Zustand G2 befindet, dann ist die Psyche auch nicht im Zustand G2.

 

Diese Befunde sind mit dem Dualismus, der Identitätstheorie, dem Funktionalismus, dem Eliminativismus usw. vereinbar. (Wäre es anders, dann gäbe es übrigens nicht unterschiedliche Theorien zur Psyche; denn nur ganz wenige Philosophen sperren sich gegen klare empirische Erkenntnisse.) Man könnte also beispielsweise annehmen, dass gewisse Gehirn-Zustände bestimmte Veränderungen der psychischen Prozesse "hervorrufen", wobei die entsprechenden psychischen Zustände von diesen neuronalen Zuständen jedoch verschieden sind. Oder dass psychische Vorgänge und Gehirnprozesse trotz ihrer phänomenologischen Unterschiedlichkeit in Wahrheit doch "identisch" seien usw. Das sind Fragestellungen, die sich der empirischen Forschung entziehen, und zwar grundsätzlich. (Um hier weiterzukommen, muss man sich fragen, was denn beispielsweise "Identität" zweier Phänomene heißt, welche Bedingungen für sie vorliegen müssten usw.)

 

Auch die Aussagen, die Du tätigst, sind empirisch nicht beweisbar oder widerlegbar: Man kann zwar empirisch beispielsweise nachprüfen, ob ein Computer oder das Gehirn "eine über viele Ebenen hochkomplizierte Organisation von Materie" ist oder nicht; man kann diese Aussage aber nicht bezogen auf die Psyche empirisch überprüfen. Der Grund ist der, den ich schon erwähnt hatte: Der Computer und das Gehirn sind "physische Gebilde", genau wie ein Kristall, eine Pflanze usw., die sich in "naturwissenschaftlicher" Sprache beschreiben lassen. Genau das trifft auf die Psyche nicht zu, und das ist der wesentliche Unterschied.

 

 

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vor 5 Stunden schrieb Elima:

Meines Wissens kennen die Orthoxen Kirchen die Erbsündenlehre nicht.

 

Faktisch lehren sie exakt dasselbe mit der geichen Notwendigkeit der Taufe aus demselben Grund.

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vor 23 Stunden schrieb phyllis:

die Begriffe sind hinreichend definiert.

 

Dann betrachten wir einmal die Definition der Encyclopedia Britannica:

 

"reductionism, in philosophy, a view that asserts that entities of a given kind are identical to, or are collections or combinations of, entities of another (often simpler or more basic) kind or that expressions denoting such entities are definable in terms of expressions denoting other entities. Thus, the ideas that physical bodies are collections of atoms or that a given mental state (e.g., one person’s belief that snow is white) is identical to a particular physical state (the firing of certain neurons in that person’s brain) are examples of reductionism."

 

In diesem Sinne gehe ich (mit den erwähnten caveats davon aus, dass beispielsweise ein Baum und seine Funktionen prinzipiell durch die in ihm vorhandenen Atome, Moleküle und die relevanten physikalischen und chemischen Gesetzmäßigkeiten erklärbar ist.

Was den Prozess der Entstehung von Arten angeht, so vertrete habe ich (wieder mit entsprechenden caveats) die Position vertreten, dass alle physischen Komponenten und Gesetzmäßigkeiten "zusammengenommen" den entsprechenden Prozess erklären; in diesem Fall betrachte ich also auch alle physische Ereignisse, die von außen kommen. Weil hier wieder vom Grundlegenden und Elementaren aus das "Höhere" erklärt wird, kann man dies m.E. mit gutem Recht als "Reduktionismus" bezeichnen. Mir geht es aber nicht um Worte, sondern um den eigentlichen Gedanken. 

 

 

vor 23 Stunden schrieb phyllis:

Wenn ich aber diese Meinung übernehmen würde, dann müsste dies auch alles "psychische" miteinschliessen.

 

Warum sollte daraus, dass alles physische durch elementare Komponenten, deren Eigenschaften und die Gesetze der Physik und Chemie erklärbar ist, folgen, dass Entsprechendes auch für das Psychische gilt? Wenn etwas auf A zutrifft, muss es nicht auf B zutreffen. Zumal es hier, wie dargelegt, eine fundamentale Disanalogie gibt.

