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Wohin ist die prägende Kraft des Christentums


Mecky

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Wer's lesen mag ....

 

Frischer Wind in die Gottesdienste

Absurdes Theater um Altar?

Die Liturgiereform im Gefolge des Zweiten Vatikanums birgt viele Ungereimtheiten

 

Eine der sichtbarsten Auswirkungen des vatikanischen Reformkonzils im 20. Jahrhundert war und ist die Liturgiereform. Es war die Absicht der Reformer, die Parallelität der amtlichen Klerikerliturgie mit der geduldeten Volksliturgie der Laien aufzuheben und beide zu vereinigen, Die Einführung der amtlichen Sprachen der modernen Nationalstaaten war unüberhörbar, organisierbar und verständlich, hatte aber auch ihre Tücken. Denn die offizielle Amtssprache ist keineswegs immer die Sprache des Volkes. Sie unterliegt sogar Änderungen, die nicht immer kontrollierbar sind, wie der aktuelle Rechtschreibreformstreit im deutschen Sprachraum zeigt. Die Volkssprache ist lebendig; unsere liturgische Kirchensprache aber ist trotz nationaler Grammatik und Klangfarbe tot. Die Übersetzungen transportieren eher den modrigen, den letalen Charakter der Vergangenheit als die Zeit übergreifende Schönheit der alten Sprachen. Vom jeweils formulierten Glaubensinhalt gar nicht zu reden. Die Liturgiereform steht daher auch im sprachlichen Bereich erst am Anfang und ist keineswegs abgeschlossen. Einladungen zu gläubigen Literaturwerkstätten wären eine dringliche Notwendigkeit! Lebendiges Beispiel solcher Einladung für eine moderne Gebetssprache: das CredoProjekt von Publik-Forum.

Die Einführung der allgemeinen Verkehrsprachen in die amtlich-kirchliche Klerikerliturgie löste keineswegs die Beteiligungsfrage der Laien an der Liturgie, sondern verschärfte das Problem. Früher konnten die Laien während des Rituals des Priesters meistens selbst entscheiden, was man betete und sang, oder ein stilles Gebet verrichten. Sie wurden nur durch Klingelzeichen des Messdieners über den Fortgang des priesterlichen Rituals informiert. Nunmehr aber war man zwingend in die Klerikerliturgie eingebunden, der man alle Aufmerksamkeit schenken sollte. Das ging anfangs gut. Die Laien aber merkten sehr bald, dass ihre gläubige Erfahrung kaum gefragt war und sie eher belehrt als gehört wurden. Sogar das amtliche Fürbittgebet, im lateinischen Text noch als Gebet der Gläubigen bezeichnet, wurde meist vorformuliert und durfte dann wenigstens von einem Mitglied des Volkes laienhaft vorgelesen werden. Aber es war meist nicht seine Bitte.Viele Priester tun sich die Mühe des Fragens um diese Lesetätigkeit aber gar nicht erst an und lesen auch die Fürbitten selbst; schließlich meinen sie unbestreitbar, dass sie ja auch zum Volk gehören und aus ihm stammen. Die Laien wurden so weit gehend zu Statisten der amtlich festgelegten Klerikerliturgie in volkssprachlicher Form. Und wenn dann noch unverstandene Bibelstellen unverständlich vorgelesen werden, Kirchenlieder mangels Kenntnis von Text und Liturgie nicht mitgesungen werden können, verkommt der dialogisch angelegte eucharistische Gottesdienst regelrecht zu einem absurden Theater, das einer gewissen Komik nicht entbehrt!

Um nicht ständig belabert zu werden, forderten die Gläubigen bald mehr Stille im Gottesdienst oder Musik, die ihrem religösen Gefühl entsprach. Da dies aber meist nicht gestattet wurde und eine breitere Meinungsvielfalt in den klerikerzentrierten Gottesdiensten auch schwer unterzubringen ist, bleiben immer mehr Gläubige weg. Man muss ja nicht jeden Sonntag die Meinung des bekannten Pfarrers anhören, besonders dann nicht, wenn man sie nicht teilt.

Traditionalisten sehen deshalb in der Liturgiereform die Zerstörung einer Tradition des Glaubens. Sie versuchen an der lateinischen Sprache und an den tridentinischen rituellen Formen festzuhalten. In verkürzender Weise geben sie der Liturgiereform die alleinige Schuld am Rückgang des Glaubenswissens und an den entleerten Kirchen. Diese konservative und teils reaktionäre Kritik hat in einigen Aspekten durchaus Recht, greift aber letztlich zu kurz. Denn angesichts eines »zölibateren« Priestermangels ist die Reduktion auf die alte tridentinische Klerikerliturgie eher tödlich als nachhaltig Kirchen füllend.

Die Kirchen füllen sich aber, wenn in Form von Konzerten religiöse Musikliteratur aus Vergangenheit und Gegenwart gespickt mit literarisch-poetischen Texten dargeboten wird. Dabei fühlen sich nämlich Menschen in ihrer Professionalität ernst genommen und nicht beckmesserisch abgewertet. Eine aufmerksame Pastoral des Ernstnehmens findet vielfach auch bei den sakramentalen Feiern zu den Lebenswenden von Geburt und Tod, Erwachsenwerden und Familiengründung und dergleichen sowie im religiösen Wallfahrtstourismus statt. Nicht zu vergessen die Kindergottesdienste, wo in spielerischer Form biblische Botschaft gefeiert werden darf und die offiziellen Rituale Kindern zuliebe angepasst werden dürfen. Schließlich kann das Leben der Menschen nur gefeiert werden, indem man diese konkreten Menschen ernst nimmt, die man zur Feier einlädt! Wer aber die derzeitigen kirchenrechtlichen Verbotsvorschriften liest, fühlt sich gar nicht eingeladen, die göttlichen Heilsgeheimnisse des menschlichen Lebens zu feiern. Diese Texte werden als eine faktische Ausladung verstanden. Die Festfeiern der »ersten Freigelassenen der Schöpfung« (Jürgen Moltmann) brauchen andere liturgische Anleitungen und Handbücher.

