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Synodaler Weg - schon versperrt?


Jan_Duever

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Das - die obige Darlegung zur Entwicklung im Umgang mit Homosexualität als sexuelle Identität - funktioniert allerdings nur, wenn man Homosexualität als geschlechtliche Präferenz ungeklärten Ursprungs (die als Begriffsbildung und psychiatrisches Phänomen tatsächlich noch recht jung ist, 19. Jhd.: Krafft-Ebing, Magnus Hirschfeld) und die homosexuelle Akte (also die karnalischen Sünden) strikt trennt. 

 

Zu Ersterem könnte es unter Vorbehalt möglich sein, neue Haltungen einzunehmen. Bei Letzterem halt ich das für ausgeschlossen. Naturrecht und Offenbarung verbieten es meiner bescheidenen Ansicht nach, diese konkreten Akte als in sich gut oder auch nur zugelassen anzusehen. 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus 

bearbeitet von Studiosus
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Gerade eben schrieb nannyogg57:

Ich habe das gerade mit den Muslimen in den Canones des III Laterankonzils gesucht. Wo steht das?

 

Ehrlich gesagt kenne ich es aus der biographischen Literatur über Franziskus. Jan Hoeberichts berichtet in seinem Buch "Feuerwandler" über die im III. Laterankonzil beschlossene Vorbereitung des Kreuzzuges. Den Kreuzrittern wurde für ihren Kriegsdienst das ewige Heil versprochen. In jedem Gottesdienst musste für das Gelingen des Kreuzzuges gebetet werden. Und Friedrich II. wurde exkommuniziert, weil er eine Übergabe Jerusalems durch Verhandlungen erreichte und einen Frieden mit den Muslimen schloss.

 

Interessant ist die Reaktion von Franziskus. Die vom selben Konzil beschlossene Dogmatisierung der Transsubstantiationslehre wurde von ihm freudig begrüßt und in einigen Texten kommentiert. Über den Kreuzzug findet sich kein Wort bei ihm, obwohl das Konzil diejenigen, die den Kreuzzug nicht unterstützen, der sündhaften Undankbarkeit gegenüber dem Sohn Gottes bezichtigt. Hier habe ich mal einiges dazu geschrieben:

Franziskus und der Islam

 

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vor 1 Stunde schrieb Studiosus:

Ich habe mich mit der Biographie dieses Mannes der Kirche beschäftigt und kann mir, selbst bei böswilligster Interpretation, nicht vorstellen, dass gerade ihm, dem Priester, Missionar, Erzbischof, Apostolischen Delegaten für Franz.-Afrika und päpstlichem Thronassistenten dieser Schritt leicht fiel.

 

Kannst du mir eine gute Biographie über Erzbischof Lefebvre empfehlen?

 

Ich kann mir vorstellen, dass es für ihn und viele andere sehr schwer war, dass ganz normale Dinge, die man seit der Kindheit und Jugend geglaubt hat und die schon die Eltern und Grosseltern und Urgrosseltern geglaubt haben, über Nacht quasi falsch waren und nicht mehr geglaubt werden durften oder sollten.

 

Genau so eine Entwicklung fürchte ich auch. Heute gilt man noch als "konservativ", wenn man sich einfach nur an das hält, was die Kirche lehrt. Wer weiss, ob in 30 Jahre alle oder viele dieser Dinge von der "reformierten" Kirche dann auf einmal für unwahr und falsch erklärt werden und man dann über Nacht auch "Schismatiker" und Aussätziger in der Kirche ist, wenn man an dem Glauben festhält, den man über Jahrzehnte fest hatte.

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vor 1 Minute schrieb Studiosus:

Das - die obige Darlegung zur Entwicklung im Umgang mit Homosexualität als sexuelle Identität - funktioniert allerdings nur, wenn man Homosexualität als geschlechtliche Präferenz ungeklärten Ursprungs (die als Begriffsbildung und psychiatrisches Phänomen tatsächlich noch recht jung ist, 19. Jhd.: Krafft-Ebing, Magnus Hirschfeld) und die homosexuelle Akte (also die karnalischen Sünden) strikt trennt. 

