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Falls es überhaupt noch jemanden interessiert ...


Volker

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Genaues weiß man natürlich nicht, weil die Entstehung des Atheismus in vorgeschichtlicher Zeit liegt, also weit vor der Entdeckung der Schrift. Aus den nichtschriftlichen Zeugnissen kann man vieles verschiedenes schließen.

Aber eine gott-lose Spiritualität ist eher schon wieder eine Abstraktionsform, die vermutlich eine Menge Reflexion voraussetzt. Deshalb vermute ich, dass der Theismus zeitgleich mit der Spiritualität entstand - wahrscheinlich in animistisch-konkreter Form. Ich vermute, dass die früheste Spiritualität eher auf ganz konkrete Dinge richtete, denen man einen "höheren" Hintergrund, eine "Dynamis" zuschrieb.

 

Es dürfte sehr schwer sein, in dieser Zeit zwischen einer reinen Naturspiritualität und einem Theismus überhaupt zu unterscheiden. Der Blitz war verehrter Gott und Natur in einem, ebenso Sonne, Fluss und Sturm.

 

Eine gottlose Spiritualität setzt fast garnichts voraus. Sie kann einfach entstehen, im Bewusstsein von Leben und Liebe. Leben und Liebe sind nicht selbstverständlich und sie sind vergänglich. Advaita, was ich gerade erwähnt habe, ist eine Vorstellung von Ganzheit und Einssein, die man wohl auch als einfacher Mensch existentiell erfahren kann, ohne im geringsten zu reflektieren, abstrahieren etc.

 

Diese Art Spiritualität oder Religiosität ist eine Art Dankbarkeit gegenüber dem Leben für die es KEINEN Addressaten gibt.

 

Die Addressensucher kommen erst danach B)

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Natürlich kannst Du argumentieren, dass das natürliche Bedürfnis nach Spiritualität die Wurzel des Theismus ist und somit dem Theismus immer logisch vorausgehe. Aber zeitgeschichtlich wird es wohl zusammen aufgetreten sein.

 

So kann man nicht argumentieren, da es neben der Zeitgeschichte auch noch die lokale Geschichte von unterschiedlichen Stämmen und Kulturkreisen gibt. Das Christentum ist letztendlich auch nur das Produkt einer lokal begrenzten Entwicklung, zeitgleich zur Entstehung des Judentums und des Christentums gab es alle möglichen anderen religiösen Konzepte, vom Polytheismus über den Ahnenkult bis zu rein spirituellen Religionen, die an Naturgeister mit begrenzter Macht geglaubt haben. Und selbst fast 2000 Jahre nach der Entstehung des Christentums haben sich die Cargo-Kulte entwickelt, die in keine dieser Kategorien passen wollen.

bearbeitet von Stefan
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Jetzt wird es spannend: Mojud und Stefan argumentieren Seite an Seite gegen Volker und mich. B)

 

Nicht Seite an Seite. Mojud liest meine Beiträge doch gar nicht.

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Theismus ist der natürliche Zustand, Atheismus eine spätere Entwicklung.

 

Das sehe ich anders. Der natürliche Zustand ist wohl eher Spiritualität, daraus hat sich später der Theismus entwickelt. Es müssen auch früher nicht alle Menschen von Natur aus spirituell veranlagt gewesen sein. Die spirituell Veranlagten hatten jedoch als einzige über Jahrtausende hinweg Antworten auf Fragen, die man auf andere Weise noch nicht beantworten konnte, darum wurden ihre Antworten auch von denen ohne spirituelle Veranlagung akzeptiert. Der spirituelle Führer, der Schamane, der Druide, der Priester hatte spirituelle Erkenntnisse, die nicht jedem vergönnt sind. Das hat sich erst drastisch geändert, als Wissenschaft und Aufklärung als Konkurrenz zum klerikalen/religiösen Gelehrtentum grösseren Einfluss erlangt haben.

Julian Jaynes sagt:

Im Anfang war Gott ein ganz persönlicher - die entscheidende (in unerwarteten Situationen) Instanz in jedem Menschen.

Ganz normal, ganz natürlich.

Dann kam der Zusammenbruch der bikameralen Psyche und Gott wurde ausgelagert - er wurde transzendent.

