Jump to content

Synodaler Weg - schon versperrt?


Jan_Duever

Recommended Posts

vor 4 Minuten schrieb Chrysologus:

(immerhin bezog er dieses Ventil der Lust dann auf Christus und die Kirche, was ja nun bemerkenswert ist).

Mal angenommen, dass Paulus tatsächlich alles, was da unter seinem Namen im Umlauf ist, selbst geschrieben hat, dann hat er das eine (Ehe als Sex-Ventil) eimal in einem Zusammenhang geschrieben, das andere (Ehe wie Kirche/Christus) ein anderes Mal in ganz anderem Zusammenhang.

 

Würde man meine Postings hier im Forum analysieren, würde man auch Widersprüche finden, ist doch ganz normal 

 

Zum Problem wird es ja erst, wenn man jeden Satz zum „Wort des lebendigen Gottes“ erklärt, das unbedingt zu gelten hat.

 

Werner

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 5 Minuten schrieb Werner001:

Mal angenommen, dass Paulus tatsächlich alles, was da unter seinem Namen im Umlauf ist, selbst geschrieben hat, dann hat er das eine (Ehe als Sex-Ventil) eimal in einem Zusammenhang geschrieben, das andere (Ehe wie Kirche/Christus) ein anderes Mal in ganz anderem Zusammenhang.

 

Würde man meine Postings hier im Forum analysieren, würde man auch Widersprüche finden, ist doch ganz normal 

 

 

 

Genau das ist ja mit das entscheidende Argument für eine übergeordnete, lehramtliche Dezisionsinstanz, welche im Zweifelsfalle den Sinn der Schrift erhellt. 

 

Wenn ich die Heilige Schrift lese und dabei die apostolische Tradition und die parallele lehramtliche Verkündigung ausblende, dann werde ich unweigerlich auf dunkle, unverständliche Stellen oder materielle Widersprüche stoßen. Mit den Mitteln der zeitgenössischen Exegese kann ich diese Dinge dann zwar auflösen, indem ich diesen Teil des Textes jener Überlieferungsschicht zuordne und jene theologische Volte darin erkenne... was die Heilige Schrift damit allerdings tatsächlich sagen will, wird mir so nicht beantwortet. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 34 Minuten schrieb rorro:

 

"Beweist" steht nur bei kathpedia und ist falsch übersetzt. Im Italienischen steht "dimostrare", im Englischen daher auch "show" - beides heißt zeigen. Beweisen kann schon deswegen nicht richtig sein, weil in derselben Enzyklika steht, daß die Vernunft den Glauben nicht hervorbringen kann.

und Kathpedia zitier den Denzinger ist also die Einzige autorisierte Übersetzung
aber schauen wir es und in Latein an
http://fernandosuarez.com.ar/descargas/teologia/enchiridionsymb.pdf
bitte im Dokument auf Seite 932 blättern

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 5 Minuten schrieb Studiosus:

was die Heilige Schrift damit allerdings tatsächlich sagen will, wird mir so nicht beantwortet. 

Das beantwortet dir auch das Lehramt nicht. Das sagt dir nur, was das Lehramt gerne herauslesen möchte.

 

Werner

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 5 Minuten schrieb Werner001:

Das beantwortet dir auch das Lehramt nicht. Das sagt dir nur, was das Lehramt gerne herauslesen möchte.

 

Werner

Alleine nur Paulus (vom „Rest“ der Schrift ganz zu schweigen), was wollte der denn nun „tatsächlich sagen“?

Das kann auch das Lehramt nicht wissen. Es kann nur sagen „diese Aussage passt uns nicht, die andere dafür aber sehr gut“.


Werner

bearbeitet von Werner001
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 9 Minuten schrieb Werner001:

Das beantwortet dir auch das Lehramt nicht. Das sagt dir nur, was das Lehramt gerne herauslesen möchte.

 

Werner

 

Und wer dann? 

 

Wenn die Antwort "niemand" oder "jeder für sich selbst" lautet, dann lässt das nur den Schluss zu, dass die Heilige Schrift an sich ein erratisches Werk von Versatzstücken ist, das niemand wirklich definitiv auslegen kann oder jeder nach eigenem Gusto auslegt. Dann ist die Schrift aber denkbar ungeeignet als materiale Grundlage einer Religion. 

 

Und wenn die Antwort "die Wissenschaft" lautet, dann brauchen wir Papst und Bischof nicht mehr, sondern können Thomas Söding zum großen unfehlbaren Orakel der katholischen Kirche ernennen. Und Hubert Wolf vielleicht zum Kron-Kardinal. 

bearbeitet von Studiosus
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Gerade eben schrieb Studiosus:

 

Und wer dann? 

 

Wenn die Antwort "niemand" oder "jeder für sich selbst" lautet, dann lässt das nur den Schluss zu, dass die Heilige Schrift an sich ein erratisches Werk von Versatzstücken ist, das niemand wirklich definitiv auslegen kann oder jeder nach eigenem Gusto auslegt. Dann ist die Schrift aber denkbar ungeeignet als materiale Grundlage einer Religion. 