 

Hans-Antor Ederer in Publik-Rorum Nr. 20, 2004

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Ich finde den Artikel (auch wenn ich die Zeitschrift nicht kenne - wo gehört Publik-Rorum hin?) sehr interessant. Er beweist, daß man alles schlechtreden kann, man braucht nur pauschal gegen "das Alte" zu schreiben und Pseudo-Reformausdrücke und einseitig negativ besetzte Ausdrücke ("alter klerikerzentrierter Gottesdienst" als religiöse Entsprechung zum allseitig abgelehnten "lehrkraftzentrierten Frontalunterricht") zu gebrauchen.

 

Ich will nicht bestreiten, daß man die Hl. Messe mit Liebe interessant gestalten kann oder auch einfach nur "abspulen". Genau dasselbe trifft aber auch für die modernisierten und ordnungslosen Formen einer "Messfeier" zu. Das aber wird vorsorglich verschwiegen.

 

Die Qualität des Beitrages leidet beträchtlich unter folgendem: das Bestehende wird einseitig negativ, das (von einem Teil der Gläubigen) Herbeigesehnte wird einseitig positiv dargestellt.

 

In meiner bewußten Zeit des Erlebens katholischen Gemeindelebens in inzwischen 5 Gemeinden mit einem guten Dutzend Priestern in verschiedenen Gegenden der Welt und Deutschlands (fast immer in der Diaspora, vielleicht ist da so manches noch volksnah-konservativer als in mehrheitlich-katholischen Gebieten?) habe ich wohl gelungenere und weniger gelungene Messfeiern erlebt. Ein Desinteresse in der beschriebenen Art habe ich dagegen kaum gefunden. Zum einen wurden überall die Gemeinden recht stark (für mein Gefühl manchmal zu stark - Stichwort "Aktivität über alles!", allerdings eher in Nichtdiaspora-Gebieten) in den Messablauf eingebunden, zum anderen habe ich in Deutschland bisher wenig allgemeine Neigung zu frei formulierten oder gar spontanen Fürbittgebeten gefunden. Es gibt in sogenannten Jugendmessen etc. viel Freiraum für solche Dinge; man sollte aber nicht übersehen, daß dies eben kein allgemeines Bedürfnis ist und viele mit dem Bestehenden sehr gut zurechtkommen.

 

Und die einseitigen Neuerer sollten vielleicht auch einmal über das Wort Thomas Manns nachdenken, der einem katholischen Freund schrieb, er beneide ihn um sein Katholischsein, der Protestantismus sei zum Kulturprotestantismus geworden.

 

Könnte es vielleicht sein, daß außerhalb der Diaspora die Kirche zu selbstverständlich geworden ist? Daß dort manchmal die Aufspaltung der Gemeinden durch jeweilig etwas einseitig veranlagte Pfarrer zu weit vorangetrieben wurde und deshalb viele "normale" Gemeindemitglieder nicht mehr erreicht werden, weil sie sich von zu vielen Neuerungen abgeschreckt fühlen? Wie seht Ihr das?

bearbeitet von soames
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@ soames

 

Ich finde den Artikel (auch wenn ich die Zeitschrift nicht kenne - wo gehört Publik-Rorum hin?) sehr interessant. Er beweist, daß man alles schlechtreden kann, man braucht nur pauschal gegen "das Alte" zu schreiben und Pseudo-Reformausdrücke und einseitig negativ besetzte Ausdrücke ("alter klerikerzentrierter Gottesdienst" als Gegenstück zum allseitig abgelehnten "lehrkraftzentrierten Frontalunterricht") zu gebrauchen.

Auf Grund der Verflechtungen auf der Ebene der handelnden Personen kann man wohl davon ausgehen, daß das Publik-Forum eine Art Haus-Postille der IKvU ist! :blink:

 

Der vorliegende Artikel erhärtet IMHO den Verdacht!

 

GsJC

Raphael

bearbeitet von Raphael
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Die Kirchen füllen sich aber, wenn in Form von Konzerten religiöse Musikliteratur aus Vergangenheit und Gegenwart gespickt mit literarisch-poetischen Texten dargeboten wird.

 

Der inneren Verkümmerung will man mit publikumswirksamen Versammlungen beikommen!

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Dieser Satz ist mir auch aufgestoßen.

 

Die Kirchen können sich aus unterschiedlichen Gründen füllen: Konzerte, Show-Gottesdienste für die Enkel, Tod eines Prominenten.

 

Wenn sie sich nicht des Glaubens wegen füllen, ist dies m.E. alles hoffnungslos. Und die Hoffnung, dass die Leute nach einem Angebots-Gottesdienst dann so begeistert sind, dass sie dadurch zum Glauben kommen, darf man getrost vergessen.

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Dieser Satz ist mir auch aufgestoßen.

 

Die Kirchen können sich aus unterschiedlichen Gründen füllen: Konzerte, Show-Gottesdienste für die Enkel, Tod eines Prominenten.

 

Wenn sie sich nicht des Glaubens wegen füllen, ist dies m.E. alles hoffnungslos. Und die Hoffnung, dass die Leute nach einem Angebots-Gottesdienst dann so begeistert sind, dass sie dadurch zum Glauben kommen, darf man getrost vergessen.

