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Corona-Special: in Deutschland, Europa und Global


Mistah Kurtz

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vor 2 Stunden schrieb laura:

 

Das mag stimmen.

Die spannende Frage ist aber, ob die menschliche Psyche solche Erfahrungen kompensieren kann oder nicht.

Folgt man deiner Argumentation müssten alle Menschen, die in den Kriegs- und Nachkriegsjahre Kinder waren, irreparable Schäden haben. Also die Generation unserer Eltern.

Alle Flüchtlingskinder...

Alle Kinder aus Kriegsgebieten...

Und natürlich alle Kinder weltweit, die gerade von den coronabedingten Schulschließungen betroffen sind.

 

Ich habe nicht von irreparablen Schäden gesprochen, sondern von Schäden, die schwerer zu beheben, eben weil es sich um Kinder und nicht um Jugendliche bzw Erwachsene handelt.

Und ich habe auch nicht davon gesprochen, dass ALLE Kinder solche Schäden entwickeln würden.

Und ja, die Generation unserer Eltern ist durch die Kriegs- und Nachkriegsjahre schwer geschädigt, manche deutlicher, manche weniger deutlich, natürlich nicht allein durch SChulschließungen bedingt. Auch bei Corona wird es ein Zusammenspiel von mehreren Faktoren sein. Manche dieser Faktoren sind leider nicht verhinderbar (Die Pandemie ist halt mal existent), bei anderen ist zu diskutieren, inwieweit sie abgemildert werden können oder verhinderbar sind (Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie)

Es geht dabei nicht allein um "solche Erfahrungen", sondern auch darum, dass Entwicklung innerhalb eines gewissen zeitlichen Rahmens unter entsprechenden Bedingungen eben stattfindet. Sind die Bedingungen nicht gegeben (z.B. hinreichend soziale Kontakte zu Gleichaltrigen etc.pp.), kann das nicht so einfach zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden, für manches kann der Zug dann sogar schlichtweg abgefahren sein.

 

Kompensation bedeutet übrigens nicht, dass das Kompensierte für immer erledigt ist. Da bedarf es irgendwann im Leben womöglich nur eines Erlebnisses, das triggert und man wird retraumatisiert.

Kriegsbedingte Traumatisierungen der Generation unserer Eltern sind sogar auf eine gewisse Art und Weise auf die Kinder, die diese Zeit gar nicht erlebt haben, infolge des Verhaltens der Eltern übertragbar. EIne Menge der psychischen Problematiken unserer Generation hat ihre Wurzel in der leider nur scheinbar kompensierten Traumatisierung unserer Eltern  durch den Krieg.

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vor 1 Stunde schrieb laura:

Ich würde durchaus annehmen, dass die Jahrgänge 1930-1945, die in der Kriegs- und Nachkriegszeit Kinder waren, insgesamt nicht unglücklicher sind als die nachfolgenden Generationen. Und das finde ich schon bewundernswert.

 

Und bei so manchen Befürchtungen, die zu den irreparablen Schäden durch Corona geäußert werden, frage ich mich dann eben, ob diese Resilienz nicht auch bei den Kindern von heute da wäre.

 

Solltest du mich damit meinen, ich habe bisher meines Wissens nirgends von unweigerlich irreparablen Schäden gesprochen. Die Möglichkeit ist jedoch definitiv nicht auszuschließen, wenn man sich vergegenwärtigt, wie kindliche Entwicklung 'normal' abläuft.

Resilienz ist eine erlernbare Fähigkeit. Die ist wohl den wenigsten Menschen einfach so in die Wiege gelegt. Deshalb ist es ja auch falsch, Kinder helikoptermäßig erziehen zu wollen. Andererseits ist aber schon auch zu beachten, dass das Einüben seelischer Widerstandsfähigkeit nach Möglichkeit behutsam erfolgt. Um Kinder körperlich widerstandsfähiger zu machen, gehe ich ja auch nicht schon mit Neugeborenen stundenlang in winterlicher Eiseskälte spazieren.