Und mit Aufkommen der Schriftsprache, die zunächst nicht jedem zugänglich war, fiel diese transzendente Gottesinstanz in die Hände der Mächtigen und fortan entschieden die über die Menschen - via Ermächtigung der Gottes-Instanz, deren legitime Interpretation nur noch in deren Händen war, nach dem die ursprüngliche Koppelung "Persönlcher Gott" <-> "Person" aufgehoben war.

Eine pure Behauptung, die aber fortpflanzungsfähig war, da die Nichtlesenkönnenden den Mangel, die Lücke, nur allzugern bereit waren, mit irgendwas zu füllen, was so klang wie das, was sie angeborenerweise noch kannten, aber in sich nicht mehr hatten.

 

So - extrem komprimiert und vereinfacht - Julian Jaynes.

 

Und dann kommt Boyer.

Erklärt nicht in erster Linie, warum wir religiös sind.

Wir? B) Ehmm ... ja ja , doch doch!

Das "uns" meine ich durchaus auch auf mich bezogen!

Will niemanden mit reinreißen, spreche nur für mich - Atheist "Rinf". :)

 

Boyer beschreibt und erklärt Wahrnehmungsmechanismen unseres Hirns, die der Effizienz dienen - sich möglichst optimal in unserer Welt zurecht zu finden.

Nix Schlimmes an sich.

Aber diese Optimierung (die Ressourcen sparen muß, wo sie nicht zwingend benötigt werden) fordert ihren Tribut:

Die Wahrnehmung wird in teils extremer Form vorgefiltert, bildet nicht die Realität an sich ab, sondern nur die für uns relevante Realität.

Und es existiert eine "Schubladisierung" - eine verlustbehaftete Informationskompression, die Ähnliches zu Gleichem macht (was schon Nietzsche wußte :) ).

Diese Schubladisierung, dieser Vorfilter, ist teilweise lebensnotwendig, weil wir alle Informationen dieser Welt, die wir als Individuum aufnehmen, nicht wirklich ungefiltert verarbeiten könnten.

Autisten stehen vor diesem Problem und deren Leistungen sind bemerkenswert, aber sie sind nicht überlebensfähig.

Halt - Stop: Mittlerweile sind sie überlebensfähig mit Hilfe von einigen wohlwollenden "Normalos", die ihnen das Alltagsleben ein wenig vom Halse halten.

 

Aber ich schweife ab - oder doch nicht?

Naturalistisch argumentiert (oder sozialdarwinistisch) sind diese Menschen "Abschaum".

Nicht überlebensfähig, nicht fortpflanzungsfähig.

Im Falle Homosexualität (jaja, ich lasse heute Abend kein Thema aus! :) ) argumentiert die KK genau auf dieser Ebene: "Widernatürlich"

Na gut, HS war jetzt echt ein Abschweif, ich gestehe...

 

Ich wollte tatsächlich auf etwas anderes raus:

 

Die Lektüre von Boyer und Jaynes (und Blackmore - Dennett habe ich leider nie gelesen) und von diesem Forum (!) hat mit mir gemacht, daß ich mir selber zutiefst mißtraue:

 

Ich sehe "die bekloppten Christen" nicht als besonders verkommene oder hilfsbedürftige Individuuen an, sondern ich sehe das, was ich aus obigen Büchern (es gibt noch ein paar mehr, die konvergente Aussagen treffen) gelernt habe, in dem religiösen Glauben als so hübsch von außen beobachtbar und erkennbar an, und da ich nur so ein bischen, so ein klitzebischen arrogant bin - eigentlich gar nicht , wenn ich mal ehrlich bin :( - stellt sich mir die Frage, wo sich die Fehlfunktionen des menschlichen Gehirns bei mir selber bemerkbar machen.

Aber:

Ich bin nicht besonders mutig in dem Punkt.

Ich gebe anderen gerne Tips und Ratschläge, wie sie gefälligst mit "der Realität" umzugehen haben, aber ich selber schlucke lieber "die Pille" aus "Matrix".

 

Ich würde meine eigene Großmutter verkaufen für die Illusion, ein gutes Rindersteak zu genießen.

 

So - Ende mit Beichte - habe fertig.