Volle Zustimmung.

 

Aber was kann die "Welt" (im biblischen Sinn) anderes als Erfolgsbestätigung bieten als Zahlen? Solange in Zahlen gedacht wird, sind wir dem Denken der Welt verhaftet. Zahlen können ein Resultat sein, dürfen aber niemals die Motivation sein....

 

... sind es aber zu oft, eigentlich immer, wenn ich an mir bekannte kirchl. Aktionen denke und daran, wie diese beurteilt wurden.

bearbeitet von rorro
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"Aber was kann die "Welt" (im biblischen Sinn) anderes als Erfolgsbestätigung bieten als Zahlen?" (Rorro)

 

Lust, Rachebefriedigung, Lob, Erfolg, Macht. Gar nicht mal so schlecht.

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"Aber was kann die "Welt" (im biblischen Sinn) anderes als Erfolgsbestätigung bieten als Zahlen?" (Rorro)

 

Lust, Rachebefriedigung, Lob, Erfolg, Macht. Gar nicht mal so schlecht.

Ja, leider hast Du Recht.

 

Wie ist Deine Meinung zu meiner Frage im obigen letzten Absatz (in Nichtdiaspora-Gebieten manchmal zu weite Aufspaltung der Gemeinden durch zu einseitig veranlagte Priester, was zu einem Verlust an "Durchschnittsgläubigen" führt)?

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Ich meine damit, daß ein besonders konservativer oder modernistischer Pfarrer viele Durchschnittschristen zusammen mit der jeweiligen ausgesprochenen Gegengruppe aus der Gemeinde vergrault. Gibt es das?

 

Hier in der Diaspora kenne ich nur Pfarrer (die sicher auch sonst die ganz überwiegende Mehrheit stellen, das ist mir auch klar) die schöne aber der Form nach gemäßigt konservative Messen halten, d. h. sie machen keine individualistischen, vom Meßbuch abweichenden Extrawürste oder Theatereinlagen zur "modernen" Verdeutlichung von irgendwelchen Aussagen.

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Lieber Soames,

 

das ist etwas, was ich immer wieder beobachte. Oft liegt es gar nicht an der Einseitigkeit (die hat dann oft erst Konsequenzen, wenn der Priester geht und ein Nachfolger vor einer ihm seltsam erscheinenden Gemeinde steht), sondern am Umgangsstil.

 

In meiner Nachbarschaft ist ein junger Priester, den ich sehr schätze. Er ist hochfleißig, persönlich sehr integer, hochintelligent, ziemlich konservativ, couragiert und absolut kein Spinner. Er hat viele Fähigkeiten, aber er trifft das Gemüt der Leute oft nicht ganz. Er provoziert z.B. gelegentlich und ist dann fit für eine heiße Diskussion. Aber die meisten Leute ziehen dann den Kopf ein, möchten nicht mit ihm streiten (was er gerne möchte), weil man das (ihrer Gewohnheit nach) mit einem Pfarrer nicht tut und weil sie ihm auch nicht gewachsen sind (er redet gern lateinisch...).

So wurde er schon öfter mit ultrakonservativen Spinnern verwechselt, man hält ihm vor, dass er zu streng und fadengerade sei. Dabei will er doch nur die Dinge beim Namen nennen und dann diskutieren.

 

So finden ihn die einen genial (was er vielleicht sogar in gewissem Sinne ist), die anderen für :ph34r: unbeschreiblich.

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Ich meine damit, daß ein besonders konservativer oder modernistischer Pfarrer viele Durchschnittschristen zusammen mit der jeweiligen ausgesprochenen Gegengruppe aus der Gemeinde vergrault. Gibt es das?

Ich kenne viele sehr konservative und auch viele sehr moderne ("modernistisch" lehnt sich zu sehr an einen Fachterminus an) Priester, die je auf ihre Weise gute Arbeit leisten und viel Gutes tun und bewirken. Ich glaube nicht, dass das Problem auf dieser Ebene liegt.

 

Mir fällt gerade eine kleine Anekdote ein:

Als ich in meine jetzige Stelle kam, hatten die Leute furchtbar Angst. Der Anlass war banal: Ich habe zu Allerheiligen auf dem Friedhof einen Rauchmantel angezogen, einen schwarzen!

Mein Vorgänger war ein überzeugter Vatikanum II - Prophet. Schwarze Rauchmäntel galten als vorkonziliar. Dass ich im Sommer gerne Bassgeigen anziehe (find ich praktisch, da zieht von der Seite die Luft durch), hat dieses Bild noch mehr gestützt.

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Frischer Wind in die Gottesdienste

Absurdes Theater um Altar?

Die Liturgiereform im Gefolge des Zweiten Vatikanums birgt viele Ungereimtheiten

 

Eine der sichtbarsten Auswirkungen des vatikanischen Reformkonzils im 20. Jahrhundert war und ist die Liturgiereform. Es war die Absicht der Reformer, die Parallelität der amtlichen Klerikerliturgie mit der geduldeten Volksliturgie der Laien aufzuheben und beide zu vereinigen, Die Einführung der amtlichen Sprachen der modernen Nationalstaaten war unüberhörbar, organisierbar und verständlich, hatte aber auch ihre Tücken. Denn die offizielle Amtssprache ist keineswegs immer die Sprache des Volkes. Sie unterliegt sogar Änderungen, die nicht immer kontrollierbar sind, wie der aktuelle Rechtschreibreformstreit im deutschen Sprachraum zeigt. Die Volkssprache ist lebendig; unsere liturgische Kirchensprache aber ist trotz nationaler Grammatik und Klangfarbe tot. Die Übersetzungen transportieren eher den modrigen, den letalen Charakter der Vergangenheit als die Zeit übergreifende Schönheit der alten Sprachen. Vom jeweils formulierten Glaubensinhalt gar nicht zu reden. Die Liturgiereform steht daher auch im sprachlichen Bereich erst am Anfang und ist keineswegs abgeschlossen. Einladungen zu gläubigen Literaturwerkstätten wären eine dringliche Notwendigkeit! Lebendiges Beispiel solcher Einladung für eine moderne Gebetssprache: das CredoProjekt von Publik-Forum.