 

Zu Ersterem könnte es unter Vorbehalt möglich sein, neue Haltungen einzunehmen. Bei Letzterem halt ich das für ausgeschlossen. 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus 

 

Naja, das ist ja alles auch nicht so eindeutig. Meine evangelische, sehr gläubige und engagierte Großtante lebte mit einer Lebenspartnerin zusammen. Ihrer ganzen Lebenshaltung nach war das keine homosexuelle Beziehung; so etwas gibt es ja öfter. In einem Gespräch kam zufälligerweise mal heraus, dass die beiden gemeinsam baden. Die Äußerung war irgendwie aus Versehen und ihr sehr peinlich, ich (als Jugendlicher) hatte damit aber keine Probleme. Man könnte nun die Frage stellen: Ist gemeinsam baden nun verboten oder nicht?

 

Ehrlich gesagt: Ich glaube, da fragt man besser nicht.

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vor 27 Minuten schrieb Franziskaner:

Es gibt kirchliche Gesetze, die lange Zeit galten und irgendwann aufgrund veränderter gesellschaftlicher Verhältnisse oder neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ihre Geltung verloren haben.

 

Würde das dann nicht auch heissen, dass Sünden abhängig sind von "gesellschaftlichen Verhältnissen" und "wissenschaftlichen Erkenntnissen"? Was heute eine Sünde ist, kann morgen schon keine Sünde mehr sein?

 

vor 29 Minuten schrieb Franziskaner:

Tatsache ist, dass eine homosexuelle Veranlagung erstens nicht schuldhaft, zweitens nicht korrigierbar und drittens offensichtlich gottgewollt ist. Sonst käme sie nicht kulturübergreifend vor.

 

Ich tue mich sehr schwer damit, Veranlagungen zur Sünde bei Menschen als "gottgewollt" zu erklären.

 

Wieviele Millionen Ehebrüche finden täglich kulturübergreifend auf der Welt statt? Wieviele Menschen gehen der Prostitution nach? Wieviele Menschen werden täglich vergewaltigt? Wieviele verschiedene Fälle von Unzucht von Onanie über Inzest bis Polygamie? Das alles scheint irgendwie in den Menschen zu liegen, kulturübergreifend. Der Teufel treibt eben in jedem von uns sein böses Spiel und verführt uns dazu gegen unseren Schöpfer zu sündigen.

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vor 30 Minuten schrieb Guppy:

 

Kannst du mir eine gute Biographie über Erzbischof Lefebvre empfehlen?

 

Eine vollständige Biographie über Marcel Lefebvre ist noch nicht lange zu haben. Über einen der Bruderschaft nahen Verlag kann man die (sehr dicke und viele Archivalien enthaltende) Biographie von Bernard Tisier de Mallerais beziehen. Diese ist bedingt empfehlenswert, stammt sie doch aus der Feder eines der 1988 von Lefebvre geweihten Bischöfe. Ein gewisser Hang zur Hagiographie muss eingestanden werden. Gut für den Einstieg geeignet ist auch der Dokufilm über das Leben des Erzbischofs "Ein Bischof im Sturm". 

 

Um dem Denken des Erzbischofs näher zu kommen empfehle ich seine eigenen schriftlichen Darlegungen, besonders den offenen Brief an die ratlosen Katholiken, die Schrift "Ein Bischof spricht" (Predigten und Ansprachen), "Sie haben ihn entthront", das Hauptwerk "Damit die Kirche fortbestehe" und nicht zuletzt "Ich klage das Konzil an". Alles recht günstig im selben Verlag erhältlich. 