 

Deine Annahmen bezüglich der der Resilienz der Jahrgänge 1939-1945 halte ich aufgrund meiner Kenntnisse für naiv. Gib da einfach mal bei google den Begriff "Kriegskinderforschung" ein. Ich habe mich damit aus persönlichem Interesse beschäftigt.(mein Vater wurde  als Kind aus der Heimat vertrieben, meine Mutter ist Flüchtlingskind)

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vor 1 Stunde schrieb Janus:


Hierzu nochmal separat: Es gibt natürlich schon zeitsensitive Aspekte in der Entwicklung eines Kindes, und es ist auch wichtig wenn nicht sogar essentiell, dass Kinder in Gruppen und direktem Kontakt sozialisiert werden können. Einen jahrelangen lockdown ohne Möglichkeit auf direkte Interaktion würde ich da schon sehr kritisch sehen. Ein paar Monate sind dann auch belastend und unschön, müssen aber nicht zu „irreparabler Schädigung“ führen.

 

Es gibt nicht nur zeitintensive Aspekte in der Entwicklung eines Kindes, sondern auch Aspekte in der Entwicklung eines Kindes, die  kaum noch nachgeholt werden können, wenn das Kind von seinem Alter her der entsprechenden Entwicklungsphase entwachsen ist.  In der Gehirnforschung spricht man da von sog. Zeitfenstern, innerhalb derer bestimmte Entwicklungen laufen, die danach kaum mehr nachgeholt werden können.

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Am 5.1.2021 um 21:44 schrieb laura:

Genau... das ist das Problem ...

Nicht der Landkreis Freudenstadt sondern Karlsruhe oder Böblingen....

"Wir wollen halt mit den Kindern mal Ski fahren gehen..."

War wohl entspannter am gestrigen Feiertag - das Wetter auch nicht ganz so einladend (teils Eisnebel) - und die Polizei soll ziemlich konsequent durchgegriffen und Abschleppdienste gut beschäftigt haben. (Die Besitzer eines Fahrzeugs, die die Ausfahrt von Bekannten zugeparkt hatten, so dass der ambulante Pflegedienst nicht mehr weiter konnte, sollen sehr betrübt gewesen sein, als sie ihr kostbares Blechle nach 5 Stunden nicht mehr vorfanden - voller Rücksichtnahme hatten sie nämlich einen Zettel mit ner Handynummer auf dem Armaturenbrett hinterlassen, ehe sie sich auf den Rodelhang davonmachten).

bearbeitet von Julius
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vor 8 Stunden schrieb Flo77:

Wieso erzählen die Medien uns dann die ganze Zeit "die Kanzlerin und die MPs haben beschlossen"?

 

Weil sie es beschlossen (wenn auch nicht rechtswirksam, sondern als dringenden Appell) haben?

Ich weiß: Korrekter wäre es, zu sagen: "Kanzlerin und MPs haben vereinbart, folgende Regeln in den einzelnen Ländern rechtswirksam in Kraft zu setzen..."

Andererseits: Eigentlich weiß man ja, dass Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten auch gemeinsam nichts rechtskräftig beschließen kann. Das ist nicht deren Funktion. Merkel heißt ja nun nicht Aljaksandr Ryhorawitsch mit Vornamen.

 

Zum Thema Föderalstrukturen: Ich vermute mal, dass es auch in "normalen" Zeiten nicht viel anders sein wird: Die Anzahl der verbindlichen Anweisungen des Bundes an die Bundesländer wird ziemlich gering sein, wohingegen gemeinsame nicht selbständig rechtswirksame Vereinbarungen, bestimmte Regeln in den Ländern rechtswirksam umzusetzen, deutlich in der Mehrheit sein werden. Warum auch nicht? Für die Gesundheitspolitik sind halt nun mal die Länder zuständig, sollte der Bund jetzt tatsächlich mit Notstandsgesetzgebung regieren, wenn es auch durch Absprachen geht? Und ob man dann letztlich das Landesparlament zur Inkraftsetzung einer Rechtsnorm benötigt oder dies mit einer (Ministerial-)Verordnung erreichen kann, ist die nächste Frage (und Ministerialverordnungen gegen den erklärten Willen des Parlamentes macht man auch nur ein einziges Mal, danach ist man nämlich kaltgestellt und benötigt mindestens einen neuen Minister).