Die Einführung der allgemeinen Verkehrsprachen in die amtlich-kirchliche Klerikerliturgie löste keineswegs die Beteiligungsfrage der Laien an der Liturgie, sondern verschärfte das Problem. Früher konnten die Laien während des Rituals des Priesters meistens selbst entscheiden, was man betete und sang, oder ein stilles Gebet verrichten. Sie wurden nur durch Klingelzeichen des Messdieners über den Fortgang des priesterlichen Rituals informiert. Nunmehr aber war man zwingend in die Klerikerliturgie eingebunden, der man alle Aufmerksamkeit schenken sollte. Das ging anfangs gut. Die Laien aber merkten sehr bald, dass ihre gläubige Erfahrung kaum gefragt war und sie eher belehrt als gehört wurden. Sogar das amtliche Fürbittgebet, im lateinischen Text noch als Gebet der Gläubigen bezeichnet, wurde meist vorformuliert und durfte dann wenigstens von einem Mitglied des Volkes laienhaft vorgelesen werden. Aber es war meist nicht seine Bitte.Viele Priester tun sich die Mühe des Fragens um diese Lesetätigkeit aber gar nicht erst an und lesen auch die Fürbitten selbst; schließlich meinen sie unbestreitbar, dass sie ja auch zum Volk gehören und aus ihm stammen. Die Laien wurden so weit gehend zu Statisten der amtlich festgelegten Klerikerliturgie in volkssprachlicher Form. Und wenn dann noch unverstandene Bibelstellen unverständlich vorgelesen werden, Kirchenlieder mangels Kenntnis von Text und Liturgie nicht mitgesungen werden können, verkommt der dialogisch angelegte eucharistische Gottesdienst regelrecht zu einem absurden Theater, das einer gewissen Komik nicht entbehrt!

Um nicht ständig belabert zu werden, forderten die Gläubigen bald mehr Stille im Gottesdienst oder Musik, die ihrem religösen Gefühl entsprach. Da dies aber meist nicht gestattet wurde und eine breitere Meinungsvielfalt in den klerikerzentrierten Gottesdiensten auch schwer unterzubringen ist, bleiben immer mehr Gläubige weg. Man muss ja nicht jeden Sonntag die Meinung des bekannten Pfarrers anhören, besonders dann nicht, wenn man sie nicht teilt.

Traditionalisten sehen deshalb in der Liturgiereform die Zerstörung einer Tradition des Glaubens. Sie versuchen an der lateinischen Sprache und an den tridentinischen rituellen Formen festzuhalten. In verkürzender Weise geben sie der Liturgiereform die alleinige Schuld am Rückgang des Glaubenswissens und an den entleerten Kirchen. Diese konservative und teils reaktionäre Kritik hat in einigen Aspekten durchaus Recht, greift aber letztlich zu kurz. Denn angesichts eines »zölibateren« Priestermangels ist die Reduktion auf die alte tridentinische Klerikerliturgie eher tödlich als nachhaltig Kirchen füllend.

Die Kirchen füllen sich aber, wenn in Form von Konzerten religiöse Musikliteratur aus Vergangenheit und Gegenwart gespickt mit literarisch-poetischen Texten dargeboten wird. Dabei fühlen sich nämlich Menschen in ihrer Professionalität ernst genommen und nicht beckmesserisch abgewertet. Eine aufmerksame Pastoral des Ernstnehmens findet vielfach auch bei den sakramentalen Feiern zu den Lebenswenden von Geburt und Tod, Erwachsenwerden und Familiengründung und dergleichen sowie im religiösen Wallfahrtstourismus statt. Nicht zu vergessen die Kindergottesdienste, wo in spielerischer Form biblische Botschaft gefeiert werden darf und die offiziellen Rituale Kindern zuliebe angepasst werden dürfen. Schließlich kann das Leben der Menschen nur gefeiert werden, indem man diese konkreten Menschen ernst nimmt, die man zur Feier einlädt! Wer aber die derzeitigen kirchenrechtlichen Verbotsvorschriften liest, fühlt sich gar nicht eingeladen, die göttlichen Heilsgeheimnisse des menschlichen Lebens zu feiern. Diese Texte werden als eine faktische Ausladung verstanden. Die Festfeiern der »ersten Freigelassenen der Schöpfung« (Jürgen Moltmann) brauchen andere liturgische Anleitungen und Handbücher.

 

Hans-Antor Ederer in Publik-Rorum Nr. 20, 2004

Nun ja,

 

man kann Einiges zu diesem Artikel sagen.

 

Zunächst einmal liegt es wohl kaum an der Liturgie selbst, dass die Kirchen immer leerer werden, sondern an anderen Faktoren. Die Frage, wie voll die Kirchen sind, ist eigentlich kein gutes Kriterium. Ich habe volle Kirchen erlebt bei Jugend- und Kindermessen, aber auch bei Messen mit vorkonziliarem Ritus, bei hochliturgischen Pontifikalmessen, aber auch beil orthodoxen Liturgien. Es scheint all das anziehend zu sein, was aus dem allsonntäglichen Einerlei herausragt und alles findet immer noch genügend Anhänger.