Genauso ist es aber, und wenn man mal genau hinschaut, ist entgegen anderslautenden Behauptungen (zum Glück möchte ich sagen!) due Bibel halt nicht „Grundlage des Christentums“

 

Bestimmte Versatzstück daraus werden gern herangezogen, schon klar, aber wesentlich mehr wird doch einfach nicht beachtet (was ich, ich betone es nochmal, gut finde!)

 

Der Unterschied zwischen „jeder legt nach eigenem Gusto aus“ und Lehramt ist lediglich, dass das Lehramt eine übernatürliche Inspiration bei der Auslegung nach Gusto behauptet.

 

 

Werner

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 50 Minuten schrieb Studiosus:

Immerhin, und auch das gehört zum Gesamtbild dazu, war die Ehe, wiewohl schon lange zum Sakrament erhoben, über lange Zeit eher als Institut für jene, die eben nicht die Perfektion des christlichen Lebens in Enthaltsamkeit leben konnten, geduldet und als Notwendigkeit der legitimen Fortpflanzung akzeptiert.

Und man hat irgendwie nicht den Eindruck, daß sich daran etwas ändern würde. Die Neubewertung der Ehe als Lebenspartnerschaft, die über die vertragliche Regelung zur gegenseitigen Nutzung der jeweilige Geschlechtsorgane ist ja sehr nett, aber damit ist die Idee von der "schmutzigen Sexualität" ja noch nicht einmal ansatzweise auf dem Prüfstand.

 

(Ein wenig kommt mir die Diskussion um die Sicht auf die Sexualität so vor wie die Zirkumzisionsdebatte in den USA: die originären Gründe sind seit über hundert Jahren obsolet und man versucht immer wieder neue Rechtfertigungen zu bringen, weshalb man doch dabei bleiben müsste...)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Gerade eben schrieb Studiosus:

Etwas feiner spricht der Kenner auch vom ius in corpus.

Ob man es nun so oder so ausdrückt ändert wenig an der Menschenverachtung, die der Haltung dahinter innewohnt.

 

Die Ehepartner degradiert zu Brutkastenhure und Samenspender...

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 27 Minuten schrieb Werner001:

Genauso ist es aber, und wenn man mal genau hinschaut, ist entgegen anderslautenden Behauptungen (zum Glück möchte ich sagen!) due Bibel halt nicht „Grundlage des Christentums“

 

 

 

Grundlage im Sinne dessen, dass das Christentum eine reine Buchreligion wäre, sicher nicht. Wer meine Beiträge kennt, der weiß, dass ich das selbst abstreiten würde. 

 

Aber unhintergehbare Quelle der einen Offenbarung Gottes, zu der die Tradition als zweite Quelle hinzu stößt, würde ich schon festhalten wollen. 

 

Urgrund oder Urquell des Christentums wäre, wenn man einen Schritt zurück geht, die Offenbarung selbst. Da diese allerdings nie in Reinform vorliegt, sondern gewissermaßen in den Aggregatszuständen Schrift und Tradition über uns gekommen ist, haben wir keinen anderen Zugriff auf sie. 

 

Oder kurz gesagt: Die Kirche muss mit dem arbeiten, was sie hat. Und das sind nunmal Schrift und Tradition. 

bearbeitet von Studiosus
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 38 Minuten schrieb Werner001:

Der Unterschied zwischen „jeder legt nach eigenem Gusto aus“ und Lehramt ist lediglich, dass das Lehramt eine übernatürliche Inspiration bei der Auslegung nach Gusto behauptet.

Nicht mal das. Das Lehramt legt allenfalls fest, welche Auslegung nicht mehr mit der apostolischen Überlieferung in Einklang zu bringen ist.

Mit einer eindeutigen lehramtlichen Bibelauslegung hat sich die RKK zum Glück bis heute zurückgehalten.

 

Das ist so eine Frage, die sich mir stellt, wenn hier ständig auf 'das Lehramt' rekurriert wird: Meines Wissens nach gibt es keine offizielle Darstellung der Lehre. Wobei der Kathechismus dem vielleicht noch am nächsten kommt. Aber schon die Zusammenstellungen der Dogmen, also dessen, was zweifelsfrei klar sein sollte, sind (wie hier so schön gesagt wurde) 'private' Sammlungen (von durchaus fähigen Theologen).

 

Und ich hoffe, der Vatikan hat eine hervorragende IT-Kongregation. Nicht, das vatican.va mal nicht erreichbar oder gar gehackt sein sollte...