 

Natürlich soll auch die wissenschaftliche Fachliteratur genannt sein. Weniger mit der Person des Bischofs, sondern mit den Begleitumständen befassen sich etwa die Schriften von Alois Schifferle. 

 

vor 30 Minuten schrieb Guppy:

Ich kann mir vorstellen, dass es für ihn und viele andere sehr schwer war, dass ganz normale Dinge, die man seit der Kindheit und Jugend geglaubt hat und die schon die Eltern und Grosseltern und Urgrosseltern geglaubt haben, über Nacht quasi falsch waren und nicht mehr geglaubt werden durften oder sollten.

 

Gerade dieses Element der Glaubensweitergabe, der Tradition (paradosis) als Vitalprinzip der Kirche ist in Marcel Lefevbre beinahe archetypisch vorzufinden. So auch in seinem Wahlspruch als Bischof nach dem Hl. Apostel Paulus: tradidi quod et accepi. Ich habe weitergegeben, was ich selbst empfangen habe. 

 

Ich selbst habe mit der Piusbruderschaft keine nähere Verbindung. Nichtsdestotrotz erlaube ich mir, mich dem kolportierten Urteil Benedikts XVI. zur Person Lefebvres anzuschließen: Ein großer Mann der Kirche. Si non é vero, é ben trovato. 

 

Auch als Theologe empfinde ich die Personalie Lefebvre als von großem, kirchenhistorischen Interesse, die nicht zuletzt zeigt, dass das Ringen um die Aneignung der Lehren des letzten Konzils ein Prozess ist, der noch lange eines Abschlusses harrt. 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus 

bearbeitet von Studiosus
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vor 43 Minuten schrieb Franziskaner:

Tatsache ist, dass eine homosexuelle Veranlagung erstens nicht schuldhaft, zweitens nicht korrigierbar und drittens offensichtlich gottgewollt ist. Sonst käme sie nicht kulturübergreifend vor.

 

Schuldhaft: sicher nicht. (Außerdem ist die Veranlagung an sich ja nichts Falsches, insofern stellt sich die Frage nicht)

 

Nicht korrigierbar: da gibt es reichlich Gegenbeispiele (bloß weil ggf. Homosexuelle leugnen, daß diese "Korrigierten" je wirklich homosexuell waren, belegt das ja nichts)

 

Gottgewollt, weil kulturübergreifend: interessante Begründung. Die würdest Du auf so manch anderes Kulturübergreifendes nicht anwenden, da bin ich sicher.

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vor 26 Minuten schrieb Studiosus:

Naturrecht und Offenbarung verbieten es meiner bescheidenen Ansicht nach, diese konkreten Akte als in sich gut oder auch nur zugelassen anzusehen.

Tja. Dann eben nicht.

 

Ein Segen, daß der Kirche in diesen Fragen eh niemand mehr zuhört.

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vor 10 Stunden schrieb rorro:

 So wurde bspw. kein einziges Konzilsdokument des Zweiten Vaticanums - soweit ich weiß - einstimmig angenommen. 

 

 

Ich habe keine Primäquelle und weiß auch nicht, ob es einstimmig war, aber Kardinal Wetter hat in seiner Predikt zum Requiem für Kardinal Augustinus Mayer gesagt:

Zitat

 

Papst Johannes XIII. berief P. augustin zum Sekretär der vorbereitenden Kommission  und dann zur Konzilskommission für Studien und Seminare, wo er das Dekret über die Priesterausbildung Optatam totius betreute, das als einziges Konzilsdokument schon bei der ersten lesung die Zustimmung der Konzilsväter erhielt.

Alt und Jung Metten, 2009/10, S. 209

 

 

Ich hatte das im Hinterkopf, weil ich bei der Suche für einen lieben Mitforanten zu einem anderen Thema ca. 30 Hefte durchsucht und nichts gefunden, dafür festgestellt habe, dass mir ein einziges Heft fehlt oder in meiner Bibliothek verschollen ist. :winke:

bearbeitet von Wunibald
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Zum vorgehenden Post: Eine verlässliche, da offizielle Quelle, sind in diesen Fragen die Editionen der Konzilsakten des Zweiten Vatikanums (ASSCOVII*). 