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So - extrem komprimiert und vereinfacht - Julian Jaynes.

 

http://www.mykath.de/index.php?showtopic=9068&

Oh - merci!

Entzog sich bisher meiner Kenntnis (na, ist das denn nicht herrlich passiv formuliert? :) )

 

Bin heute zu verbittert B) müde.

Werde mir aber diesen Thread noch zu Gemüte führen und ggf. hochposten - da kenne ich nix!

(Ich bin nebenbei auch erst durch Sokrates drauf aufmerksam geworden :) )

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Theismus ist der natürliche Zustand, Atheismus eine spätere Entwicklung.

Das ist zu ungenau.

 

Wessen natürlicher Zustand denn? Der DES Mneschen? Der DER Menschheit?

 

Nee, das seh ich nicht so. Da hast Du früher besser argumentiert.

 

Jedes Kind wird als Atheist geboren und bekommt Glauben vermittelt und wird so zum Theisten (Eben Pfarrer B usw).

 

Wieso Du nun nicht mehr der Meinugn bist, man könne den Ursprung von Gottglauben nichts wissen, kann ich das auch nicht nachvollziehen.

A ist deswegen Theist, weil Pastor B ihm davon erzählt hat. Warum ist B Theist? Weil C ihm den Glauben vermittelt hat. Usw. usf. Der Ursprung des Theismus ist damit nicht zu erklären.

Daß Menschen früher Unerklärbares höheren Mächten zuschrieb und daß diese *Methode* über Jahrhunderte ausgefeilt wurde und zum Glauben gefestigt hat, reicht als Erklärung nicht? Und wieso:

Theismus kann, mit anderen Worten, nicht als rein kulturelles Phänomen erklärt werden.

das denn nicht???

 

Bisher ist Dein einziges Argument, daß es Glauben irgendwie biologische Gründe hat. Dem widersprechen aber Millionen Menschen in atheistischen Gesellschaften, die sehr gut ohne Glauben aufwachsen und leben konnten. Wo der Wunsch nach Glauben nur eine Randerscheinung war / ist.

 

ERschwerend kommt hinzu, daß es für die Glauebnsinhalte keine biologischen Gene gibt. Keinem ist ins Erbgut gepflanzt, daß es EINEN Gott gibt, oder daß Jesus von den Toten auferstanden sei. Das Biologische kann sich nur auf ein vages Gefühl von *da ist mehr, als man mit dem Verstand erfassen kann* beschränken. Alles andere IST rein kulturell.

 

Also - ich geh schon so weit mit, daß Glauben eine Sache ist, die dem Menschen Vorteile bringt, aber daß es eine biologische und kein rein kulturelles Phänomen ist, kann ich nicht nachvollziehen.

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wenn wir nur nicht zur beliebigkeit einer subjektiven wahrheit verkommen. aber ernsthaft, jede konfliktlösung beginnt damit jeweils seine befindlichkeiten, eitelkeiten und egoismen erstmal als solche zu erkennen, formulieren und auch zu vertreten.

 

...was eben die Vernuft voraussetzt. Gnaz zu schweigen von der dann doch erforderlichen relativierung.

 

Ich dneke nciht, dass die Anderen ein verkürztes Bild von der Wirklichkeit haben, sondern Du hats ein verkürztes Bild von der Vernunft B)

du mußt mir nicht so verklausuliert recht geben, das ist unvernünftig. von der herrschaft der logik bei der konfliktlösung ist wohl nichts übrig. es ist nur etwas vernunft gefragt z.b. man geht vernünftigerweise zur eheberatung. aber dort sind emotionen gefragt, wiederum vernünftigerweise. aber logik?

traust du dir zu in einem ehestreit die wahrheit der jeweiligen prämissen zu beurteilen, damit logik praktisch ansetzen könnte?

 

Eins der besten Beispiele. Jeder, der schon mal versucht hat, Paare zu beraten weiss, dass das WAHR ist :) Jeder der Beteiligten hat seine Sicht der Dinge, keiner weiss mehr genau was passiert ist, der Berater war in aller Regel nicht dabei. Kein Ansatzpunkt für Logik!

 

Das Leben ist voll von diesen Abläufen! Deswegen hat Logik und Vernunft einen Platz, andere Herangehensweisen ebenso.