 

bearbeitet von Moriz
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 58 Minuten schrieb Spadafora:
vor 1 Stunde schrieb rorro:

 

"Beweist" steht nur bei kathpedia und ist falsch übersetzt. Im Italienischen steht "dimostrare", im Englischen daher auch "show" - beides heißt zeigen. Beweisen kann schon deswegen nicht richtig sein, weil in derselben Enzyklika steht, daß die Vernunft den Glauben nicht hervorbringen kann.

und Kathpedia zitier den Denzinger ist also die Einzige autorisierte Übersetzung
aber schauen wir es und in Latein an
http://fernandosuarez.com.ar/descargas/teologia/enchiridionsymb.pdf
bitte im Dokument auf Seite 932 blättern

Danke für den Link - ich habe meinen Denzinger daheim.

 

Dann schauen wir doch mal in Sleiumers Kirchenlateinischem Wörterbuch nach:

Zitat

demonstro 1 1. genau zeigen, bezeichnen 2. erwähnen, auseinandersetzen 3. dartun, beweisen

BTW, demonstrabilis wird mit erweisbar übersetzt, demonstration mit Darlegung, Beweis. S ofalsch scheint die Übersetzung nicht zu sein.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 6 Stunden schrieb Werner001:

Genau betrachtet ist es das Argument vom wahren Schotten.

 

Dem würde ich nicht zustimmen, weil man hier nicht mit zwei unterschiedlichen Definitionen "argumentiert". Hier wird die Behauptung nicht durch eine (Re)definition von Begriffen "hineingeschmuggelt". Es liegt auch kein Zirkelschluss vor, sich immer auf Argumente bezieht, die nicht bereits das Beweisende voraussetzen. Ob man die Argumente für überzeugend hält, ist natürlich eine andere Frage.

 

Zitat

“Der Glaube kann durch die Vernunft sicher als wahr erkannt werden!“

“nein, ich habe starke Zweifel“

“dann bist du eben nicht vernünftig“

 

Das ist nicht das Schema des "wahren Schotten", weil es hier nicht um zwei Definitionen bzw. implizite Bedeutungsverschiebungen geht. Und diese Argumentation ist auch "grundsätzlich" berechtigt, denn wenn etwas (bei entsprechendem Wissen) tatsächlich vernünftig erkennbar ist, muss es demjenigen, der die Erkenntnis nicht hat, an Vernunfteinsicht (oder Wissen) fehlen:

 

“Dass die Erde eine Kugel und keine Scheibe ist, kann mithilfe der Vernunft bei entsprechendem Wissen sicher als wahr erkannt werden!“

“nein, ich habe starke Zweifel“

“dann bist Du unwissend; und wenn Du nicht unwissend bist, dann unvernünftig“

 

vor 6 Stunden schrieb Werner001:

Pius IX (mal wieder seine apostolische Peinlichkeit)

“Qui pluribus“ von 1848

2776: die „rechte“ Vernunft beweist die Wahrheit des Glaubens 

 

Werner

 

Das ist allerdings nicht die traditionelle Position, und ich frage mich, ob Pius sich da nicht ungeschickt ausgedrückt hat. (Die ganze Passage - siehe hier Punkt 6 - lautet:

"For although faith is above reason, no real disagreement or opposition can ever be found between them; this is because both of them come from the same greatest source of unchanging and eternal truth, God. They give such reciprocal help to each other that true reason shows, maintains and protects the truth of the faith, while faith frees reason from all errors and wondrously enlightens, strengthens and perfects reason with the knowledge of divine matters.")

 

Die Position, dass die Wahrheit des christlichen Glaubens durch die Vernunft beweisbar sei, würde beispielsweise der Auffassung von Thomas v. Aquin widersprechen, und ich bezweifle, dass Pius das wollte. Laut Thomas ist der Glaube zwar nicht widervernünftig (was Pius ja auch so sagt), aber es wäre höchstens eine allgemeine und relativ unspezifische Erkenntnis von Gottes Existenz mithilfe der Vernunft zu gewinnen, und nicht der christliche Glauben. Vielleicht meint Pius nur, dass die Vernunft dann den Glauben stärkt, wenn der Mensch bereits von Gott erleuchtet im Glauben weil.

 

"Vernunft" ist hier im Sinne von Thomas v. Aquin oder anderen Theologen übrigens auch nicht misszuverstehen als "reine Vernunft"; sondern gemeint ist durchaus die Vernunft, die sich in der Welt umgesehen und "empirisch" Wissen über sie gesammelt hat. Es geht hier sozusagen um die "natürlichen" menschlichen Erkenntniskräfte.

 

vor 6 Stunden schrieb Marcellinus:

Aus Sicht der Religiösen ist das ja nicht "völlige Willkür", sondern Wunsch und Wille ihres "höchsten Wesens". Aus ihrer Sicht ist es also eine Begründung, aus der von Außenstehenden dagegen nicht. 

 

Das wäre ein metaethischer Voluntarismus, jedenfalls in einer bestimmten Ausprägung:

 

"Divine command theory is the metaethical theory that an act is obligatory if and only if, and because, it is commanded by God. [...] For example, writers like William of Ockham (c. 1285 – 1347) argue that if God had commanded murder, then murder would indeed have been morally obligatory. Indeed, Ockham goes so far as to say that God could change the moral order at any time. Thus Ockham embraces the divine command theory wholeheartedly; his view has been characterized as being that "God's command is good" is analytically true."