Es wäre hier ja eher zu fragen, warum dies so ist. Ich denke, neben allgemeinen Faktoren, etwa dass in einer Erlebnisgesellschaft die Messe nicht mehr der Höhepunkt der Woche ist, gibt es auch Aspekte, die in der Praxis der Liturgie selbst begründet liegen. So verlangt die heutige Liturgie eine hohe liturgische Kompetenz, die weit über die Rubrizistik vergangener Tage hinausgeht. Besonders deutlich wird dies bei vielen gestalteten Messen, die gründlich misslingen, weil sie mit Symbolik überladen werden, weil sie die falschen Symbole verwenden, weil sie Texte verwenden, die noch weniger verständlich sind als die Bibeltexte, obwohl man eigentlich das Gegenteil erreichen möchte. Im seelsorgerlichen Getriebe, so scheint es mir, bringen die Priester nicht die Zeit auf, die notwendig wäre, um eine solche Liturgie zu durchdenken und auch durchzugestalten. Ich meine damit nicht ein jeweils neu ausgedachtes Symbol, letztlich gilt das für jede noch so einfache Messe.

Richtig analysiert ist m.E. in diesem Artikel, dass das alte Gefälle Klerus - Volk nicht mehr existiert. Allerdings hat das nicht dazu geführt, dass das Volk ein eigenes geschärftes Profil hätte. Bei von Laien gestalteten Wortgottesdiensten ist es häufig auffällig, dass die Laien versuchen, den Pfarrer zu ersetzen, nicht aber selbst in der Lage sind, die ihnen zugedachte Rolle, als Gottesdienstleiter auszufüllen. Andererseits ist ja gerade der Prieser derjenige, der zum Diens in der Liturgie bestellt worden ist.

Interessant in diesem Artikel ist die Beobachtung hinsichtlich kirchlicher Sprache. Diese ist eine Binnensprache, die recht weit von der Umgangssprache entfernt ist. Verständlich ist sie allein für den Eingeweihten. Andererseits ist natürlich eine Übersetzung der Lateinischen Texte immer auch Interpretation. Insofern wäre ein Neuanfang ja nicht allein ein Deutsches Projekt, sondern eines, dass im Gesamtkontext der Kirche stattzufinden hätte.

 

Viele Grüße,

 

Matthias

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Lieber Mecky,

 

ich habe meinen Gedanken vielleicht ein bißchen falsch verpackt. Was Du sagst ist ganz richtig. Ich denke, daß sich ein Pfarrer, egal wo er persönlich steht, im Rahmen des Möglichen um die ganze Gemeinde kümmern sollte. Dies meint: im Rahmen der vielfältigen Gemeindeangebote, die der Pfarrer macht, wäre es vielleicht ganz praktisch, Nischen zu finden. Z. B. für liturgisch sehr konservative Gemeindemitglieder die Dienstags-Messe, während es donnerstags eine moderne Messe mit starker Betonung der NGL gibt. Und einen kleinen theologischen Diskussionskurs für die wenigen Gemeindemitglieder, die mit ihrem Pfarrer diskutieren möchten (noch dazu wenn er dankenswerterweise persönlich recht konservativ ist) im Rahmen eines Hauskreises oder alle drei Wochen als eine Art Bibel- oder Theologiekreis. Die Sonntagsmesse aber von solchen Spezialangeboten auszunehmen, damit sich die beiden obigen Gruppen gleichermaßen damit abfinden können, aber auch die vielen "normalen" Gemeindemitglieder, die schlicht keine nach irgendeiner Seite überspannte Messe verarbeiten möchten, aber trotzdem eine gute Predigt hören und eine würdige Eucharistie feiern wollen, nicht abgeschreckt werden, weil sie mit dem Gebotenen nicht umgehen können.

 

Ich bin mir nicht darüber im klaren, wie praktikabel eine solche Überlegung überhaupt wäre, noch dazu in Zeiten von immer größeren Gemeindeverbünden. Aber die breite Masse als Hauptbeteiligte zu halten und ab und zu auch besonders interessierten etwas zu bieten halte ich im Grunde für eine lohnende Sache.

 

Schwarze Rauchmäntel und Baßgeigen sind übrigens eine schöne Sache. Ich habe soetwas leider noch nie in Aktion gesehen. Unsere Pfarrei hat leider nicht genug Geld, um mehr als einen goldenen Rauchmantel für Marienvespern etc. zu erwerben.

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Lieber Mecky,

 

den Rauchmantel habe ich als Pluviale gefunden. Aber was ist eine Bassgeige (außer einem Kontrabass?).

 

Herzliche Grüße

Martin

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Mir hat die Idee mit den "gläubigen Literaturwerkstätten" gefallen. Könnte man auch Liturgiewerkstätten nennen. Wichtig daran ist, daß sie ein hohes liturgisches und christliches Niveau haben und von der Kirchenleitung aprobiert werden. Das ist es auch, was Mecky möchte, zeitgemäße Texte die offiziell sind.

Ein Beispiel:

In diesem Jahr habe ich bei der Fronleichnamsprozession die Original-Gebete aus meiner Bischofsstadt Würzburg verwendet. Ganz leicht Anpassungen an die örtlichen Unterschiede waren natürlich nötig. Ich habe den Teilnehmern an der Prozession auch bekanngemacht, daß wir heute mit unserem Bischof beten. Nachher spürte ich sehr deutlich die Reaktion: Was, diese Texte sind aus Würzburg, vom Bischof? Alle Achtung, das hätte ich nicht erwartet. So rückständig, wie immer getan wird, sind die ja gar nicht!

