Jump to content

Die Krise der Kirche ist eine Krise der Theologie ist ...


nannyogg57

Recommended Posts

vor 11 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Das halte ich für einen Irrtum (genauer gesagt mehrere). DIE Bibel gibt es nicht, sondern den jüdischen Teil und den christlichen. Der jüdische Teil (von Christen meist AT genannt) ist jünger als das Judentum, sowie das NT jünger als das Christentum ist. Hinzu kommt, daß beide Teile in sich ziemlich widersprüchlich sind. Gerade das NT hat Jahrhunderte gebraucht, bis es kanonisiert wurde, ist also eher ein Zeugnis für eine bestimmte Entwicklungsphase des Christentums, keinesfalls aber sein Ursprung. Für das Judentum gilt übrigens Ähnliches.

Das ist nicht falsch. Da hast Du natürlich zum Teil recht. Trotzdem scheint mir, waren das AT und NT die Grundlage der drei Religionen. Wobei viele Verfälschungen vorliegen. So wie zum Beispiel "taufet sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes" (Mt.28). 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 2 Minuten schrieb Gerhard Ingold:

Trotzdem scheint mir, waren das AT und NT die Grundlage der drei Religionen.

 

Könnte es sein, daß der Schein trügt?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 1 Minute schrieb Marcellinus:

 

Könnte es sein, daß der Schein trügt?

Ich bin mir in theologischen wie philosophischen Fragen nie sicher. Das sind nur Menschen, die die Bibel, die Tradition und das Lehramt wörtlich oder "unfehlbar" sehen. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Du entschuldigst, wenn ich den Unterschied für geringer halte als du? Philosophie ist als Welterklärung nicht weniger gescheitert als Religion. 

 

Ich entschuldige! Aber Philosophie ist keine "Welterklärung", sondern höchstens ein Oberbegriff für Erkenntnis-Bemühungen, zu denen auch "Welterklärungen" gehören können. Um hier weiterzukommen müsste dann auf konkrete philosophische Systeme eingehen, auf ihren Erklärungsanspruch und darauf, wieso sie denn nun gescheitert sind. Widersprechen beispielsweise die Systeme Kants oder der deutschen Idealisten irgendwelchen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen nicht nur an ihren Rändern, sondern in ihrem Kern?

 

vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

Was ich versuche, ist, die negativen Gewissheiten, wesentlich aus Physik und Biologie, zu sammeln, die sich mittlerweile ergeben haben, und die durch Tatsachenobachtungen hinreichend belegt sind.

 

Ob die "negativen Gewissheiten", die Du meinst, tatsächlich zur Physik und Biologie gehören, oder ob es sich hier um (philosophische) Schlussfolgerungen handelt, die über diese Gewissheiten und das, was eindeutig aus ihnen folgt, hinausgeht, müsste man am konkreten Fall prüfen. Was sagen Physik und Biologie tatsächlich? Was folgerst Du daraus, und auf Grundlage welcher (zusätzlichen) Annahmen?

 

Einen Anhaltspunkt kann vielleicht schon der Blick und Lexika und Lehrbücher geben: Wird eine bestimmte Fragestellung von Lexika der Physik oder Biologie zugeordnet und in Physik- oder Biologielehrbücher explizit thematisiert? Dann gehört sie vermutlich auch in die Physik oder Biologie; wenn nicht, dann eher nicht. (Allerdings spreche ich hier wie gesagt von einem Anhaltspunkt; man müsste es im konkreten Einzelfall prüfen.)

 

vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

Und danach sind eine ganze Reihe (eigentlich alle) religiösen Welterklärungsmodelle obsolet - und die meisten philosophischen gleich mit.

 

Was die religiösen "Welterklärungsmodelle" angeht: "Obsolet" sind doch wohl nur die, die in einem klaren Widerspruch zu naturwissenschaftlichen Erkenntnissen stehen (etwa die Erschaffung der Welt in sechs Tagen). Alle anderen sind höchstens unbewiesen. Und was philosophischen Erklärungs-Systeme angeht, müsste man wie gesagt über konkrete Systeme sprechen.

 

vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

Das geht den Wissenschaften auch nicht anders, und das kann auch nicht anders sein. Erkenntnisfortschritt beruht aber meiner Ansicht nach darauf, daß man sich erst einmal darauf verständigt, was garantiert NICHT richtig, was falsch ist, denn das sind die einzigen Gewissheiten die es gibt. 

 

Das verstehe ich nicht ganz. Ich kann doch nur wissen, dass nicht alle Schwäne weiß sind, wenn ich "positiv" auch weiß, dass mindestens ein Schwan nicht-weiß (bzw. schwarz) ist? Ich kann doch nur wissen, dass nicht alle Stoffe brennbar sind, wenn ich weiß, dass mindestens dieser und jener Stoff dem Feuer widersteht?

 

vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

Da fallen uns eine ganze Menge ein, beginnend damit, daß die Erde KEINE Scheibe ist.

 

Das wissen wir aber nur, weil wir "positiv" wissen, dass sie sphärisch ist. Ist das "positive" Wissen um die sphärisch Gestalt der Erde weniger sicher als das Wissen, dass sie keine Scheibe ist?

 

vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

Daß sie NICHT der Mittelpunkt unseres Sonnensystems ist.

 

Das wissen wir aber, weil wir "positiv" wissen, dass der Mittelpunkt die Sonne ist.

 

vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

Daß sie älter ist als 6.000 Jahre, viel älter sogar [....]

 

Das wäre ein positives Wissen, würde ich meinen.

 

vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

[....] und daß das Leben auf ihr NICHT mit einem Mal geschaffen wurde, sondern sich über hunderte von Millionen Jahren entwickelt hat.

 

Das umschließt ja eben das positive Wissen (bei Dir nach dem Komma).