 

Politik und darüber hinaus auch das Allgemeine Verwaltungshandeln beruht trotz gegenteiliger Behauptungen sehr häufig auf Absprachen (natürlich im Rahmen des Rechts) und nicht auf Anordnungen. Das hat den Vorteil, dass man die Anzahl der Klagen drastisch reduzieren kann und gleichzeitig dem manchen Menschen immanenten Drang, ein Ergebnis aushandeln zu wollen, entgegen kommt. Alle sind zufriedener.

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vor 9 Stunden schrieb Flo77:
Am 5.1.2021 um 19:04 schrieb Frank:

Demokratische legitimation erhalten die Verabredungen durch Umsetzung auf Landesebene.

Keiner der Beteiligten ist rechtlich an die Beschlüsse gebunden (das war in der ersten Welle zu beobachten am Wettkampf Laschet/Söder). Den heute beschlossenen Weg zu gehen ist eine politische Entscheidung.

Wieso erzählen die Medien uns dann die ganze Zeit "die Kanzlerin und die MPs haben beschlossen"?

Da gibt's nen Zettel auf dem steht in der Überschrift "Beschluss" also haben Kanzlerin und Ministerpräsident*innen beschlossen so vorzugehen wie sie es vereinbart haben.

Nocheinmal: das alles ist eine politische Entscheidung, die sprachlich korrekter - Lothar hat darauf hingewiesen - Verabredung heissen müsste.

Wie man das Kind dabei tauft ist allerdings unerheblich. Damit das Rechtskraft erhält müssen sich die Regierenden in Bund und Länder an Verfahren halten die in Gesetzen festgeschrieben sind.

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vor 10 Stunden schrieb laura:

Folgt man deiner Argumentation müssten alle Menschen, die in den Kriegs- und Nachkriegsjahre Kinder waren, irreparable Schäden haben. Also die Generation unserer Eltern.

Haben sie auch. Fällt nur nicht gleich auf, weil wir es nicht anderes kennen.

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vor 55 Minuten schrieb Moriz:

Haben sie auch. Fällt nur nicht gleich auf, weil wir es nicht anderes kennen.


Ist wohl immer so gewesen. Solche Traumatisierungen wirken unerkannt über Generationen hinweg. Ohne Zweifel ist mein Großvater vom 1870/71-er-Krieg traumatisiert gewesen (die Großmutter gleich mit), meine Eltern haben aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg sicher auch ein Trauma mitgenommen ...
Oder anders gefragt: wann war das je anders?

bearbeitet von Julius
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vor 13 Stunden schrieb GermanHeretic:

Kommen wir jetzt zum Online-Unterricht:

Papa, Mama, Jannick und Charlotte besuchen montags die Oma.

Die Oma besucht dienstags Papa, Mama, Jannick und Charlotte.

Frage 1: Wie viele Personen erzeugen montags ein erhöhtes Infektionsrisiko?

Frage 2: Wie viele Personen genießen dienstags familiären Zusammenhalt?

Frage 3: Welches Familientreffen ist legal, welches illegal, welches scheißegal und warum?

Zusatzfrage: Warum ist der Besuch von Oma Angela, die 10 km mit dem Bus fährt, vertretbar, während der Besuch von Oma Lucia, die 20 km mit dem eigenen Auto fährt, infektionstechnisch unverantwortlich?

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vor 19 Stunden schrieb laura:

Nein.

Wir diskutieren nicht über Zahlen, sondern über Menschen.

Und für Entscheidungen über Menschen braucht es Empathie. Die habe ich im Zweifel eher, wenn ich selbst auch betroffen bin oder mich betreffen lasse.

Na jaaaa eigentlich sprechen wir darüber wer in welchem Ausmaß betroffen ist von Corona. Irgendwie ist Corona ja für jeden doof.

 

6 Jahre früher sterben weil der Körper nicht will ist saudoof.

20 Jahre früher sterben weil der Kopf nicht mehr will ist noch doofer.

Blaue Flecken weil die Nerven nicht mehr mitmachen ist mit Sicherheit doof, ob es so doof ist wie oben ist schon schwierig einzuschätzen.