 

Oft ist es nur eine Umstellung oder ein paar zusätzliche Wörtchen in einem altbekannten Text, der Gläubige aufhören läßt. Aber dazu gehört ein Priester, der 1. die Zeit und 2. die Einsicht hat, daß es sich auf jeden Gottesdienst vorzubereiten hat und 3. auch den "Mut".

 

Kulturelle Veranstaltungen in einer Kirche lehne ich nicht von vornherein ab. Im Advent veranstalten wir meistens auch etwas in der Richtung und die Kirche platzt dann aus allen Nähten. Nun lebe ich aber in einer religiös geprägten Gegend, und die Menschen die da kommen, haben durchaus eine Beziehung zur Kirche und dürften überwiegend auch gläubig sein. Daß die Kirche so gut gefüllt ist, liegt einfach an der Tatsache, daß die Menschen von überall her kommen. Was bei einem Gottesdienst kaum der Fall ist. Nur mit Einheimischen wäre ein Gospel-Konzert nur ein Drittel so gut besucht. Ich bin überzeugt, die Menschen hungern auch nach solchen innerkirchlichen Erlebnissen. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, ab und zu hätte gerne auch Stückchen Butter dazu. Und solche Veranstaltung bieten die Chance, zu zeigen, daß die Kirche durchaus lebendig und auf der Höhe der Zeit ist, ohne daß man Gottesdienste damit überfrachten muß. Lassen wir doch alle möglichen Formen nebeneinander bestehen und hüten wir alles, was den Menschen und den christlichen Gemeinden dient.

 

Bei Faust heißt es "Ein Kommödiant könnt einen Pfaffen lehren". Ich bin nicht der Meinung, daß im Gottesdienst Theater gespielt werden soll, daß der Priester sich zum Narren oder Alleinunterhalter machen soll. Wirklich nicht. Aber etwas Gespür für theatralisches Handeln wäre schon wünschenswert. Und da sind manche Zelebranten grottenschlecht. Wenn z.B. dem Kommunionhelfer die Hostie "hingeworfen wird, wie einem Hund ein Brocken".

Oder wenn der Priester in aller Ruhe kommuniziert, und dann noch schnell den Kommunionhelfer "bedient", der dann mit dem Leib Christi auf der Zunge sein Amt ausführen darf, bzw. erst mal schnell schlucken muß.

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Kulturelle Veranstaltungen in einer Kirche lehne ich nicht von vornherein ab. Im Advent veranstalten wir meistens auch etwas in der Richtung und die Kirche platzt dann aus allen Nähten. Nun lebe ich aber in einer religiös geprägten Gegend, und die Menschen die da kommen, haben durchaus eine Beziehung zur Kirche und dürften überwiegend auch gläubig sein. Daß die Kirche so gut gefüllt ist, liegt einfach an der Tatsache, daß die Menschen von überall her kommen. Was bei einem Gottesdienst kaum der Fall ist. Nur mit Einheimischen wäre ein Gospel-Konzert nur ein Drittel so gut besucht. Ich bin überzeugt, die Menschen hungern auch nach solchen innerkirchlichen Erlebnissen. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, ab und zu hätte gerne auch Stückchen Butter dazu. Und solche Veranstaltung bieten die Chance, zu zeigen, daß die Kirche durchaus lebendig und auf der Höhe der Zeit ist, ohne daß man Gottesdienste damit überfrachten muß. Lassen wir doch alle möglichen Formen nebeneinander bestehen und hüten wir alles, was den Menschen und den christlichen Gemeinden dient.

 

Bei Faust heißt es "Ein Kommödiant könnt einen Pfaffen lehren". Ich bin nicht der Meinung, daß im Gottesdienst Theater gespielt werden soll, daß der Priester sich zum Narren oder Alleinunterhalter machen soll. Wirklich nicht. Aber etwas Gespür für theatralisches Handeln wäre schon wünschenswert. Und da sind manche Zelebranten grottenschlecht. Wenn z.B. dem Kommunionhelfer die Hostie "hingeworfen wird, wie einem Hund ein Brocken".

Oder wenn der Priester in aller Ruhe kommuniziert, und dann noch schnell den Kommunionhelfer "bedient", der dann mit dem Leib Christi auf der Zunge sein Amt ausführen darf, bzw. erst mal schnell schlucken muß.

Auch ich lehne Kultur in der Kirche nicht ab. Geistliche Konzerte (wenn es keine Stadthalle gibt vielleicht auch weltliche?) finden auch hier immer wieder statt und stören nicht. Ich hatte den Artikel allerdings in dem Sinne verstanden, daß der Autor die langweilige Messe halt mal ausfallen lassen wollte zugunsten einer Veranstaltung mit geistlicher Musik und "spirituellen" Texten. Auch Kulturprotestantismus bedeutet für mich die Vernachlässigung des Gottesdienstes zugunsten von kulturellen Veranstaltungen.

 

Mit Theater meinte ich Pantomimen- oder Schauspieleinlagen von Jugendgruppen o. ä. zur "Verdeutlichung" der Aussage einer Lesung oder als Predigtersatz. Vor Jahren habe ich in der lutherischen Kirche hier ein schlicht entsetzliches Krippenspiel gesehen, das durch die Junge Gemeinde unter Leitung des Kantors aufgeführt wurde und eine "modernisierte" Brachialumschreibung der Weihnachtsgeschichte war. Es war nicht nur ästhetisch grauenhaft (aber über Geschmack kann man ja bekanntlich streiten) sondern enthielt auch sehr plump umgesetzte Allerweltspädagogik wie "Geld ist nicht alles". Wie gesagt, nicht die Intention des Stückes war schlecht, sondern die gesamte Art ihrer Umsetzung, angefangen bei den Texten.