 

vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

Und schließlich, daß bei alle dem keine überirdischen Akteure ihre Finger im Spiel hatten, sondern sich diese Welt auf naturalistische Weise entwickelt hat. 

 

Da kommen wir genau genommen schon an die Grenzen des sicheren Wissens, denn wie will man erstere Option ausschließen? Hier kann man höchstens argumentieren, dass eine naturalistische Erklärung vermutlich möglich und die einfachste Erklärung ist, und dass man sie daher bis zum Beweis des Gegenteils als die wahrscheinlichste und beste Erklärung betrachten sollte.

 

vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

Man könnte die Liste dieser negativen Gewissheiten fortsetzen, und ich halte es für wichtig, das zu tun, denn nur in unseren überwundenen Irrtümern können wir sicher sein.

 

Wie schon gesagt: Wieso sollten wir uns der Tatsache, die Erde nicht flach ist (überwundener Irrtum) sicherer sein als als der Tatsache, dass sie sphärisch ist, zumal wir ohne das Wissen um die kugelförmige Gestalt oder wenigstens um eine "Krummheit" ja gar nicht wissen könnten, dass die Erde nicht flach ist? Und ist das nicht auch so bei zahlreichen weiteren Beispielen? 🙂

 

Nochmals anders gefragt: Auch wenn es in der empirischen Wissenschaft keine Gewissheiten im ganz strengen Sinne gibt (auch keine negativen), gibt es dann nicht vieles, was so wahrscheinlich ist, dass es kaum ernsthaft zu bezweifeln ist? Etwa das heliozentrische Weltbild, die Tatsache, dass das Sonnensystem einer größeren "Sternenansammlung" (Milchstraße) angehört, die Lichtgeschwindigkeit (zumindest als ungefährer Wert), die Zusammensetzung der Atmosphäre, die Einsichten des Periodensystems der Elemente oder die Bedeutung des Kohlenstoffs für das Leben und der DNS für menschliche Zellen?

Ist es plausibel, dass wir - von kleineren Irrtümern abgesehen vielleicht - uns in diesen Fragen radikal irren? Haben wir es hier nicht mit "solidem" positiven Wissen zu tun?

 

Vielleicht magst Du sagen, dass es sich hier doch um Banalitäten handele. Das mag aus der Retrospektive so erscheinen. Aber diese Erkenntnisse zu sammeln hat Jahrhunderte gedauert und viel Mühe erfordert. Würde man diese Erkenntnisse einem Menschen z.B. aus dem frühen Mittelalter zugänglich machen, käme er aus dem Staunen nicht mehr heraus.

bearbeitet von iskander
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 14 Minuten schrieb iskander:

Vielleicht magst Du sagen, dass es sich hier doch um Banalitäten handele.

 

Nein, wir reden nur völlig an einander vorbei. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 16 Minuten schrieb iskander:

Ich verstehe Dich bisher so, dass die Wissenschaften nicht (mit einem hohen Grad an Gewissheit) sagen können, was der Fall ist, sondern nur, was nicht der Fall ist...?

 

Ich sag ja, wir reden aneinander vorbei. Theoretisch-empirische Wissenschaften, wie Physik oder Biologie, sind gekennzeichnet durch einen wechselnden Prozeß von Tatsachenbeobachtung und Theoriebildung, in dessen Verlauf (im günstigen Fall) immer mehr Tatsachenbeobachtungen zu immer sachgerechteren Modellen davon führen, wie diese Tatsachenbeobachtungen nachprüfbar zusammenhängen. Dieser Prozeß hat keine bestimmbaren Anfang, und auch kein vorhersehbares Ende. Mit anderen Worten, alle unsere Modelle von Zusammenhängen in dieser Welt sind immer nur vorläufig.

 

Aber wenn ein Fachgebiet den Stand einer Wissenschaft erreicht hat, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß die neueren Modelle besser, sachgerechter sind als ihre Vorgänger. Was aber markiert diesen Schritt von der Vorwissenschaft zur Wissenschaft? Es ist eine Theorie, die ein solches Maß an Sachgerechtigkeit besitzt, daß Fortschritte in diesem Fach diese Theorie zwar verbessern, verfeinern, aber nicht mehr grundsätzlich ersetzen. 

 

In der Physik waren das die Theorien von Isaac Newton, in der Astronomie die von Johannes Kepler. Mit Newtons Gravitationsgesetzes war die Naturphilosophie endgültig erledigt, mit Kepler war das Modell der kreisförmigen Sphären endgültig Geschichte. In der Biologie waren es Darwin und Wallace, die mit ihrem Evolutionsmodell einen neuen Standard setzten, der alle vorherigen Konzepte, namentlich die religiösen Schöpfungsmythen zu Makulatur machten.

 

Jedesmal steckte dahinter, was ich "negative Gewißheit" nenne, die simple Tatsache, daß es einen Augenblick im Prozeß der Wissenschaften gibt (wie vermutlich in jeder Form von Wissensproduktion), in der Menschen ein neues Modell entwickeln, das alles, was vorher geglaubt wurde, als falsch erkennen läßt. Wenn ich nachweisen kann, daß die Erde sich um die Sonne bewegt, dann ist damit das heliozentrische Weltbild ein für alle Mal falsch. Wenn ich nachweisen kann, daß sich die biologischen Arten über Jahrmillionen verändert haben durch einen Prozeß von Mutation und Selektion, dann ist dieses Modell sicherlich noch verbesserungsfähig, aber alle Modelle, die von einer Unveränderlichkeit der Arten, namentlich einer Schöpfung ausgehen, sind damit endgültig falsifiziert.