 

Derartige Positionen waren aber schon historisch nie unumstritten, und ich glaube nicht, dass sie das heutige kath. Denken prägen. Der Gedankengang ginge wohl eher dahin, dass Gott seiner Natur nach der Inbegriff des Guten und des Gerechten ist, und dass er "gut" so wenig in "böse" verkehren kann, wie er seine Natur zu verändern vermag. (Die Allmacht Gottes bezieht sich nach weitgehendem Konsens nur auf das logisch Mögliche. Außerdem muss man hier dann natürlich bestimmte (meta)ethische Positionen voraussetzen, nach welchen bestimmte Handlungen - etwa Mord - in einem objektiven Sinne verwerflich sind, selbst wenn nicht alle Menschen das erkennen.)

 

vor 6 Stunden schrieb Marcellinus:

Nur hast du da (mindestens) ein Problem: Ihre Vorstellung von Vernunft ist nicht deine. Für sie ist Vernunft (jedenfalls im Bezug auf ihre Religion) nur Mittel zum Zweck. 

 

Zumindest ist der offizielle Anspruch ein anderer. Die kath. Theologie ist hier rationalistischer als die (klassische) protestantische. (Hier spielt offenbar auch das antike Erbe eine Rolle.) Die Vernunft - und damit ist prinzipiell schon das gemeint, was man allgemein darunter versteht - ist gewissermaßen ein gültiges und unverzichtbares Fundament. Da mag es dann erhebliche Unterschieden geben, was die Vernunft der kath. Kirche und Nicht-Katholiken "sagt" - aber der grundlegende "Vernunft-Begriff" selbst scheint ähnlich zu sein.

 

Deshalb ist es zumindest "im Prinzip" möglich, sich auch mit dem Katholizismus in einen Dialog einzutreten und seine Positionen - oder viele seiner Positionen - zu diskutieren. Gerade etwa bei ihrer Sittenlehre beansprucht die Kirche, dass sie allgemein einsichtige Argumente zu bieten hat, die nicht nur Katholiken, sondern grundsätzlich alle Menschen überzeugen können sollen. Und solche Argumente kann man eben durchaus prüfen.

 

Innerhalb mancher anderer Glaubenssysteme heißt es einfach: "Gott will es so, weil wir es so sagen, basta." Da ist dann jeder Dialog von vornherein umsonst. Aber wie gesagt ist das im Hinblick zumindest auf manche Fragen "eigentlich" nicht der Anspruch des Katholizismus.

 

vor 4 Stunden schrieb Kara:

😆😆

 

Das mit dem Vertrag zur gegenseitigen Benutzung der Geschlechtsorgane findet sich so (auch) bei Kant. Man hat die Dinge damals wohl eher unromantisch und pragmatisch gesehen. Wir sprechen hier auch von Zeiten, in denen es für die meisten Leute wohl vor allem darum ging, eine praktische Unterstützung zu haben - und Kinder, die die Altersvorsorge waren.

bearbeitet von iskander
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 9 Minuten schrieb iskander:

Das mit dem Vertrag zur gegenseitigen Benutzung der Geschlechtsorgane findet sich so (auch) bei Kant.

Och... und ich dachte, der Flo war kreativ 🙁

Naja. Wieder ne Bildungslücke geschlossen, danke 👍.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wobei ich jetzt nach nochmaliger Recherche nicht sicher bin, ob Kant das selbst so genauso gesagt oder referiert hat. Er hat sich aber jedenfalls wohl in einemähnlichen Sinne geäußert:

 

"Geschlechtsgemeinschaft (commercium sexuale) ist der wechselseitige Gebrauch, den ein Mensch von eines anderen Geschlechtsorganen und Vermögen macht (usus membrorum et facultatum sexualium alterius), und entweder[389] ein natürlicher (wodurch seines Gleichen erzeugt werden kann), oder unnatürlicher Gebrauch, und dieser entweder an einer Person ebendesselben Geschlechts, oder einem Tiere von einer anderen als der Menschen-Gattung: welche Übertretungen der Gesetze, unnatürliche Laster (crimina carnis contra naturam), die auch unnennbar heißen, als Läsion der Menschheit in unserer eigenen Person, durch gar keine Einschränkungen und Ausnahmen wider die gänzliche Verwerfung gerettet werden können."

