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Die katholische Kirche und der Missbrauch


Björn

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vor 3 Stunden schrieb Moriz:

Klar, man kann den Wissenschaftlern direkten Zugriff auf die Unterlagen geben. Aber erst, wenn alle, die darin namentlich genannt sind, dem auch zugestimmt haben! Alles andere wäre schon alleine aus Datenschutzgründen nicht nur nicht zulässig sondern auch strafbar.

 

Ich meine auch, mich entsinnen zu können, dass die Zustimmung jedes einzelnen Priesters im Falle der Einsichtnahme in die Personalakten durch die Pfeiffer'sche Truppe mal im Gespräch war. Eine Priesterinitiative hatte nach dem Bekanntwerden des mit Pfeiffer geplanten Projektes ziemlich auf den Putz gehauen und ordentlich viel Wind veranstaltet. Die wollten deswegen sogar in Rom vorstellig werden (oder sind es sogar geworden) - das habe ich so genau nicht mehr in Erinnerung (ausser einen Ruhestandspriester, der sich unter Generalverdacht gestellt fühlte und sogar erwogen hat, vor Gericht zu ziehen).

 

Ein ausführlicher Artikel über die "Tücken kirchlicher Personalakten" ist dann in der FAZ erschienen, als das Projekt mit Pfeiffer geplatzt war. Ein absehbarer Eklat bei der Aufklärung.

 

bearbeitet von Julius
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vor 2 Stunden schrieb rorro:

 

Das glaube ich kaum. Dann wäre eine nachträgliche Auswertung zahlreicher Patientenakten bspw. für eine Dissertation im Rahmen einer retrospektiven Studie unzulässig.

Zum Einen kommt ein Arzt (und auch ein Doktorand) in der Regel aus der Klinik selbst, in der die Patienten waren und hat von daher Zugang zu den Daten, zum Anderen wird, gerade in Unikliniken, entweder mit dem Behandlungsvertrag oder noch mal extra eine solche Zustimmung eingeholt. Ich halte es auch für möglich, daß nicht immer genau genug darauf geachtet wird. Eine Herausgabe an Klinikfremde wäre jedoch nicht möglich, auch der Weitergabe von Daten an Forscher einer anderen Klinik muß explizit zugestimmt werden.

Möglicherweise muß auch bei solchen Studien die jeweils klinikeigene Ethikkommission zustimmen.

 

Zitat

Wenn die Forscher eine eidesstattliche Verschwiegenheitserklärung schriftlich abgeben, das ist ja nichts neues für sie, sehe ich kein Problem.

Dann dürfte er aber auch nicht, wie hier manchmal gefordert, Namen nennen.

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vor 3 Minuten schrieb Moriz:

Dann dürfte er aber auch nicht, wie hier manchmal gefordert, Namen nennen.

Wessen Namen und wer hat das gefordert? 

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Ein sprechender Moment in der Pressekonferenz:

Zitat

Auf meine Frage, ob unter den mehr als 60 anwesenden Bischöfen einer oder zwei sagen: Ich habe so viel persönliche Schuld auf mich geladen, ich kann mein Amt nicht mehr wahrnehmen, gab es eine sehr kurze Antwort des ansonsten beredten Vorsitzenden. Er sagte "Nein".

Quelle

Video (bei Minute 7:26)

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vor 26 Minuten schrieb Moriz:

Zum Einen kommt ein Arzt (und auch ein Doktorand) in der Regel aus der Klinik selbst, in der die Patienten waren und hat von daher Zugang zu den Daten, zum Anderen wird, gerade in Unikliniken, entweder mit dem Behandlungsvertrag oder noch mal extra eine solche Zustimmung eingeholt. Ich halte es auch für möglich, daß nicht immer genau genug darauf geachtet wird. Eine Herausgabe an Klinikfremde wäre jedoch nicht möglich, auch der Weitergabe von Daten an Forscher einer anderen Klinik muß explizit zugestimmt werden.