 

vor 23 Stunden schrieb phyllis:

Denn das eine wie das andere basiert auf organischer Chemie, um es mal plump genug auszdrücken.

 

Hier ist der unscharfe Begriff "basieren" das Problem. Wir können nur sagen, dass es ein bestimmtes Abhängigkeitsverhältnis zwischen Physischem und Psychischem gibt, siehe meine früheren Antworten. Das heißt aber nicht, dass das psychische Prozesse durch die organische Chemie "erklärbar" wären oder dass die Psyche ein Konglomerat organischer Moleküle darstellen würde.

Genau das aber können wir über die Zelle hingegen (wohl) sagen: Sie ist ein Konglomerat (organischer) Moleküle und ihre Funktion lässt sich erklären, wenn man ihre molekulare Struktur und die Gesetze der Chemie (und Physik) berücksichtigt.

 

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vor 13 Stunden schrieb Moriz:

Von der Newtonschen Mechanik zur Elektrodynamik (oder eher Elektrostatik):

Man kann einen Transistor bauen, der bestimmte elektrische Eigenschaften hat. Aus Transistoren lassen sich logische Gatter zusammensetzen. Diese zu Speicherstellen oder Rechenwerken. Daraus Prozessoren und Computer. Das sind inzwischen hochkomplexe (aber immer noch menschengemachte) Gebilde, bei denen sich 'rückwärts' die Aufgabe eines einzelnen Transistors nicht mehr so ohne weiteres erschließen lässt.

 

Auch wenn es in der Praxis zu kompliziert sein mag, etwas zu rekonstruieren, so gehen wir doch davon aus, dass es prinzipiell möglich ist. Wir nehmen nicht an, dass wir, wenn wir einen konkreten Computer oder das Verhalten der Moleküle eines Gases erklären sollten, vor einem "prinzipiellen Rätsel" stünden, sondern wir würden sagen, dass wir an unsere praktischen grenzen kommen. Wir verstehen aber zumindest auf einer "abstrakten" Ebene, wieso aus den elementaren Dingen und ihren Eigenschaften das Verhalten des Makro-Systems resultieren kann. Oder wir können in manchen Fällen, wenn es im Detail zu kompliziert wird, zumindest eine statistische Betrachtung bemühen.

(Ich schreibe das nicht, weil ich Dir widersprechen wollen würde; wenn ich Dich richtig verstehe, siehst Du das ja auch so oder ähnlich.)

 

vor 13 Stunden schrieb Moriz:

Von daher: Theoretisch müsste sich das Verhalten eines Menschen auf physikalische Gesetzmäßigkeiten zurückführen lassen, in der Praxis wäre diese Aufgabe viel zu komplex, selbst wenn man 'Hardware' und 'Software' genau kennen würde (die beim Gehirn mit der Verschaltung der Nervenzellen ineinander übergehen).

 

Und hier berühren wir wieder das fragliche Problem: Bei genauer Kenntnis des Gehirns könnte man mit genug Rechenpower womöglich - wenigstens statistisch - das Verhalten eines Menschen erklären und voraussagen. Dass dieses "beobachtbare" Verhalten oder auch die "messbaren" Gehirnprozesse von einem subjektiven Bewusstsein und Erleben begleitet ist, könnte man hingegen nicht voraussagen. Hier haben wir, wie Bieri das ausführt (siehe oben) einen fundamentalen Unterschied zu all den übrigen Fällen, die illustrieren sollen, dass ein System Eigenschaften haben kann, die die einzelnen Komponenten nicht haben. 

bearbeitet von iskander
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Ich möchte hier gern noch etwas zum Thema Emergenz nachtragen (gewissermaßen der Gegenbegriff zu Reduktionismus). 

 

Der Physiknobelpreisträger Robert B. Laughlin schreibt in seinem Buch "Abschied von der Weltformel": "Mein spezieller Wissenszweig, die theoretische Physik, befaßt sich mit den ersten Ursachen der Dinge. […] Ich habe den Verdacht, es handelt ich hier um ein atavistisches, vor langer Zeit in Afrika erworbenes Merkmal, daß dem Überleben in einer physischen Welt diente, in der es tatsächlich Ursachen und Wirkungen gibt […]. Wir sind dazu konstruiert, nach kausalen Zusammenhängen zwischen den Dingen zu suchen und tiefe Befriedigung dabei zu empfinden, wenn wir eine Regel mit einer Reihe daraus entspringender Implikationen entdecken."