 

Mit dem Wunsch nach mehr Gespür für die Wirkung ihrer Handlungen bei so manchem Zelebranten hast Du ebenfalls Recht. Es ist teilweise traurig, wie man die Hochgebete durch falsche Betonung oder schlichtes Herunterspulen kaputt machen kann. Und das obwohl man sie ständig benutzt und sie also auch in dieser Beziehung beherrschen müßte. Wie Du schon schreibst, setzt sich das Problem dann bei der Kommunionausteilung und anderen Sachen fort.

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Aber was ist eine Bassgeige (außer einem Kontrabass?).

Lieber Martin!

 

"Bassgeige" ist der landläufige Ausdruck für ein barockes Messgewand, das von vorn gesehen an die Form einer Bassgeige erinnert.

 

muenst6.jpg

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Interessant in diesem Artikel ist die Beobachtung hinsichtlich kirchlicher Sprache. Diese ist eine Binnensprache, die recht weit von der Umgangssprache entfernt ist. Verständlich ist sie allein für den Eingeweihten. Andererseits ist natürlich eine Übersetzung der Lateinischen Texte immer auch Interpretation. Insofern wäre ein Neuanfang ja nicht allein ein Deutsches Projekt, sondern eines, dass im Gesamtkontext der Kirche stattzufinden hätte.

Dem von Helmut gebrachten Artikel und auch Deiner Antwort darauf, besonders in diesem Abschnitt, liegt das Mißverständnis zugrunde, Liturgie sei Mittel der Mission.

 

Das war in der Alten Kirche nicht so, in den Ostkirchenriten wird das heute noch deutlich, das widerspricht auch dem fundamentalen Verständnis von "Danksagung". Besonders die Eucharistiefeier ist alles andere als Mission, sie ist Abschluß einer stattgehabten Mission.

 

Es mag sein, daß jemand durch liturgische Erlebnisse eher zum Glauben kommt, aber dann sicher nicht mit niederschwelliger Verständnisfreundlichkeit.

 

Mission findet woanders statt. Und wenn sie da nicht stattfindet, dann haben wir es nicht besser verdient als daß die Leute gehen.

 

Die Liturgie als Himmel auf Erden, als Teilnahme am Lobgesang der Engel, lasse ich mir aber nicht nehmen.

bearbeitet von rorro
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Die Liturgie als Himmel auf Erden, als Teilnahme am Lobgesang der Engel, lasse ich mir aber nicht nehmen.

Das finde ich einen tollen Satz!

 

Er zeigt, dass doch auch viel subjektives einfließt in die Beurteilung, was nun genau "Himmel auf Erden" ist.

 

Wird im Himmel ausschließlich Latein gesprochen oder ganz viele verschiedene Sprachen?

Singen die Engel gregorianisch oder studieren sie hin und wieder neue Lieder ein?

 

Ich will ganz bestimmt niemandem etwas wegnehmen, was er als "Himmel auf Erden" empfindet; nur darauf aufmerksam machen, dass das unterschiedliche Dinge sein können.

 

Liebe Grüße, Gabriele

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Diese Diskussion macht doch sehr deutlich, woran die Kirchen kranken, die reformatorischen nehme ich da nicht aus: Auf der einen Seite des Spektrums die Christen, die in der Kirche Hüterin des überlieferten Glaubens, Wächterin der Tradition sehen (alles in positivem Sinn gemeint) und treues Bewahren erwarten, als sicheren Anker in den vermeintlichen Zerfallserscheinung dieser Zeit. Am anderen Ende der Skala die "Erneuerer" (mir fällt kein treffendes Wort ein). Die Menschen, die die Lehre, so wie sie verkündigt wird, nicht erreicht, die Sehnsucht danach haben, die Schere zwischen ihrem zeitgemäßen Weltbild und ihrem persönlichen Glauben und dem offiziell verkündigten möge sich langsam schließen und nicht ständig öffnen.

 

Die Chance vieler kleiner Reförmchen während vieler Jahre JPII wurde vertan. Dieser Papst mag außenpolitisch glänzen, obwohl besondere Leistungen kann ich in seinen Friedensapellen und seinen Entschuldigungen nicht sehen. Außer, daß er des öfteren gegen den Rat seiner Kurie handelte. Das ist ja auch schon was. Aber "innenpolitisch" hat er wenig gutes bewirkt. Für den Druck, der die Kirche fast zu zerreißen droht, ist er verantwortlich. Nur ein Beispiel: Ich kann doch nicht weltweit mehr Rechte für die Frauen fordern, selbst aber unterdrücke ich jede Diskussion darüber für den eigenen Verantwortungsbereich per Diktat Muffti. Ich kann nicht den Kommunismus bekämpfen und gleichzeitig genauso handeln wie die alten Kommunistenherrscher vergangener Tage: am Amt kleben bis es auch den treuesten Anhängern peinlich wird und regelmäßig Massen aufbieten, um mich bejubeln zu lassen. Auch wenn es anders dargestellt wird, die Weltjugendtage sind bedenklich nahe an so manchem, was heute noch in China, Nordkorea, Kuba veranstaltet wird. Man muß nur mit der gleichen Brille hinsehen.