Möglicherweise muß auch bei solchen Studien die jeweils klinikeigene Ethikkommission zustimmen.

 

Daran ist nahezu alles falsch. Eine retrospektive Studie muß auch keine Ethikkommission durchwinken.

 

Genauso wie ich meiner Frau von "ich hatte heute einen Patienten, der hatte xy" erzählen darf, ohne Namen zu nennen - und auch ohne vorherige Einwilligung - darf man das auch in Dissertationen oder Forschungsarbeiten.

 

Wenn, wie medizinisch üblich und auch bei der Studie der Kirche geschehen, personenbezogene Daten nicht mehr personenbezogen verarbeitet werden, sondern kollektiv bzw. anonym, dann gibt es genau 0 (in Worten: Null) Datenschutzprobleme.

bearbeitet von rorro
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vor 8 Minuten schrieb gouvernante:

Ein sprechender Moment in der Pressekonferenz:

Quelle

Video (bei Minute 7:26)

Dazu passt ganz gut eine von drei Fragen des Spiegel-Journalisten an Kardinal Marx (im weiter oben verlinkten YouTube Video ca. bei 1:00:00), ob er angesichts der unterschiedlichen Kooperation der Diözesen an der Studie den Eindruck habe, dass alle Bischöfe den Ernst der Lage erkannt hätten. Zumal Marx den heutigen Tag als einen Wendepunkt im Umgang der Kirche mit dem Thema Missbrauch bezeichnet hatte. 

 

Die Frage wurde nicht beantwortet. 

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Wobei ich fairerweise darauf hinweisen möchte, dass einzelne Bistümer gestern auch auf ihre eigene Situation hingewiesen haben, ihr eigenes jeweiliges Versagen und konkrete Gegenmaßnahmen.

Der NDR berichtet z.B. über die Situation im Norden:

https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Erzbistum-Hamburg-Ueber-100-Faelle-von-Missbrauch,missbrauch1556.html

 

Für den "Hamburger" Bereich habe ich z.B. mit Erstaunen erfahren, dass der gravierendste Fall sich noch zu DDR-Zeiten in Neu-Brandenburg ereignete.

Immerhin ist kein Täter mehr im aktiven Kirchendienst.

 

https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/153-Missbrauchsopfer-allein-im-Bistum-Hildesheim,missbrauch1530.html

In Niedersachsen (Bistum Hildesheim) lebt der Haupttäter seit 2003 wohl unbehelligt im Ruhestand, und man hätte wohl bis 2010 noch strafrechtlich gegen ihn  ermitteln können.

https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Missbrauch-Kirche-hat-die-Taeter-geschuetzt,missbrauch1458.html

 

Osnabrück unter Bischof Bode nimmt das Thema wohl schon seit 2000 ernster als andere, Presseberichte bescheinigen dort eine bessere Politik als anderswo. Mehrere AnsprechpartnerInnen außerhalb der Hierarchie.

 

Ich bin ja hin- und hergerissen, aber es beruhigt mich ein bisschen, dass die Bistümer, in denen ich meine aktive Jugendarbeitszeit verbracht habe, nicht ganz so widerlich darstehen, wie mir diese ganze Geschichte mir in den letzten Tagen wieder aufstößt.

bearbeitet von Shubashi
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vor 3 Stunden schrieb Shubashi:

Osnabrück unter Bischof Bode nimmt das Thema wohl schon seit 2000 ernster als andere, Presseberichte bescheinigen dort eine bessere Politik als anderswo. Mehrere AnsprechpartnerInnen außerhalb der Hierarchie.

Der Generalvikar (Bischof Bode ist seit längerem krank) hat direkt nachdem die Zeit Details der Studie veröffentlich hat, die Zahlen für das Bistum Osnabrück publik gemacht. Das Bistum Osnabrück gehört auch zu den 10 Bistümer, die die Akten ab 1946 haben auswerten lassen. Hier im Detail.

 

 

bearbeitet von gouvernante
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vor 3 Stunden schrieb Moriz:

Nein, ist es nicht.