 

Von der Entstehung der ersten Wasserstoffatome über die Entwicklung der übrigen Elemente, die Entstehung von Sonne, Sonnensystemen und Galaxien bis zur Entstehung des Lebens auf unserem Planeten, immer entstanden neue Objekte durch die Anordnung vorhandener, und es entstanden neue Eigenschaften, die sich aus diesen Anordnungen ergaben und nicht vollständig auf die Eigenschaften der einzelnen Objekte zurückgeführt werden können, die sie bilden.

 

"Leider sind dem Ausdruck Emergenz einige Bedeutungen zugewachsen, die für unterschiedliche Dinge stehen, darunter übernatürliche Erscheinungen, die physikalischen Gesetzen nicht unterworfen sind. […] Ich verstehe darunter ein physikalisches Ordnungsprinzip. […]

Die Fähigkeit bestimmter Metalle, magnetische Felder genau dann abzustoßen, wenn man sie auf sehr tief Temperaturen abkühlt, fesselt […] unser Interesse, weil die einzelnen Atome, aus denen das Metall besteht, dazu nicht in der Lage sind."

 

So stellt dieses Universum eine interdependente Hierarchie der Abstammung von Eigenschaften dar. Auf jeder Ebene bilden diese Objekte Eigenschaften, die wir in Modelle fassen können, ohne die Eigenschaften aller Bestandteile zu kennen, aus denen sie bestehen. So können Astronomen die Bahnen der Planeten wissenschaftliche berechnen, ohne genau zu wissen, woraus die einzelnen Planeten bestehen und Soziologen den abendlichen Stau in einer Großstadt, ohne die einzelnen Fahrer zu kennen, die diesen Stau bilden.

 

"Demnach ist die Tendenz der Natur, eine hierarchische Gesellschaft physikalischer Gesetze zu bilden, weit mehr als ein Thema für akademische Debatten. Sie ist der Grund, weshalb die Welt erkennbar ist. Sie macht die grundsätzlichen Gesetze erster Ordnung, welche das auch sein mögen, bedeutungslos und bewahrt uns davor, von ihnen tyrannisiert zu werden. Aufgrund dieser Tendenz können wir leben, ohne die ultimativen Geheimnisse des Universums zu verstehen. […]

 

Während wir in das Zeitalter der Emergenz übergehen, lernen wir, den gesunden Menschenverstand zu akzeptieren; wir lassen die Gewohnheit hinter uns, die organisatorischen Wunder der Natur zu trivialisieren, und wir akzeptieren, daß die Ordnung an und für sich bedeutsam ist.- in manchen Fällen sogar der bedeutsamste Sachverhalt. Die Gesetze der Quantenmechanik, die Gesetze der Chemie, die Gesetze des Stoffwechsels und die Gesetze der Häschen, die in den Innenhöfen meiner Universität vor Füchsen flüchten, gehen alle auseinander hervor, doch es sind die Gesetze der letzten Gruppe, die am Ende für das Häschen zählen.“

 

Auch wenn es manchen Philosophen nicht schmeckt, es gibt keine theoretisch-philosophischen "Axiome", auf denen die Wissenschaften beruhen, Glaubenssätze, die je nach persönlichem Geschmack auch ganz anders sein könnten. (Nein, auch der "methodische Naturalismus" ist keine ideologische Entscheidung, nur Ausdruck der Erfahrung, daß Supranaturalismus keine nachprüfbare Erklärung liefert.) Deshalb sind es auch nicht die Wissenschaftler, die miteinander über unterschiedliche "Ontologien" streiten.