 

In der Tat komme ich, je mehr ich darüber nachdenke, zu dem Schluß und der Befürchtung, daß es auf eine neue Reformation, eine Kirchenspaltung zugeht. Die Christen, die heute aus durchaus gläubiger Überzeugung heraus den Kirchen den Rücken kehren, könnten durchaus eine neue religiöse Heimat in einer neuen Bewegung finden. Es braucht nur eine Persönlichkeit mit starkem Charisma und schon könnte der Ball ins Rollen kommen. Klingt vielleicht futuristisch, aber nicht unwahrscheinlich, zumindest für Europa. Der Geist wirkt bekanntlich, wo er will (und darf).

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Aber was ist eine Bassgeige (außer einem Kontrabass?).

Lieber Martin!

 

"Bassgeige" ist der landläufige Ausdruck für ein barockes Messgewand, das von vorn gesehen an die Form einer Bassgeige erinnert.

 

muenst6.jpg

Danke, Mecky. So etwas würde ich gerne öfter sehen. Auch die Augen "essen" mit. :blink:

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Lieber Helmut,

 

ich verstehe die Logik deiner Schlußfolgerungen nicht. Alles das gibt es doch schon. Wer katholisch sein möchte mich genau diesen Forderungen - die nichts, aber auch gar nichts ändern (siehe die evangelischen Versuche) könnte zu den Alt-Katholiken gehen. Sie sollen sehr lebendige Gemeinden haben. Und sie haben zumindest bewiesen, dass es sie immer noch gibt - auch wenn sie nicht nenneswert an Anzahl zunehmen.

 

Es gibt die katholische Kirche aus Bewahrer. Und das ist gut so. Und es gibt ihm großen Raum dieser Kirche eine große Anzahl von "Feldversuchen", die neue Wege beschreiten. Bitte schau dich doch da mal um. Zum Beispiel gefallen mir sehr die "Gemeinschaft der Seligpreisungen" und auch noch eine Reihe von anderen Versuchen, neue Wege zu gehen. Alles ohne Spaltung. Alles, um neue Impulse zu finden und zu erproben.

 

Herzliche Grüße

Martin

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Diese Diskussion macht doch sehr deutlich, woran die Kirchen kranken, die reformatorischen nehme ich da nicht aus: Auf der einen Seite des Spektrums die Christen, die in der Kirche Hüterin des überlieferten Glaubens, Wächterin der Tradition sehen (alles in positivem Sinn gemeint) und treues Bewahren erwarten, als sicheren Anker in den vermeintlichen Zerfallserscheinung dieser Zeit. Am anderen Ende der Skala die "Erneuerer" (mir fällt kein treffendes Wort ein). Die Menschen, die die Lehre, so wie sie verkündigt wird, nicht erreicht, die Sehnsucht danach haben, die Schere zwischen ihrem zeitgemäßen Weltbild und ihrem persönlichen Glauben und dem offiziell verkündigten möge sich langsam schließen und nicht ständig öffnen.

Hallo Helmut,

 

ich sehe diese Schere auch. Jedoch macht mich der letzte Satz stutzig. Du schreibst von Leuten, die sich von der Kirche abwenden, da ihr Glaube ein anderer als der von der Kirche verkündete sei. Sie erwarteten ein Schließen dieser Schere. Dies heißt für mich, daß diese Leute nicht nur andere Äußerlichkeiten wollen (moderneres, niedrigeres Vokabular, um fern stehende Massen zu erreichen; moderne Zivilgewänder etc.) sondern eine andere, "modernere" Glaubenssubstanz. Habe ich Dich da richtig verstanden? Wenn der Glaube aber als von Gott geoffenbart gilt, wäre ein Nachgeben bei letzterem Punkte Glaubensabfall, ein "selbstgestrickter" Glaube.

Sollten tatsächlich nur die Äußerlichkeiten stören, kann ich mich nur Martin anschließen. Die Kirche ist ein Haus mit sehr vielen Zimmern; ich glaube da kann sich niemand beschweren. Und ein paar Eckpunkte müssen nun einmal auf einem Fundament ruhen.

 

Ich kann nicht den Kommunismus bekämpfen und gleichzeitig genauso handeln wie die alten Kommunistenherrscher vergangener Tage: am Amt kleben bis es auch den treuesten Anhängern peinlich wird und regelmäßig Massen aufbieten, um mich bejubeln zu lassen. Auch wenn es anders dargestellt wird, die Weltjugendtage sind bedenklich nahe an so manchem, was heute noch in China, Nordkorea, Kuba veranstaltet wird. Man muß nur mit der gleichen Brille hinsehen.

 

Da kann ich Dir keinesfalls zustimmen.

 

In der Tat komme ich, je mehr ich darüber nachdenke, zu dem Schluß und der Befürchtung, daß es auf eine neue Reformation, eine Kirchenspaltung zugeht. Die Christen, die heute aus durchaus gläubiger Überzeugung heraus den Kirchen den Rücken kehren, könnten durchaus eine neue religiöse Heimat in einer neuen Bewegung finden. Es braucht nur eine Persönlichkeit mit starkem Charisma und schon könnte der Ball ins Rollen kommen. Klingt vielleicht futuristisch, aber nicht unwahrscheinlich, zumindest für Europa. Der Geist wirkt bekanntlich, wo er will (und darf).

 

Hier wiederum bin ich der Ansicht, daß Du die Zahl solch gläubiger Kirchenaustrittler sehr überschätzt. Es mag ja sein, daß nicht alle Austretenden Atheisten sind. Vielleicht läuft es ja sogar bei vielen noch auf das berühmte "Ich glaube schon an irgendein höheres Wesen" hinaus. Das aber als christlichen Glauben zu betrachten ist nach meiner Ansicht abwegig. Den Austretenden ist schlicht die Glaubenssubstanz flötengegangen. Und darin ein Wirken des Geistes zu sehen ...

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