Wenn mir jetzt noch jemand erklären könnte, was an Emotionen unlogisch sein soll, wäre ich (beinahe) glücklich.

ganz einfach, deine hochzeit mit einer eva-herman-tusse, aus verliebtheit einer kurzen zeit, halbiert dein einkommen fürs leben.

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auch Volker hat beharrlich ignoriert, daß Gläubige ihren Glauben eben nicht rein logisch, rational oder vernünftig zerlegen (lassen) wollen bzw können. Das ist Ignoranz in die andere Richtung.

Ich habe das keineswegs ignoriert, sondern nur darauf beharrt, dass man auf diese Weise der Wahrheit nicht näherkommt bzw. dass dies in Diskussionen über Wahrheit sinnlos ist.

 

Okay, aber dann hättest Du Deine Diskussion auf ganz wenige Gläubige beschränken können. Die allermeisten lehnen das rein logische Zerpflücken des Glaubens ab. Du hast wohl Recht, daß man dann damit der objektiven Wahrheit nicht wirklich näher kommt - aber dann habt ihr - was die Ziele der Diskussion angeht - aneinander vorbei diskutiert.

 

Man kann nicht sagen, dass Gott nur in meiner subjektiven Sicht der Dinge existiert (was einem ein Atheist übrigens jederzeit zugestehen wird), aber alle Dinge geschaffen hat.

 

Man kann aber sagen, daß Gott *die erste Ursache* des Universums ist, und das scheint mir plausilber als *keine Ursache* anzunehmen. Ich denke, das trifft intuitiv auf die allermeisten Menschen zu, daß es irgendeine Ursache geben soll, und die nenne Gläubige eben GOTT.

 

Man hat damit auch kein Recht, andere Menschen diese Weltsicht aufzudrängen - und das schließt Kinder mit ein. Man hat kein Recht, und, übrigens, auch keine Argumente dafür.

Das ist ja nun Unsinn, denn Du sprichst Eltern das Recht ab, sie im Glauben zu erziehen.

 

Moral kann es nur geben, wenn ich mich auf eine gemeinsame Sicht der Dinge einige,

 

Das ist haarsträubend falsch und das hab ich Dir schon mal gesagt.

Die EINIGUNG auf Moral und moralische Grundsätze ist ein neuzeuitliches Phänomen, Moral wurde über Jahrtausende von oben verordnet und wird es zum größten Teil heute noch. Kirchlich, staatlich, despotisch, monarchisch...

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.......

Bisher ist Dein einziges Argument, daß es Glauben irgendwie biologische Gründe hat. Dem widersprechen aber Millionen Menschen in atheistischen Gesellschaften, die sehr gut ohne Glauben aufwachsen und leben konnten. Wo der Wunsch nach Glauben nur eine Randerscheinung war / ist.......

millionen von russen kehren in den schoß der orthodoxen kirche zurück, nachdem ihnen der genosse stalin und die kommunistische partei als garanten eines fortschritts abhanden gekommen sind.

bearbeitet von helmut
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....... Moral wurde über Jahrtausende von oben verordnet und wird es zum größten Teil heute noch. Kirchlich, staatlich, despotisch, monarchisch...

für einen unselbständigen menschen ja, wie sollte es auch anders gehen, für einen ausgereiften menschen, nein. er hat mehr möglichkeiten zu einer verantworteten moral zukommen, jenseits verordnung und auch jenseits von konsens.

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....... dann haben wir im Gehirn eine Instanz, die er HADD nennt - Hypersensority Agent Detecting Device (überempfindliche Instanz zum Aufspüren von willentlichen Agenten). Wir suchen in allem nach dem Wirken von willentlichen Agenten, .......

das ist die quelle der verschwörungstheorien und anderer hysterien oder neurosen.

 

Ja, denn auch in den größten Zufällen oder Kombinationen von Umständen wird vermutet, dass da ein Agent im Hintergrund wirkt. Wenn man keinen sehen kann (etwa: Weil beispielsweise keiner da ist, der das bewirkt hat), dann wird halt ein "unsichtbarer Agent" vermutet, also eine höhere Macht oder verborgen wirkende Menschen. Ersteres, wenn es gut ausgeht, letzteres, wenn es schlecht ausgeht (wobei bei letzterem auch Teufel oder Dämonen vermutet werden können, wenn man Menschen diese Wirkung nicht zutraut).