 

Kannst Du diese Aussage belegen? Da ich als Arzt und in der Industrie tätig viel mit Datenschutz zu tun habe, ist diese Aussage ein wenig dünn.

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Kardinal Marx, der ja mein Erzbischof ist, ist beim Thema Missbrauch ziemlich konsequent vorgegangen, zumindest seit 2010. Bei allen Fehlern, die auch er hat, muss man von ihm sagen, dass er ernsthaft versucht alles zu unternehmen, was in diese Richtung geht.

 

Die Vorlage eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses bei kirchlich Angestellten ist Pflicht, ebenso bei allen MitarbeiterInnen, auch ehrenamtlich, die dauerhaft oder häuslich (Erstkommunions- oder Firmgruppen) mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben.

 

Die Leute, die im Ordinariat für Vorfälle zuständig sind, machen das nicht nur, um den Anschein zu wahren. Ob es hier um Imagepflege geht oder um Opferschutz - das kann ich nicht beurteilen, das ist nicht entscheidend.

 

Täter werden als Bedrohung des Images wahrgenommen, nicht als Leute, die man decken muss. Ich vermute, der Kardinal würde eher einen in Wirklichkeit unschuldigen Mitarbeiter opfern als sein Image.

 

Marx ist alles, bloß nicht naiv.

 

 

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vor 8 Stunden schrieb nannyogg57:

Kardinal Marx, der ja mein Erzbischof ist, ist beim Thema Missbrauch ziemlich konsequent vorgegangen, zumindest seit 2010. Bei allen Fehlern, die auch er hat, muss man von ihm sagen, dass er ernsthaft versucht alles zu unternehmen, was in diese Richtung geht.

 

Die Vorlage eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses bei kirchlich Angestellten ist Pflicht, ebenso bei allen MitarbeiterInnen, auch ehrenamtlich, die dauerhaft oder häuslich (Erstkommunions- oder Firmgruppen) mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben.

 

Die Leute, die im Ordinariat für Vorfälle zuständig sind, machen das nicht nur, um den Anschein zu wahren. Ob es hier um Imagepflege geht oder um Opferschutz - das kann ich nicht beurteilen, das ist nicht entscheidend.

 

Täter werden als Bedrohung des Images wahrgenommen, nicht als Leute, die man decken muss. Ich vermute, der Kardinal würde eher einen in Wirklichkeit unschuldigen Mitarbeiter opfern als sein Image.

 

Marx ist alles, bloß nicht naiv.

 

 

 

Das zeigt eben, was am System Kirche falsch läuft und nicht nur in Bezug auf den Missbrauch: es ist im Prinzip ein feudalistisches System, in dem alles auf die Bischöfe, den Papst und ihre fast unbeschränkte Macht zuläuft.

Übertrieben gesehen, sind für das System alle überflüssig und entbehrlich, bis auf Herrn Marx. Und deswegen tritt auch von denen niemand zurück, ist doch letztlich egal, ob noch jemand glaubt oder in die Kirchen kommt. Solange zumindest noch die Kirchensteuer fließt, sonst könnte man ja die Gebäude nicht mehr in Schuss halten.

 

Wie soll man eigentlich sonst erklären, dass die Kirche alle wirklich ernst gemeinten Zeichen von Reue, nämlich Rücktritte der Bischöfe oder wirklich substanzielle Entschädigungen, einfach unterlässt?

Das vorgeblich demütige Gesabbel ist schlicht kostenfrei zu haben, und wenn einem Bischof selbst das zu mühselig ist, läßt er es halt - es gibt doch niemanden, der einen zur Verantwortung ziehen könnte, und solange man schön den Daumen auf die Akten hält, sind auch keine personenbezogenen Kampagnen wie bei Mixa oder Tebartz van Elst zu befürchten. Daraus haben immerhin alle gelernt, und da es ein Skandal dergesamten Kirche ist, ist es letztlich der Skandal von keinem.