 

Das ist der Punkt, um den es geht. Es gibt wissenschaftliche Erklärungsmodelle, die sicherlich selbst keine endgültige Gewißheit darstellen, weil sie, wie all unser Wissen unter den drei Beschränkungen leiden, dem Mangel an Information, Zeit und kognitiven Fähigkeiten. Aber sie enthalten den einen Punkt, der die vorherigen Modelle als falsch erkennen läßt. Da man man nur eine zentrale Eigenschaft einer Theorie zu widerlegen braucht, um sie als falsch zu erkennen, ist es eine "negative" Gewißheit, aber eine Gewißheit ist es.

 

Was danach folgt, ist ein neues Paradigma und eine Fülle neuer Erkenntnisse, die aber alle keine Gewissheiten sind, sondern immer nur gelten, bis man etwas Besseres hat. Aber sie beruhen auf einer Gewißheit, hinter die man bei allem Für und Wider nicht mehr zurückfallen wird. Das ist der eigentliche wissenschaftliche Fortschritt, zu wissen, was garantiert falsch ist. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 9 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Ich sag ja, wir reden aneinander vorbei. Theoretisch-empirische Wissenschaften, wie Physik oder Biologie, sind gekennzeichnet durch einen wechselnden Prozeß von Tatsachenbeobachtung und Theoriebildung, in dessen Verlauf (im günstigen Fall) immer mehr Tatsachenbeobachtungen zu immer sachgerechteren Modellen davon führen, wie diese Tatsachenbeobachtungen nachprüfbar zusammenhängen. Dieser Prozeß hat keine bestimmbaren Anfang, und auch kein vorhersehbares Ende. Mit anderen Worten, alle unsere Modelle von Zusammenhängen in dieser Welt sind immer nur vorläufig.

 

Aber wenn ein Fachgebiet den Stand einer Wissenschaft erreicht hat, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß die neueren Modelle besser, sachgerechter sind als ihre Vorgänger. Was aber markiert diesen Schritt von der Vorwissenschaft zur Wissenschaft? Es ist eine Theorie, die ein solches Maß an Sachgerechtigkeit besitzt, daß Fortschritte in diesem Fach diese Theorie zwar verbessern, verfeinern, aber nicht mehr grundsätzlich ersetzen. 

 

In der Physik waren das die Theorien von Isaac Newton, in der Astronomie die von Johannes Kepler. Mit Newtons Gravitationsgesetzes war die Naturphilosophie endgültig erledigt, mit Kepler war das Modell der kreisförmigen Sphären endgültig Geschichte. In der Biologie waren es Darwin und Wallace, die mit ihrem Evolutionsmodell einen neuen Standard setzten, der alle vorherigen Konzepte, namentlich die religiösen Schöpfungsmythen zu Makulatur machten.

 

Jedesmal steckte dahinter, was ich "negative Gewißheit" nenne, die simple Tatsache, daß es einen Augenblick im Prozeß der Wissenschaften gibt (wie vermutlich in jeder Form von Wissensproduktion), in der Menschen ein neues Modell entwickeln, das alles, was vorher geglaubt wurde, als falsch erkennen läßt. Wenn ich nachweisen kann, daß die Erde sich um die Sonne bewegt, dann ist damit das heliozentrische Weltbild ein für alle Mal falsch. Wenn ich nachweisen kann, daß sich die biologischen Arten über Jahrmillionen verändert haben durch einen Prozeß von Mutation und Selektion, dann ist dieses Modell sicherlich noch verbesserungsfähig, aber alle Modelle, die von einer Unveränderlichkeit der Arten, namentlich einer Schöpfung ausgehen, sind damit endgültig falsifiziert.

 

Das ist der Punkt, um den es geht. Es gibt wissenschaftliche Erklärungsmodelle, die sicherlich selbst keine endgültige Gewißheit darstellen, weil sie, wie all unser Wissen unter den drei Beschränkungen leiden, dem Mangel an Information, Zeit und kognitiven Fähigkeiten. Aber sie enthalten den einen Punkt, der die vorherigen Modelle als falsch erkennen läßt. Da man man nur eine zentrale Eigenschaft einer Theorie zu widerlegen braucht, um sie als falsch zu erkennen, ist es eine "negative" Gewißheit, aber eine Gewißheit ist es.

 

Was danach folgt, ist ein neues Paradigma und eine Fülle neuer Erkenntnisse, die aber alle keine Gewissheiten sind, sondern immer nur gelten, bis man etwas Besseres hat. Aber sie beruhen auf einer Gewißheit, hinter die man bei allem Für und Wider nicht mehr zurückfallen wird. Das ist der eigentliche wissenschaftliche Fortschritt, zu wissen, was garantiert falsch ist. 

Genau. Und wer das verstanden hat, kann sich über das päpstliche Unfehlbarkeitsdogma nur wundern. Die katholische Kirche, die orthodoxen Kirchen, die Freikirchen und letztlich alle drei monotheistischen Religionen haben sich ständig gegen neue Gedanken gewehrt. Letztlich mussten sie bei vielen Fragen eingestehen, dass sie völlig quer in der Landschaft gelegen haben. Das Lehramt und alle religiösen Lehrämter täten gut daran, bescheidener zu werden.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

@nannyogg57: Wow 👍.

 

Der RU meiner Tochter läuft seit 4 Jahren so: Hörspiele hören, nebenher Mandalas ausmalen und Lieder singen.

 

Mir tut das sehr leid. Ich hatte tollen RU in der Grundschule und profitiere heute noch davon. Im Gegensatz zu meiner Gymnasialzeit hab ich richtig viel davon mitgenommen.