Keine Ersatzteile für die Carrera Bahn vor Ort kaufen können ist ein bischen doof. Oder eben so doof dass es vielleicht ein paar Lebensjahre wert ist. Sagt meine Empathie. Mein Sportsgeist ist da anderer Meinung. (Sportsgeist = Abteilung Ethik, Gewissen und Moral - sagt meine A-gender)

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vor 1 Stunde schrieb Moriz:

Haben sie auch. Fällt nur nicht gleich auf, weil wir es nicht anderes kennen.

Es gibt Unterschiede, wie man die Jahre erlebt hat.

Wer als Bauernkind in einem unzerstörten Dorf aufgewachsen ist, hat die Zeit weniger schlimm erlebt als jemand, der ausgebombt war oder als Flüchtling jahrelang in Lagern gelebt hat.

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vor 2 Minuten schrieb MartinO:

Es gibt Unterschiede, wie man die Jahre erlebt hat.

Wer als Bauernkind in einem unzerstörten Dorf aufgewachsen ist, hat die Zeit weniger schlimm erlebt als jemand, der ausgebombt war oder als Flüchtling jahrelang in Lagern gelebt hat.

Auch das Alter macht einen großen Unterschied. Die Erzählungen von Eltern, Onkel und Tanten unterscheiden sich jedenfalls erheblich, obwohl sie in der selben Familie aufgewachsen sind.

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Das klingt so nach: Nun stellt euch nicht so an, nach dem Krieg ging es den Leuten viel schlechter.

 

Soll das nun Massstab und Begründung für alle zukünftigen politischen Entscheidungen sein? 

 

So nach dem Motto: Ich bin auch von meinem Vater verprügelt worden, und aus mir ist auch was geworden...

bearbeitet von rince
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vor 20 Stunden schrieb helmut:

schrieb ich "völlig" und "alles"? nein.

Richtig, hast du nicht geschrieben. Liest sich aber im Kontext so.

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vor 34 Minuten schrieb rince:

Das klingt so nach: Nun stellt euch nicht so an, nach dem Krieg ging es den Leuten viel schlechter.

 

Soll das nun Massstab und Begründung für alle zukünftigen politischen Entscheidungen sein? 

 

So nach dem Motto: Ich bin auch von meinem Vater verprügelt worden, und aus mir ist auch was geworden...

Nein - ganz sicher nicht.

 

Ich habe das Thema ja eingebracht. Mir ging es um folgendes: Es gibt kein leidfreies Leben. Jeder Mensch begegnet im Laufe seines Leben Situationen, Menschen etc, die ihm schaden, ihn verletzen etc. Ich kann es nicht vermeiden. Weder für mich, noch für die Kinder.

Wir haben kein Recht auf ein leidfreies Leben. Religiös gesprochen nennt sich das Erbsünde.

 

Ein Beispiel: Eine Scheidung der Eltern ist für Kinder sehr häufig traumatisch. Trotzdem werden in Deutschland etwa 40% der Ehen geschieden. Ich gehe davon aus, dass die meisten Paare um die katastrophalen Konsequenzen für die Kinder wissen und sich trotzdem für die Scheidung entscheiden. Weil sie wissen, dass andere Werte (z.B. das Ende eines ständigen Kleinkriegs in der Familie etc.) hier wichtiger sind. Und obwohl es für die Kinder schwierig istm, sie vielleicht erstmal traumatisiert, kommen die meisten Kinder langfristig relativ gut damit zurecht.

Warum: Weil unsere Psyche offensichtlich die Fähigkeit hat, mit Gebrochenheiten umzugehen, schwierige Situationen zu bewältigen.

 

Das Gleiche gilt für Corona: Ja - wie Kulti so schön schrieb - "Corona ist doof". Für alle.

Niemand kommt ungeschoren raus. Der eine verliert vielleicht Freunde, der zweite nimmt wegen mangelnder Bewegung zu, der dritte kann die Schienen für die Carrerabahn nicht besorgen, der vierte kann sich nicht um die pflegebedürftige Mutter kümmern, der fünfte verliert seinen Job, der sechste muss ein Schuljahr wiederholen - und der siebte verliert einen lieben Menschen und der achte stirbt dran und verliert 20 Lebensjahre.