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...Atheismus entwickelt sich deswegen in den urbanen Städten zuerst, .....

wie ist es in den nichturbanen städten?

 

 

 

:)

 

B) Gemeint waren "urbane Lebensbedingungen" (Verstädterung). Weiß der Geier, warum ich das nicht auch geschrieben habe.

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Eins der besten Beispiele. Jeder, der schon mal versucht hat, Paare zu beraten weiss, dass das WAHR ist :) Jeder der Beteiligten hat seine Sicht der Dinge, keiner weiss mehr genau was passiert ist, der Berater war in aller Regel nicht dabei. Kein Ansatzpunkt für Logik!

 

Das Leben ist voll von diesen Abläufen! Deswegen hat Logik und Vernunft einen Platz, andere Herangehensweisen ebenso.

Wenn mir jetzt noch jemand erklären könnte, was an Emotionen unlogisch sein soll, wäre ich (beinahe) glücklich.

 

B)

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Wenn man etwas als natürlichen Zustand bezeichnen kann, ist das ein religiöser Zustand ohne Gottesbegriff, etwa wie im Advaita. Das liegt auch ursprünglich jenseits der Verbalisierungsmöglichkeiten. Alle Probleme, aller Streit um den richtigen Gott oder eben keinen Gott, kommen aus diesem Versuch etwas nicht-verbalisierbares zu verbalisieren.

 

Gerade den Advaita als den Urzustand hinzustellen... Naja...

 

Man könnte genuso gut die Quantenmechanik als das ursprüngliche Weltbld bezeichnen, weil da ja alles ungeordnet ist und keinen festen gesetzen unterworfen B)

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Es gibt keine "instrumentell denkende Wahrheit". Es gibt Subjekte, die via Vernunft mehr oder weniger ihre subjektive Sichtweise nicht zum Standard für alle erheben, und Subjekte, die sich mehr oder weniger weigern. Religionen werden durch subjektive Standpunkte auch nicht wahr oder wahrer, das ist Nonsense: Die Subjektivität schließt ja gerade aus, dass man sich der Wahrheit annähert. Und es ist die Realität selbst, die einen Totalitätsanspruch stellt - ein Glas enthält entweder eine bestimmte Menge Wasser oder etwas anderes, das ist kein "Totalitätsanspruch der instrumentell denkenden Wahrheit", das ist einfach so. Der Gegensatz ist nämlich ein "Totalitätsanspruch subjektiver Befindlichkeiten", und zwischen beidem muss man sich immer Fall für Fall entscheiden. Religionen haben natürlich einen Hang, ihre Anhänger zu letzterem zu drängen.

 

Realität wird durch subjektive Sichtweisen nicht anders, als sie ist. Eigentlich müsste dies gerade Theisten einleuchten, paradoxerweise geht man oft vom genauen Gegenteil aus, was, wie gesagt, bedeutet, dass es keinen Schöpfergott geben kann, der etwas wie eine "objektive Wirklichkeit" geschaffen hat, weil letzteres nicht existiert.

 

Wenn du einerseits sagst, es gehe nicht um die Aufgabe der Subjektivität sondern nur um ihre Zurücknahme im Prozess der Einigung über die Wahrheit, andererseits aber sagst, dass die Subjektivität gerade ausschlösse, dass man sich der Wahrheit annähert, halte ich das für widersprüchlich.

 

Wir bleiben subjektiv, ob wir das wollen oder nicht - wir könnten das nicht aufgeben, auch, wenn wir wollten. Aber wenn wir versuchen, uns einer "allgemeinen Wahrheit" anzunehmen - wenn es die gibt - müssen wir diese Subjektivität "zurücknehmen" (zurückhalten), sonst misslingt das. In gewisser Hinsicht ist das in der Tat ein logischer Widerspruch: Um die objektive Wahrheit vollständig zu erfassen, müssten wir unsere Subjektivität auch vollständig aufgeben - aber dann ist da niemand mehr (kein Subjekt), der eine Erkenntnis hat, als Menschen würden wir aufhören, zu existieren. Was natürlich bedeutet, dass wir die objektive Wahrheit nicht vollständig erfassen können, was man wohl kaum als große Neuigkeit bezeichnen kann.