 

„Vom reduktionistischen Standpunkt aus ist physikalische Gesetzmäßigkeit der Impuls, der das Universum antreibt. Sie kommen von nirgendwoher und schließen alles in sich ein. Aus der Sicht der Emergenztheorie stellt physikalische Gesetzmäßigkeit eine Regel kollektiven Verhaltens dar.Sie ist eine Folge ursprünglicher, darunterlegender Verhaltensregeln (obwohl sie das nicht hätte sein müßen), und sie gibt einem die Möglichkeit, innerhalb eines beschränkten Rahmens von Bedingungen Vorhersagen zu treffen. Außerhalb dieses Rahmens wird sie bedeutungslos und durch andere Regeln ersetzt, die innerhalb einer Hierarchie der Abstammung entweder ihre Kinder oder ihre Eltern sind. Keine dieser Sichtweisen kann aufgrund von Fakten die Oberhand über die andere gewinnen, weil beide auf Tatsachen gegründet […] sind.“ (Abschied von der Weltformel, S. 126f)

 

Es geht auch nicht um die Frage, ob man "Reduktionist" sei, oder nicht. Entscheidend ist, ob ein wissenschaftliches Modell die beobachtbaren Tatsachen besser als andere Modelle beschreibt. Wenn man dieses Modell auf eines niedrigerer Ordnung reduzieren kann, und es dabei einfacher und einsichtiger wird, umso besser. Notwendig für die wissenschaftliche Arbeit ist eine solche philosophische Debatte nicht.

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vor 1 Stunde schrieb Marcellinus:

[Robert B. Laughlin:] Die Gesetze der Quantenmechanik, die Gesetze der Chemie, die Gesetze des Stoffwechsels und die Gesetze der Häschen, die in den Innenhöfen meiner Universität vor Füchsen flüchten, gehen alle auseinander hervor, doch es sind die Gesetze der letzten Gruppe, die am Ende für das Häschen zählen.“

 

Das ist ein wichtiger Punkt: Das eine geht aus dem anderen hervor; von der "unteren" Ebne her lässt sich verstehen, was auf der "oberen" passiert. So ließe sich prinzipiell beispielsweise aus einer Analyse aller Neuronen und ihrer Aktivitäten auf die "Makroprozesse" im Gehirn schließen. Aber eben nicht auf die psychischen Prozesse!

 

vor 1 Stunde schrieb Marcellinus:

Notwendig für die wissenschaftliche Arbeit ist eine solche philosophische Debatte nicht.

 

Volle Zustimmung. Wie ich schon sagte: Wenn ein Naturwissenschaftler beispielsweise einfach versucht, das menschliche Gehirn genau zu beschreiben, oder wenn er zu erklären bemüht ist, wie sich die Makrostrukturen aus den Mikrostrukturen ergeben und wie die Makroprozesse aus den Mikroprozessen resultieren, braucht er überhaupt keine Philosophie. Man kann auch noch Neurowissenschaften und kognitive Psychologie soweit kombinieren, dass man gesetzmäßige Zusammenhänge zwischen Geist und Gehirn erforscht. Auch das hat mit Philosophie erst mal wenig zu tun - allerdings braucht man da eben dann zumindest die Psychologie bzw. psychologische Konzepte. Anatomie und Physiologie als biologische Disziplinen kennen kein "Ich", keine "Gedanken" und kein "Wollen"!

 

Die Frage hingegen, was der Geist eigentlich ist, und wie er sich grundsätzlich zum Gehirn verhält, ist philosophisch; sie entzieht sich den Neurowissenschaften.

Denn der Naturwissenschaftler kann zwar ein Gehirn, einen Kristall und eine Pflanze in "seiner" Sprache beschreiben, indem er die jeweilige physisch-räumliche Struktur dieser Objekte angibt (wenn im ersten Moment vielleicht auch nur grob). Er kann dann auch mit der naturwissenschaftlichen Forschung beginnen, indem er die genannten Objekte genauer untersucht, etwa Schnitte von ihnen unter ein Mikroskop legt. Und der Naturforscher kann auch verstehen, wie aus dem Zusammenspiel von Neuronen, Gitter-Molekülen oder organischen Molekülen ein bestimmtes komplexes Gebilde mit seinen Funktionen entsteht, sofern er die besagten Mikro-Komponenten und ihre Eigenschaften und Wechselwirkungen erst einmal hinreichend verstanden hat. Vielleicht verzichtet er je nach Zusammenhang sogar auf eine Beschreibung auf Mikro-Ebene und bleibt bei der Makro-Ebene - aber das ist nicht entscheidend, und zwar aus zwei Gründen nicht: Erstens könnte er auf die Mikroebene gehen und zweitens verwendet er auch bei einer Beschreibung der Makro-Eigenschaften die Begrifflichkeit der Naturwissenschaft. Er spricht von "Form" und "Dichte", von "Masse" und "Lichtbrechung" usw.