 

Ich hoffe für meine Tochter, dass es an der weiterführenden Schule besser wird. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 13 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Ich sag ja, wir reden aneinander vorbei. Theoretisch-empirische Wissenschaften, wie Physik oder Biologie, sind gekennzeichnet durch einen wechselnden Prozeß von Tatsachenbeobachtung und Theoriebildung, in dessen Verlauf (im günstigen Fall) immer mehr Tatsachenbeobachtungen zu immer sachgerechteren Modellen davon führen, wie diese Tatsachenbeobachtungen nachprüfbar zusammenhängen. Dieser Prozeß hat keine bestimmbaren Anfang, und auch kein vorhersehbares Ende. Mit anderen Worten, alle unsere Modelle von Zusammenhängen in dieser Welt sind immer nur vorläufig.

 

Aber wenn ein Fachgebiet den Stand einer Wissenschaft erreicht hat, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß die neueren Modelle besser, sachgerechter sind als ihre Vorgänger. Was aber markiert diesen Schritt von der Vorwissenschaft zur Wissenschaft? Es ist eine Theorie, die ein solches Maß an Sachgerechtigkeit besitzt, daß Fortschritte in diesem Fach diese Theorie zwar verbessern, verfeinern, aber nicht mehr grundsätzlich ersetzen. 

 

In der Physik waren das die Theorien von Isaac Newton, in der Astronomie die von Johannes Kepler. Mit Newtons Gravitationsgesetzes war die Naturphilosophie endgültig erledigt, mit Kepler war das Modell der kreisförmigen Sphären endgültig Geschichte. In der Biologie waren es Darwin und Wallace, die mit ihrem Evolutionsmodell einen neuen Standard setzten, der alle vorherigen Konzepte, namentlich die religiösen Schöpfungsmythen zu Makulatur machten.

 

Jedesmal steckte dahinter, was ich "negative Gewißheit" nenne, die simple Tatsache, daß es einen Augenblick im Prozeß der Wissenschaften gibt (wie vermutlich in jeder Form von Wissensproduktion), in der Menschen ein neues Modell entwickeln, das alles, was vorher geglaubt wurde, als falsch erkennen läßt. Wenn ich nachweisen kann, daß die Erde sich um die Sonne bewegt, dann ist damit das heliozentrische Weltbild ein für alle Mal falsch. Wenn ich nachweisen kann, daß sich die biologischen Arten über Jahrmillionen verändert haben durch einen Prozeß von Mutation und Selektion, dann ist dieses Modell sicherlich noch verbesserungsfähig, aber alle Modelle, die von einer Unveränderlichkeit der Arten, namentlich einer Schöpfung ausgehen, sind damit endgültig falsifiziert.

 

Das ist der Punkt, um den es geht. Es gibt wissenschaftliche Erklärungsmodelle, die sicherlich selbst keine endgültige Gewißheit darstellen, weil sie, wie all unser Wissen unter den drei Beschränkungen leiden, dem Mangel an Information, Zeit und kognitiven Fähigkeiten. Aber sie enthalten den einen Punkt, der die vorherigen Modelle als falsch erkennen läßt. Da man man nur eine zentrale Eigenschaft einer Theorie zu widerlegen braucht, um sie als falsch zu erkennen, ist es eine "negative" Gewißheit, aber eine Gewißheit ist es.

 

Was danach folgt, ist ein neues Paradigma und eine Fülle neuer Erkenntnisse, die aber alle keine Gewissheiten sind, sondern immer nur gelten, bis man etwas Besseres hat. Aber sie beruhen auf einer Gewißheit, hinter die man bei allem Für und Wider nicht mehr zurückfallen wird. Das ist der eigentliche wissenschaftliche Fortschritt, zu wissen, was garantiert falsch ist. 

Wenn ich "Genau" sage, maße ich mir nicht an, auf Deinem Niveau zu stehen. Das, was Du mehrheitlich schreibst, scheint mir wie bei @iskanderund @Meckyschlüssig. Ihr habt nicht nur ein hohes Gelehrten-Wissen. Ihr könnt Euer Wissen auch kritisch anwenden.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 26 Minuten schrieb Gerhard Ingold:

Wenn ich "Genau" sage, maße ich mir nicht an, auf Deinem Niveau zu stehen. Das, was Du mehrheitlich schreibst, scheint mir wie bei @iskanderund @Meckyschlüssig. Ihr habt nicht nur ein hohes Gelehrten-Wissen. Ihr könnt Euer Wissen auch kritisch anwenden.

 

Niveau? Puuh! Hab ich die Ironie-Tags übersehen? :D

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 21 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Niveau? Puuh! Hab ich die Ironie-Tags übersehen? :D

Ich war immer sehr ehrlich zu mir und anderen. Hier war keine Ironie. Eine gesunde Selbsteinschätzung fehlt in dieser Welt leider all zu oft. Darum gibt es auch Putins, Erdogans usw. 

 

Ich komme aus bescheidensten Verhältnissen, lief viermal von zu hause weg, fing mich 12-Jahren auf. Für ein Abitur fehlte es. Trotzdem konnte ich drei Ausbildungen machen. In Theorie immer mit Bestnoten. In der Praxis war ich dann aber als Pflegefachmann nicht so gut.

bearbeitet von Gerhard Ingold
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 6 Minuten schrieb Gerhard Ingold:
vor 26 Minuten schrieb Marcellinus:

Niveau? Puuh! Hab ich die Ironie-Tags übersehen? :D

Ich war immer sehr ehrlich zu mir und anderen. Hier war keine Ironie.

 

"Die gewöhnlichste Lüge ist die, mit der man sich selbst belügt; das Belügen anderer ist relativ der Ausnahmefall."

(Friedrich Nietzsche, Der Antichrist, 1888 (Erstdruck 1894))

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 2 Minuten schrieb Marcellinus:

 

"Die gewöhnlichste Lüge ist die, mit der man sich selbst belügt; das Belügen anderer ist relativ der Ausnahmefall."