 

https://www.sueddeutsche.de/medien/maischberger-zu-missbrauch-in-der-katholischen-kirche-ich-nehme-euch-als-ganzes-system-nicht-ab-dass-ihr-eine-echte-betroffenheit-habt-1.4145720

bearbeitet von Shubashi
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vor 8 Stunden schrieb nannyogg57:

Täter werden als Bedrohung des Images wahrgenommen, nicht als Leute, die man decken muss. Ich vermute, der Kardinal würde eher einen in Wirklichkeit unschuldigen Mitarbeiter opfern als sein Image.

Das ist der Punkt, der mich besorgt  macht - sie werden als Bedrohung des Images, nicht als Bedrohung der Kinder wahrgenommen.

 

Interessant ist die Statistik, die Regenburg vorgelegt hat (irreführend scheint mir das Phänomen der NEIN-Akten zu sein, die auch jene Fälle beinhaltet, die die Staatsanwaltschaft eingestellt hat - hier sind nun auch alle Verjährungen drin, bei denen man nicht sagen kann, ob etwas passiert ist) ud die ich in keinem anderen Bsitum so detailliert gefunden habe, ich habe aber auch nicht überall gesuch. Ein paar Beobachtungen:

  • Die Verteilung nach Tatzeitpunkt [Seite 9] weist den Höhepunkt der Taten für die 1950er Jahre aus, die sexuelle Revolution, das Konzil und die Liturgiereform kann man also als Ursache ganz gut ausschließen.
  • Mich überrascht die hohe Zahl der Einmaltäter [Seite 8] - Serientäter scheint es fast nicht gegeben zu haben.

Insgesamt sehe ich es positiv, dass zumindest verbal nun das Thema Macht stärker in den Fokus zu rücken scheint - zumindest darf man hoffen, auf einem guten Weg zu sein.

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vor 9 Minuten schrieb Shubashi:

Übertrieben gesehen, sind für das System alle überflüssig und entbehrlich, bis auf Herrn Marx. Und deswegen tritt auch von denen niemand zurück, ist doch letztlich egal, ob noch jemand glaubt oder in die Kirchen kommt. Solange zumindest noch die Kirchensteuer fließt, sonst könnte man ja die Gebäude nicht mehr in Schuss halten.

 

Das ist nicht übertrieben. Dazu gehören übrigens noch die ersten Reihen bei irgendwelchen Empfängen, die Kirche als nach dem Staat zweitgrößter Arbeitgeber des Landes mit eminenten wirtschaftlichen Interessen. 

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vor 9 Stunden schrieb nannyogg57:

Die Vorlage eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses bei kirchlich Angestellten ist Pflicht, ebenso bei allen MitarbeiterInnen, auch ehrenamtlich, die dauerhaft oder häuslich (Erstkommunions- oder Firmgruppen) mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben.

Das ist in meiner Diözese nicht anders, hilft aber wenig, wenn - wie die Studie belegt - Täter in der Regel bis in die jüngste Zeit nicht angezeigt und somit auch nicht verurteilt wurden. Da hilft dann ein Führungszeugnis nichts.

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vor 3 Minuten schrieb gouvernante:

Das ist in meiner Diözese nicht anders, hilft aber wenig, wenn - wie die Studie belegt - Täter in der Regel bis in die jüngste Zeit nicht angezeigt und somit auch nicht verurteilt wurden. Da hilft dann ein Führungszeugnis nichts.

Selbst wenn sie angezeigt werden - Verfahrenseinstellungen und Strafbefehle unter 12 Monaten werden weder eingetragen noch direkt an die Kirche gemeldet.

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vor 16 Minuten schrieb Chrysologus:

Selbst wenn sie angezeigt werden - Verfahrenseinstellungen und Strafbefehle unter 12 Monaten werden weder eingetragen noch direkt an die Kirche gemeldet.

 

Was mir nicht ganz klar ist:

entspricht das "erweiterte Führungszeugnis" der "unbeschränkten Auskunft"?