 

Mit dem Psychischen funktioniert das aber gerade nicht - weder kann man es naturwissenschaftlich beschreiben noch kann man erklären, wie es aus dem Zusammenspiel von Molekülen oder Neuronen entstehen sollte. Weshalb die Naturwissenschaften hier eben an eine Grenze stoßen.

 

bearbeitet von iskander
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vor 11 Stunden schrieb Studiosus:

Das ist interessant, aber nicht zielführend. Die Kirche hingegen legt auf Grundlage der Schrift in Zusammenschau mit der authentischen Überlieferung eine konsistente Lehre vor. 

Die kirchliche Lehre ist zumindest halbwegs selbst-konsistent, denn man hat sich bereits ab dem 2. Jahrhundert um diese Selbst-Konsistenz bemüht.

Damals war die Lehre auch noch halbwegs konsistent mit der allgemeinen Weltsicht, also mit den Erkenntnissen über die Welt - so wie man sie damals hatte.

 

Durch die Tradition ist die kirchliche Lehre immer noch konsistent zu der Welt - allerdings nicht zu der Welt, wie man sie heute sieht, sondern zur Welt der Antike.

 

Schlimmer, als die inzwischen sehr mangelhafte Konsistenz mit der Realität ist allerding der Mangel an Themen, die sich in der Zwischenzeit (also seit der Antike) angesammelt haben. Man muss die alten, traditionellen Lehraussagen kräftig an den Haaren ziehen, um etwas über Klima-Erwärmung oder den Unterschied zwischen physischem Geschlecht und Gender-Geschlecht zu erkennen. 

 

Der Sündenfall ist auch so ein Problem. Wann soll er denn stattgefunden haben? Beim Homo Habilis, beim Homo Rudolfensis, beim Homo Erectus, beim Neandertaler oder erst beim Homo sapiens sapiens? Er hat historisch überhaupt nicht stattgefunden.

 

Paulus meint: Durch die Sünde kam der Tod. Ach, Quatsch! Den Tod gab es schon hunderte Millionen Jahre vor dem Auftreten der allerersten Primaten. 

Biblische und reale Wirklichkeitserkenntnis klaffen meilenweit weit auseinander.

 

Auf Grundlage der Bibel kann man zwar ein selbstkonsistentes Lehrwerk aufbauen, aber zusammen mit der Bibel versinkt dieses Lehrwerk immer tiefer in der Vergangenheit. Man behilft sich deshalb mit "symbolischen Auslegungen" der Bibel und versucht, die kirchliche Lehre auf Symbolik zu gründen. Das wirkt geradezu witzig. Die Lehre ist nicht mehr (wie in der Antike) auf reale Erfahrungen und Wahrnehmungen gegründet, sondern auf a-historischen Zusammenreimungen. 

Noch schlimmer: viele dieser Zusammenreimungen sind (durch das Konsistenzbemühen) nicht nur ahistorisch, sondern historienwidrig. Alles nur Klitterung - wenn auch mit großer Emphase als Realität behauptet. 

 

Der Volksmund hat für diesen Prozess inzwischen schon eine passende Bezeichnung: "Aus der Zeit gefallen". 

Für ein Glaubensleben in der heutigen Zeit hat die kirchliche Lehre kaum noch was zu bieten. 

Man wird durch die veraltete, irreal gewordene Lehre immer mehr gezwungen, sich zu verbiegen und dazu die Realität zu verzerren und das Alte an den Haaren herbeizuzerren.

 

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vor 7 Stunden schrieb Marcellinus:

Wir sind dazu konstruiert, nach kausalen Zusammenhängen zwischen den Dingen zu suchen und tiefe Befriedigung dabei zu empfinden,

 

So sind wir konstruiert. 

In letzter Zeit kommen wir mit den kausalen Zusammenhängen allerdings immer mehr an Grenzen.

Die Grenzen des kausalen Denkens treten immer deutlicher hervor.

Und damit sinkt auch die "tiefe Befriedigung". 

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