(Friedrich Nietzsche, Der Antichrist, 1888 (Erstdruck 1894))

Nicht von sich auf andere schließen. 😏

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

Was danach folgt, ist ein neues Paradigma und eine Fülle neuer Erkenntnisse, die aber alle keine Gewissheiten sind, sondern immer nur gelten, bis man etwas Besseres hat. Aber sie beruhen auf einer Gewißheit, hinter die man bei allem Für und Wider nicht mehr zurückfallen wird. Das ist der eigentliche wissenschaftliche Fortschritt, zu wissen, was garantiert falsch ist. 

 

Ich bin mir nicht sicher, ob ich Dich richtig verstehe, aber für mich würde Deine Position am meisten Sinn ergeben, falls sie so aussehen sollte:

 

- Es gibt wissenschaftliche Erkenntnisse mit einem Grad an Gewissheit. Diese können eine positive und eine negative Seite haben, die auch zusammengehören: So existiert die negative Gewissheit, dass die Erde keine Scheibe ist - und mit ihr verbunden ist die positive Gewissheit, dass sie eine Kugel ist. (Man hat in der Antike herausgefunden, dass die Erde keine Scheibe ist, indem man erkannt hat, dass sie eine Kugel ist.) Es ist bei solchen Erkenntnissen auch unwahrscheinlich, dass sie sich in der Zukunft als falsch oder überholt herausstellen. Dass Schwefel brennt und Eisen nicht, wäre also (mit eher Wahrscheinlichkeit) keine "vorläufige", sondern eine bleibende Erkenntnis.

 

- Geht es um die "großen Theorien", so sind diese provisorisch und stellen Annäherungen an die Wahrheit dar, sie können aber durch den Fortschritt der Wissenschaft widerlegt und durch bessere ersetzt werden.

 

Ich weiß nicht, ob ich damit Deiner Position gerecht werde und möchte Dir nichts unterstellen; nur schiene mir das wie gesagt die naheliegendste Interpretation zu sein.

 

Zitat

Mit Newtons Gravitationsgesetzes war die Naturphilosophie endgültig erledigt [....]

 

"Naturphilosophie" ist keine bestimmte inhaltliche Lehre, sondern ein Oberbegriff, der unterschiedliche philosophische Lehren und Bemühungen umfasst. Naturphilosophie steht in keinem Konkurrenzverhältnis zur Naturwissenschaft, weil er andere Fragen bearbeitet. Manche naturphilosophische Thesen sind durch neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse obsolet geworden - was sicher auch damit zu tun hat, dass die Naturphilosophie gewöhnlich den jeweiligen Stand der Naturwissenschaft zum Ausgangspunkt nimmt, so dass eine veränderte naturwissenschaftliche Erkenntnis auch Implikationen für die Naturphilosophie haben kann.

Manche "naturphilosophischen" Thesen, die einst vertreten wurden, haben durch moderne Erkenntnisse sicher ihre Grundlage verloren. Aber gilt das allgemein und insbesondere auch beispielsweise für modernere Ansätze? Da müsste man dann konkret werden und fragen, um welche Ansätze es sich genau handeln soll.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Vielleicht müsste ich auch noch, um Missverständnisse zu vermeiden, etwas zum Thema "Dualismus" klarstellen. Ich habe den Begriff in zwei Bedeutungsweisen verwendet, und das ist vielleicht nicht offensichtlich.

 

Zum einen existiert eine These, die in einem "starken" Sinne dualistisch ist, nämlich der "Substanzdualismus", welcher vor allem durch Descartes berühmt wurde, obwohl er älter ist. Demnach ist das "Bewusstsein" bzw. das bewusste "Ich" sozusagen ein eigenes "Ding", wobei ich den Wort "Ding" aus Mangel an besseren Alternativen wähle. Gemeint ist nämlich gerade kein körperliches "Ding". Man darf sich das auch nicht so vorstellen, als würde hier das "bewusste Ich" mit irgendetwas "Drittem" identifizieren würde, sondern genau solch eine Identifizierung wird abgelehnt.

Nach dieser Theorie stehen Geist und Körper zwar in einem engen Abhängigkeitsverhältnis, aber sie sind prinzipiell unterschieden, und eine "Trennung" ist daher grundsätzlich denkbar. 

Das weiter zu kommentieren würde den Rahmen sprengen; ich möchte nur anmerken, dass die Theorie neben allen Schwächen durchaus auch ihre Stärken hat und womöglich am besten die menschliche Selbsterfahrung erklärt. Zudem ist diese Theorie - wie alle gängigen Theorien des Geistes - grundsätzlich auch mit den empirischen Erkenntnissen vereinbar.

 

In einem weiteren und "schwächeren" Sinne ist eine Auffassung "dualistisch", nach der es in unserer Welt (zumindest) zwei Sorten von "Entitäten" gibt, welche nicht einfach aufeinander rückführbar sind: Materiell-räumliche und psychische. (Das bedeutet auch, dass eine rein naturwissenschaftliche Welterklärung an ihre prinzipiellen Grenzen kommt, und das war ja ursprünglich auch mein Punkt.)

Nach dieser Auffassung wäre es beispielsweise auch denkbar, dass psychische und materielle "Zustände" oder "Ereignisse" zwei Seiten einer Medialle sind, wobei wir dann allerdings nicht verstehen, wie diese Seiten zusammenhängen und was die "Medaille" eigentlich ist.

 

(Eventuell ist diese Auffassung auch mit der Idee der "Emergenz" vereinbar; aber dann müsste man die Emergenz anders und radikaler denken als bei den typischen Beispielen, bei denen die einzelnen Komponenten und ihre jeweiligen Wechselwirkungen ein Gesamt-System erklären können, und wo das Gesamt-System ja auch mithilfe der gleichen räumlich-materiellen Kategorien beschrieben werden kann wie die einzelnen Komponenten. (Man denke hier etwa an die H2O-Moleküle und ihre Eigenschaften und Wechselwirkungen, mit deren Hilfe wenigstens "prinzipiell" die Makroeigenschaften des Wassers erklärt werden können; und man beachte, dass das Wasser mit materiell-räumlichen Begriffen beschrieben werden kann).)