 

Man sieht: Kant hat sexualmoralisch ziemlich "katholisch" gedacht, wie übrigens viele "Aufklärer". Es war übrigens auch in etwa auch jener Zeit, als manche Mediziner damit begannen, jedes nur erdenkliche Gebrechen auf die Masturbation zu schieben.

bearbeitet von iskander
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 42 Minuten schrieb iskander:

Wobei ich jetzt nach nochmaliger Recherche nicht sicher bin, ob Kant das selbst so genauso gesagt oder referiert hat. Er hat sich aber jedenfalls wohl in einemähnlichen Sinne geäußert:

 

"Geschlechtsgemeinschaft (commercium sexuale) ist der wechselseitige Gebrauch, den ein Mensch von eines anderen Geschlechtsorganen und Vermögen macht (usus membrorum et facultatum sexualium alterius), und entweder[389] ein natürlicher (wodurch seines Gleichen erzeugt werden kann), oder unnatürlicher Gebrauch, und dieser entweder an einer Person ebendesselben Geschlechts, oder einem Tiere von einer anderen als der Menschen-Gattung: welche Übertretungen der Gesetze, unnatürliche Laster (crimina carnis contra naturam), die auch unnennbar heißen, als Läsion der Menschheit in unserer eigenen Person, durch gar keine Einschränkungen und Ausnahmen wider die gänzliche Verwerfung gerettet werden können."

 

Man sieht: Kant hat sexualmoralisch ziemlich "katholisch" gedacht, wie übrigens viele "Aufklärer". Es war übrigens auch in etwa auch jener Zeit, als manche Mediziner damit begannen, jedes nur erdenkliche Gebrechen auf die Masturbation zu schieben.

Und interessanterweise geht auch Kant von einer definierbaren Natur bzw. Wesenheit des Menschen aus, gegen die sich der Mensch versündigen kann. Wäre interessant zu Wissen, wie er diese Natur begründet (oder ob nicht eher seine pietistische Erziehung ihm da ein Brett vor den Kopf genagelt hat) und ob diese Begründung eine Reflexion in der Katholika hatte.

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor einer Stunde schrieb iskander:

Man sieht: Kant hat sexualmoralisch ziemlich "katholisch" gedacht, wie übrigens viele "Aufklärer". Es war übrigens auch in etwa auch jener Zeit, als manche Mediziner damit begannen, jedes nur erdenkliche Gebrechen auf die Masturbation zu schieben.

 

Anders herum: Es war damals noch nicht spezifisch katholisch, sondern allgemeine Anschauung. Spezifisch katholisch wurde es erst, als die Allgemeinheit dazulernte, und die kath. Kirche zurückließ. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 15 Stunden schrieb Chrysologus:

Dann schauen wir doch mal in Sleiumers Kirchenlateinischem Wörterbuch nach:

Wen es interessiert und wem die 50 € für den Nachdruck zu teuer sind oder in seiner Bibliothek keinen Platz mehr hat,  findet die zweite Auflage auch hier im Internet.

 

OT: Vor einigen Tagen war der vierzigste Sterbetag meiner ersten Frau. Da habe ich in alten Tagebüchern geblättert und dort wiedergefunden, dass wir einmal Kathedrale und Universität Durham besichtigt haben. Dort findet sich in der Bibliothek der Wahlspruch von Bischof John Cosin: 

Non minima pars eruditionis est bonos nosse libros. Den werde ich jetzt auch noch in meine Signatur packen.

 

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 20 Stunden schrieb Flo77:

Und interessanterweise geht auch Kant von einer definierbaren Natur bzw. Wesenheit des Menschen aus, gegen die sich der Mensch versündigen kann. Wäre interessant zu Wissen, wie er diese Natur begründet (oder ob nicht eher seine pietistische Erziehung ihm da ein Brett vor den Kopf genagelt hat) und ob diese Begründung eine Reflexion in der Katholika hatte.

 

 

Gute Frage. Was die Homosexualität angeht, so hat Kant sich dazu offenbar in seinen "Vorlesungen über Metaphyik" zum Thema geäußert. Das Internet-Archiv bietet eine digitalisierte Version in altdeutscher Schrift (hier, wenn sich jemand interessiert), aber ich muss zugeben, dass es mir zu viel Arbeit ist, die Passage herauszusuchen: Die Suchfunktion funktioniert wg. der altdeutschen Schrift nicht und das Buch ist sehr dick. Es gibt aber in der "Metaphysik der Sitten eine Passage zur Masturbation, und ich vermute, dass die Argumentation in beiden Fällen ähnlich ist. Leider ist die Passage in dem typischen Kant-Stil gehalten, der unangenehm kompliziert ist. (Ich kann ruhig ausführlich zitieren; das Copyright ist längst abgelaufen). Here we go:

 

[Zitat Anfang]

 