 

Und um die Frage vorwegzunehmen: Lefebvre hat, entgegen manch anderslautender Aussagen, so ziemlich alles unterschrieben. Auch ein Ausweis der kirchlichen Gesinnung dieses Bischofs. Der Bruch vertiefte sich erst unheilbar mit manchen anderen Ereignissen im Nachgang des Konzils. 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus 

 

*Nein, das ist keine neuerlich Mutation des Coronavirus, die den Allerwertesten befällt. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 15 Minuten schrieb nannyogg57:

@Franziskaner: Könnte es sich statt um das III. um das IV. Laterankonzil gehandelt haben?

 

 

Hilfe ....!! Ich vermute, Du hast Recht [Kopfeinzieh] So geht es, wenn man als Nichtfachmann aus dem Gedächtnis argumentiert.

 

Aber immerhin, wir haben´s geklärt.

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vor 19 Minuten schrieb rorro:

 

Schuldhaft: sicher nicht. (Außerdem ist die Veranlagung an sich ja nichts Falsches, insofern stellt sich die Frage nicht)

 

Nicht korrigierbar: da gibt es reichlich Gegenbeispiele (bloß weil ggf. Homosexuelle leugnen, daß diese "Korrigierten" je wirklich homosexuell waren, belegt das ja nichts)

 

Gottgewollt, weil kulturübergreifend: interessante Begründung. Die würdest Du auf so manch anderes Kulturübergreifendes nicht anwenden, da bin ich sicher.

 

Das stimmt, Guppy hat ja ein paar Beispiele angegeben, denen auch ich zustimmen würde. Aber was ist an einer Beziehung schuldhaft, die niemandem etwas schechtes zufügt?

 

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Ich habe beim IV. aber bisher nix gefunden. Halt das Übliche, Kreuzzug, blablabla. Es ist ja ein Unterschied, ob es hieß, jeden Muslim zu töten, oder das halt im Kriegsfall zu tun. 

 

Merke: Von allen Laterankonzilien ist das vierte das Wichtigste. 1215, zu Lebzeiten von Franz und Innozenz III. Das große Konzil des MA.

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vor 2 Minuten schrieb nannyogg57:

Ich habe beim IV. aber bisher nix gefunden. Halt das Übliche, Kreuzzug, blablabla. Es ist ja ein Unterschied, ob es hieß, jeden Muslim zu töten, oder das halt im Kriegsfall zu tun. 

 

Merke: Von allen Laterankonzilien ist das vierte das Wichtigste. 1215, zu Lebzeiten von Franz und Innozenz III. Das große Konzil des MA.

 

Nun, die Exkommunikation eines Kaisers wegen eines Friedensschlusses, und auch das Massaker von Damiette sprechen ja eine deutliche Sprache. Wie die genaue Formulierung in den Konzilsdekreten ist, weiß ich nicht. In der Konsequenz wurde es auf jeden Fall so gehandhabt.

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vor 16 Minuten schrieb Franziskaner:

Aber was ist an einer Beziehung schuldhaft, die niemandem etwas schechtes zufügt?

 

 

Das ist tatsächlich eine nachdenkenswerte Frage. Ihre Beantwortung hat auch viel mit den Kriterien zu tun, die wir an Verhalten generell anlegen. 

 

Ich könnte mir spontan diverse Handlungen denken, die im engeren Sinne niemandem schaden. Dennoch wären sie - in kirchlicher Diktion - bisweilen schuldhaft oder gar sündig.