Wenn nicht, warum dann keine "unbeschränkte Auskunft" - ist schon für so alltägliche Dinge wie einen Jagdschein oder der Zulassung als Anwalt erforderlich, wenn ich mich nicht irre.

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vor 39 Minuten schrieb Shubashi:

 

Was mir nicht ganz klar ist:

entspricht das "erweiterte Führungszeugnis" der "unbeschränkten Auskunft"?

Wenn nicht, warum dann keine "unbeschränkte Auskunft" - ist schon für so alltägliche Dinge wie einen Jagdschein oder der Zulassung als Anwalt erforderlich, wenn ich mich nicht irre.

Offensichtlich entspricht es dem nicht - ich weiß aber auch nicht, was in der "unbeschränkten Auskunft" drin ist. Das "erweiteret Führungszeugnis" wurde mW speziell für den Bereich der Jugendarbeit eingeführt und berücksichtigt, dass es gerade nicht an staatliche Stellen geht.

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vor 32 Minuten schrieb Chrysologus:

Offensichtlich entspricht es dem nicht - ich weiß aber auch nicht, was in der "unbeschränkten Auskunft" drin ist. Das "erweiteret Führungszeugnis" wurde mW speziell für den Bereich der Jugendarbeit eingeführt und berücksichtigt, dass es gerade nicht an staatliche Stellen geht.

 

 

Wenn ich da gerade noch meine andere Frage vorbringen dürfte:

gäbe es überhaupt eine Möglichkeit einer staatlichen Untersuchung der Vorgänge insgesamt nach angelsächsischem Vorbild?

Staatsanwaltlich ist das ja wohl in Deutschland nicht möglich, da hier eine Reihe von Untersuchungen schon wg. Verjährung eingestellt ist und immer ein konkreter Tatverdacht vorliegen muss.

Die einzige andere Möglichkeit wäre daher wohl ein Untersuchungsausschuss des Bundestages, bzw. ein durch diesen beauftragtes Gremium mit staatsanwaltlichen Befugnissen?

Leider scheint keine Partei das Thema wichtig genug zu nehmen, so etwas zu veranlassen, aber andererseits wäre das Gelegenheit, auch andere Bereiche der Gesellschaft zu untersuchen, Sport und Bildungswesen haben ja z.B. Probleme in ähnlichem Umfang.

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vor 3 Stunden schrieb Shubashi:

Das zeigt eben, was am System Kirche falsch läuft und nicht nur in Bezug auf den Missbrauch: es ist im Prinzip ein feudalistisches System, in dem alles auf die Bischöfe, den Papst und ihre fast unbeschränkte Macht zuläuft.

[...]

Wie soll man eigentlich sonst erklären, dass die Kirche alle wirklich ernst gemeinten Zeichen von Reue, nämlich Rücktritte der Bischöfe oder wirklich substanzielle Entschädigungen, einfach unterlässt?

 

Vor  anderthalb Jahren ist die Irin Marie Collins aus der 2014 von Papst Franziskus gegründeten "Päpstlichen Kommission zum Schutz von Minderjährigen" ausgetreten. Sie protestierte mit ihrerm Austritt gegen den Widerstand von Kurienmitgliedern gegen die Tätigkeit der Kommission. Die mangelnde Kooperationsbereitschaft der Kongregation für die Glaubenslehre sei skandalös. Marie Collins war das letzte noch in der Kommission verbliebene Missbrauchsopfer.

Alfons

 

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Ich habe sowohl Zweifel, dass ein solcher Weg möglich als auch dass er sinnvoll wäre.

 

§16 PUAG legt in Abs. 3 fest:

Zitat

(3) Wird einem Mitglied des Ausschusses ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis im Rahmen der Untersuchungshandlung bekannt, darf es dieses Geheimnis nur offenbaren, wenn es dazu von der berechtigten Person ermächtigt worden ist. Dies gilt nicht, wenn die Offenlegung des Geheimnisses gesetzlich geboten ist.