 

Was natürlich bedeutet: Auch Gott kann als Subjekt nicht existieren, wenn er allwissend ist (also den Gesamtinhalt der möglichen objektiven Erkenntnis besitzt), weil er keinen subjektiven Standpunkt haben kann. Anders gesagt: Einen subjektiven Standpunkt hat man, wenn man als Person existiert, hat man keinen subjektiven Standpunkt (der subjektiv ist, weil er vom objektiven verschieden ist, existiert man auch nicht als Person. Gott ist entweder personal oder allwissend. Wenn freier Willen für eine Person konstituierend ist, kann ein allwissender natürlich auch keine Person sein, weil sich freier Willen und Allwissenheit wechselseitig ausschließen.

 

In der nur zurückgenomenen aber dennoch aufgehobenen Subjektivität kann ich mein Gesicht wahren. Ich erreiche dann aber nur eine Kompromiss-Wahrheit.

 

Kompromisse soll und muss man bei moralischen Fragen eingehen. Wenn es um die Wahrheit geht, kann man keine Kompromisse eingehen. Man kann also nicht sein Gesicht wahren und sich der Wahrheit annähern, man wird immer einen Irrtum unterliegen und Unrecht haben. Sein Gesicht wahren zu wollen, wenn man sich mit Wahrheit beschäftigt, geht nicht, wer sein Gesicht wahren will, dem kann es also auch nicht um Wahrheit gehen, er hat eine andere Priorität. Das gilt allerdings nicht für moralische Fragen, weil die fast immer ein Kompromiss sind. Das schließt nicht aus, dass es auch in bestimmten moralischen Fragen keinen Kompromiss geben kann, ich bin etwa in der Frage, ob man kleine Kinder zu seinem Vergnügen quälen und töten darf, absolut kompromisslos und intolerant: Man darf es nicht. Punkt, aus, Ende der Diskussion (in dieser Frage).

 

Wenn ich aber der Realität einen Totalitätsanspruch zumesse, besteht kein Subjekt vor ihr.

 

Exakt. Ich brauche das der Realität aber nicht "zuzumessen" - die Realität kümmert sich nicht darum, was ich ihr zugestehe - das ist so.

 

In der Tat wäre ein Schöpfergott, der eine "objektive Wirklichkeit" geschaffen hätte, unerträglich. Glaube wäre für ihn unerheblich. Alles von ihm geschaffene würde im blinden Weltlauf der Objektivität vernichtet. Du hast Recht, wenn du einen solchen Gottglauben nihilistisch nennst.

 

Das ist aber die Konsequenz, das ist Theismus bis zum bitteren Ende durchdacht, jedenfalls wenn der Theismus einen Schöpfergott einschließt, der die objektive Realität geschaffen hat. Man könnte einem Schöpfergott noch darüber hinaus "zugestehen", auch subjektive Realitäten zusätzlich geschaffen zu haben, nur ändert das am Dilemma nichts. Dass man einem Schöpfergott etwas "zumisst" oder "zugesteht" ist aber verräterisch, es bedeutet, dass dieser Gott keine objektive Realität hat. Wenn ein Gott existiert, ist er unabhängig von dem, was wir ihm "zugestehen".

 

Ich halte allerdings den Gott der Christen für einen, der uns zubilligt, das Gesicht zu wahren. Er hat auch selbst seine eigene Subjektivität in Golgatha ganz gehörig zurückgenommen. Es ist ihm durchaus daran gelegen, mit uns zu einer Einigung ganz in dem Sinn, den du oben beschrieben hast, zu kommen. Zu einer Kompromiss-Wahrheit vielleicht nur, aber die reicht ihm wohl, nach allem was wir von ihm wissen.

 

Warum sollte er nicht in dein Konzept einer Einigung über die Wahrheit passen?