 

Man muss fragen, welches Gut durch eine Sünde verletzt wird. Nach rein weltimmanenten Maßstäben wäre ich gewillt, zu konzedieren, dass selbst homosexuelle Handlungen, sofern auf der Basis der Freiwilligkeit gesetzt, niemandem schaden. Aber können die Kriterien der Kirche sich auf diese rein weltlichen und subjektiven Wahrnehmungen beschränken? 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus 

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vor 10 Stunden schrieb Studiosus:

 

Das ist, ganz wertfrei konstatiert, auch das Dilemma eines Erzbischof Lefebvre und anderer "Altgläubiger" gewesen. Nur das die Entwicklung keine 40 oder 50 Jahre dauerte, sondern wenige Jahre. 

 

Ich will hier die offizielle römische Diktion, die eine Kontinuität von Kirchenlehre vor und nach dem Konzil postuliert, nicht infrage stellen. Für den genannten Erzbischof und nicht wenige Laien hat sich die Situation allerdings nachgerade so dargestellt, dass sie in der katholischen Kirche zu Bett gingen und in einer Art neo-protestantischen Gegenkirche aufwachten. Das ist, wenn man Hieronymus glauben darf, ähnlich wie seinerzeit mit den Arianern: Der Erdkreis säufzte auf und wunderte sich, dass er arianisch geworden war. 

 

Ein Patentrezept für den Umgang mit dieser Feststellung gibt es wohl nicht. Erzbischof Lefebvre zog in einem letzten Schritt das Schisma der Einheit mit diesem so veränderten Rom vor. Das ist grundsätzlich nicht gutzuheißen. Ich habe mich mit der Biographie dieses Mannes der Kirche beschäftigt und kann mir, selbst bei böswilligster Interpretation, nicht vorstellen, dass gerade ihm, dem Priester, Missionar, Erzbischof, Apostolischen Delegaten für Franz.-Afrika und päpstlichem Thronassistenten dieser Schritt leicht fiel. 

 

Ich sage zu solchen Fällen immer gerne: Die Orthodoxie von heute ist die Häresie von morgen. Oder auch umgekehrt. 

 

Ansonsten halte ich es bei aufkommenden Neuerungen mit den Worten des weisen Juden Gamaliel: Wenn es von Gott kommt, wird es Bestand haben. Ist es aber von Menschen, so wird es untergehen. 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus 

 

 

 

Erzbischof Lefebvre hatte seine ersten Konflikte schon Anfang der 50er Jahre

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vor 9 Stunden schrieb Studiosus:

 

Eine vollständige Biographie über Marcel Lefebvre ist noch nicht lange zu haben. Über einen der Bruderschaft nahen Verlag kann man die (sehr dicke und viele Archivalien enthaltende) Biographie von Bernard Tisier de Mallerais beziehen. Diese ist bedingt empfehlenswert, stammt sie doch aus der Feder eines der 1988 von Lefebvre geweihten Bischöfe. Ein gewisser Hang zur Hagiographie muss eingestanden werden. Gut für den Einstieg geeignet ist auch der Dokufilm über das Leben des Erzbischofs "Ein Bischof im Sturm". 

 

Um dem Denken des Erzbischofs näher zu kommen empfehle ich seine eigenen schriftlichen Darlegungen, besonders den offenen Brief an die ratlosen Katholiken, die Schrift "Ein Bischof spricht" (Predigten und Ansprachen), "Sie haben ihn entthront", das Hauptwerk "Damit die Kirche fortbestehe" und nicht zuletzt "Ich klage das Konzil an". Alles recht günstig im selben Verlag erhältlich. 

 

Natürlich soll auch die wissenschaftliche Fachliteratur genannt sein. Weniger mit der Person des Bischofs, sondern mit den Begleitumständen befassen sich etwa die Schriften von Alois Schifferle. 

 

 

Gerade dieses Element der Glaubensweitergabe, der Tradition (paradosis) als Vitalprinzip der Kirche ist in Marcel Lefevbre beinahe archetypisch vorzufinden. So auch in seinem Wahlspruch als Bischof nach dem Hl. Apostel Paulus: tradidi quod et accepi. Ich habe weitergegeben, was ich selbst empfangen habe. 