"Von der wohllüstigen Selbstschändung
§ 7

So wie die Liebe zum Leben von der Natur zur Erhaltung der Person, so ist die Liebe zum Geschlecht von ihr zur Erhaltung der Art bestimmt; d.i. eine jede von beiden ist [556] Naturzweck, unter welchem man diejenige Verknüpfung der Ursache mit einer Wirkung versteht, in welcher jene, auch ohne ihr dazu einen Verstand beizulegen, diese doch nach der Analogie mit einem solchen, also gleichsam absichtlich Menschen hervorbringend gedacht wird. Es fragt sich nun, ob der Gebrauch des letzteren Vermögens, in Ansehung der Person selbst, die es ausübt, unter einem einschränkenden Pflichtgesetz stehe, oder ob diese, auch ohne jenen Zweck zu beabsichtigen, den Gebrauch ihrer Geschlechtseigenschaften der bloßen tierischen Lust zu widmen befugt sei, ohne damit einer Pflicht gegen sich selbst zuwider zu handeln. – In der Rechtslehre wird bewiesen, daß der Mensch sich einer anderen Person dieser Lust zu – Gefallen, ohne besondere Einschränkung durch einen rechtlichen Vertrag, nicht bedienen könne; wo dann zwei Personen wechselseitig einander verpflichten. Hier aber ist die Frage: ob in Ansehung dieses Genusses eine Pflicht des Menschen gegen sich selbst obwalte, deren Übertretung eine Schändung (nicht bloß Abwürdigung) der Menschheit in seiner eigenen Person sei. Der Trieb zu jenem wird Fleischeslust (auch Wohllust schlechthin) genannt. Das Laster, welches dadurch erzeugt wird, heißt Unkeuschheit, die Tugend aber, in Ansehung dieser sinnlichen Antriebe, wird Keuschheit genannt, die nun hier als Pflicht des Menschen gegen sich selbst vorgestellt werden soll. Unnatürlich heißt eine Wohllust, wenn der Mensch dazu, nicht durch den wirklichen Gegenstand) sondern durch die Einbildung von demselben, also zweckwidrig, ihn sich selbst schaffend, gereizt wird. Denn sie bewirkt alsdann eine Begierde wider den Zweck der Natur, und zwar einen noch wichtigem, als selbst der der Liebe zum Leben ist, weil dieser nur auf Erhaltung des Individuum, jener aber auf die der ganzen Spezies abzielt. –

Daß ein solcher naturwidrige Gebrauch (also Mißbrauch) seiner Geschlechtseigenschaft eine und zwar der Sittlichkeit im höchsten Grad widerstreitende Verletzung der Pflicht wider sich selbst sei, fällt jedem, zugleich mit dem Gedanken von demselben, so fort auf, erregt eine Abkehrung von diesem Gedanken, in der Maße, daß selbst die Nennung[557] eines solchen Lasters bei seinem eigenen Namen für unsittlich gehalten wird; welches, bei dem des Selbstmords, nicht geschieht, den man, mit allen seinen Greueln (in einer species facti) der Welt vor Augen zu legen im mindesten kein Bedenken trägt; gleich als ob der Mensch überhaupt sich beschämt fühle, einer solchen ihn selbst unter das Vieh herabwürdigenden Behandlung seiner eigenen Person fähig zu sein: so daß selbst die erlaubte (an sich freilich bloß tierische) körperliche Gemeinschaft beider Geschlechter in der Ehe im gesitteten Umgange viel Feinheit veranlaßt und erfodert, um einen Schleier darüber zu werfen, wenn davon gesprochen werden soll.

Der Vernunftbeweis aber der Unzulässigkeit jenes unnatürlichen, und selbst auch des bloß unzweckmäßigen Gebrauchs seiner Geschlechtseigenschaften, als Verletzung (und zwar, was den ersteren betrifft, im höchsten Grade) der Pflicht gegen sich selbst, ist nicht so leicht geführt. – Der Beweisgrund liegt freilich darin, daß der Mensch seine Persönlichkeit dadurch (wegwerfend) aufgibt, indem er sich bloß zum Mittel der Befriedigung tierischer Triebe braucht. Aber der hohe Grad der Verletzung der Menschheit in seiner eigenen Person durch ein solches Laster in seiner Unnatürlichkeit, da es, der Form (der Gesinnung) nach, selbst das des Selbstmordes noch zu übergehen scheint, ist dabei nicht erklärt. Es sei denn, daß, da die trotzige Wegwerfung seiner selbst im letzteren, als einer Lebenslast, wenigstens nicht eine weichliche Hingebung an tierische Reize ist, sondern Mut erfordert, wo immer noch Achtung für die Menschheit in seiner eigenen Person Platz findet, jene, welche sich gänzlich der tierischen Neigung überläßt, den Menschen zur genießbaren, aber hierin doch zugleich naturwidrigen Sache, d.i. zum ekelhaften Gegenstande macht, und so aller Achtung für sich selbst beraubt."

[Zitat Ende]

 

(Ein zeitgenössischer Autor, Rolf Eraßme, schreibt über Kants Stil: "Die Darstellung ist trocken, schulmäßig steif, teilweise künstlich systematisch und vor allem von langen, undurchsichtigen Mammutsätze gekennzeichnet. Kant gibt es selbst in der Einleitung [zur Kritik der reinen Vernunft] zu, daß seine Darstellung nicht lichtvoll ist, auch Hans Vaihinger muß das eingestehen.")