Alle ethischen Entscheidungen, die gerade zu treffen sind, wägen letztlich "doof für A" gegen "megadoof für B" ab.

 

 

 

bearbeitet von laura
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vor 10 Stunden schrieb Die Angelika:

Deine Annahmen bezüglich der der Resilienz der Jahrgänge 1939-1945 halte ich aufgrund meiner Kenntnisse für naiv. Gib da einfach mal bei google den Begriff "Kriegskinderforschung" ein. Ich habe mich damit aus persönlichem Interesse beschäftigt.(mein Vater wurde  als Kind aus der Heimat vertrieben, meine Mutter ist Flüchtlingskind)

 

Du meinst wahrscheinlich die Bücher von Sabine Bode?

Ich habe viel zu dem Thema gelesen.

Interessant fand ich die Diskrepanz zwischen den Büchern und dem Erleben der Betroffenen in unserer Familie. Laut der Bücher haben sie irreparable psychische Schäden. Aber sie merken nichts davon - ihnen geht es gut. Sie bezeichnen ihre Kriegskindheit als glücklich.

Das geht für mich nicht zusammen. Und mir ist - auch nach vielen Gesprächen mit Psychologen im Bekanntenkreis - immer klarer geworden,  dass psychische Gesundheit sich nicht in der Leidfreiheit bemisst, sondern in der Fähigkeit, mit der konkreten Lebenssituation umzugehen und ein für sich intaktes Lebenssystem aufzubauen.

 

Deswegen habe ich massive Probleme mit Aussagen wie: "Corona produziert eine verlorene Generation."

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vor 46 Minuten schrieb MartinO:

Es gibt Unterschiede, wie man die Jahre erlebt hat.

Wer als Bauernkind in einem unzerstörten Dorf aufgewachsen ist, hat die Zeit weniger schlimm erlebt als jemand, der ausgebombt war oder als Flüchtling jahrelang in Lagern gelebt hat.

 

Mein Vater hatte in einem unzerstörten Dorf gelebt, bis zu seinem 10. Lebensjahr, dann kamen Soldaten und forderten seine Familie auf, sich innerhalb kürzester Zeit fortzubegeben. Er ist Heimatvertriebener. Das hat sein Leben in einer nachhaltigen Weise gelebt. Mir waren als Kind manche Verhaltensweisen meines Vaters vollkommen unverständlich, als Jugendliche beschäftigte ich mich dann erstmals etwas mit dem Thema Kriegskinder.

Meine Mutter ist Flüchtling. Ich erinnere mich, dass das ein merkwürdig belastetes Thema zwischen meinen Eltern war. Meine Mutter hatte keinerlei Verständnis dafür, dass die Erlebnisse meines Vaters als Zehnjährigen für ihn ebenso schmerzhaft sein könnten wie ihr Fluchterleben als Neunjährige. Sie bildete sich immer ein, dass die Familie meines Vaters ja "freiwillig" (und kampflos) gegangen wäre, während ihre Familie flüchten musste. 2005 dann wünschte sich mein Vater zu seinem 70. Geburtstag, dass seine Kinder und Enkel seine Heimat sehen sollten. Ich werde nie vergessen, wie ich meinen Vater dort wahrgenommen habe. Es war für mich fast herzzerreißend, ihn dort und so zu sehen, wie er sich verhielt. Ich habe damals ein Foto von "seinem Wäldchen" gemacht, das er mir zeigte. Dieses Foto habe ich dann eingerahmt. Er hatte dieses Foto bis zu seinem letzten Atemzug bei sich neben seinem Bett am Nachtkästchen stehen.

 

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vor 1 Minute schrieb Die Angelika:

 

Mein Vater hatte in einem unzerstörten Dorf gelebt, bis zu seinem 10. Lebensjahr, dann kamen Soldaten und forderten seine Familie auf, sich innerhalb kürzester Zeit fortzubegeben. Er ist Heimatvertriebener. Das hat sein Leben in einer nachhaltigen Weise gelebt. Mir waren als Kind manche Verhaltensweisen meines Vaters vollkommen unverständlich, als Jugendliche beschäftigte ich mich dann erstmals etwas mit dem Thema Kriegskinder.