 

Ich selbst habe mit der Piusbruderschaft keine nähere Verbindung. Nichtsdestotrotz erlaube ich mir, mich dem kolportierten Urteil Benedikts XVI. zur Person Lefebvres anzuschließen: Ein großer Mann der Kirche. Si non é vero, é ben trovato. 

 

Auch als Theologe empfinde ich die Personalie Lefebvre als von großem, kirchenhistorischen Interesse, die nicht zuletzt zeigt, dass das Ringen um die Aneignung der Lehren des letzten Konzils ein Prozess ist, der noch lange eines Abschlusses harrt. 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus 

das Schiffele Buch ist in der Originalausgabe weit besser als die gestraffte Neuausgabe  besser sich das Original antiquarisch zu besorgen

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vor 8 Stunden schrieb Studiosus:

Zum vorgehenden Post: Eine verlässliche, da offizielle Quelle, sind in diesen Fragen die Editionen der Konzilsakten des Zweiten Vatikanums (ASSCOVII*). 

 

Und um die Frage vorwegzunehmen: Lefebvre hat, entgegen manch anderslautender Aussagen, so ziemlich alles unterschrieben. Auch ein Ausweis der kirchlichen Gesinnung dieses Bischofs. Der Bruch vertiefte sich erst unheilbar mit manchen anderen Ereignissen im Nachgang des Konzils. 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus 

 

*Nein, das ist keine neuerlich Mutation des Coronavirus, die den Allerwertesten befällt. 

Leider muß Mgr Tissier  in der Biographi zugeben daß der Erzbischof in Bezug auf seine Unterschriften  unter Konzilsdokumente schlicht gelogen hat
die einzigen Bischöfe die kein Dokument unterschrieben haben waren de Castro Mayer (bei ihm bin ich mir nicht sicher)  Erzbischof  Pierre Martin Ngô Đình Thục ( bei ihm bin ich mir völlig sicher )

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vor 8 Stunden schrieb Studiosus:

 

Das ist tatsächlich eine nachdenkenswerte Frage. Ihre Beantwortung hat auch viel mit den Kriterien zu tun, die wir an Verhalten generell anlegen. 

 

Ich könnte mir spontan diverse Handlungen denken, die im engeren Sinne niemandem schaden. Dennoch wären sie - in kirchlicher Diktion - bisweilen schuldhaft oder gar sündig.

 

Man muss fragen, welches Gut durch eine Sünde verletzt wird. Nach rein weltimmanenten Maßstäben wäre ich gewillt, zu konzedieren, dass selbst homosexuelle Handlungen, sofern auf der Basis der Freiwilligkeit gesetzt, niemandem schaden. Aber können die Kriterien der Kirche sich auf diese rein weltlichen und subjektiven Wahrnehmungen beschränken? 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus 

die liebe zwischen zwei menschen ist nicht rein weltimmanent und kirchliche kriterien sind nicht per se göttlich.

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vor 11 Stunden schrieb Studiosus:

Naturrecht und Offenbarung verbieten es meiner bescheidenen Ansicht nach, diese konkreten Akte als in sich gut oder auch nur zugelassen anzusehen. 

 

Auch Naturrecht und Offenbarung sind veränderbar. Genau genommen ihre Auslegung.

 

Beim Naturrecht ist die Frage, was man als 'Natürlich' ansieht, und als Ziel der Natur. Da weiß ich jetzt nicht mal, warum das 'Naturrecht' was gegen Homosexualität (die es übrigens auch im Tierreich gibt) haben sollte.

Und die Offenbarung ist offenbar Auslegungssache. Mir fällt jetzt kein Ausspruch Jesu ein, der Homosexualität verdammt. Und die Vorschriften des Alten Testaments halten wir ja nun auch nur sehr selektiv ein ('Frag Dr. Laura' ;) ).