 

Zusammenfassend tauchen etwa drei wesentliche Argumente auf, wenn ich das richtig sehe:

 

Erstens: Die Masturbation sei "unnatürlich", weil "zweckwidrig", weil keine Nachkommen entstehen können. Hier ist die Argumentation im Grunde ganz ähnlich wie die der kath. Kirche. Ganz ähnlich scheint die Argumentation auch bei der Homosexualität zu definieren. Diese Quelle zitiert Kant wie folgt:

 

"[Die Homosexualität] läuft […] wieder [sic] die Zwekke der Menschheit, denn der Zwek der Menschheit in Ansehung der Neigung ist die Erhaltung der Art ohne Wegwerfung seiner Person … [hierdurch] versetzte ich mich unter das Thier und entehre die Menschheit."

 

Die Argumentation ist im Grunde ganz ähnlich wie bei der kath. Kirche: Man meint, aus der faktischen Natur den Willen Gottes auf eine bestimmte Weise ableiten zu können (auch wenn das bei Kant nicht so explizit gemacht wird, muss dieser Gedanke letztlich doch im Hintergrund stehen). Selbst wenn man diese Prämisse anerkennt, so beinhaltet doch sie Art und Weise, wie man diese Ableitung vornimmt, einen kruden Fehlschluss, den wie anderswo bereits analysiert haben:

 

Aus der Annahme, dass es der Wille Gottes oder der Natur sei, dass der Mensch Kinder zeugen kann und unter bestimmten Umständen womöglich auch tatsächlich zeugen soll, wird abgeleitet, dass jeder andere Gebrauch der Sexualität dem Plan Gottes (oder dem Plan der Natur) nicht nur nicht in einem positiven Sinne entspricht, sondern ihm sogar entgegengesetzt sei.

Das würde aber natürlich höchstens dann Sinn ergeben, wenn ein Mann zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Kind zeugen soll, eine Zeugung durch eine "andersweitigen" Gebrauch der Sexualität jedoch behindert wird. Wenn also ein Mann so viele non-vaginale Ejakulationen hätte (in welcher Form auch immer), dass es dann nicht mehr so gut in der Lage wäre, seine Frau zu schwängern, obwohl er sie nach Gottes Willen zu jenem Zeitpunkt schwängern sollte, könnte man vielleicht sagen, dass sein Handeln im Widerspruch zu den Forderungen Gottes bzw. der Natur steht. Wenn ein Mann allerdings zu einem bestimmten Zeitpunk nicht in der Pflicht steht, Kinder zu zeugen (und dies trifft laut kath. Kirche und Kant etwa auf alle nicht-verheirateten Männer zu), wird diese Argumentation natürlich hinfällig. Und bei der Frau funktioniert diese Argumentation natürlich eh nicht. 

 

Der Schluss mit der "Naturwidrigkeit" ist also tatsächlich so absurd, wie er auf den ersten Blick scheint - und zwar ausdrücklich auch unter der Annahme, dass Gott oder die Natur den Menschen mit der Sexualität (auch) deswegen ausgestattet hat, damit er Kinder zeugen kann!

 

Das zweite Argument lautet, dass "der Mensch [bei der Masturbation] seine Persönlichkeit dadurch (wegwerfend) aufgibt, indem er sich bloß zum Mittel der Befriedigung tierischer Triebe braucht" und sich "sich gänzlich der tierischen Neigung überläßt". Solange nicht geklärt ist, was es in diesem Zusammenhang genau heißen soll, dass der Mensch seine Persönlichkeit "wegwerfend aufgibt", dass er "sich bloß zum Mittel der Befriedigung tierischer Triebe braucht", und dass er "sich gänzlich der tierischen Neigung überläß"; und solange solche nicht auch begründet werden, kann man auf diesen Gedankengang ohne großen Aufwand eigentlich nicht sinnvoll eingehen. Sofern aber nicht behaupten werden soll, dass das Anstreben eines Genusses um des Genusses willen oder die unschädliche Befriedigung eines natürlichen Triebes dem Menschen unwürdig oder unsittlich seien, wird diese Argumentation Kants hinfällig sein.  

 

Man könnte ansonsten noch mit Lenzen argumentieren:

 

"Zwecks reductio ad absurdum dieses Kantschen Argumentes möchte ich nur meine frühere Bemerkung wiederholen: wenn 'wohllüstiger' Geschlechtsverkehr alleine deshalb unmoralisch ist, weil Tiere ihn ausüben, dann müßte analog die Befriedigung von Durst und Hunger als unsittlich gelten."

 

Die dritte Argumentation beruht auf der These, dass Masturbation derart "ekelhaft" sei dass ein Mensch, der sich diesem Laster überlasse, "aller Achtung für sich selbst beraubt". (Ich nehme stark an, dass Kant ähnlich auch im Hinblick auf die Homosexualität denkt.) Man könnte natürlich empirisch argumentieren und darauf hinweisen, dass diese These nicht stimmen kann, aber eigentlich verdeutlicht Kant an dieser Stelle ja nur, was für "kranke" Einstellungen zur Sexualität man damals hatte.