Meine Mutter ist Flüchtling. Ich erinnere mich, dass das ein merkwürdig belastetes Thema zwischen meinen Eltern war. Meine Mutter hatte keinerlei Verständnis dafür, dass die Erlebnisse meines Vaters als Zehnjährigen für ihn ebenso schmerzhaft sein könnten wie ihr Fluchterleben als Neunjährige. Sie bildete sich immer ein, dass die Familie meines Vaters ja "freiwillig" (und kampflos) gegangen wäre, während ihre Familie flüchten musste. 2005 dann wünschte sich mein Vater zu seinem 70. Geburtstag, dass seine Kinder und Enkel seine Heimat sehen sollten. Ich werde nie vergessen, wie ich meinen Vater dort wahrgenommen habe. Es war für mich fast herzzerreißend, ihn dort und so zu sehen, wie er sich verhielt. Ich habe damals ein Foto von "seinem Wäldchen" gemacht, das er mir zeigte. Dieses Foto habe ich dann eingerahmt. Er hatte dieses Foto bis zu seinem letzten Atemzug bei sich neben seinem Bett am Nachtkästchen stehen.

 

Das finde ich wirklich sehr berührend!!

 

Bei meinen Eltern im Heim stehen die beiden einzigen Spielzeuge, die sie bei der Ausbombung retten konnten. Eine Puppe und ein Teddy.

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Ich schau mir gerade die Corona-Grafiken bei Wdr.de an.

 

Erste Frage: Warum stehen bei allen Tabellen Gesamtwerte nur nicht beim Vergleich der Todeszahlen 2016-10/2020? Davon mal ab, daß in NRW a-zyklisch gestorben wird (im Zeitraum 2016-19 starben im Schnitt in KW 1-10 deutlich mehr Leute als 2020 und auch sonst sind die Peaks jeweils um 2 Wochen versetzt) dafür sind wohl seit KW 42 die Sterbezahlen kontinuierlich um ca. 450 Fälle pro Woche höher als im Vergleichszeitraum.

 

Interessant fände ich jetzt zum einen mal die Zahl der Toten über das ganze Jahr und was sicherlich auch spannend zu sehen sein wird ist, ob dieses erhöhte Niveau noch bis zum Frühjahr bleibt oder ob dafür das erste Quartal 2021 dann eine Untersterblichkeit ausweist.

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vor 41 Minuten schrieb laura:

Nein - ganz sicher nicht.

 

Ich habe das Thema ja eingebracht. Mir ging es um folgendes: Es gibt kein leidfreies Leben. Jeder Mensch begegnet im Laufe seines Leben Situationen, Menschen etc, die ihm schaden, ihn verletzen etc. Ich kann es nicht vermeiden. Weder für mich, noch für die Kinder.

Wir haben kein Recht auf ein leidfreies Leben. Religiös gesprochen nennt sich das Erbsünde.

 

Von einem Recht auf ein leidfreies Leben hat auch niemand geschrieben. Vielmehr habe ich dafür plädiert, Leid möglichst zu minimieren. Denn es gibt sehr wohl vermeidbares Leid. Da ist genau hinzuschauen, was vermeidbar ist.

 

Zitat

Ein Beispiel: Eine Scheidung der Eltern ist für Kinder sehr häufig traumatisch. Trotzdem werden in Deutschland etwa 40% der Ehen geschieden. Ich gehe davon aus, dass die meisten Paare um die katastrophalen Konsequenzen für die Kinder wissen und sich trotzdem für die Scheidung entscheiden. Weil sie wissen, dass andere Werte (z.B. das Ende eines ständigen Kleinkriegs in der Familie etc.) hier wichtiger sind. Und obwohl es für die Kinder schwierig istm, sie vielleicht erstmal traumatisiert, kommen die meisten Kinder langfristig relativ gut damit zurecht.

Warum: Weil unsere Psyche offensichtlich die Fähigkeit hat, mit Gebrochenheiten umzugehen, schwierige Situationen zu bewältigen.