 

Weil objektive Wahrheit es nicht erlaubt, das Gesicht zu wahren. Du widersprichst Dir selbst: Gott soll objektiv existieren und die objektive Realität geschaffen haben, aber erlaubt uns, subjektiv davon abzuweichen, d. h., er "erlaubt" uns, falsche Erkenntnis zu haben über ihn. Wenn er uns das zugesteht, dann wäre er moralisch ungerecht, uns daraus einen Strick zu drehen, deswegen kann es keinen Gott geben, für den Glauben eine Rolle spielt. Nicht nur, dass Gott selbst nicht in irgendeinem Sinne des Wortes etwas "glaubt", Glauben selbst müsste ihm als eine Illusion, als eine Abweichung von der Wahrheit, vorkommen: Glauben ist eine menschliche Schwäche, und der "Kardinalfehler" der Christen bestand darin, es zu einer Tugend gemacht zu haben. Ich kann in einer Verleugnung der Wahrheit, "um sein Gesicht zu wahren", aber keine Tugend sehen, sondern nur das genaue Gegenteil.

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Etwas weniger rückblickend und heutig wäre die Aussage: Offensichtlich liegt die Personalisierung in der Natur des Menschen. Das Abstrahieren von einer Personalisierung ist schon wieder eine spätere Entwicklung. Dies entspricht übrigens auch der Individualentwicklung.

 

Genau so meine ich das. Menschen haben immer schon die Kräfte der Welt personalisiert, daraus entsteht u. a. der Glauben an Geister (etwa die der Ahnen) und an Naturgötter. Ich halten den Ahnenkult für die ursprüngliche Form der Spiritualität, Boyer begründet ausführlich, warum das so ist. Zusätzlich dazu aber muss es auch schon sehr früh - vielleicht sogar gleichzeitig - eine Personalisierung von Naturkräften gegeben haben, also auch Polytheismus. Wie Du richtig sagst: Man findet auch in der Bibel Hinweise auf einen älteren Polytheismus, auch die Entdeckung der Statue einer Göttin (Ashera) im Jerusalemer Tempel spricht dafür.

 

Wenn man den ersten Satz der Bibel wortwörtlich übersetzt, dann lautet er:

 

Am Anfang schuf (!) die Götter Himmel und Erde ...

 

Elohim ist Plural für Gott, das Verb bezieht sich auf ein Singular. Hier findet man eine spätere Editierung der Bibel, zunächst wurde der Ausdruck Elohim beibehalten, also Götter, aber das Wort wurde zu einem Singular umgedeutet. Dann, später, ist unvermittelt nur noch von Jahwe die Rede. Finkelstein und andere israelische Archäologen reden von einer Jahwe-allein-Bewegung unter den Priestern, die den Polytheismus abschaffen wollten und sich historisch durchgesetzt haben - sie haben dabei (die Geschichte wird von den Siegern geschrieben) auch große Teile der Bibel umgeschrieben, aber sie waren nicht perfekt, sie haben dabei Fehler gemacht, aus denen man erkennen kann, dass die älteren Teile der Bibel ursprünglich polytheistisch waren. Elohim ist eines der Überbleibsel aus der alten Zeit.

 

Konservative Theologen bestreiten das, liberale Theologen räumen das aber ein. Ich kann auch nicht erkennen, wieso die Erkenntnis, dass die alten Juden Polytheisten waren, dem modernen Glauben irgendwie schaden sollte. Wenn man die Bibel aufmerksam liest, findet man Dutzende von Stellen, wo die "Altäre auf den Hügeln" verdammt werden, also die alten Stätte polytheistischer Gottesverehrung. Das war der Jahwe-allein-Bewegung aber ein Dorn im Auge, die "Altäre auf den Hügeln" werden mit scharfen Worten als eine Beleidigung des "einzig wahren Gottes" aufs Schärfste bekämpft, weil sie Jahwe zornig machten.

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......

Konservative Theologen bestreiten das, liberale Theologen räumen das aber ein. Ich kann auch nicht erkennen, wieso die Erkenntnis, dass die alten Juden Polytheisten waren, dem modernen Glauben irgendwie schaden sollte. .......

soll erkenntnis aus nützlichkeitserwägungen richtig oder falsch sein? was ich selber denk und tu........