 

Dass jedenfalls ein solcher "bescheidener" Dualismus zutreffen muss, scheint mir auf der Hand zu liegen, denn die Unterschiede zwischen Psychischem und Physischem sind offensichtlich und von kategorialer Art, und dies dürfte im Prinzip auch jedem klar sein. Würde man jemanden beispielsweise danach fragen, wie lange (in metrischen Einheiten) seine Gedanken sind, wie breit, wie hoch, wie schwer, welche Farbe und Härte sie haben usw., so würde derjenige uns wahrscheinlich ähnlich verblüfft ansehen als wenn wir ihn nach der Breite, Schwere und Härte der Zahl 15 fragen würden. Schon solche Fragen enthalten einen "Kategorienfehler", weil man hier psychische (oder abstrakte) Entitäten wie physische Objekte behandelt.

 

Die alternative Sichtweise ist im Grunde immer eliminativ, das heißt sie verneint entweder die Existenz des Psychischen oder des Materiellen - beides scheint mir kein überzeugender Weg zu sein, und die Negation des Psychischen (es gäbe keine Gedanken, Gefühle, Schmerzen usw.) sogar völlig absurd. Andere Theorien leugnen das Psychische zwar nicht direkt, aber laufen indirekt auf eine Elimination hinaus, indem sie es durch andere Phänomene "ersetzen", etwa durch die Verhaltenspositionen eines Organismus.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 2 Stunden schrieb iskander:

Ich bin mir nicht sicher, ob ich Dich richtig verstehe,

 

Nein, tust du nicht.

 

vor 2 Stunden schrieb iskander:

aber für mich würde Deine Position am meisten Sinn ergeben, falls sie so aussehen sollte

 

das ist (vielleicht) dein Verständnis von meiner Position. Daß es nicht meine ist, hat mit Punkt 1 zu tun.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 2 Stunden schrieb iskander:

Ich bin mir nicht sicher, ob ich Dich richtig verstehe

 

Vielleicht noch ein paar Bemerkungen dazu (auch, um dich nicht mit einem Zweizeiler abzuspeisen). Daß du mich nicht verstehst, habe ich schon festgestellt. Warum das so ist, kann ich natürlich nur vermuten.

 

Für mich sieht es so aus, als wenn du die Fragen des Wissenserwerbs aus einem philosophischen Standpunkt betrachtest, aus dem Erklärungsmodelle beziehungslos neben einander und statisch dieser Welt gegenüberstehen. 

 

Meine Vorstellungen entstammen der Prozeßsoziologie, die diese Welt als einem Entwicklungsprozeß begreift, der die physikalische, biologischen und auch die Ebene der Menschen und ihrer Gesellschaften umfaßt. Erklärungsmodelle sind danach gedankliche Werkzeuge, mit denen Menschen vom Anbeginn ihrer Entwicklung versucht haben, sich in dieser Welt zu orientieren, und die sich ebenso in Entwicklung befinden wie diese Welt selbst.

 

Die ältesten Erklärungsmodelle, von denen wir wissen, sind die der Religionen, in denen Eigentümlichkeiten von besonderer Bedeutung für die Menschen aus den Handlungen, Absichten und Zielen von als übernatürlich gedachten Vater- und Muttergestalten erklärt wurden. 

 

Die nächste Stufe im Erkenntnisprozeß war die der Philosophie, in der Menschen versuchten, die ihnen bedeutsam erscheinenden Eigentümlichkeiten dieser Welt rein durch Denken zu ergründen und auf absolute metaphysische Begriffe und personifizierte Abstraktionen wie Natur oder Vernunft zurückzuführen. 

 

Erst in den aufkommenden Naturwissenschaften hörten die Menschen auf, nach absoluten Anfängen und absoluten Zielen zu fragen, die zwar gefühlsmäßig von großer Bedeutung sein mochten, aber durch Tatsachenbeobachtungen nicht zu belegen sind. Ihr Erkenntnisziel richtete sich vielmehr darauf, herauszufinden, wie beobachtbare Ereignissen nachprüfbar miteinander zusammenhängen. 

 

Die Gesellschaften, die Menschen miteinander bilden, wie die Art und Weise, wie diese einzelnen Menschen denken und fühlen, sind ebenso Teil dieses Entwicklungsprozesses wie Atome, Moleküle und alle biologischen Organismen. Und damit sind auch die gedanklichen Vorstellungen der Menschen über die Jahrtausende bis heute Teil dieses Entwicklungsprozesses, und nur so zu verstehen, als historisch entstanden. 

 

Religionen, soweit sie diese Welt aus den Absichten und Zielen von "Göttern" zu erklären versuchen, sind ebenso überholt wie Philosophien, die meinen, diese Welt durch bloßes Denken und Zurückführen auf absolute Abstraktionen und Begriffe erklären zu können. 

 

Während zumindest in unseren Breiten Anhänger von Religionen in der Regel bereit sind, den Erklärungsaspekt ihrer Religion als überholt zu akzeptieren und zwischen Glauben und Wissen einen Unterschied zu machen, sieht das bei Anhängern der verschiedenen philosophischen "Ontologien" durchaus anders aus.