 

vor 11 Stunden schrieb Guppy:

Würde das dann nicht auch heissen, dass Sünden abhängig sind von "gesellschaftlichen Verhältnissen" und "wissenschaftlichen Erkenntnissen"? Was heute eine Sünde ist, kann morgen schon keine Sünde mehr sein?

Natürlich. Im Aristotelischen Weltbild saß in jedem Spermium ein kleiner Homunkulus und Selbstbefleckung war demensprechend Massenmord. Heute wissen wir, daß ein Mensch erst durch die Verschmelzung von Ei und Spermium entsteht. Wobei auch das natürlich eine Wertung ist; und es in der Scholastik (?) auch die Ansicht gab, daß der werdende Mensch erst nach 40 bzw. 80 Tagen beseelt wurde.

 

Im Kern heißt Sünde Trennung von Gott. Was uns aber von Gott trennen kann, daß ist auch zeitbedingt.

Im Mittelalter dürfte es keinen Grund gegeben haben, an der Schöpfungsgeschichte zu zweifeln, es sei denn, man wollte an der Allmacht Gottes zweifeln. Heutzutage gibt es keinen Grund mehr, die Schöpfungsgeschichte wörtlich zu nehmen.

Und ich denke, auch die gesellschaftlichen Verhältnisse haben einiges geändert, ohne daß mir jetzt ein prägnantes Beispiel einfällt. Vielleicht: Heutzutage kann es die beste Form, 'Vater und Mutter zu ehren' sein, sie in ein professionelles Pflegeheim zu geben während die beste Möglichkeit früher war, sich selbst um sie zu kümmern.

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vor 12 Stunden schrieb Guppy:

 

Würde das dann nicht auch heissen, dass Sünden abhängig sind von "gesellschaftlichen Verhältnissen" und "wissenschaftlichen Erkenntnissen"? Was heute eine Sünde ist, kann morgen schon keine Sünde mehr sein?

 

Ja, das ist so. Zur Zeit der Kreuzzüge war eine Verweigerung des Kriegsdienstes in einem Angriffskrieg gegen die Muslime eine sündhafte Undankbarkeit gegenüber Jesus Christus.

 

Sklavenhaltung wurde hingegen nicht als sündhaft angesehen.

 

Was sich nicht verändert, ist die Ethik des Evangeliums. Über liebevolle, auf Dauer angelegte homosexuelle Beziehungen sagt Jesus aber überhaupt nichts.

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vor 11 Stunden schrieb Studiosus:

Man muss fragen, welches Gut durch eine Sünde verletzt wird. Nach rein weltimmanenten Maßstäben wäre ich gewillt, zu konzedieren, dass selbst homosexuelle Handlungen, sofern auf der Basis der Freiwilligkeit gesetzt, niemandem schaden. Aber können die Kriterien der Kirche sich auf diese rein weltlichen und subjektiven Wahrnehmungen beschränken? 

 

Das göttliche ethische Gesetz ist nach dem Zeugnis der Bibel keine selbstzweckhafte Sammlung von Vorschriften. Sie haben immer auch einen innerweltlichen Sinn. Das Volk Israel soll das Gesetz halten "damit du lange lebst in dem Land, das ich dir zeigen werde". Und Jesus hat die Gültigkeit rein ritueller vorschriften noch einmal eingeschränkt. "Der Sabbat ist für den Menschen da, und nicht der Mensch für den Sabbat."

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vor 6 Minuten schrieb Franziskaner:

Über liebevolle, auf Dauer angelegte homosexuelle Beziehungen sagt Jesus aber überhaupt nichts.

 

Das stimmt. Andere Einschätzungen des Alten Bundes werden von Jesus ja durchaus anders interpretiert. Ich bin sicher, Er hätte können wenn Er denn gewollt hätte.

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