 

Kurz gesagt: Die Argumente Kants sind genauso schwach und hinfällig wie die der kath. Kirche, und dies ist eigentlich so offensichtlich, dass man es kaum übersehen kann. Der Grund ist natürlich einfach der: Es gibt keine echten Argumente. Nicht einmal unter der Annahme, dass es einem Gott gibt, der den Menschen und seine Sexualität geschaffen hat. Die einzige Argumentation (die der Kirche, nicht aber Kant offenstünde) wäre die Berufung auf Autorität und Tradition.

 

vor 20 Stunden schrieb Marcellinus:

Anders herum: Es war damals noch nicht spezifisch katholisch, sondern allgemeine Anschauung. Spezifisch katholisch wurde es erst, als die Allgemeinheit dazulernte, und die kath. Kirche zurückließ. 

 

Das stimmt natürlich! 😁

 

Wobei man vielleicht auch sagen könnte, dass im Denken der Aufklärung bei manchen Themen wohl auch die lange Tradition der Theologie und der christlich geprägten Philosophie noch nachhallen. Denn zuvor war es ja so gewesen, dass die "allgemeine Anschauung" in sehr vielen Bereichen die Anschauung der Kirche gewesen war.

bearbeitet von iskander
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 23 Minuten schrieb iskander:

Kurz gesagt: Die Argumente Kants sind genauso schwach und hinfällig wie die der kath. Kirche,

Es geht weder Kant noch der KK darum, HS oder Selbstbefriedigung wertfrei zu untersuchen, sondern es gibt eine vorgefasste, tradierte Meinung, und es wird nach Argumenten gesucht, die das stützen.


Wissenschaft geht anders.

 

Werner

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Elementar scheint mir bei Kant zu sein (den Link "gönne" ich mir vielleicht heute Abend), daß der Mensch über das Tier erhaben ist. Das Wesen Menschen (bzw. seine Natur oder sein Zweck) ist in erster Linie die "Vollkommenheit" bzw. die Überwindung des Tierseins. Vielleicht könnte man es mit der "Zivilisierung" des Affen beschreiben. Die Kontrolle der Begierden (wobei ich den eindruck habe als verwende er den Begriff synonym zu dem, was wir heute Bedürfnisse nennen, wenngleich letztere heute völlig anders bewertet werden) als Mittel den Menschen dem "Tiersein" und seinem eingebunden sein in die Natur zu entheben.

 

Die polierte Krone der Schöpfung sozusagen.

 

Diese Idee der zivilisatorischen Überlegenheit des "Bürgers" über den Bauern und erst recht Kulturen, die nicht in britisch-viktorianisch bzw. preußisch-protestestantischer Trockenheit verdorrten hält sich ja teilweise bis heute.

 

Viele unserer heutigen Diskussionen (zB um Nacktheit in der Öffentlichkeit) haben ihre Wurzeln nach meinem Eindruck immer noch in dem gleichen Kompost.

 

Kant starb noch vor der Veröffentlichung der Evolutionstheorie - ich vermute er hätte an der Feststellung vom Affen abzustammen ziemlich zu kauen gehabt.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Kant, von dem es mich ob seines aufklärerischen Rationalismus doch sehr wundert, dass er gerade in der katholischen Theologie eine gewisse Konjunktur genossen hat oder genießt, ist ein gutes Beispiel dafür, dass der unvoreingenommene Gebrauch der Vernunft tatsächlich, wenn auch über teils müßige Umwege, zur katholischen Position hinführt. Wenn auch der Erkenntnisweg, zwecks Wegfall der übernatürlichen Offenbarung, ein anderer ist. 

 

Was die Sitten angeht kommt Kant jedenfalls der katholischen Wahrheit auffällig nahe. Wenn von der Homosexualität die Rede ist, so ist nicht nur die Naturwidrigkeit derselben bei Kant zu finden, sondern ihre Einordnung unter die crimina carnis contra naturam könnte in dieser Form fast auch vom Aquinaten stammen. 

 

Ein großer Vorteil der Darlegungen Kants liegt in ihrer Beständigkeit. Während die Kirche - wie man annehmen muss nicht wirklich aus innerer Überzeugung, sondern aufgrund externen Drucks - ihre moralischen Standpunkte zunehmend selbst verunklart oder zulässt, dass sie verunklart werden, gilt bei Kant - durch den Umstand seines Todes - das Prinzip: quod scripsi, scripsi. Wenn man auch hier nicht wird bestreiten können, dass die Kant-Exegeten unserer Tage Anstoß an seinen Einsichten zu gewissen Themen, so etwa der Sexualität, haben. Auch hier ist die ipsissima vox Kants den Derivaten seiner Epigonen vorzuziehen. 

bearbeitet von Studiosus
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Join the conversation

You can post now and register later. If you have an account, sign in now to post with your account.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Only 75 emoji are allowed.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Clear editor

×   You cannot paste images directly. Upload or insert images from URL.

×
×
  • Neu erstellen...