 

Hier wird, ohne daß es dafür eine sachliche Grundlage gäbe, immer noch die Fiktion gepflegt, bei der Philosophie handele es sich um so eine Art von "Überwissenschaft". Während Philosophen schon lange nichts mehr zur Erklärung dieser Welt beigetragen haben, beharren manche von ihnen immer noch auf dem Anspruch, den Wissenschaften wie dem Erkenntnisprozeß im allgemeinen die Regeln vorgeben zu können, ohne für diesen Anspruch irgendeine Qualifikation oder Begründung liefern zu können. Wie überhaupt viele Philosophen als Begründung für ihren Meinungen nichts anderes vorzuweisen haben als ihre Überzeugung, es sei so.

 

Während die Naturwissenschaften sich bei ihrem Aufstieg mit den Kirchen auseinandersetzen mußten, um ihrer heutige Kenntnisstand zu erreichen, lebten theoretisch-empirische Wissenschaften und Philosophie lange Zeit in unterschiedlichen Sphären. Erst Karl Marx mit seiner politischen Ökonomie und später Karl Popper mit seinem Kritischen Rationalismus haben versucht, die Grenzen zwischen Philosophie und Wissenschaft gedanklich zu überwinden, mit durchaus unterschiedlichem Ansatz und unterschiedlichem Erfolg. 

 

Heute erleben wir erneut einen Übergriff aus dem Bereich der Philosophie, diesmal der Sozialphilosophie auf die Wissenschaften, und es rächt sich, daß die Integrationsebene unseres Universums, die von Menschen, ihren Gesellschaften und den Vorstellungen der Menschen darüber gebildet wird, uns, trotz unserer täglichen Begegnung mit ihr, über weite Strecken noch so unbekannt ist, wie früheren Generationen die Rückseite des Mondes. 

 

Es führt kein Weg an der Notwendigkeit vorbei, auch in den Menschenwissenschaften aus dem metaphysischen Stadium heraus- und in das einer theoretisch-empirischen Wissenschaft hineinzukommen. Das bedeutet eben auch den Übergang von einer philosophischen Erkenntnistheorie zu einer soziologischen Wissenstheorie zu finden. Die Widerstände dagegen sind allerdings erheblich, und mit dem allenthalben um sich greifenden Wunschträumen in Politik, Gesellschaft und auch den Wissenschaften nicht geringer geworden. 

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

16 hours ago, Kara said:

Mir tut das sehr leid. Ich hatte tollen RU in der Grundschule und profitiere heute noch davon. Im Gegensatz zu meiner Gymnasialzeit hab ich richtig viel davon mitgenommen.

Lustig. Bei mir wars genau umgekehrt.

 

@MarcellinusIch halte Philosophie für eine Art Meta-Wissenschaft. Sie erklärt und begründet wie Wissenschaft inklusive Naturwissenschaft zu betreiben ist, mit dem Ziel auf maximalen Erkenntnisgewinn. Was zb Popper oder auch Dennett diesgezüglich geleistet haben halte ich schon für sehr gewinnbringend, auch wenn es Philosophen sind. 🙂

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 9 Stunden schrieb phyllis:

Ich halte Philosophie für eine Art Meta-Wissenschaft. Sie erklärt und begründet wie Wissenschaft inklusive Naturwissenschaft zu betreiben ist, mit dem Ziel auf maximalen Erkenntnisgewinn.

 

Und mit welcher Qualifikation? Was die Vorzüge wie Begrenzungen der Philosophie betrifft, zitiere ich gern diesen hier: 

 

"Die Philosophie unterscheidet sich einerseits von den Naturwissenschaften und andererseits von der Mathematik. Im Unterschied zu den Naturwissenschaften stützt sie sich nicht auf Experimente und Beobachtungen, sondern allein auf das Denken. Im Unterschied zu Mathematik kennt sie keine formalen Beweisverfahren. Man philosophiert einzig, in dem man fragt, argumentiert, bestimmte Gedanken ausprobiert und mögliche Argumente gegen sie erwägt, und darüber nachdenkt, wie unsere Begriffe wirklich beschaffen sind. […] Je grundlegender die Ideen sind, die wir zu erforschen versuchen, umso weniger Werkzeug haben wir hierfür zur Verfügung. Nur weniges darf angenommen oder vorausgesetzt werden. Die Philosophie ist daher eine etwas schwindelerregende Tätigkeit, und nur wenige ihrer Ergebnisse bleiben langfristig unangefochten.“
(Thomas Nagel 1987: Was bedeutet das alles?, S. 8f)

 

Die Regeln und Methoden einer Wissenschaft dürften am besten die kennen, die sie betreiben. Am Ende aber kommt es nicht auf bestimmte Methoden an, sondern nur auf das praktische Ergebnis. Die Begründung liegt einzig und allein im Erfolg. 

 

vor 9 Stunden schrieb phyllis:

Was zb Popper oder auch Dennett diesgezüglich geleistet haben halte ich schon für sehr gewinnbringend, auch wenn es Philosophen sind.

 

Ich rede mir ein, bei, Popper wie Dennett, recht gut zu kennen und zu schätzen. An ihnen kann man sehr schön die Leistungen, aber auch die Fehlleistungen der Philosophie sehen. Philosophen versuchen, diese Welt allein mit dem Denken zu ergründen. Das war und ist noch besonders erfolgreich bei Kritik und Dekonstruktion von Religion und Ideologie. Warum? Weil es dort reicht, einen zentralen Gedanken zu widerlegen, um das ganze Gebäude zum Einsturz zu bringen.

 

Dort aber, wo Philosophen versuchen, nur durch Denken ein eigenes Gedankengebäude zu errichten, eigene "Wahrheiten" zu begründen oder überhaupt Begründungen zu liefern, scheitern sie, weil jedes Gedankengebäude, jede Theorie notwendig an einem Mangel an Information, Zeit und kognitiven Fähigkeiten leidet. Am Ende landet man so nicht bei Begründungen, sondern bei Glaubenssätzen. Popper hat das übrigens gewußt, als er schrieb: "Wir geben also offen zu, daß wir uns bei unseren Festsetzungen in letzter Linie von unserer Wertschätzung, von unserer Vorliebe leiten lassen."