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Wenn man, wie etwa Justin L Barret in "Why Would Anyone Believe in God?" sich die psychologischen Belege anschaut, dann haben wir im Gehirn eine Instanz, die er HADD nennt - Hypersensority Agent Detecting Device (überempfindliche Instanz zum Aufspüren von willentlichen Agenten). Wir suchen in allem nach dem Wirken von willentlichen Agenten, dies ist schon bei Säuglingen und Kleinkindern zu beobachten, HADD ist eine angeborene Instanz im Gehirn, ein genetisches Erbe.

 

Meinst Du, dass jemand ausser Dir so etwas ernst nimmt?

 

1. Warum sollte es so eine Instanz geben,2. warum sollte sie angeboren sein, wenn man nicht einmal weiss ob es sie gibt?

 

 

Das ist was ich Pseudowissenschaft nenne. Es ist Spekulation, es ist bodenlos, exzentrisch.

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Wenn man etwas als natürlichen Zustand bezeichnen kann, ist das ein religiöser Zustand ohne Gottesbegriff, etwa wie im Advaita. Das liegt auch ursprünglich jenseits der Verbalisierungsmöglichkeiten. Alle Probleme, aller Streit um den richtigen Gott oder eben keinen Gott, kommen aus diesem Versuch etwas nicht-verbalisierbares zu verbalisieren.

 

Gerade den Advaita als den Urzustand hinzustellen... Naja...

 

Man könnte genuso gut die Quantenmechanik als das ursprüngliche Weltbld bezeichnen, weil da ja alles ungeordnet ist und keinen festen gesetzen unterworfen B)

 

Ich weiss nicht welche Assoziationen, das jetz in Dir weckt, die Du aber nicht ausführst.

 

Ich meine Advaita einfach im Wortsinn als Nicht-Dualität. Menschen haben die Möglichkeit sich als nicht getrennt vom Rest der Welt zu erleben.

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Wenn man, wie etwa Justin L Barret in "Why Would Anyone Believe in God?" sich die psychologischen Belege anschaut, dann haben wir im Gehirn eine Instanz, die er HADD nennt - Hypersensority Agent Detecting Device (überempfindliche Instanz zum Aufspüren von willentlichen Agenten). Wir suchen in allem nach dem Wirken von willentlichen Agenten, dies ist schon bei Säuglingen und Kleinkindern zu beobachten, HADD ist eine angeborene Instanz im Gehirn, ein genetisches Erbe.

 

Meinst Du, dass jemand ausser Dir so etwas ernst nimmt?

 

1. Warum sollte es so eine Instanz geben,2. warum sollte sie angeboren sein, wenn man nicht einmal weiss ob es sie gibt?

 

 

Das ist was ich Pseudowissenschaft nenne. Es ist Spekulation, es ist bodenlos, exzentrisch.

nicht über, aber um die spekulation herum kann man sich gut unterhalten, was willst du mehr.

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....... dann haben wir im Gehirn eine Instanz, die er HADD nennt - Hypersensority Agent Detecting Device (überempfindliche Instanz zum Aufspüren von willentlichen Agenten). Wir suchen in allem nach dem Wirken von willentlichen Agenten, .......

das ist die quelle der verschwörungstheorien und anderer hysterien oder neurosen.

 

Ja, denn auch in den größten Zufällen oder Kombinationen von Umständen wird vermutet, dass da ein Agent im Hintergrund wirkt. Wenn man keinen sehen kann (etwa: Weil beispielsweise keiner da ist, der das bewirkt hat), dann wird halt ein "unsichtbarer Agent" vermutet, also eine höhere Macht oder verborgen wirkende Menschen. Ersteres, wenn es gut ausgeht, letzteres, wenn es schlecht ausgeht (wobei bei letzterem auch Teufel oder Dämonen vermutet werden können, wenn man Menschen diese Wirkung nicht zutraut).

 

Stimmt, das hattest Du schonmal erklärt und ich fand es sehr einleuchtend. Wir sind die Nachkommen jener, denen es einen Überlebenesvorteil brachte, hinter jeder Aktion einen Agenten zu vermuten. (Sprich:Bei Rascheln im Gebüsch lieber so handeln, als sei ein potentieller Angreifer da.)

 

Ich halte das für eine der einleuchtendsten Erklärungen dafür, warum der Mensch so stark zu Religion und Esoterik tendiert.

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