 

Dennoch gibt es Mz.B. ein Mechanismen, mit denen versucht wird, solches Leid zu vermeiden. Im Scheidungsrecht ist deshalb in der Regeljahr ein Trennungsjahr vorgesehen. Dahinter steckt der Gedanke, dass einigermaßen gesichert sein soll, dass die Ehe irreparabel zerrüttet ist.

Natürlich hat unserer Psyche glücklicherweise die Fähigkeit, mit Gebrochenheiten umzugehen. Dennoch handelt es sich um Gebrochenheiten, die Auswirkungen haben, weshalb man Gebrochenheiten nach Möglichkeit verhindern sollte.

 Niemand plädiert hier dafür, Kinder in Watte zu packen und vor allen schwierigen Situationen des Lebens  umzugehen. Eine SChwierigkeit ist aber immer noch etwas anderes als eine Gebrochenheit. Mit Gebrochenheiten ist schwerer umzugehen als mit SChwierigkeiten. Schwierigkeiten sind SItuationen, die noch nichts von einer Gebrochenheit haben.

 

Dass du formulierst "vielleicht erstmal traumatisiert", schockiert mich. Ich habe den Eindruck, dass du dich schlichtweg mit dem Thema Traumatisierung nicht wirklich auseinandergesetzt hast.

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vor 1 Stunde schrieb MartinO:

Es gibt Unterschiede, wie man die Jahre erlebt hat.

Wer als Bauernkind in einem unzerstörten Dorf aufgewachsen ist, hat die Zeit weniger schlimm erlebt als jemand, der ausgebombt war oder als Flüchtling jahrelang in Lagern gelebt hat.

Das hat zwar mit Corona nur am Rande zu tun, aber ich bin seit Jahr und Tag der Meinung, daß jeder Mensch die Traumaerfahrungen von wenigstens drei oder vier Generationen in sich trägt.

 

Bei uns ist da in den letzten 100 Jahren auch einiges zusammengekommen.

bearbeitet von Flo77
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vor 46 Minuten schrieb laura:

Interessant fand ich die Diskrepanz zwischen den Büchern und dem Erleben der Betroffenen in unserer Familie. Laut der Bücher haben sie irreparable psychische Schäden. Aber sie merken nichts davon - ihnen geht es gut. Sie bezeichnen ihre Kriegskindheit als glücklich.

Das geht für mich nicht zusammen. Und mir ist - auch nach vielen Gesprächen mit Psychologen im Bekanntenkreis - immer klarer geworden,  dass psychische Gesundheit sich nicht in der Leidfreiheit bemisst, sondern in der Fähigkeit, mit der konkreten Lebenssituation umzugehen und ein für sich intaktes Lebenssystem aufzubauen.

 

Deswegen habe ich massive Probleme mit Aussagen wie: "Corona produziert eine verlorene Generation." 

 

Ich halte von solchen platten Aussagen wie "Corona produziert eine verlorene Generation" nicht viel. Da muss man schon genauer hinschauen.

 

Zu Kriegskindheit:

Meine Eltern würden wohl ihre Kindheit bis zu dem jeweils einschneidenden Erlebnis (Flucht, Vertreibung) auch als glücklich bezeichnen bzw bezeichnet haben.

Was danach allerdings kam, hat sie so massiv geprägt, dass es auch Auswirkungen auf ihre Kinder (also meine Geschwister und mich) hatte.