 

Daniel Dennett ist noch ein etwas anderer Fall, da sich auch selbst wissenschaftlich betätigt. Und trotzdem, oder gerade deswegen, geht bei ihm theoretisch-empirische Wissenschaft und Philosophie gelegentlich durcheinander. Paradebeispiel dafür ist sein Buch "Den Bann brechen. Religion als natürliches Phänomen", indem er einerseits vorgibt, die Entwicklung der Religionen naturwissenschaftlich erklären zu wollen, und gleichzeitig ständig wechselt zwischen der Darstellung von Tatsachenbeobachtungen, normativen, absoluten Setzungen und Begriffen und reinen Wunschvorstellungen. Sein Problem ist, daß er etwas zu beschreiben versucht, was sich historisch und sozial entwickelt hat, ohne ein Konzept zur Beschreibung sozialer Prozesse zu haben. Und so pendelt er zwischen wissenschaftlicher Beschreibung und außenwissenschaftlicher, weltanschaulicher Wertung. 

  • Like 1
  • Thanks 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Philosophie sollte vor allem unterhaltsam sein. Deswegen steht Kant nur dekorativ im Regal, während z.B. Sloterdijk von einem breiteren Publikum wirklich gelesen wird. Es ist eine Art Mittelding zwischen Feuilleton und Wissenschaft.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Am 30.3.2023 um 22:45 schrieb nannyogg57:

In der zweiten Klasse lernen sie, dass das Reich Gottes für Jesus am allerwichtigsten war. Und dass Jesus da ziemlich kompromisslos war, mitten in der Synagoge einen Mann am Sabbat heilen, obwohl das gegen das Gebot Gottes verstieß, damit jedem klar ist, was er für das Wichtigste hielt.

 

Das ist die älteste Urband Legend überhaupt: Dass Jesus an diesem Sabbat tat, was gegen das Gesetz wäre. Verboten ist  'מלאכה (melacha)' (ja, das Wort 'Malochen' hat da seinen Ursprung). Es handelt sich um 'schöpferische' Tätigkeiten, speziell im Kontext der Aufbaus der Stiftshütte, da an 6 Tagen die Schöpfung abgeschossen wurde und am 7. Tag eben nichts mehr geschaffen wurde.

 

Ein Gebet zu sprechen, das Heilung zur Folge hat, gehört nicht zu den verbotenen Dingen. Es ist Gott der heilt. Und das ist auch die Ansicht, die Du in der ersten Klasse vorbereitet hast: Jesus hat keine Superkräfte.

 

Wenn Jesus zur Heilung der Hand etwas zubereitet hätte, wie der Spuckebaaz beim Blindgeborenen, das wäre tatsächlich ein Verstoß gewesen. Oder wenn er in den Kräutergarten der Hildegard von Bingen gegangen wäre, um zu Ernten - das alles fällt tatsächlich unter 'melacha'. Aber ein Gebet, die Aufforderung die Hand auszustrecken, das alles nicht.

 

Außer man besteht darauf, dass Jesus Superkräfte hatte und diese zur Heilung einsetzte, als er den Mann aufforderte, die Hand auszustecken.

 

Die Darstellung des Gesetz im NT ist einfach falsch. Eine Urban Legend, wie sie im Buche steht.

 

 

bearbeitet von Higgs Boson
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Gerhard Ingold
vor einer Stunde schrieb Higgs Boson:

 

Das ist die älteste Urband Legend überhaupt: Dass Jesus an diesem Sabbat tat, was gegen das Gesetz wäre. Verboten ist  'מלאכה (melacha)' (ja, das Wort 'Malochen' hat da seinen Ursprung). Es handelt sich um 'schöpferische' Tätigkeiten, speziell im Kontext der Aufbaus der Stiftshütte, da an 6 Tagen die Schöpfung abgeschossen wurde und am 7. Tag eben nichts mehr geschaffen wurde.

 

Ein Gebet zu sprechen, das Heilung zur Folge hat, gehört nicht zu den verbotenen Dingen. Es ist Gott der heilt. Und das ist auch die Ansicht, die Du in der ersten Klasse vorbereitet hast: Jesus hat keine Superkräfte.

 

Wenn Jesus zur Heilung der Hand etwas zubereitet hätte, wie der Spuckebaaz beim Blindgeborenen, das wäre tatsächlich ein Verstoß gewesen. Oder wenn er in den Kräutergarten der Hildegard von Bingen gegangen wäre, um zu Ernten - das alles fällt tatsächlich unter 'melacha'. Aber ein Gebet, die Aufforderung die Hand auszustrecken, das alles nicht.

 

Außer man besteht darauf, dass Jesus Superkräfte hatte und diese zur Heilung einsetzte, als er den Mann aufforderte, die Hand auszustecken.

 

Die Darstellung des Gesetz im NT ist einfach falsch. Eine Urban Legend, wie sie im Buche steht.

 

 

Ob Jesus ein Magier war, wie es heute viele Magier gibt, wissen wir nicht.

 

Wenn aber eine Kuh am Sabbat in einen Brunnen fällt, ein Kind vom Stuhl fällt und einen Arm bricht, Kühe gemolken werden müssen, Kranke auch am Sabbat Pflege und Essen benötigen usw., ist es ganz offensichtlich, dass Gesetze von den damaligen Juden missbraucht wurden.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Join the conversation

You can post now and register later. If you have an account, sign in now to post with your account.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Only 75 emoji are allowed.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Clear editor

×   You cannot paste images directly. Upload or insert images from URL.

×
×
  • Neu erstellen...