Das ist schon einmal eine ziemliche Hürde, über die man aber zur Not irgendwie hinwegkäme - auch wenn es das Staat-Kirche-Verhältnis sicherlich schwer tangierte. Denn es geht ja hier um die Frage, ob die Kirche(n) staatsähnliche Gebilde sind, für deren Fehlverhalten ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuß eher zuständig sein könnte, oder ob sie recht privilegierte, letztlich aber doch irgendwie private Veranstaltungen wie andere auch sind, für die eher die Justiz zuständig wäre (der das aber egal ist, soweit Verjährung eingetreten ist).

 

Wenn aber politischer Wille auf beiden Seiten da ist, dann sollte das gehen, ansonsten werden wir einen längeren Zug durch die Gerichte erleben, der vom eigentlichen ablenkt.

 

Inhaltlich frage ich mich, wie ein solcher Ausschuß arbeiten und was er an Erkenntnis bringen sollte. Er könnte natürlich den radikalen Weg gehen und alle Akten beschlagnahmen lassen - wie die Aktenhaltung ist, habe ich bereits beschrieben, es kämen Tonnen von Akten zusammen, die dann erst einmal zu sichten wären. ICh habe in meiner Darstellung allerdings noch zwei Orte vergessen, an denen Akten liegen können: Zum einen haben einige Diözesen (zB Bamberg) Rechtsanwälte zu Ansprechpartnern für Mißbrauchsopfer ernannt, in deren Kanzlei sich nun einschlägiges Material befinden mag. Ob und wie man da dran kommt wäre zu klären. Zum anderen unterliegen alle ordnungsgemäß abgewickelten Verfahren zumindest der letzen Jahrzehnte dem secretum pontificum, das meiste davon mußte im Paket über die Nuntiatur an die Glaubenskongregation versandt werden, wenn man nicht gleich den Bischof zum Aktenboten ernennt (München handhabt das so), der das dann persönlich abgibt. Die Sachen liegen also entweder im Vatikan oder in der Nuntiatur, die Nuntiaturakten von vor dem Berlinumzug sind im päpstlichen Geheimarchiv (im Neubau, ich eine zweite oder drite Etage, in einem der vorderen Regale - soviel Angeberei muss ein) - kurz: Wir haben es juristisch mit als streng geheim klassifizierten Material eines anderen Staates zu tun, da kommt man meist nicht einmal dann ran, wenn die Bundesregierung das in Händen hält.

 

Nun nehme ich an, dass das, was man hat verschwinden lassen wollen, längst geshreddert ist. Dennoch steht zu erwarten, dass man noch einige bislang ubekannte Fälle aufdecken wird, die alle längst verjährt sind. Ich erwarte allerdings kaum neuen Erkenntnisse zu  den Strukturen, die Mißbrauch begünstigt haben - es sei denn, man begänne, das gesamte Themefeld neu auszuleuchten. Wie gingen Staat, Gesellschaft und Kirche mit solchen Taten um, und warum taten sie das. Warum konnten manche Gerichte noch in den späten 1970er Jahren urteilen, das Kind habe den Mann ja verführt, was seine Strafe mindere. Und liegt dem derselbe Zeitgeist zugrunde, der einen Generalvikar derselben Zeit das nicht ernster nehmen ließ? Dafür allerdings scheint mir ein Untersuchungsausschuss nicht der richige Ort zu sein - das wäre eher etwas für einen vom Deutschen Bundestag engerichteten Sonderforschungsbereich an einer Hochschule, den man mir weitgehenden Einsichtsrechten in kirchliche und staatliche Akten (Justiz eingeschlossen) ausstatten müßte. Schiene mir zumindest als sinnvoller.

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vor 2 Stunden schrieb gouvernante:

In Deutschland ist meines Wissens die einzige Möglichkeit ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss. Aber dazu braucht es den Willen der Politik.

 

Diesen Weg halte ich ähnlich wie Chryso für nicht gangbar.