Meine Mutter würde sich bis zum Sommer letzten Jahres ihr Leben insgesamt auch als glückliches und gutes Leben bezeichnet haben. Sie wirkt nach außen wie eine Frau, die mit ihrer belasteten Kindheit gut zurechtkommt. Man darf allerdings nicht genauer hinschauen. Sie hatte mMn letztlich all ihre traumatischen Erlebnisse mehr oder weniger gut kompensiert, sodass sie gesellschaftlich funktionierte. Innerfamiliär funktionierte allerdings so einiges ganz und gar nicht. Jetzt ist sie an einem Punkt angelangt, an dem das Kompensieren nicht mehr so gut funktioniert. Denn sie ist gesellschaftlich abgeschnitten, sie ist auf sich zurückgeworfen durch Corona und hat zwangsläufig mehr Zeit, ihr Innenleben wahrzunehmen, das sie zuvor gern mit möglichst vielen Kontakten übertönt hat. Das wurde mir sehr bewusst, als sie vor einigen Monaten begann die jetzige Zeit mit dem Krieg zu vergleichen. Wortwörtlich sagte sie nicht nur einmal "Das ist ja wie im Krieg!" . Und damit meint sie nicht Ausgangssperren an sich, sondern die Bedrohung, der sie sich durch Corona ausgesetzt fühlt, das Gefühl der Einsamkeit, des Nicht-Dazugehörens. Da bricht nun nach so vielen Jahren etwas auf, was scheinbar gut verdaut war,aber offenbar nur irgendwo in der Tiefe ihrer Seele verkapselt war und jetzt ist die Kapsel aufgebrochen und alles kommt nach oben. Sie erzählt mir plötzlich von ihren Kriegs- und Nachkriegserlebnissen. Und ich denke mir, eigentlich bräuchte sie eine psychologische Betreuung, aber die gibt es halt derzeit sicher nicht. So höre ich mir das halt an und versuche damit umzugehen.

 

Meine Mutter hat im Grunde ein Leben lang daran gearbeitet, ein für sich intaktes Lebenssystem aufzubauen. Die Kollateralschäden dieser Aufbauarbeiten für ihr nächstes Umfeld hat sie übersehen. Und sie ist damit kein Einzelfall.

 

Wenn du zum Thema Bücher gelesen hast, dann bist du sicher auch auf das Phänomen gestoßen, dass bei Menschen aus dieser Generation, wenn sie spüren, dass ihr Leben dem Ende zugeht, oftmals diese Erlebnisse für das Umfeld völlig überraschend aufbrechen und einen unglaublichen Raum  schmerzlichsten Erinnerns einnehmen.

 

 

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vor 41 Minuten schrieb laura:

 

Bei meinen Eltern im Heim stehen die beiden einzigen Spielzeuge, die sie bei der Ausbombung retten konnten. Eine Puppe und ein Teddy.

 

Ja, die Puppe. Meine Mutter hat ihrer Mutter immer wieder vorgeworfen, dass sie ihre Puppe nicht mitnehmen durfte. Ihre Mutter habe sie "angelogen und behauptet", dass sie "ja wieder kommen". Das war so ziemlich das einzige, was sie immer wieder auch uns Kindern erzählte.

Später (da war ich schon erwachsen und hatte eigene Kinder) erzählte sie immer wieder, dass ihre Mutter sich und ihr bei der Flucht ein Seil umband, damit sie nicht voneinander abgedrängt werden konnten und sich so womöglich verlieren würden. Genau so verhält sich meine Mutter noch heute gegenüber ihren Kindern, was logischerweise zu Problemen führt, weil ihre Kinder sich eben nicht mit ihr auf der Flucht befinden. Das wird eine Traumatisierung offenbar (massive Verlustangst), die meiner Mutter gar nicht bewusst ist. Sie bildet sich ein, dass sie sich ganz normal verhält, wie sich eben eine Mutter gegenüber ihren Kindern zu verhalten hat.

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vor 23 Stunden schrieb laura:

Bei mir sind es:

Erkrankte: ca 15

Schwerer Verlauf: 3 mit Krankenhausaufenthalt, davon zwei beatmet.

Ansteckung: Heim, Familie, Schule

Tote: 3

Bei mir:

Positiv Getestete: ca. 20

Davon erkrankt: 10 (Die anderen 10 waren durchweg asymptomatisch und erfuhren zufällig von ihrer Infektion)

Von den 10 Erkrankten hatten 8 Symptome der Kategorie "Erkältung" (fühlten sich krank, waren aber durchweg auf den Beinen), 2 der Kategorie "schwere Grippe" (Fieber und ein paar Tage im Bett).

Krankenhaus: 0.

Von den Ansteckungswegen weiß ich nichts, außer bei meiner Schwiegermutter, die Altenpflegerin ist und sich im Heim angesteckt haben dürfte.

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