 

Die Frage ist ja: was soll das Ziel sein? 

Wenn bspw. Bischof Ackermann laut Artikeln über die Sendung "Maischberger" gesagt haben soll (Quelle), er wolle nicht, daß "Personalakten von Unbescholtenen durchgescannt werden" und deswegen nicht alle Akte rausgegeben wurden, dann bedeutet das ja nichts anderes, als daß der Bischof schon die Verdächtigen und Täter kannte - ob das ein besseres Bild abgibt?

 

Und nur weil etwas weltlich strafrechtlich verjährt ist, heißt das ja nicht, daß man es innerkirchlich abhaken soll. Die Kirchenleitung ist ja bei Laien auch sonst nicht zimperlich in Deutschland (auch bei Sachen, die überhaupt nicht strafbewehrt sind weltlich, bspw. Wiederheirat oder Rückzug von der Kirchensteuer.

 

Ich kann die kolportierte Aussage der Dame in der Talkshowrunde verstehen (die ich nicht gesehen habe), gerichtet an den Bischof in Vertretung aller Leiter: ihr macht unsere Religion kaputt!

 

(Wohlgemerkt nicht den Glauben!)

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vor 8 Stunden schrieb Chrysologus:

Ich habe sowohl Zweifel, dass ein solcher Weg möglich als auch dass er sinnvoll wäre.

 

Daran, dass er sinnvoll ist, habe ich auch meine Zweifel. Ich halte ihn auch nur für möglich, nicht für wahrscheinlich.

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Sorry, der Blickwinkel der Gesellschaft auf diese Sache hat sich grundlegend gewandelt.

 

Ich erinnere mich noch immer an ein Gespräch mit einem "Indianer" in den 80ger Jahren, der mich, damals in Nürnberg, dazu bequatschen wollte, dass es eine Einschränkung der sexuellen Entwicklung von Kindern sei, wenn man ihnen Sex und die damit verbundene Zuneigung verbieten wolle. Insbesondere die Kirche sei da ja besonders sexfeindlich, sagte er mir.

 

So ein Typ dürfte heutzutage nicht mehr frei herumlaufen.

 

Da liefen viele Dinge im Verborgenen und viele Leute konnten sich nicht vorstellen, dass es so was gibt. Mein Vater, zB. und meine Mutter.

 

Damals galten die als verklemmt, weil sie partout darauf bestanden, dass man sich zwischengeschlechtlich nicht nackt zeigt. Sexuellen Missbrauch hätten die nicht erkannt.

 

Und dass Pädophilie nicht heilbar ist, das war keine bekannte Tatsache.

 

Gut, mein Vater hatte humanistische Bildung, und das mit der Knabenliebe der Griechen, das wusste er. Pervers, aber ganz weit weg, und durch das christliche Abendland abgeschafft.

 

Es ist hochgradig naiv, wenn man erwartet, dass nur moralisch-ethische Entrüstung als die einzig wahre Reaktion auf sexuellen Missbrauch zählen würde. Die gab es schon immer.

 

Es ist unrealistisch, dass nur das Mitgefühl mit den Opfern die einzig wahre Motivation sein dürfe, um dem Thema angemessen zu begegnen.

 

Das gab es schon immer, genützt hat es nichts.

 

Fakt ist: Der Druck hat genützt und er ist das Einzige, was nützt.

 

Gilt auch für Sportvereine, Schulen und alle weiteren Einrichtungen, die mit Kindern zu tun haben.

 

Und der eiserne Wille, alles zu tun, dass es nicht passiert.

 

Die Täter wurden aus zweierlei Gründen gedeckt: Aus Naivität und aus der Motivation heraus, die eigene Einrichtung davor zu schützen, dass sie in Verruf kommen könnte. In den wenigsten Fällen wurde sie von Leuten gedeckt, die Pädophilie gut fanden oder selber praktizierten.

 

Etwas weniger Pathos, etwas mehr Realität würde dem Thema gut tun.

 

 

bearbeitet von nannyogg57
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